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Leipziger Tageblatt. 2. Vellage. Sonnadenü. 21. Februar ISli Nr. 9^. Morgen-Nusyabe. Sette 9. lÄws Viatdvor, Kalserl. unck Xöulxl. Ilok-klaoskortokadrtttnllt, riüxel »ml ?lLllill08. turklel^iet >il nr ent« slelluutell»mnl«i. »iüit ii Brüssel 1910 mit ä°m „Vranä I'rix" 5»3L0 Leiprix ISIS (luteraut. vuakLcbausstvlluox) lioiiixl. 8rieli8. 8t»»l8prei8 der Geldgeber Russlands und setzt auf dieses seine Hoffnung in bezug auf seine Reoanchegelüste. Was unsere Beziehungen zu Russland be trifft, so sind die Friedensschalmeientöne, die der Reichskanzler nach der Zusammenkunft von Potsdam erschallen liess, gegenwärtig verstummt. Die Behand lung der deutschen Militärmission in Kon- stantinopel spricht auch nicht für ein« Ent spannung. Die russische Politik hat Vie deutsche Politik zu einem Rückzug« veranlasst. Die Beschlagnahme der türkischen Flotte durch England hat, so möchte man fast sagen, durch die russische Politik keinen .Widerspruch erfahren. Allerdings unsere Beziehungen zu England sind besser geworden. Da begrühen wir mit Freude. Das liegt an der ganz veränderten Weltlage. Wir sehen, Lass mit der Nord- seePolitik Englands das Machtgefühl Frankreichs mächtig gestärkt worden ist, wie es ganz anders im Mittelmeer auftritt. Ob und wann sich die Kardinal frage aufrolle» wird, steht dahin. England richtet sein Augenmerk wieder mehr auf den Stillen Ozean und muss seine Flotte dezentralisieren. Auch unsere Balkanpolitik musste unsere Beziehungen zu England verbessern. Der Abg. Erzbevger sprach auch über die Abgrenzung der wirtschaftlichen Sphä ren in Zentralafrika. Ich kann mich seinen Ausführung:n anschliessen. Di« englische Politik ist getragen von einem gesunden Egoismus, der überall das eigene Interesse vertritt, sie ist von keiner Sen timentalität angekränkelt. Die Verhandlungen in der Budgetkommijsion haben gezeigt, dass man sich keinen Illusionen hingidt. Ein Bündnis mit Eng land wiro wohl für absehbar« Zeit ein schöner Traum bleiben. Der zielbewussten deutschen Politik des Fürsten Bülow und der Tüchtigkeit des Staats sekretärs des Reichsmarineamts ist es gelungen, s«it 1897 diese stark« deutsche Flotte zu entwickeln (Lebh. Beifall), ohne dass wir in kriegerische Konflikt« auch mit England, die doch so nahe lagen, gekommen sind. Wir Lenken nicht daran, auf di« Seemachtsstellung zu verzichten, die wir heute haben. Fingen die feind lichen Mächte an, an unserem Willen zu zweifeln, so würde der Krieg nicht fern sein. Der so viel ge schmähte Reichstag hat das Verdienst, den Frieden durch die Wehrvorlage garantiert zu haben. (Erneuter Beifall.) Wir dürfen unsere Weltmachtsstellung nicht aufgeben. Für die Schulung von Mannschaften und Offizieren ist es auch sehr gut, dass unsere Schiffe ins Ausland gehen. Der Ausla ndsdi« nst muss verbessert werden. Es ist die beste Reklame für die Leistungs fähigkeit Deutschlands, wenn unsere Schiffe im Mittelmeer vorhanden sind. Das war nötig, um unser Ansehen den Balkanstaaten gegenüber aufrecht zu erhalten. Die kleinasiatischen Interessen Deutsch lands werden dadurch auch vertreten. Ebenso nötig war es, dass im Atlantischen Ozean deutsch« Schiffe erschienen. Man brauchte nicht gleich zu dementieren, dass das Geschwader dort stationieren soll. Ich be gliche die Bewilligung des Marineattachüs in Buonos Aires. Der Attache wird auch Gelegenheit haben, für die deutschen Handelsinteressen tätig zu sein. Wir folgen damit nur dem Beispiel der anderen Staaten. Der Ausbau unserer Flotte erfolgt im Zweischiffs tempo nach Massgabe des Flottengesetzes. Die Ent wickelung unseres Unterseeboots wesens beglichen wir mit Freude und können dem Staatssekretär dafür gern das Zeugnis ausstellen, dass er hier mit grccher Vorsicht vorgegangen ist. So wurde eine grosse Anzahl von Unfällen vermieden. Wir haben auch gehört, dass für den Kriegsschiffsbau deutsche Firmen aus allen Gauen des Vaterlandes herangezogen werden sollen. Herr Noske hat dann bemängelt, dass unsere Privatwersten an das Aus land liefern und deutsches Kapital an fremden Werften beteiligt ist. Das ist für unsere Schiffsbau industrie aber dringend nötig. Eine Folge der Spannung mit England war fa auch, dass in dieser Zeit die Aufträge fremder Natio nen von uns ferngeblieben sind. Durch die Beteiligung im Auslande und durch ausländische Aufträge kann unsere Schisfsbauindustrie nur in ihrer Konkurrenzfähigkeit gestärkt werden. (Sehr richtig!) In der Budgetkommifsion wurde fa erör tert, wie wichtig für uns die Oelfrage ist. Wir können im Ernstfälle nicht darauf rechnen, dass die Zufuhr aus dem Auslande weiter erfolgen wird. Wir müssen deshalb grosse Vorräte anlegen. Dadurch wird natürlich die Frage der Monopoli sierung der Oelguellen in fremden Ländern ohne weiteres akut. Die Gerüchte über die geplante Mo nopolisierung der kleinasiatischen und armenischen Oelfelder wällen nicht verstummen. Wir werden auf diese Frage beim Auswärtigen Amte noch näher zu sprechen kommen. Nach den Erklärungen des Staats sekretärs kann bei den Torpedobootsunfällen der Vorwurf des tollkühnen Rasens bei dunkler Nacht nicht aufrechterhalten werden. Die Nachtübungen sind nun einmal notwendig, um die Schlagfertigkeit unserer Marine aufrechtzuerhalten. Die schweren Unfälle der beiden Luftschiffe „L 1" und „L 2" und den Untergang so vieler Menschenleben beklagen auch wir. Wir haben ja erfahren, dass das Luftschiff „L 1" durch eine nicht vorauszusehende Bö vernichtet wurde. Bei dem Luftschiff „L 2" wurde fcstgestellt, dass die Motoren in Ordnung waren: dagegen liess sich nicht feststellen, inwieweit ein Kon struktionsfehler vorlag. Mit Genugtuung haben wir cs ja gehört, dass die Führer der Luftschiffe auf eigene Verantwortung fahren und nicht durch Aufträge oder Befehle in ihren Operationen behin dert sind. Das ist hoffentlich bei den Konstruktionen des Marineoberkommandos der Fall. Wir sind überzeugt, dass unser Offnierkorps auf voller Höhe ist (Beifall). Durch die Worte des Staatssekretärs haben wir auch erfahren, dass die Marine aus dem Krupp-Prozess vollständig intakt hcroorgegangen ist (Beifalls. Wir begrüssen es mit Freude, dass die Marineverwaltung sich bemüht, die soziale und finanzielle Lage der Deckoffiziere zu heben. Die Debatten über das Reichsmarineamt vollziehen sich von Jahr zu Jahr erheblich rascher. Grosse Beschwerden sind auch diesmal nicht laut ge worden. Das beweist sogar die Rede des Kollegen Noske. Ein französischer Staatsmann hat direkt die deutsche Flotte als einen Vorteil für Frankreich hm- gestellt. weil sie das europäische Gleichgewicht fördert, da sonst England Frankreich gegenüber zu über sind noch nie auf schlechtes Material zurückzuführen gewesen. Wir wollen eine von Uebertreibungen freie, aber zielbewusste Weltmachtpolitik. (Beifall.) Abg. Herzog (Wirtsch. Vzg.): Wir l>aden bei dieser Beratung durchaus Gutes und Lobsprüche gehört. Die Unteroffiziere verdienen möglichste Förderung ihrer Interessen. Ein gutes Verhältnis zu Eng land wünschen auch wir, warnen aber davor, zu host, nungsvoll diesen Wünschen zu folgen. Bei Uu,allen muss in ausreichender Weise für die Hinterbliebenen gesorgt werden. Derartig« Verunglückte sind zu ehren wie vor dem Feind Gefallene. Die Privat sammlungen haben immer etwas Deprimierendes an sich. Die Verwaltung hat einzutreten. (Beifall.) Abg. Vogtherr (Soz.): Bei der Beratung des Ge setzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs haben wir nur gewollt, dass man nicht die kleinen Diebe hängt uird die grossen laufen lässt. Der schwärmerischen Verehrung des Dr. Heckscher für Len Staatssekretär kann ich mich nicht anschliesscn. E- muss nicht sehr angenehm jein, einen q a n z e n S:tzungstag mit Schokolade begossen zu weiden. (Heiterkeit.) Die Soldatcnmisshanblungcn nehmen immer mehr zu. Auf der „Stralsund" wurde ein Heizer dadurch bestraft, dass er täglich zwei Stunden angebunden und die Arme hochgcbunden wurden. Diese Tortur ist in den Strafvollstreckungsbefttmmungen der Marine ausdrücklich zuaelassen. (Rufe: Unerhört!) Die« Strafe passt nicht in das 20, sondern in Las 12. Jahr hundert. Diese Tortur muss beseitigt werden. Bezeichnend ist, Lass die englische Presse nichts wissen will von einem Stärkeoerhältnis 10 zu 10 oder gar von einem Feierfahr. Sir Edward Grey dagegen trat geradezu begeistert dafür ein. Was Churchill mit dem Fcierjahr anbot, war durchaus ernst ge meint. Der Flottenverein betreibt immer noch das Geschäft der Hetzerei. Er will dem Ausland« be weisen, dass in Deutschland auf eine vernünftig« Flottenpolitik nicht zu rechnen ist. Die Rüstungs industrie fürchtet das Fciersahr deshalb, weil cs ein Feierjahr der Dioidendenverteilung bedeuten würde. Die alldeutsche Presse versucht, dem Borke diese riesenhaften Opfer skrupellos schmackhaft zu machen. Darin liegt ein erstklassiger Schwindel. (Glocke. Vizepräsident Dove ruf: den Redner zur Ordnung.) Staatssekretär des Reichsmarineamts v. Tirpitz: Von einigen Rednern, di« vor dem Abg. Voztherr gesprochen haben, sind zutreffende Worte bezüglich der Marineunteroffiziere gesprochen worden. Ich kann sie nur in jeder Beziehung unterschreiben. Unser Ziel ist cs, danach zu trachten, dass Unteroffiziere, die zwölf Jahre in der Marine gedient haben, möglichst bald zu irgendeiner Stellung kommen. Der Abg. Bogtherr hat von R üst u n g s i n t e r e s se n te n gesprochen und es natürlich auch auf die Marine bezogen. Nun, wer weiss es genauer, wie die Entwickelung unserer Marine entstairdcn ist, der Abg. Vogtherr oder ich? Ich kann jedenfalls versichern, dass zukeincrZeit, seitdem ick) di« Ehre habe, auf diesem Posten zu stehen, irgendein RWungsiirteressent auch nur den leise st en Einfluss auf mein« Entscheidungen ge habt hat. (Zustimmung rechts.) Ueber di« Brandt- affäre habe ich mich absolut klar ausgesprochen. Die Staatsanwaltschaft hat die Sache untersucht, es ist aber nichts dabei herausg«kommen. Die Strafe d es A n b i n d e n s ist an Stell« des schweren Arrests zulässig, wird aber Höch st selten angewendet. Eine Quälerei ist dabei nicht vorgekommcn. (Unruhe bei den Sozialdemokraten.) Der Mann war vielfach vor bestraft wegen Diebstahls, Betrugs, Sittlickkcilsvcr brechen usw. Der Flottenverein ist eine unabhängig: Organisation, die lediglich ihre lleberzeugung vertritt, wie es Herr Vogtherr auch tut. Man kann beiden nicht ihre Ueberzeuguna verbieten. (Heiterkeit.) Damit schliesst die Debatte. Der Titel „Staatssekretär" wird be willigt. Beim Kapitel „Seewarte und Observa torien" fragt Berichterstatter Dr. Pfleger, ob Maßnahmen ge troffen sind, uns di« Dienste privater Wet terwarten, besonders der Wetterwarte der Je suiten auf Manila, zu sichern. Staatssekretär v. Tirpitz: Jawohl! Die Leiter jener Anstalt sind sogar vom Kaiser wegen ihrer Verdienste dekoriert worden. Beim Kapitel „Bekleidung" bespricht Abg. Albrecht (Soz.) die schlechte Bezahlung der Bekleidungsarbeiter und die misslichen gesundheit lichen Verhältnisse in Len Beklcidungsämtern. Abg. Dr. Pfleger (Ztr.): Die Marincwerkstättcn sollten beibehalten, aber nicht weiter ausgedehnt werden. Was nicht da fertiggestcllt werden kann, sollte an die Innungen vergeben werden. Damit würde man sich den Dank d«r Handwerkerorganisationen erwerben. Admiral v. Capelle: Die Marineverroaltung ist gern bereit, auf diesem Gebiet Versuche zu machen und praktische M i 1 t e l st a n d s p o l i t i k zu treiben. (Bravo!) Die Tuchlieferanten ziehen es vor. Verträge auf fünf Jahre abzuschliessen, damit sic sich entsprechend einrichten können. Herr Albrecht be mängelte, dass die an sich guten Löhne für Wilhelms haven und Kiel nicht ausreichcn. Diese Klagen sind nicht berechtigt. Auf die Nähfraucn in Kiel können wir nicht verzichten. Abg. Erzberger (Ztr.): Die Beschäftigung der Sitzungsbericht. (Fortsetzung aus dem gestrigen Abendblatt.) Abgg. Bassermann und Schiffer (Natl.) fragen: linker Bezugnahme auf Mitteilungen französischer Blätter über den angeblich schlechten Gesund heitszustand im deutschen Heere fragen wir an, ob der Herr Reichskanzler bereit ist, über den Krankenzustand des Heeres Mitteilungen zu machen? Oberstabsarzt Dr. Hoffmann: Der Gesund heitszustand des preussischen Heeres, einschliesslich Sachsen und Württemberg, ist in den letzten Monaten erheblich besser als in den beiden letzten Jahren 1912 und 1913. Der Kranken- mgang war am 31. Januar d. I. erheblich geringer als 1913, ebenso ist auch die Zahl der Todesfälle im Jahre 1911 einschliesslich der Unfälle zurückgeaangen. Typhusepidcmien und Ruhrerkrankungen haben sich weder im Januar noch im Februar d. I. gezeigt. An einzelnen Stellen haben sich Erkrankungen an Diph- theritis und Scharlach gezeigt, die sich aber nur in mässigen Grenzen gehalten haben. Im Eisen bahnregiment in Hanau sind einzelne leichte Erkran kungen mit Temperaturerhöhung oorgekommen, doch konnten die meisten Mannschaften bereits wieder als genesen entlassen werden. In Potsdam sind einige Sckarlacherkrankungen vorgekommen. In der baye rischen Armee liegen die Verhältnisse ähnlich wie in der preussischen, nur in München und Ulm sind 15 bis 18 Scharlacherkrankungen vorgekommen. Be trachtet man die Gesund Heils Verhältnisse der gesamten Armee, so müssen sie als durchaus gut bezeichnet werden. (Beifall.) Hierauf wird die zweite Beratung des MarincetatS in der allgemeinen Besprechung beim „Gehalt des Staatssekretärs" fortgesetzt. Abg. Bassermann (Natl.): Auch in diesem Jahre hat die Budgetkommifsion und auch die gestrigen Redner haben sich mit der auswärtigen Po- litik befasst. Es sind die Fragen der Abrüstung und Feierjahre eingehend behandelt worden. Wesentlich Neues haben die Debatten nicht zutage gefördert. Der Staatssekretär hat ein Verhältnis von 10 :10 als annehmbar und das Feierjahr für »ns als unausführbar bezeichnet. Wir halten an unserem Bauprogramm fest und wollen cs nicht stören lasten. Solche Rüstungsabkommen sind ge eignet, eine Reihe von Kontroversen aufzuwcrfen. Wollte man eine Prämie auf die Verschlechterung unserer Beziehungen zu England setzen, so brauchte man nur diese Kontroversen weiter zu verfolgen. Der „Temps" hat diese Vorschläge als Schimäre be zeichnet. Sir Edward Grey hat sehr richtig gesagt, dass das Flottenprooramm eine innere Angelegenheit Deutschlands ist. Der Abg. Noske wies auf Mitteilungen des Auswärti gen Amtes hin, dass eine gewisse Entspannung zwischen den einzelnen Mächten cingetreten ist. Dass unsere Beziehungen zu England besser geworden sind, das ist richtig. In England setzt sich immer mehr die Auffassung durch, dass unsere Flotte keinen aggressiven Charakter hat und Lass die deutsche Flotte keine Gefahr ist. Führende Blätter der englischen Presse sprechen es aus, dass Deutschland in seinen Flottenplänen offen vorgegan- gcn sei und an seinem Programm festgehalten habe. Eine Entspannung in der Allgemeinheit, wie es Herr Noske darstellt, besteht aber nicht. Wir suchen keinen Streit mit Frankreich, aber dort ist in Len letzten Jahren ein imperialistischer Geist ausgetreten, wie er vorher nicht bestand. Das ist auf Marokko zurückzuführen. Ausserdem ist Frankreich Deutscher Reichstag. Stimmungsbilü. O verli«, 20. Februar. Herr von Tirpitz hat es gut. Die Gene ralaussprache, die tatsächlich, wenn auch nicht gerade satzungsgemäß, zum Titel „Gehalt des Staatssekretärs" stattzufinden pflegt, ist heute geschlossen worden. Der Staatssekretär hat unter Lobsprüchen von allen Seiten sein Gehalt be willigt erhalten, und wenn die Erörterung der anderen Etatspositiouen, bei denen die Sozial demokratie allerdings unendlichen Kleinkram her- beizuschleppen gewohnt ist, in dem nämlichen Tempo fvrtgeht, können die Herren vom Marine- Et schon morgen ihre Koffer packen und den für sie so gastlichen Räumen wieder einmal für ein Jahr Valet sagen. Aus der heutigen Debatte ragte eine Rede Bassermanns her vor durch die Weite ihrer Anschauung. Herr Bassermann stellte die viel, aber zumeist recht oberflächlich diskutierten Fragen unseres Ver hältnisses zu England, der Abrüstung und des Weltfeierjahres in die großen weltpolitischen Zusammenhänge, in die sie gehören, in diese, trotz aller behutsamen Diplomatensprüchlein von Jahr zu Jahr ungemütlicher werdende allgemeine Situation und wies in scharfen charakteristischen Strichen aus, wie der von Herrn Tirpitz plan mäßig getriebene Flottenbau der Sache des Friedens genützt habe, ohne sie, wie ängstliche Gemüter anfangs befürchtet hatten, zu gefähr den. Der nationalliberale Sprecher betonte dann auch die Notwendigkeit, unsere Schiffe immer wieder an den fremden Küsten zu zeigen und unterstrich lebhaft den Wunsch, daß unsere Werf ten sich die Aufträge im Auslande sich rten. In allen diesen Fragen hat der Herr Basser-- mann die Genugtuung, daß die späteren Redner - mit besonderer Wärme der Sprecher des Fortschritts, Herr Heckscher — seinen Spuren folgten. Nur die Sozialdemokratie selbstver ständlich nicht. Sie war die einzige, die auch noch einen zweiten Redner zur Generaldebatte vorschickte. Der wiederholte die alten Vorwürfe und warf sich auch von neuem als Befürworter des Weltfeierjahrs auf. Aber Herrn von Tir- vitz gelang es, auch diesen sozialdemokratischen Sprecher mühelos in den Sand zu strecken. Mor gen früh VzIO Uhr geht die Aussprache weiter. mächtig wäre (Sehr richtig!). Der Lord der eng lisch«» Admiralität hat im März 1913 ausdrücklich erklärt, dass er mit dem Gefühl höchster Be wunderung das wundervolle Wert der lanaiäq- rigen Vorbereitung des Herrn v. Tirpitz sehe (Lebh. Beifall). Das ist ein Lob aus dem Munde des Leiters der englischen Marine. Herr Noske hat aus einer früheren Rede von mir heraushürcn wollen, dass wir imperialistische Politik treiben. Wir wollen aber nur, dass wir nicht beiseite gedrückt werden. Wrr wollen nicht, dass andere Länder, soweit sic noch nicht aufgeteilt sind, uns ganz ver schlossen bleiben. Wir wollen einfach nicht das Los des Poeten annehmen. (Sehr richtig! Beifall.) Das verfolgen wir seit dem Jahre 1897, seitdem wir be wusst in Vie Weltpolitik eingetreten sind. Täten wir das nicht, dann wären alle Opfer nutzlos, die wir für unser Heer und unsere Flotte bisher gebracht haben. Im übrigen ist die Marine ein wichtiger Faktor der ausländisck>en Politik. Wir wissen unsere Marine in fester Hand in den Zeiten eines schwankenden Kurses und verzeichnen mit Befriedigung die zielsichere Leitung und die stetige Entwickelung unserer deutschen Marine. (Beifall.) Abg. Nehbet (Kons.): Ein Vorschlag zur Abrüstung müsste von dem Stärkeren, also von England, aus gehen. Aus dem Krupp-Prozess ist die Marine voll ständig intakt heroorgegangen. Die konservative Partei denkt einstweilen nicht anein Bündnis mit England. Deutschland ist niemals der Trei ber in den Rüstungen gewesen. Die ausustirtige Poli tik beim Marineetat aufzurollen, ist nicht zu emp fehlen. Die Luftschifsprobleme sind noch nicht end gültig gelöst. Auf prinzipiellen Fehlern beruhe» die Unfälle nicht. Die Hinterbliebenen der Opfer mögen sich daran aufrichlen, Lass sie wissen, dass sie dem Vater lande Helden gestellt haben. (Bravo!) Wir begrüssen die lmldige Vollendung Les Helgoländer Hafens. Der Abg. Erzberger sprach von der d c u t s ch e n Marine und von der preussischen Armee. Die Disziplin ist überall die gleiche, und wenn ich als Bürgerlicher mich auch freue, dass die meisten See offiziere ebenfalls bürgerlich sind, so muss doch gesagt werden, dass auch Mitglieder der ältesten adligen Fami lien Seeoffiziere sind. Die Zahl der dauernd im Aus lande stationierten Schiff« müsste verstärkt werden. Die Frag« der O e l v e r w e n d u n g muss mit Energie betrieben werden. Wir haben das feste Ver trauen zum Staatssekretär, dass es ihm gelingt, dem deutschen Vaterlande ein« Marine zu schaffen wie bisher, die eine starke Schutzwehr ist und den deutschen Handel und den Weltfrieden sichert. (Beifall) Staatssekretär des Reichsmarineamts v. Tirpitz: Ich begrüge die Erklärungen des Aba. Bassermann und des Vorredners, dass wir unsere Marine in Zu kunst stärker im Ausland« betätigen. Es ist gar kein Zweifel, daß der politische und wirtschaft liche Nutzen, den das Erscheinen unserer Schiffe im Auslande hat, vielfach nicht voll eingeschätzt wird. Sie brauchen über diese Fragen nur die Ausländs deutschen zu hören, dann werden Sic Las voll be stätigt finden. Es ist aber nicht nur ein« wirtschaft liche und politische Notwendigkeit, dass wir uns stäricr im Auslande betätigen, sondern auch eine mili tärische Notwendigkeit, dass wir eine stär ker« Fühlung mit den ozeanischen Verhältnissen suchen. Wenn wir das in den letzten Jahren nicht in dem Masse getan haben, wie wir es wohl gewünscht hätten, so hat das an Verhältnissen gelegen, die ich wohl nicht näher auseinanderzusetzen brauch«. Es beruht auf der Konzentratton der Flotte in den heimischen Ge wässern. Es handelt sich in bezug auf di« Ent sendung von Schiffen nach dem Mittel meer nicht um eine prinzipielle Mission, sondern nur, wie beide Vorredner ausgeführt haben, um eine stärkere Betätigung unserer Flotte und Marine. Das Ziel unserer Flotte, wie es nach dem Flottcngesetz sein soll, ist noch nicht an nähernd erreicht, und das hat sich gerade in der letzten Zeit besonders unangenehm fühlbar gemacht. Bei der Entsendungdes Kreuzers „Bremen" hat die Hapag uns in anerkennenswerter Weise unter stützt und sich dadurch Len Dank aller Deut schen rxrdient. Aber es war doch nicht erwünscht, dass wir ausschliesslich Kadetten und Schiffsjungen mit Gewehren bewaffnet zum Schutze der Deutschen in Haiti an Land schicken mussten. Wir haben deshalb gerade den Mangel einer stärkeren Auslandsver tretung besonders empfunden. Nun muss cs Auf gabe der nächsten Jahre sein, im Rahmen Les Flotte ngesetzes das Ziel zu erreichen, und zwar für den Auslandsdienst baldigst zu erreichen, wclches Las Flottengesetz an sich vorsieht. Die Redner aller bürgerlicher Parteien haben die Durchführung unseres Flottengesetzes für eine Notwendigkeit er klärt. Ich bin im Zweifel, wie der Abg. Noske im innersten Innern darüber denkt. Ich meinerseits habe allerdings die feste und volle lleberzeugung, dass unser deutsches Volk durchdrungen ist von der politischen Notwendigkeit der Durchführung des bestehenden Flottengesctzes. (Lebh. Beifall.) Abg. Dr. Heüscher (Fortschr. Vpt.): Wir erkennen den Geist, der die Flotte beseelt, an, welcher der grossen Ausgaben würdig ist, die die Flotte zu erfüllen hat. Alle Ansätze, die geeignet sind, den kamerad schaftlichen seemännischen Geist in der Flotte durch Standesdünkel zu infizieren, müssen im Keime « rstickt werden. (Sehr gut!) Insbesondere muss der Staatssekretär darauf Bedacht nehmen, daß den Ingenieuren in der Marine die Stellung geschaffen wird, die ihnen zukommt. Die Schaffung des Marineatdacksts in Buenos Aires be grüßen wir als Erfüllung eines dringenden Bedürf nisses. Di« berechtigten Wünsche derDeckoffiziere müßen erfüllt werden. Das Verhästnis zu England ist gut. In England ist die Stimmung zugunsten Deutschlands umgeschlagen, wachst »des Vertrauen ist dort zu beobachten. Eine Abrüstung wäre nur aus Grund weitester internationaler Abmachungen mög lich. Ein Fcierjahr wäre verhängnisvoll für unser« Wersten. Wenn wir das Bewußtsein haben, eine starke Macht hinter uns zu haben, so werden auch die schroffsten Flottengegner überzeugt sein, daß unsere Flotte ein mächtiger Friedensfaktor ist. (Bravo!) Abg. Warmuth (Rpt.): Wir begrüßen das bester« Verhältnis zu England. Die Schiffsunfälle bei uns ck,i«