Volltext Seite (XML)
Bezugs-Preis ««» d« »«Uch« ISdU. L» «L. «»»all. VMM AO^PßhDUI TROO^MiI DUßHEß» IWM^ Ugltch. G«M» » « ««,«». Lt»»»«»«»»».>»»»-»^ d«t «»I«r*» r»«,»n». KUUUo». kixdllr»«» »d L»ah»«k»L»«, I«»» V»Rü»U«» «,» vkKftrt««r» SM. Atorgen-Ausgabe. KiWMr T agcblM «Ä.-A«sqi.^uK Han^eldzeilung. Nmlsvlalk -es Nates und des Notizeiamtes Ser Stadt Leipzig. Anzeigen Preis «, 2»!'lal« »»» u«r»ll, »»» Um,«d««, St« l!paltt»,v«rtu«»l, S«I „«««Nom«. «U« I «k.. »»» «»»»an» »i Vs, ««Name» llll Mi.. 3»I«»ar« »»» v«hörd«» «m oml. ttch«» l«U de, P«Ntt«U« SV PI »r>»a!l»aa,«,,«» «U PloivoNchrtN«» » N, d«, Ud«ndau»,dd« i» Peeil« «kdötzr Radar» »ach I-rlt ««Uaargrdüdi «»samt, aaslaa« S Mi. p rau>«»d «eit. Volla'dude. I«llde»Ia,« l>öb«r 8«Ii«N«»lr, Lufträg« köane» »eclii «urün- aeiaae» »«rd«» «ili da» IkrlL«!»«» a» »«hümm«» la,r» aa» Pia,«» wird t«t„ Earaatt« dd«ne»mm«» >»»««,«»-Uanadm«. 2»tzd»»,»,»N, b«t ländlich«» 8>Ual«» » all«» «nnanki». Eroedttt»«» d«» 2a» «ad <ia»laad«« »ra« »ad »«'la, »,» L«i»,l,„ »«,„ dlatt«» «. V»l» S^ad«: V«»l «»»«». «» »«>ch»N»N«d»» 2ada»»t»aall« 4 p»,»e - iftllal« Dre«vr» > «««kratz» 4, l ll«i«vl>o» «L los. Jahrgang llr. ISS Lmrnsvenü, üen l7. 3unl 1911 Die vorliegende Ausgabe umfaßt 18 Seiten. vss Mchtlglte. * Der Kaiser wohnte am Freitag in Han no v e r den R e n n e a bei. sS. Dtschs. R.) * Der Kaiser verlieh dem Eüdpolarforscher Chakleton den Kronenorden L Klasse. * Nach Wiener LILttermeldungen schlossen die Christlich-Sozialen und die Sozial demokraten in Oberösterreich und Salzbura ein Wahlkompromißab. fS. Letzte Dep.) * Der Seeleutestreik ist bis setzt ruhig verlaufen. Verschiedene Dampfergesellschaften be willigten, um ibren Betrieb aufrechtzuerhalten, Lohnerhöhungen. (Ed. bes. Art.) Die belgische Srills. Als die sechsjährige Herrschaft des liberalen Kabinetts Fröre-Orban im Jahre 1884 gestürzt war, erwartete man eigentlich, daß dem kleri kalen Triumphe auch keine längere Dauer be- schieden sein werde. Hatten die Liberalen doch im wesentlichen durch den fast zufällig scheinen den Verlust Brüssels mit seinen 16 Man daten ihre Mehrheit verloren, der nach vier Jahren wieder gut gemacht werden konnte. Hatten sie aber die materiellen Interessen ihrer Wählerschaft vor den Kopf gestoßen, weil sie die Eemeindebudgets mit überhasteten Schul bauten belasteten, so arbeiteten, wie es schien, die siegreichen Klerikalen einem neuen Um schwünge trefflich durch die Wieder abschaffung des Schulzwanges, eine Brutalisierung der idealen Empfindungen, vor. Man weiß, mit welchem Jngrimme König Leopold das rückschrittliche Gesetz unterschrieb, das ihm aus den Händen der Herren Woeste und Jacobs dargeboten wurde. Aus den vier Jahren, die man damals den Klerikalen gab, sind 27 geworden, und noch ist das Ende vielleicht nicht so nahe, wie in diesen Tagen gemeint wird. Denn zu ost schon hat man bei den alle zwei Jahre vorgenommenen halbschichtigen Erneuerungen der Kammern den Zusammenbruch des klerikalen Ueber- gewichtes prophezeit, als daß die Welt nicht allmählich mißtrauisch gegen die Wahr sagungen geworden sein sollte. Alle Rechnungen haben getrogen. Die Idealisten, die 1884 an eine schnell erwachende „Reue" des Volkes über seine Pfennigfuchserei glaubten, sobald es tat sächlich sein heranwachsendes Geschlecht in den Analphabetismus zurückfallen sähe, waren schlechte Eeschichtskenner, unterschätzten die derb materielle Grundlage des niederländischen Charakters, der sich gegen Alba nicht erhob, als Egmonts Haupt fiel, sondern als der Spa nier ihm die Steuer des „zehnten Pfennigs" auf erlegte. Man erhoffte dann von einem rechts liberal-sozialistischen „Eroßblöck" — wie man in Deutschland sagt —, der nach schweren Wehen endlich im 20. Jahrhundert zustande kam, den richtigen „Elan" des Angriffes auf die Phalanx der Klerikalen, übersah aber, daß dieses frag würdige Bündnis auch den Rest der einfluß reichen Großindustriellen mitsamt dem König Leopold in das klerikale Lager trieb. Man verdarb sich schließlich vollends die Siegesaus fichten durch Einführung des Proportional» systems, das die Stimmen durch das ganze Land durchzählt und also mögliche liberale Teilerfolge in Brüssel, Ant werpen, Gent usw. in der Flut der ländlichen klerikalen Wähler erstickt; während die Plural stimmen vielleicht den Liberalen, aber nicht ihren sozialistischen Bundesgenoffen zugute kommen. Unter diesen Umständen muß man mißtrauisch bleiben gegen die nun zum fünfzehnten Male in die Welt gesetzte Ausstreuung, daß 1912 ganz sicher ein liberaler Wahlsieg zu erwarten sei. Der persönlich gewiß nicht klerikal gesinnte König Albert hat solchem Mißtrauen auch Rechnung getragen, indem er im Beginne der gegenwärtigen Ministerkrisis die ihm nahe gelegte Auflösung, also Totalerneuerung der beiden Kammern unterließ. Die starke Er regung der liberal-sozialistisckenKreise gegen das Schulgesetz Schollaerts scheint ja erfolgverheißend für eine Neuwahl mit der Losung „gegen den Klerikalismus!" Aber selbst angenommen, daß die Macher der Bewegung sich nicht zum fünf zehnten Male über dieVerschiebungderStimmen- mehrheit täuschen: im günstigsten Falle wird der „Proporz" die heutige 6-Stimmenmehrheit der Rechten in eine etwa ebenso große der vereinigten Linken umwandeln. Ob aber die Vereinigung der Liberalen und Sozialisten den Rausch der Siegesfeier überdauern werde, ist eine mehr als zweifelhafte Sache. Ehe nicht bei den Liberalen die Einsicht zurück kehrt, daß man das Kampffeld teilen muß, um es zu beherrschen, um den letzten Anhänger durch die Möglichkeit an die Urne zu nötigen, daß seine Stimme im Ringen um den örtlichen Siegespreis entscheidend wirken könne; ehe ferner nicht den Städten ihre besondere Wich tigkeit zurückgegeben ist, kann an die Wieder gewinnung einer regierungsfähigen Mehrheit doch kaum gedacht werden. Freilich werden auch die Klerikalen ihre erdrückende Mehrheit, die sie vor der letzten Wahlreform — wenn auch nur durch Zufallssiege — besaßen, nicht zuriickerlangen. Und bedenklich erscheinen die in ihren eigenen Reihen neuerdings hervorgetretenen Spaltungen und Unsicherheiten. Schon die Einbringung des neuen Schulgesetzes zeigte, daß sie sich in ihrer rückständigen Haut nicht mehr recht wohlfühlen. 1884 forderten sie trotzig ihr Jahrhundert in die Schranken und schloffen die Türen der bürgerlichen Schulen liberaler Errungenschaft mit einem Zynismus der Bildungsfeindlichkeit, der z. V. von dem deutschen ultramontanen Parteiführer Windthorst scharf getadelt wurde. Schollaerts Entwurf begünstigt allerdings noch die Kirchenschule, wendet aber auch den Ee- meindeanstalten wieder staatliche Unter stützungen zu und befördert den Vildungstrieb des Volkes, die väterliche Fürsorge für die geistige Hebung ihrer Nachkommenschaft durch Einrichtung von Freistellen. Dieses bescheidene NUN den alten Woeste, den Zertrümmere! der liberalen Staatsschule, auf den Plan gerufen, Da anderseits den Liberalen des klerikalen Gewürzes zu viel dem schalen Reform-Teige zugefügt zu sein schien, so ist das Werk aus Schollaerts Küche zwischen den beiden Mahl steinen des entschiedenen Fortschrittes und des unbedingten Stillstandes zerrieben worden und der unzureichende Kochkünstler hat seine Leistung mit seinem Amte bezahlen müssen. Da sich in dessen noch wenig Anhaltspunkte für die Wahr scheinlichkeit bieten, daß Belgien wie Frankreich und Italien in absehbarer Zeit dem klerikalen Einflüsse entrissen werden wird, so dürfte der diesesmal gescheiterte, nicht im reaktionären Dogma verknöcherte Staatsmann, dem König und Volk die in schwerem Mühen erreichte An gliederung des Kongo-Staates zu danken haben, noch nicht am Ende seiner politischen Laufbahn stehen. Inzwischen mag das neue Ministerium de Broqueville, das seinen jungklerikalen Bestandteil bedeutend verstärkt hat, die Kunst des Lavierens mit größerem Geschick fortzusetzen sich bemühen, bis die Neuwahlen übers Jahr über die Frage entscheiden werden, ob nach 28 Jahren mal wieder ein Versuch mit den Liberalen gemacht werden soll, oder ob eine kleine und doch zähe Mehrheit des klerikalen Regiments auch nicht vorübergehend satt ge worden ist. Die nichtbelgische Welt mag mit Gelassenheit den Ausgang jener Wahl erwarten. Da der nichtklerikale Teil des belgischen Volkes stark zum sozialistisch-radikalen Extrem hinüber neigt, so sind die Sympathien der unbeeinflußten Beobachter auch für die heutige Oppositions partei nicht übergroß. Uns Deutschen aber macht auch jene Erwägung zurückhaltend, daß die nationale Sache der uns sprachverwandten Flämen von den überwiegend flämischen Klerikalen gefördert wird, während sie von den im Wallonenlande stärker bewurzelten Soziali stisch-Radikalen nichts zu erwarten hat, und die Wallonen auch politisch ständig, wie im Deutsch französischen Kriege, es mit Frankreich ge halten haben. Gln Sulturbilü sus Lüödrslilien. Aus Kolonialkreisen wird uns gcchrieben: In verschiedenen Teilen Südbrasiliens leben viele Tausende von fleißigen deutschen Ko loni st en. Ob das so allgemein bekannt ist, wollen wir nicht einmal ohne weiteres beschwören, denn sie heimische Presse beschäftigt sich herzlich wenig mit diesen Lands leuten, die dort dem deutschen Namen alleEbre machen. Immerhin können wir annehmen, daß man in Leipzig ein wenig mehr davon weiß; ist doch eine der deutichen Siedlungen in Südbrasilien, „Neu-Württem- berg", von einem Leipziger Dr. Hermann Meyer, ins Leben gerufen. Im übrigen glauben wir. daß kein Hahn nach den dortigen Deutschen krähen würde, wenn nicht der Verein für das Deutschtum im Aus lande unser Gewißen in dieser Richtung wachhielte. Aber auch dieser Verein kann nur Nennenswertes ausrichten, wenn ihn die deutsche Presse dabei unter stützt. Das tut sie nur zum Teil und in der Hauptsache nur bei besonderen Gelegenheiten. Es ist freilich für den Publizisten eine mühsame Arbeit, die Zeitungen unserer Landsleute Uebersee genau zu verfolgen und Mißstände, die ihnen das Leben schwer machen, festzunageln; denn manches, was in diesen Zeitungen steht, ist für den Nicht eingeweihten ziemlich unverständlich. Deutlich geht aber immerhin daraus hervor, daß den deutschen Kolonisten in Brasilien das Leben nicht gerade leicht gemacht wird. Brasilien läßt sich ihre Kulturarbeit recht gerne gefallen, von Dank und Fürsorge bekommen sie aber nicht viel zu spüren. Zeitweise, bis vor nicht zu langer Zeitz war den Schiffahrtsgesellschaften die Beförderung von deutschen Auswanderern nach Bra silien verboten, weil die armen Leute dort schmählich übers Ohr gehauen und ausgeiogen wurden. Als dann die brasilianische Regierung gewiße Garantien gab, wurde dieses Verbot ausgehoben, und es ergoß sich ein Strom von unternehmungslustigen Deutschen in die subtropischen Südprovinzen Brasiliens. Was die deutschen Kolonisten dort in kurzer Zeit geschaffen haben, ist bewundernswert, und die brasilianische Regierung müßte alles tun, um ihre Dankbarkeit zu beweisen. Daran sehlt's aber leider nur zu sehr. Es scheint, daß in den maßgebenden Kreisen Neid und Mißtrauen die Hauptregungen sind, die deutsche Tüchtigkeit auszulösen vermochten. Zwar macht man es beileibe nicht mehr so wie früher, wo vielfach Kolonisten, wenn sie etwas aus dem Lande gemacht hatten, auf Grund angeblicher älterer Besitztitel irgendwelcher problematiscker Scüores ihr Besitz wieder abgetnöpft wurde. Aber wenn man in der letzten Zeit die deutsche Preße in Brasilien liest, so kommt es einem so vor, als ob man die Kolonisten mit allen möglichen kleinen Schikanen hinausekeln möchte. Dem aufmerksamen Leser jener Zeitungen mußte in den letzten Monaten eine Preßfehde auffallen, die sonderbare Kulturbilder aus oem öffentlichen Leben Brasiliens bietet. Seit längerer Zeit wurden die vorgeschobenen Siedlungen durch fortwährende Ueberfälle von wilden Indianern und halb wildem farbigen Gesindel beunruhigt, und es ist sogar eine Reihe von Mordtaten vorgekommen. aber mutet es an. daß die brasilianischen Be hörden die Uebeltaten der Indianer nicht wahrhaben wollen, obwohl die Deutschen ein erdrückendes Beweismaterial beibringen. Und noch sonderbarer ist, daß die Negierung es ab lehnt, nach den Tätern zu suchen. Es ist zwar eine Polizeitruppe entsandt worden, aber Erfolge hat sie noch nicht gehabt. Es sieht ganz so aus, als ob man vor den Indianern eine Heidenangst hätte und sich nicht getraute, im Urwald gegen sie vorzugehen, zumal nicht den deutschen Kolonisten zu liebe. Was schadet es den Brasilianern, wenn ein paar Deutsche totgeschlagen werden? Es kommen ja doch andere nach! Man kommt unwillkürlich auf eigenartige Gedanken, wenn man im Blumenauer „Deutschen Urwaldboten" liest, was sich unsere Landsleute alles bieten laßen müssen, und wie die brasilianische Polizei die Indianer pazifiziertz Da wird z. B. ein Leutnant Rosa in die Gegend ge sandt. wo ein Deutscher auf seiner vorgeschobenen Siedlung von Indianern ermordet worden ist. Er nimmt, wie er triumphierend an seinen Vorgesetzten berichtet, ein Grammophon mit in den Urwald, um die Indianer von seinen friedlichen Absichten zu überzeugen. Nachdem er einige Zeit mit ihnen fraternisiert hat, wird sein Lager unerwarteterweise von seinen braunen Freunden überfallen und ausge raubt. Nun wollen wir den Leutnant, der die Vor sicht für den bessern Teil der Tapferkeit zu halten scheint, selbst sprechen lassen; er schickt n^ch dem „Urwaldboten" folgenden denkwürdigen Bericht an seinen Vorgesetzten: „Heute, als ich das Lager verlegte, wurden wir von den Indianern an der Kleinen Serra angegriffen, 18 km von dem ersten Lager in Santa Maria entfernt. Sie töteten ein Tier und schleppten das Gepäck fort. Wir verloren das Feldlazarett, Aexte, Buschsicheln, einen Korb mit Kleidungsstücken, ein wasserdichtes Zelt. Leute wurden nicht getroffen mit Ausnahme von Ramao Ferreira, dem ein Pfeil den Mantel durchbohrte. Zur Ehre der brasi lianischen Zivilisation wurde kein Schuß abgegeben. Wir versuchten auch nicht, die von den Indianern genommenen Gegenstände zurückzugewin nen, weil sich daraus ein Kampf entspannen haben würde, den ich unter allen Umständen vermeiden will. Wir fanden vier große Ranchos, die von den Indianern bis zur vergangenen Woche bewohnt ge wesen waren. In den Ranchos ließ ich Ge schenke zurück. Ich besitze einen großen Bogen und viele Pfeile, welche unsere geschätzten Lands leut e auf dem Schauplatz des Ueberfalls zurückließen." Ist es da ein Wunder, wenn „die geschätzten Landsleute" der Brasilianer, die Indianer, Mut be kommen und die minder geschätzten Landsleute, die Deutschen, möglichst ost überfallen und ein wenig totschlagen? In unseren deutschen Kolonien ist man wahrhaftig auch human gegen die Eingeborenen. Aber wenn sie eine Untat begehen, so wird ihnen zunächst der Meister gezeigt, und dann erst läßt man Gnade walten. Wir können es den Deutschen Süd brasiliens wirklich nicht verdenken, wenn sie für eine derartige Politik kein Verständnis zeigen und ihrem Unmut Luit machen. Der Fall zeigt wieder einmal, wie dringlich im Interesse unserer über seeischen Landsleute das Gesetz über die Erhol- tung der Reichsangehörigkett ist. Solange aber die deutsche Regierung keine Handhabe besitzt, gegen eine solch skandalöse Behandlung der deutschen Kolonisten vorzugehen, sollte sie sich überlegen, ob nicht der Auswanderung nach Brasilien wieder ein- mal ein Riegel vorzuschieben wäre. Vielleicht würde dann den Brasilianern klar werden, was es mit der „Ehre der brasilianischen Zivilisation" auf sich hat! Vss llrömmgskleber in Gnglanü. Lr. London, 15. Juni. London steht zurzeit auf der Höhe der Saison. Es ist die „Ascotweek", die „Woche", der zumal in bezug auf die großartigste Toiletten-Entfaltuna be kannten Wettrennen von Ascot. Dazu auch die Woche der Pferde-Ausstellung in Olympia, wo in sonderheit die Offiziere so vieler, verschiedener Na tionen in friedlichem Wettkampf miteinander ringen, ihre Reiterkünste darzutun, zum ersten Mal dieses Jahr auch deutsche Offiziere ihre Gewandtheit zeigen und — nun eben hervortraten, wie wir das von deutschen Offizier en erwarten. Auch die Eng länder waren wohl darauf gefaßt, daß die deutschen Reiter als solche in allererster Reihe der Wettbewer ber einen Platz finden würden, aber überraschend scheint es doch manchem zu kommen, daß auch die deut schen Pferde verschiedener Arten so viele wertvolle Preise davontragen, wo die Engländer sich doch immer gern einreden, daß ihnen in Sachen der Pferde-Züchtung niemand irgendwie gleichkommt. Und sie sind darin auch wohl wirklich unerreicht — gewesen. Indessen alles das tritt ganz und gar in den Hintergrund vor dem großen Ereignis der nächsten Woche. Das Krönungsfieber greift weiter und weiter und immer heftiger um sich. „Die Krö nung setzt allem die Krone auf." Schon sind für die große Festlichkeit — sowohl innerhalb der West minster-Kathedrale, wie auch in den Straßen, durch die der königliche Zug seinen Weg nehmen wird — v»'tschied«ntlich Proben abgehalten worden, die allerdings wohl an ein« „Hamletaufführung ohne den Prinzen" erinnern, insofern der König nickt wohl daran teilnehmen kann, wenigstens nicht öffent lich. Doch hat er als Zuschauer „aus sicherem Ver steck" der Aufführung mehrfach beigewohnt. Abge sehen von dem König uttd den fürstlichen Gästen stellen wohl alle Festteilnehmer auch zu den Proben sich ein. Da gewahren wir denn auch die acht creme farbenen hannoverischen Rosse, die ursprünglich aus dem Gestüt von Herrenhausen bei Hannover stammen. Sie ziehen zwar nicht den altersgeheiliglen Krö- auch gews'- nicht nötig — aber an Stelle dessen einen alten Rumpelkasten, der große Aehnlichkeft mit einem Gefängniswagen hat. Und drinnen in der Kathedrale üben die Geist lichkeit und die Großen des Landes, die die Reichs abzeichen tragen und dem König zu behändigen Haden, sorgfältig was ihres Amtes ist. Zur Ge neralprobe wird sogar die Presse zugelaffen werden. Die Hauptrolle fällt dabei demErzbischof von Canterbury zu, dem Haupt der englischen Hof- Kirche, dem aber seit undenklicher Zeit der Erz bischof von York den Rang streitig gemacht hat. Dieser Streit scheint auch in unseren Tagen sich geltend gemacht zu haben, wenn auch natürlich nicht in einer Form, wie das früher wohl geschehen. Bei der letzten Krönung hatte der Erzbischof von Povk es durchgesetzt, die Königin Alexandra krönen zu dürfen, wie es scheint, auf Veranlassung der Königin selbst, die mit ihm öfter die Bibel ge lesen hatte. Doch dieses Vorrecht ist ihm jetzt wieder streitig gemacht; und His Grace of Cawterlbury wird den König wie die Königin krönen. So ist denn London jetzt schon recht voll, doch dürste eine Ueberfüllung in der unerträglichen Weise wie sie manche voraussehen wollten, auch in der nächsten Woche schwerlich zu gewärtigen sein. Wie stets bei derartigen Gelegenheiten wurden erst so wohl für Unterkommen, wie für Fenster- und Tri- bünenplätz« unerhörte Preise verlangt. Das schreckte manche Fremde von einem Besuch ab. Als bei dem sechzigjährigen Herrscher-Jubiläum der Königin Vik toria eine ähnliche Erscheinung zutage trat, äußerte die greise Monarchin: „Ich hoffe, ich werde nicht durch leere Straßen zu ziehen haben." Das brauchte sie ja sicherlich nicht. Das braucht auch König Georg wahrlich nicht zu fürchten. Die Preise sind schon be trächtlich heruntergegangen, wenn auck immer nock hoch genug. Indessen London ist groß. Ein paar hunderttausend Fremde nimmt es ohne große Schwie rigkeiten in sich auf, wenn auck manche wohl Uebsr- förderungen erfahren, manche sich werden ein bischen „behelfen" müßen. Frankreich ln Sorgen. (Pariser Brief.) Paris, 15. Juni. Die Haltung Deutschlands in der Marokko frage beginnt in Paris etwas zu beunruhigen. Die Anstrengungen eines großen Teils der deutschen Presse, die Berliner Wilhelmstraße aus ihrer ver frühten Ferienstimmung herauszureißen und für das Marokkoproblem zu interessieren, ihre Forderung, eine dem deutschen Protest von 1905 entsprechende und würdige Entschädigung im Sultanat selbst zu erlangen, vor allem aber dem „Aequivok" der fran zösisch-spanischen Diplomatie ein Ende zu bereiten — diese Kundgebungen der öffentlichen Meinung bei den Nachbarn hat bewirkt, daß man in Paris die Frage aufwirst, mit welchen Zugeständnissen Frankreich Deutschland befriedigen könnte. Die Organe der Kolonialpartei waren in den letzten Tagen so kühn gewesen, in ihrer Polemik geoen Svanien sich sogar auf Deutschland zu berufen. Sämtliche Zeitungen berichteten dann, Minister Cruppi Hobe in der Kommission für Aus- wärtige Angelegenheiten in der Kammer betont, daß der Vormarsch der Franzosen nach Fez nicht nur vom Sultan, sondern auch von dem englischen und dem deutschen Konsul gewünscht worden sei. Die Bemerkung der „Nordd. Allg. Ztg." daß diese Versicherung gewiß auf einem Irrtum beruhen müße, wirkte wie ein kalter Wasserstrahl. Ein«