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Nr. 4Z 105. ^ayryrmg. crtnisrr r««rdl«i. Sonnm^ IL Frdrvar >SI». warnend daraus ausmerlsam wachen soll, das; die Verhältnisse dec. einheimischen Marlies, gelinde gesagt, eine gewisse Reserve gegenüber der Ausnahme ausländischer Merle rmpfehlcnv- - wert erjcl>eineir lassen, (Sehr richtig!) Diese Erscheinungen hal>en die Finanz- und Wirt jchastsrcssorts des Reiches und Preußens seit ge raumer Zeit dauernd bcschästigt. Ter preußstche Handelsminister als Vorgesetzter der Berliner Zu lassungsstelle hat wiederholt Anlag genommen, ein- zugrcisen. Es ist im Einvernehmen mit dem preußisit-en Ressort die Zulassung einer eil-eblichrn ausländischen Anleihe inhibiert worden, (Höri, hört!) Er hat sehr entschlossen in die Gesiallung der Pro igelte eingcgrisjen und hat, al» das Gerücht aus- lauchtc, dajt die Altien der Chicago Milwautee- Sl. Paul-Eisenbahn nach Deutschland geworfen werden sollten, darauf aufmerksam gemacht, und zw..r in der „Rordd. AUg. Ztg.", das; da» bei der augenblict lichcn Lage des Geldmarktes ein ungeeignetes Papier jein würde. Dies ist die Konsequenz einer ,eil vielen Monaten überlegten Politik. Sie stehl nicht in Zusammenhang mit den Anregungen der „Deutschen Tagesztg." und den Erörterungen, die dieser Publikation voransgegangen sind. Sie können aus meinen Darlegungen ersehen, daß der Reichs- lanzIer sich seiner Verantwortung völlig bewußt ist. Sie tönnen ferner daraus entnehmen, paß die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen, be sonders die Paragraphen l und ::U des Börsengeietzes, oem R.ichskanzler und den Landesrcgie.ungen die jcnigen handhaben geben, die nötig sind, um im ge gegebenen Falle regulierend in die Tätigkeit der ZulasfungsjieNen einzugreise«, und auch, daß dies« Organisationen entschlossen sind, von den Befugnissen (Gebrauch zu machen, falls es die allgemeine Lage erfordert. Aber umgekehrt ist sich der Reichskanzler auch bewusst, das) das eine überaus verantwortungsvolle Sache ist, die neben Vorteilen auch Rach teile hat. Der Reichskanzler hält es in allererster Linie für die Pflicht derjenigen, die von Berufs wegen vor anderen in der Lage scno, die Konsequenzen zu übersehen und zu beurteilen, alle hier erörterten Gräcütspunkle zu be rülkiichligen. Ich gebe mich der Hoffnung hin, das; diese heutigen Erörterungen hinreichen werden, um denen in der Bankwelt, auf die es ankommt, das Gewissen für ihre Pflicht zu schärfen, sie daran zu erinnern, das; sie die Ersparnisse des deutschen Voltes zu verwalten haben, und des; sie dabei in erster Linie allgemeine nationale und vater- ländisä)e Gesichtspunkte zu beachten haben. (Beifall rechts.) Abg. Dove (Fortschr. Vpt.) beantragt Besprechung der Interpellation. Die Besprechung wird einstimmig beschlossen. Abg. Speck (Ztr.): Die gesamte Presse hält den gegenwärtigen Zustand für unhaltbar. An und für sich ist die deutsä)« Kapilalsanlage im Auslande n n bedenklich, sofern gewisjc Ärenzen bestehen und Garanrien für die Sicherung des Publikums ge bildet sind. Menn auch der preußische Handels minister wiederholt eingegriffen hoben mag, jo scheint er doch bei der kafseevalorisation völlig ver sagt zu haben, denn jener Vorgang ist ein klassisches Beispiel dafür, wie leichtsinnig deutsches Geld ms A usland geht. Bemerkenswert ist diezögernde Herabsetzung des R e i ch s b a n k d i s k o n t s. Die Geldmarktverhälinisse sind aber immer noch bei »ns angespannt. Die Interpellation gibt uns dankenswerte Gelegen!)«», unser,r Unwillen darüber nnszndriicien, daß der deutsche E>eldmcirtr über Gebühr vom Ausland in Anjvruch genommen wird. Tatsäch lich sind ungeheure Summen dabei verloren ge gangen. Verlangt rverden muh möglichste Lin- ichrankung der anslündischen Anleihen, die die aus ländische Industrie, unsere schärfste Konkurrenz, wirken. Die Anlage deutschen Geldes inuj; immer der nali o nale n Arbeit zugute kommen. Die amerikanische Regierung wollen wir nicht liessen, wir wollen nur die Interessen des deutschen Geldmarktes schützen. Wir haben keinen Grund, die amerikanische Industrie mit unserem Gelbe zu ero.'rn. D'r Hinweis, die Lebensmittel, i e n e r n n g mache die Kapitalsanlage in höher ver- ü!.slichen ausländischen Pavieren nölig, trifft nicht ,u denn wir haben hoaiverzinsliche Papiere in Deutschland ebenfalls in Hülle und Fülle. Die Papiere < rr Milwaukee und St. Lonis EUenbabn hätten au, Grund der gesetzlichen Vorschriften lür die Zu- lassnngsftcllen vom deutschen Geldmärkte aus geschlossen werden tönnen. Die Schaffung einer Zentralzulafn.ngsbehörde würde uns sympathisch jein. Eine Aenderung des Börjengesrtze-' wäre nicht nach unserem Wunsch. Diese Interpellation dürste ge niigui. W a n d e I zu schaffen. (Beifall im Zentrum.) Abg. Dr. Frank Mannheim (Soz): Die Inter pcllanten rufen ins Land: „Kapitalisten Deutsch lands, wahret eure heiligsten Güter!" Zu verwerfen in. wenn bei Besprechung wirtschaftlicher Fragen ver iucht wird, die Sache so darzustellen, als ob sich die nationale lleberzeugung und Betätigung und inten, ja antinationale Gesinnung gegenüberständcn. In dieser chauvinistischen Blechmusik sind viele falschen Töne enthalten. Das Kapital ist eben vater landslos, und Vie Interpellanten selbst haben jedenfalls ihr Kapital auch nicht ausschließlich in Rcichsanleiben angelegt. Die Anlegung inländischen Geldes im Auslande ist eine natürliche Begleit t.ichcinung der kapitalistisch.» Entwicklung und be weist die Entwicklung Deutschlands zum Industrie- n a a t. Eine Aktion zugunsten der deutschen In dustric hat diese Interpellation nicht veranlaßt, es handelt sich vielmehr lediglich um eine Förderung der Spclulationspapicre. Die Großbanken haben immer das geschäftliche Interesse im Auge. Der Abfluß deutschen Geldes kann nicht verhindert werden, aber das Reich und der Staat darf nichts tun zur Förderung d'eses Ab Nasses, und deshalb verlangen wir ein A ujsicht s amt, das dem Volte und dem Reichstage verant wortlich ist. (Beifall bei den Sozialdcmo'tratcu.) Abg. Dove (Fortschr. Vpt.): Die Debatte Hal die sonderbarsten Zusammenstellungen gezeigt: den Staatssekretär, an der Rechten den Grasen k anitz , an der Linken die „Franljurier Z:a.", und Herrn Speck Hand in Hand mit dem Haniavunoprägdcnlen Rieger. In der Forderung der A b h i l j s m i t t e l trennen wir uns gar nicht. Ich seloer habe genau dieselben längst empfohlen, die heute die Rcdne. hier verlangten. Geld kann verloren werden bei i n - ländrschcn wie bei ausländischen Papieren: das läßt sich nicht vermeiden. Daß die Zulaüungsstelle sich einmal irren kann bei dec Auswahl ausländischer Papiere, ist ebenso selbstver händlich wie ein gerichtlicher F e h l j p r u ch. Jetzt, wo der Diskont herabgesetzt ist, kann man doch nicht von einem 1lcber;ch,rcmmcn mit ausländischen Papieren sprechen. Abg Freiherr v. Gamp (Rpt ): Wir müssen für unseren Bevölkerungszuwachs Beschäftigung schossen, und dazu ist nötig, daß Geld und Produkte möglichst billig werden. (Zuruf links: Getreide!« 'Wenn nicht die Staatspapiere stabilisiert wer den, kann das Mißtrauen zu den deutschen Werten nicht beseitigt werden. Der Gründung einer Depo sitenzrntralc bei ver Reichsbank sollte nunmehr bal digst nühergetreten werden. Dem Reichsbankpräfi- denten wissen wir Dank dafür, daß er es verstanden hat, den Goldbestand der Reichvbank zu schütze«. Bei der Zulassung fremder Papiere muß viel sorg fältiger versahren werden. Der deutsche Geld markt hat gegenwärtig vor allem nötig, zur Ruhe zu kommen. Um so verwerflicher ist es. wenn die Kroß bauten die gegenwärtige Situation benutzen, um durch ausländische Papiere ihre Geschäfte zu machen. Empfehlenswert ist der Vorschlag des früheren Direk tors der Deutschen Bank, Roland Lücke, eine un parteiische B a n t k o m m i s s ro n zu schassen. Eine Beiferung kann wohl geschaffen werden ourch die 'Vorschrift einer härteren Bardeckung für die Bauten. Bei der Elalsbcratung wird sich Gelegen heil sindeu, die Frage an den Staatsse.'recär zu rich ten, ob die B a n k e n e n c, u e t e Anlaß zu refor matorischen Maßnahmen gibt. (Bestall rechts.) Abg. Strejemann (Natl): Was springt aus dieser heutigen Aktion heraus'.' Im wesentlichen nur die Anregung, an Stelle der verschiedenen Zuiassungs- stelkn eine Zentralzulassungsstelle einzurichteu. Das Börseugefetz gibt durchaus der Regierung die Möglichleit. im Siaatsiineresse cin- z n j ch reit e n. Darüber sind alle Kommentatoren einig. Die Regierung hat selbst diesen Weg be schritten: wir tönnen ihr darin allerdings nur zu- iummen und sie bitten, auch ferner ein wachsames A u g e zu haben. Der Kollege S p e »t hat daher auch nicht recht getan, die bestehenden Verhältnisse als sehr verbesserungsbedürftig hinzustellen und An klagen gegen Vie Berliner Handelskammer zu rich ten. deren höchh ecacntümliches Wahlrecht ja allerdings ein übermäßiges lieber wiegen der P lurottulie herbeigcnihrt Hal. Daß die Banken ein Lpezialinteresfe an hohen Diskontsätzen hätten und lediglich Dividendenpolitik trieben, darr» kann ich Herrn v. Gamp auch nicht boistimmcn. Die Banken sind Verwalter iremdcu Gutes und trage» dafür die Pera»twortu»g. Im Auslaitde siiidcil sich viel stärkere Be wegungen des Disko» tsatzes nach der Höhe als bei uns. Ich verweise nur auf England. Aus einer verdienstvolle» Arbeit des Professors Scheer ergibt sich für Deutschland eine fortgesetzte Ab jchwüchtuig der Diskonlbewegung. Die deutsche In dustrie har unzweifelhaft ein Interesse daran, daß die Mittel, die wir überhaupt zur Verfügung haben, ihr in erster Linie zur Versüguna gestellt werden müssen, aber der Fraktionssreund des Herrn v. Gamp, Herr v. Liebert, hat in einer Publikation mit Recht geltend gemacht, daß sür die finanzielle Kriegs bereitschaft Deutschlands nichts wichtiger sei als die Ausrechterhaltuiig des deutschen Welthandels. Für die geschickte Art, wie Herr v. Kidcrlen die Finanzierung der türkischen Anleihe in Deutsch land ermöglicht hat, wird ihm jeder dankbar sein müssen. Es ist am Bosporus ei» Sympathie umschwung eingetreten, der auch unjereu Handels beziehungen zugute kommen muß und wird. Daß die Großbanken ein Svezialinteresse an hohen Diskont sätzen, kann ich auch nicht unterschreiben. Bei ihrer Verquickung mit dem gesamten Wirtschaftsleben würden sie damit keine gesunde Politik treiben. Der Rückgang der Kurse"der Staatsanleihen steht nicht in ursächlichem Zusammenhang mit der Zulassung ausländischer Spekulationspapicre, die doch mit Preußischen Konsols und Deutscher Reichsanleihe nicht tonlurrieren. Aus der Entwicklung ergibt sich, dog wir jährlich einen großen Teil unserer Er sparnisse sür die weitere Entwicklung unserer In dustrie und unseres Handels ausbrauch en, weil wir eben noch lein saturiertes Volk sind, wie etwa Frankreich oder England. Die -10jährige Entwick lung des Deutschen Reiches haben wir eben mit diesen Ersparnissen bezahlen müssen. Wir haben :,7 bis "8 Milliarden kommunaler und ländlicher Pfandbriefe, wodurch der Grundbentz fast vollständig mobilisiert erscheint. Alles dies drückt auf unseren Markt. Die Anlage unseres Kapitals im Anstande ist so lange unbedenk lich, als die Qualität der fremden Papiere gut ist. Wie wichst" sie auch für den Kriegsfall ist, eigt Vas Beispiel Frankreichs im letzten Kriege. Schlechte ausländische Papiere sott man allerdings sernhaltcn, gute lönneu bei hinreichender Flüssigkeit des deut schen Geldmarktes ruhig zu gelassen werden. Daß die amerikanischen Papiere nichts wert seien, weil Amerika sie ubstoße, kann ich nicht Zugaben. Ein großer Teil der Aktien der Reichsbanl besinoet sich in England, und vollzieht niemand daraus einen analogen Schluß. Ich kann nur wünschen, daß der Abg. Gras k anitz dem Geh. Rat Rießer auch in anderen Vorschlägen folgt. Eine Politik der starken Hand Amerika gegenüber würde nur zum Schaden unserer exportierenden Industrie aus schlagen. (Beifall links ! Abg. Raab (Wirtsch. Vgg.): Wir geben zu. Voß oie Anlegung deutschen Geldes im Au-Banve unjereu politischen und wirtschaftlichen Einfluß stärken kann; völlig zu umgehen ist sie nicht. Die Regierung ist dabei verpflichtet, die Emission fremder Papiere scharf zu überwachen. Der niedrige Zins- und Kursstand unserer Staatspapicrc ist bedauerlich und unbegreiflich. Die Unterstützung der brasilianischen Anleihe war nicht nur ein schwerer wirtschaftlicher, sondern, da das Auswärtige Amt seine Hand dazu geboten hat, auch ein schwerer politischer Fehler. Banken, die faule Aktien emittieren, sollten verfolgt werden. Der Mittelstand braucht Kapital, und wir sollen sür ibn sorgen! Abg. Dr. Hahn (Kons, u B. d. L.): Die Inter pellation war, nach dem Verlaus der Debatte, durch aus nötig. Erfreulicherweise war die Antwort des Staatssekretärs recht entgegenkommend. Tic E m i s s i o n s t 8 1 i g k e i t der Banken muß von einer bestimmten Stelle aus überwacht werden. Wir haben keine Veranlassung, den Amerikanern Kapital zum Bau von Bahnen und zur Stärkung ihrer Konkurrenz zuzusühreu. An politische Gegner oder verschuldete Staaten sollte deutsckies Geld nicht gegeben werden. Bei der heutigen Bankpolitik und Erhöhungen des Diskontsatzes von Zeit zu Zeit nötig, die die nationale Arbeit sehr viel höher bezahlen als die ganze Finanzresorm. Das Depositcnkassensystem der Großbanken ist an sich einwandfrei, dem allgemeinen Wohl dient es aber nicht. Da sollte die Sechandlung ein- gr e i s e n und ihrerseits ein ähnliches System »hassen. Dadurch würde der Kursstand der Staatspapicre ge bessert werden, dadurch würde der übermäßigen Emission ausländischer Papiere entgeqenqearbest.t werden. Darauf wird Vertagung beschlossen. Die nächste Sitzung findet Montag 2 Ubr statt. Ans der Tagesordnung steht der Marinceta t. Schluß der Sitzung 6 llhr. Aus üen Keichstsgskommlllitmen. Der Militäretat in der Budgettommission. . Die BudgetkomMission bewilligte am Freitag im ersten Teil ihrer Sitzung die Mehrsordcrungen des Etats für Außartillerie und Pioniere ohne Erörterung. Generalmajor Wandel begründet die Forderung eines Krastsahrbataillons und führ: aus, daß die Mannschaften dieses Bataillons nicht nur im technischen Dienst, sondern auch im infanteristischen Gefechts dienst ausgebildet werden müssen. Dazu ist es erforderlich, daß die Kompanienihrer beritten sind. Aus Anfrage von fortschrittlicher Seite lietont lüeneralmajor Wandel, daß die dienstlich sür komman dierende Generale und andere höhere Offiziere be schafften Kraftwagen nur zu dienstlichen Zwecken denutzl werden dürfen. Von einem Abgeordneten werden M ißbräuche mit der Benutzung von Kraft wagen ohne Ramensncnnung zur Sprache gebrach:. Der kriegsmiuisler bittet um Mitteilung der Ramcn und jagt Abhilfe zu. Der Kriegsminister richtet an die Mitglieder der Budgetkommission eine Einladung zur Besichtigung des Bekleidungsamts Berlin. Generalmajor Stabs weist darauf hin, daß die Einrichtung des Zivilbetriebs in den Be- tlcidungsämlern auf Anregung des Reichstages er folgt ist: eine besondere Beschleunigung in der Durch führung dieser Maßregel liege nicht im Interesse der Heeresverwaltung. Es begann sodann die Beratung des 8 1 der Heeresvorlage, der die Friedcnspräsenzstärke festsetzt. Das Zentrum sprach sich für das Quinquennat aus, aber gegen die Ausdehnung des Ein jäh r ig c n p r i v i le g s auf die Mittel schulen. Weiter wünscht das Zentrum, daß ein Teil der Arbeiten für das Militär den Gefängnissen überwiesen werden soll. Von fortschrittlicher Seile wird der Forderung, den Mittelschulen den Ein jährigenschein vorzuenthallen, entschieden entgegen getreten. Von der Heeresverwaltung wird erklärt, daß gerade im Interesse des kleinen Handwerkes von einer weiteren Heranziehung der Gesüngnisarbeit abgesehen worden sei. Generalmajor Wandel gibt sodann Auslunst über die Absichten, die für die frühere Zulassung der Absolventen neuiiilassigcr Mittelschulen zur E i n j ä h r i g - F re i w i l l i g c n p r ü f u n g be stehen, sowie darüber, daß für die Zulassung der Schüler kunstgetoerblicher Anstalten zur erleichterten Prüfung Erwägungen schweben, und teilt Zahlen über Vie Ablegung der erleichterten Prüfung zum Ein- jährig-Freiwilligendienst mit. Aus Grund der Be stimmung, wonach Lurch hervorragende Leistungen im praktischen Leben ohne wissenschaftlichen Befähigungsnachweis das Zeugnis sür den einjährigen Militärdienst erworben werden kann, sind in den Jahren 1900 bis 1905 989 Berechti gungsscheine erteilt worden. Es wird angeregt, all jährlich die Ergebnisse der hierbei in Betracht kommenden Prüfungen zu veröffentlichen, um den jungen Leuten Anregung zu geben, auch danach zu streben, in ihrem Fache etwas Hervorragendes zn leinen, und um cs auch Eltern und Lehrern ru ermög lichen, aus Grund von Tatsachen zu entscheiden, ob sie jungen Leuten raten können, diesen Weg zur Er langung des Einjährigenzeugnisses zu versuchen. Der Kriegsminister dankt dem Vertreter der Sozialdemokraten für das Vertrauen zur Heeresverwaltuntz, das darin zu er blicken sei, daß die Heeresverwaltung oder einzelne ihrer Glieder bestimmen sollen, ob ein junger Mann ein oder mehr Jahre zu dienen habe. Die Heeres verwaltung habe dagegen aber Bedenken. Der Ver gleich mit den Dispositionsurlaubern stimme nicht, weil da bürgerliche Verhältnisse ausschlaggebend seien. Die Heeresvorlage wird dann, wie schon gemeldet, angenommen. Das Zentrum stellt im Anschluß hieran folgenden Antrag auf Abänderung des Artikels 60 der Rcichsverfassung: Die Friedensstärke des Reichsheeres wird im Wege der Reichsgesetzgcvung festgcstellt. — Der K r i c g s m i n i st e r erklärt, daß ihm eine Stellungnahme dazu erst möglich sei, wenn er die Auffassung der zuständigen Stellen im Reiche kennen geternt habe. Da von anderen Parteien Be denken geäußert werden, wird der Antrag zurück- gezoge n. Es folgt die Beratung der Resolutionen. Das Zentrum ersucht den Reichskanzler, dahin zu wirken, daß Gesuche um Befreiung von Militär pflichtigen vom aktiven Dienst aus Billigkeits gründen, besonders bei Gesuchen von Witwen, mög lich» wohlwollend behandelt werden. Das Neichs- militärgejctz jolt dahin geändert werden, daß bei Billigkeitsgründen die Befreiung Militärpflichtiger durch Ueberwcisung zum Landsturm ersten Aufgebots sowie die vorzeitige Entlassung bereits dienender Mannschaften durch die Ersatzbehörden dritter Instanz zu verfügen ist. Von der Militärverwaltung und den konservativen wird diese Resolution sür überflüssig erachtet, von der Fortschrittspartei empfohlen. Sie wird schließlich angenommen unter Streichung der Worte „besonders bei Gesuchen von Witwen". In dieser Fällung ertlärte Generalmajor Wandel die Re solution sür unbedenklich. Die Fortschrittliche Volk spar ter beantragt eine Resolution, die den Reichskanzler er sucht, daß bei der Besetzung militärischer Stellen allein die persönliche Tüchtigkeit ohne Rück sicht auf die politische oder tonfessionelle Ueber- z.ugung oder die gesellschaftliche Stellung entscheiden soll. Eine zweite Resolution der Volkspartei verlangt unter Bezugnahme auf frühere Beschlüsse des Reichs- urgs, daß die Reform des gesamten Militär strafrechts, des Beschwerderechts uud des ehren gerichtlichen Verfahrens gegen Offiziere sowie der Stellung der nicht dem aktiven Militärstande an gehörenden Personen in diesem Verfahren in die Wege geleitet wird. Zur Resolution betreffend die Besetzung mili tärischer Stellen nimmt Kriegsminister v. Hcerinaen auf die Ausführungen seines Vorgängers Bezug. Die persönliche Tüchtigkeit entscheide jetzt schon ohne Rück sicht aus politische oder konfessionelle Ueberzeugung. Sozialdemokraten seien davon natürlich ausgenommen. Die gesellschaftliche Stellung soll sich nach der Begründung des Antrags auf einen vermeintlichen Unterschied zwischen Adel und Bürger tum beziehen: der Kriegsminister kennt keinen Unterschied in der gesellschaftlichen Stellung adliger oder bürgerlicher Leute. Auch im Osjizier- korps werde da kein Unterschied gemacht. Auf erneute Angriffe von sozialdemokratischer Seite bestreitet der Kriegsminister, seinerseits eine Einteilung der Be völkerung in zwei Klassen gemacht zu haben; er fügt hinzu, niemand habe ein Recht darauf. Vorgesetzter zu werden. Dafür müssen die Geeignetsten aus gewählt werden. Sozialdemokraten seien ungeeig net schon deshalb, weil sie an die Stelle des Kaisers die Republik setzen wollen. Der Kriegsminister nimmt Bezug auf den Artikel V.'l der Reichsoerfassuna; nach diesem Artikel steht das Heer im Krieg und Frieden unter dem Befehl des Kaisers. Schließlich führt der Kriegsminister aus: Die Be setzung der Stellen im Heere sei ein Recht der Kon tingentsherren, für Preußen usw. des Kaisers. Die Resolution bedeute einen Eingriff in die Rechte des Kaisers und der anderen Kon- tingcntsherren. Mithin müsse er sich auf das schärfste gegen diesen Teil der Resolution aussprechen. Die Antragsteller ändern ihre Resolution durch Weglassung der Worte „ohne Rücksicht auf die poli tische oder konfessionelle Ueberzeugung oder die gesell schaftliche Stellung" ab. Die Konservativen und die Militärverwaltung lehnen entschieden auch den ab geänderten Antrag a^ Die erste Resolution wird hierauf abgelehnt, die zweite Resolution ange nommen. Die Reichsverficherungskommisfion erledigte am Freitag den Abschnitt über das Ver- fahren bei Unfallsachen. Die aus un gefähr 50 Paragraphen bestehenden Kompromiß anträge wurden mit geringen Aenderungen an genommen. Die Wahkpriifungskommission erklärte die Wahlen der Abgg. Dr. Böhme-Mar burg (b. k. F.) und Riefeberg-Wanzleben (Wirtsch. Vgg.) für gültig. preutzllihes Udgearünetenhsus Berlin. 11. Februar. Am Ministertisch: Kommissare. Präsident Kröcher eröffnet die Sitzung um 11 Uhr 15 Minuten. Auf der Tagesordnung steht die erste Beratung des Entwurfs zur Bewilligung weiterer Staatsmittel sür Arbeiter wohnungen. Abg. Maltzahn (Kons.) führte aus, leitender Ge sichtspunkt müsse bleiben, daß billig und gut ge baut werde, und daß der Staat nur baue, wo die private Bautätigkeit nicht genügend billige Woh miiigeii zur Llersügung stellen könne. Abg. Hirsch (Soz.) führte aus: Arbeiterwohnungen dürren ihren Inhabern nicht wegen politischer Beteiligung entzogen werden. Abg. Schröder-Kassel (Natl.) führte aus: Wir be grüßen die Vorlage, die dazu dienen kann, die Ar beiter auf dem Lande seßhaft zu machen. Das Reichsversicherungsamt sollte Sen Bestrebungen nicht durch Erhöhung des Zinsfußes entgegenwirken. Geheimrat Drews führte aus: Der Erlaß des Reichsversicherungvamtes, der den Zinsfuß erhöht, wird möglichst wenig rigoros angewendet werden. Es sollen hauptsächlich kleine Wohnungen gebaut werden. Abg. Bartscher (Ztr.) führte aus: Die Vorlage kann segensreich wirken. Der Staat kann nicht genug tun in Schaffung gesunder Wohnungen, besonders kleiner Wohnungen für die Arbeiter und für den bedrückten Mittelstand. Erfreulich ist, daß Preußen den Erlaß des Reichsversicherungsamtes schonend an wenden will. (Bravo! im Zentrum.) Abg. Krunenberg (Ztr.) führte aus: Der Press der Staatswohnungen soll nicht zu niedrig ge halten werden gegenüber den ortsüblichen Mieten. Abg. Rosenow (Freis.) führte aus: Die Hauptsache ist, daß kleine Wohnungen gebaut werden, die den Arbeitern zugute kommen. Geheimrat Kienitz: Wir achten seit Jahren darauf, daß die Baugenossenschaften nur kleine Wohnungen Herstellen. Der Entwurf ist in erster und- zweiter Lesung erledigt. Es folgt die Beratung des Entwurfs, betr. eine Anleihe zur Erweiterung der Anlagen der Staat» bergoerwaltung. Am Mnisterlstch erschienen inzwischen: Sydow und Lentze. Abg. König lZtt.) rührte ans: Die vorgesehene An lage von Doppelschächten aus der schlesischen Grube Knurow wird dieFörderung erheblich vermehren Eine gleiche Anlage auf Kaliwerk Klein, bo Lungen erscheint geboten. Einführung de« Tagesbaues auf Ser Bernsteingrube P a I m i n ck e n empfiehlt sich. Abg. Pappenheim «Kons ! führte aus: Die Erträg. nisse des Bergbaues nahmen in den letzten Jahren nicht, wie erwartet, zu. kommissions- beratung ist nor wendig. Abg. Spinzig sFreikons.s: Es besteht die Frage, ob derartige Investitionen durch eine Anleihe oder wie bisher durch laufend« Mittel gedeckt werden. Abg. Macco (Natl.): Es ist zu befürchten, daß das staatliche Bergwerkswesen durch solche Vorlagen zn sehr erweitert wird. Handelsminister Sydow: Von einer Erweiterung, einer erheblichen Erweiterung der staatlichen Be triebe ist in dem Entwürfe keine Rede, sondern davon, Bestehendes auf die Dauer zu erhalten. (Sehr richtig!) Wir leiden an einem Mißverhältnis zwischen Generalkostsn und Einnahmen. Abg. Hoffmann (Soz.): Man hängt dem Staat die schlechtesten Felder aus, die sich nicht rentieren: d'S Bodenschätze sollten Besitz der Allgemein, heit lein. Abg. Ehlers (Freis) führte aus: Der mit der Vor lage eingeschlagene 2Ueg, werdend« Anlagen nicht au« den laufenden Mitteln zu decken, erscheint richtig. Die Vorlage wird der Budgetkommission iiberwieien. Der Entwurf, betreffend die E r w e i t« r u n g de« Stadtkreises Erfurt wird nach kurzer Debatte der Gemeindekommission überwiesen. Es folgt« die Weiterberatung des Etats beim Etat des Ministeriums des Innern. Am Ministertisch erschien: Dallwitz. Abg. Wenke (Freis.) führte aus: Man soll die Ge. fangenen möglichst in der Landwirtschaft be schäftigen. Die Gefängnisarbeit darf dem Handwerk keine Konkurrenz machen. Abg. Beqer-Neustadt (Ztr.) wünscht« größere und bessere Fürsorge für die Veteranen. Abg. Geheimrat Drews erwiderte: Das Reich wird den Beitrag zur Vctcranenbeihilfe demnach st er höben. Nächste Sitzung Montag 11 Uhr vormittags. * 2n der Presse mehren sich in letzter Zeit die Mitteilungen über wichtige Erfin dungen auf dem Gebiete der praktischen Heilkunde. Noch ist die Bewegung nicht zur Ruhe gekommen die die Erfindung des Blutserums hervorgerufen hat, und schon hat sich ärztlicher Erfindungsgeist des bis her ziemlich vernachlässigten Gebietes der Epilepsie behandlung bemächtigt. — Das Hauptvcrdienst ge bührt nach dieser Richtung dem namhaften Spezial, arzt Dr. Alexander Szabo, dem es nach lang jährigen Forschungen gelungen ist, sein Heilverfahren derart zu vervollkommnen, daß er mit Hilfe desselben bei schwerer Epilepsie ungeahnte Heilerfolge erzielt. Nähere Auskunft auf Anfragen von Patienten oder deren Angehörigen erteilt die Ordinationsanstall Budapest, V., Große Kronengasse 18). >