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Un klarheit herrscht nur noch darüber, wieviel Truppen bereits gelandet sind, ob außer dem beschossenen und zerstörten Fort Sultania auch andere Punkte der Stadt besetzt sind, und wieviel türkische Einwohner und Soldaten sich noch in der Stadt aushalten. An Drahtmeldungen sind folgende zu verzeichnen: Tripolis, 8. Oktober. („Agencia Stefane".) Um die Mittagsstunde des gestrigen Tages wurde auf dem Fort Sultania die italienische Flagge gehißt und vom Geschwader mit Ka. nonendonner begrüßt. Das Fort wurde dann von den Landungskompanien besetzt, die dort unter dem Schutz der Schiffe bleiben. Die Kriegsschiffe liegen teils im Hafen, teils in kurzer Entfernung von den zerstörten Festungswerken. Rom, 8. Oktober. lEig. Drahtmeld.) „Giornale d'Italia" erfährt aus bester Quelle, daß von den drei vor Tripolis liegenden italienischen Kreuzern viele MatroseniuTripolisgelanvetsrnd und sich an den Konsulaten und der christlichen Kirche ver teilt haben, wo Pater Rossetti mit zwei Franzis, kauern, zwei Nonnen und drei Kranken zurückgeblie ben war. Die Matrosen fanden in der Stadt, die verlassen scheint, keinen Widerstand und be setzten unter Führung mehrerer Offiziere ein Fort, wo sie einige Leichen fanden. Rom, 8. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Depeschen aus Malta melden, daß unter den Türken in Tripolis die größte Verwirrung herrsche. Fortwährend verlassen die Mohammedaner die Stadt, um sich ins Hinterland zuriickzuziehen. Die Zurückgebliebenen, die immerhin weitaus die gröbere Hälfte der ansässigen Türken ausmachen, sind zu einer Flucht aus der Stadt nicht zu bewegen. Sie wollen unter allen Umständen das Schicksal von Tripoli» in dev Stadt selbst er warten. Die in den Moscheen vereinigten Araber beschlossen, den Wider st and aufzugeben. Paris, 6. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Der Ve» richterstatter des „Matin" in Rom telegraphiert seinem Blatt: Tripolis hat sich ergeben. Die Stadt ist in der Gewalt der Italiener, die sie aber erst nach dem Eintreffen des militärischen Okkupationskorps besetzen werden. Erst wenn diese Landung stattgefunden hat, und die Okkupations armee mit den Türken in Berührung getreten ist, wird Las italienische Ministerium des Aeutzern von Frieden sprechen, falls die Pforte den Wunsch dazu äußert. Der Friede ist nahe und unvermeidlich, aber das Ende seines Abschlusses hängt von der Zeit ab. Sobald der Widerstand der Türkei endgültig gebrochen sein wird, verlangt Italien nichts Besseres als die guten Vorschläge der vermittelnden Mächte anzunehmen. Sfax, 6. Oktober. (Agence Havas.) Außer den türkischen Offizieren, von deren mißlungenem Versuch, nach Tripolis zu gelangen, be reits berichtet wurde, unternahmen noch drei andere Offiziere von Dscherba aus den Versuch, doch mit dem gleichen Mißerfolg. Sie sahen sich zur Rückkehr nach Sfax gezwungen. Rom, 8. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Weitere Nachrichten aus Malta melden, daß zwei tür kische Torpedoboote während des Bombarde ments in den Grund gebohrt wurden. Diese Torpedoboote waren beauftragt, die Küstenwache zu versehen, ein weiteres türkisches Torpedoboot, das nn der Westküste von Sizilien kreuzte, ist nach längerer Verfolgung von einem italienischen Tor pedobootzerstörer vernichtet worden. Die Beschriftung von Benuh -si. Rom, 6. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Eine Meldung drs „Eiornale d'Italia" besagt, daß die dritte Flottendivision sich der Küste von Ben- ghasi und Derna genähert hat. Der größte Teil der FlottcnLivisionen wird vor die Einfahrten der Häfen stationiert werden. Konstantinopel, 6. Oktober. Eine aus Aegypten eingelausene chiffrierte Depesche besagt, daß die italienische Flotte das Bombardement von Benghasi begonnen hat. Die dortige Station für drahtlose Telegraphie wurde völlig zerstört. Mehr als 88 Geschosse erreichten die Stadt. Eine Seeschlacht bei Mytilene? Wie schon vor einigen Tagen, so taucht auch heute wieder das Gerücht von einer Seeschlacht bei Mytilene auf: London, 8. Oktober. sEig. Drahtmeld.) Der „Daily Chronicle" hat gestern nachmittag ein Tele gramm au» Konstantinopel erhalten, demzufolge die türkische Flotte, die die Dardanellen verlassen hat, im Norden de» Aegäischrn Meeres an der Nordküste der Insel Mytilene mit der italienischen Flotte in ein Seegefecht verwickelt fein soll. Ein zweites Telegramm aus Konstantinopel an den „Daily Chronicle" besagt, daß in der noch an dauernden Seeschlacht ein türkisches Schiff von den Italienern in den Grund gebohrt sein soll. Die Aussichten auf Frieden werden gegenwärtig wieder weniger günstig be urteilt: Paris, 6. Oktober. sEig. Drahtmeld.) Der „Petit Parisien" sagt: Keiner der beiden Krieg führenden zeigt sich geneigt, eine Vermittlung anzunehmen, die ihm eine wirkliche Genugtuung bringen würde. Die Türkei weigert sich, sich zu er niedrigen, und Italien, das erst am Beginn seiner Unternehmungen steht, drückt bereits den Wunsch aus, dem Kabinett von Konstantinopel keine Ent schädigung anzubicten. Aller Voraussicht nach würden die beiden Länder einem gewissen Appell Europas gegenüber nicht taub sein. Die „Lokalisierung" des Krieges. Nom, 6. Oktober. sEig. Drahtmeld.) Für die Schiffe der italienischen Regierung wurde gestern der strenge Befehl erneuert, keinerlei mili tärische Operationen an den ottomanischen Küsten im Adriatischen und Ionischen Meer oorzunchmen. Die Türkei und Griechenland. Athen, tt. Oktober. s„Agence d'Athtices".) Man mißt hier der Einberufung der Reservisten zweier Bataillone zur Bewachung der Grenze von Epirus keine Bedeutung bei. Die Türkei berief im Dilajet Janina die Reservisten von 2 2 Bataillonen zu den Fahnen, während Griechenland nur diese beiden Bataillone einberief. Dieses ungeheure Mißverhältnis kennzeichnet die friedlichen Absichten der hellenischen Re gierung. Das Kabinett in Athen machte den Mächten von den in Griechenland getroffenen militärischen Maßnahmen Mitteilung, damit diese für den Fall, daß über diese Maßnahmen in der Presse ungenaue Angaben gemacht würden, unterrichtet seien. Athen, 6. Oktober. sEig. Drahtmeldung.) Die „Agence d'Nth, nes" veröffentlicht folgende Er klärung: Wir sind ermächtigt, in der entschiedensten Weise die Meldung der „Agence Ottomane" als unwahr zu bezeichnen, nach der zwei Banden unter dem Befehl hellenischer Offi ziere zwischen Elassona und Diskata sowie Elassona und Serfidje bemerkt worden seien und sich ander« Banden in Griechenland bilden wollen, uminotto - manisches Gebiet einzusallen. Es ist all gemein bekannt, daß Räuberbanden das gesamte Ge biet ständig verheeren und der griechischen Bevölke rung das Leben unmöglich machen, da die ottomani schen Behörden nicht den Willen zeigen, oder unfähig sind, sie zu verfolgen. Der Kreuzzug gegen die Ungläubigen. Rom, 6. Oktober. sEig. Drahtmeld.) Unter der italienischen Geistlichkeit herrscht große Begeisterung für die Tripolisaktion, welche ge^- wlsiermaßen als Kreuzzug gegen die Un- gläubigen betrachtet wird. So segnete der Erz bischof von Cagliari die nach Tripolis eingeschifften Soldaten, und der Bischof von Tremona hat in einem Hirtenbrief den Krieg für gerechtfertigt erklärt. Zwei Italiener in der Türkei ermordet. Konstantinopel, 6. Oktober. sEig. Drahtmeld.) Der Fanatismus der christenfeindlichen mohamme danischen Bevölkerung in der Türkei hat jetzt seine ersten Opfer gefordert. In Panderma tötete die durch Zeitungsberichte und Agitatoren aufgehctzte Menge zwei italienische Arbeiter. Eine französische B a u g e s e l l s ch a f t, die ihren Sitz in Panderma hat, mußte ihre Arbeiten ein stellen, da die größte Zahl der Arbeiter, die Italiener sind, aus Furcht vor Angriffen der Bevölkerung die Arbeit niedergelegt haben und abgereist sind. Neue Stärkung üer Maroklw- oerksnülungen? Paris, 6. Oktober. sEig. Drahtmeldung.) Der „Temps" meldet zum Stand der Marokkooerhand lungen, daß keinerlei Nachrichten über die letzten Unterredungen Cambons und v. Kider- len-Wächters nach Paris gedrungen sind. Im Ministerium des Aeußern verweigert man jede Auskunft über den Stand der gegen, wärtigen Verhandlungen. Es verlautet nur, daß der Kabinettsrat beschloß, Cambon telegraphisch mit neuen Instruktionen zu versehen und am nächsten Sonnabend zu einer neuen Beratung über die Marokko-Verständigung zusammenzutreten. Die „Information" dagegen veröffentlicht folgende De pesche: „Die Antwort der deutschen Regierung auf die letzte Note der französischen Legierung ist gestern in Paris eingetroffen. Wir glauben zu wissen, daß einvollerAkkordnochnichterzielt worden ist. Wenn man auch von grundlegenden Differenzen nicht mehr sprechen kann, so existieren doch noch Meinungsverschiedenheiten, die zu neuen Besprechungen führen werden. Die Annahme, daß ein Spezialoertrag über Marokko Zustandekommen wird, ist irrig. Der Beitrag wird erst geschlossen werden, wenn die Frage der Kompensationen end gültig erledigt sein wird. Die Erörterungen über die Kompensationen umfassen zwei Punkte: 1) die territoriale Ausdehnung des Kompensationsgebietes, 2) die genauen Erenzregulierungen des in französi schem Besitz verbleibenden Gebietes. vor üem Valilksmpl. Der Kandidat üer sozialdemokratischen Partei für den 12. Reichstagswahlkreis, Stadtverordneter Kauf mann Max Cohen-Frankfurt, verbreitete sich in einer gestern abend im Großen Saale des Volkshauses abgehaltenen Volksversammlung über die Situation vor dem bevorstehenden Reichstagswahlkampfe. Er gedachte zu nächst des sterbenden Reichtages mit dem Wunsche, daß die deutsche Regierung nicht die Verantwortung auf sich laden möge, dielen Reichstag noch vieles von üem vorliegenden Material erledigen zu lassen, und wandte sich sodann der Besprechung der Frage zu, was die gegenwärtige Spannung im Volke ver ursacht habe. Im Vordergründe, so führte er aus, stehe die Marokkofrage. Hier müsse entschieden darüber Klarheit geschaffen werden, daß die Erwar- Nervus rerum. Satirischer Zeitroman von Edward Stilgebauer. iNachvruck verboten.) Und endlich, nach einer guten halben Stunde, war man wirklich so weit. Emilie muhte sich mit einem offenen Regenschirm vor die Haustür placieren, denn der Himmel hatte kein Einsehen mit den Balltoiletten der Damen. Unablässig spendete er aus vollen Schleusen sein Naß. Auf den Zehenspitzen schwebend, wie zwei Syl phiden glitten Olga und Meta über das nasse Straße npflaster in den Wagen, Frau Katinka folgte etwas schwerfälliger und endlich, nachdem er den Kutscher vorher bezahlt batte, stieg auch Fritz ein. In langen Reihen hielten Automobile, Equipa gen und Droschken vor der in blendenden Lichter glanz getauchten Villa Fink in den Anlagen. Die beiden hohen Tore aus Schmiedeeisen, die oen Gar ten sonst verschlossen, waren heute weit geöffnet, um den Wagen die Ein- und Ausfahrt zu gestatten. Unter dem Glasdache an der Haustür stand ein Diener in protziger Phantafieuniform, riß die Wagen schläge auf, machte eine tiefe Verbeugung vor oen aussteiaenden Herrschaften und schnauzte die Kutscher, die sonst seine Kollegen waren, von oben herunter an. Wagen um Wagen rollte so durch den Garten der Villa Fink. Draußen auf der Straße hatte ein berittener Schutzmann Posto gefaßt, da ihm die Sacke wegen der hier vorüberfahrenoen Elektrischen nicht ganz ungefährlich erschien. Herr Falk hatte nicht übertrieben. Ein Ruf der Bewunderung und des Entzückens entrang sich den Lippen der Gäste beim Betreten des Vestibüls der Villa Fink. In einen südlichen Hain batte der Kommerzien rat den Treopenaufaang und die Vorhalle seiner Villa verwandeln lassen. Das Licht einer elektrischen Sonne überflutete da» satt« Grün der exotischen Bäume, au» deren einer Gruppe im Hintergründe, der Haustür gerade gegenüber, ein Labsal spendender Ganymed au» weißem Marmor leuchtete. Eine breite Freitreppe au» Porphyr führte hinauf in da» erste Stockwerk, in dem da, große Speise zimmer, der Rauchsalon und der Tanzsaal gelegen waren, vor der ans schwarzem Ebenholz geschnitzten, mit Gold und Elfenbein eingelegten Haupttür standen zwei Neger, baumlange Kerle, regungslos in weißen Gewändern, goldene Stäbe in der Hand und diese vor jedem Eintretenden wie die Schildwache ihr Gewehr präsentierend. In der Mitte des Saales unter dem goldstrotzen- den Kronleuchter, der sich in den an die Wände ein gelassenen Spiegeln ins Unendliche wiederholte, stand ... Salomon von Fink. Sein eigens zu diesem Feste nach der neuesten Schöpfung des Königs in London angefertigter Evening coat war erst vor gestern aus England angekommen. Eine schwere Kette aus russischem Eolde funkelte auf seinem rund lichen Bäuchlein, indessen ein Roter Adler dritter, ein Kronen vierter und der siamesische Orden vom Weißen Elefanten auf seiner Brust paradierten. Wie ein König in Zivil, der Cercle hält, sah er heute aus. Bon der freudigen Erregung waren seine Wangen gerötet, Stolz und Behagen blitzten aus seinen wasserblauen Froschaugen, und seine Blicke wetteiferten mit dem Glanze des prächtigen Solitairs, den er am kleinen Finger seiner Linken trug. Un- ermüdlich schüttelte er die Hände der Ankommenden. Als eckter Geschäftsmann hatte er für Personen und Gesichter ein geradezu fabelhaftes Gedächtnis, auf das ein Polizeikommissir hätte stolz sein können. Jeden erkannte er, für jeder, hatte er ein freundliches mehr oder weniger passendes Wort, für die Damen eine platte Schmeichelei, für die Herren eine vertrau- liche Bemerkung, für die Künstler ein banales Lob, für Ehren- und Würdenträger die ihnen zustehende Anrede oder ihren Titel und für alle das nach Rang und Stellung bemessene Kompliment. Wie eine leuchtende Sonne nahm sich der kahle Schädel des Kommerzienrates unter den fünfund- sievenzig Glühbirnen des Kronleuchters aus. Des Mondes milderes Licht schien von seinem Töchterchen auszuaehen, das in dem gemalten Wasser lilienkleide aussay wie eine Fee aus Tausendundeiner Nackt. Distree von Fink hatte di« bezaubernde und herz gewinnende Schönheit ihrer verstorbenen Mutter ge- erbt. In der Blütenfülle ihrer achtzehn Jahre, zwi schen den von Falk besorgten Orchideen ein Diaman tendiadem in oen vollen Haaren, Wasserlilien, in deren Kelchen immer ein echter Stein wie ein Tau tropfen schimmerte, auf dem blaßgrünen, meer- farbenen Atlaskleide, da» Lächeln des Glücke» und des Stolze» auf den jugendfrischen Lippen und den noch die von der Mutter ererbte leise Schwermut in den großen, dunkeln, von langen, schwarzen Wim pern beschatteten Augen mußt« sie die Aufmerksam, keit eines jeden der Geladenen sofort auf sich ziehen. Der Saal hatte sich gefüllt. Noch immer kamen Gäste, noch immer schüttelte Salomon von Fink den Ankommenden unermüdlich di« Hand, Die Damen hatten sich auf den an den Wänden stehenden, mit diskret gehaltenen Gobelins über zogenen Diwans niedergelassen. In zwanglosen Gruppen standen die Herren in den feierlichen Frack anzügen, aus denen sich hier und da der bunte Reiz des zweifarbigen Tuches malerisch abhob. Das sah dann aus, als wenn sich ein seltener bunter Schmetterling zwischen eine Schar gemeiner Kohlweißlinge verirrt hätte. Silberne Tabletten in den Händen, liefen jetzt die Lehndiener geschäftig hin und her. Sie offerierten die Tanzkarten. Aus den für die Herren bestimmten stand in feiner Schrift links unten in der Ecke ge schrieben: Herr .... wird freundlichst gebeten, Frau oder Fräulein zu Tisch zu führen. Einen Augenblick wurde es still. Die Damen, die sich noch eben lebhaft, aber doch heimlich über die Toiletten der „besten Freundinnen ausgelassen, die Herren, die hie und da die Kur geschnitten oder sich gegenseitig versichert hatten, daß sie einen Bomben- yunger Hütten, dämpften die Stimme, denn Salomon von Fink ergriff das Wort. Trotzdem er mit Leib und Seele Geschäftsmann war und die Mehl- und Kleiehandlung seines Vaters in das Welthaus Salomon von Fink u. Co. verwan delt hatte, verfügte er über eine poetische Ader. Bei großen festlichen Gelegenheiten machte er sich daher das Vergnügen, in improvisierten Reimen zu seinen Gästen zu sprechen. Meine Damen und Herren, ich leide heute wieder an der Dichteritvs, mit Liesen von einem breiten Lachen begleiteten Worten pflegte er die Sache regel mäßig einzuleiten. UnL auch heute wie in früheren Jahren war alles Ohr. Salomon von Fink begann: „Meine Damen und Herren!" (>.(kr ftidet wie der an ver Dichteriti»", flüsterte Bodo von Eckstädt der gerade neben ihm stehenden iungen Dame ms Ohr), und Fink fuhr fort: „Ich leide heute wieder an der Dichteritis." („Sehen Sie, wie recht ich hatte, gnädiges Fräulein", tuschelte der Leutnant.) Aber auch das gnädige Fräulein lauschte fetzt den von dem Kommerzienrate laut und vernehmlich gesprochenen Worten: „Erst die Arbeit, dann's Vergnügen, Sagt ein altes Wort, Diesem willig un, zu fügen. Sei de» Abend» Sport. Lecker winken schon die Fische, Und es perlt der Wein, Auf zu Tische, auf zu Tische, Laßt uns tätig sein. Tauft man doch wohl zehnmal bester Nach dem guten Mahl, Drum ihr Trinker, drum ihr Ester, Aus zum Speisesaal!" Nachdem er geendet, reichte Salomon von Finr Frau Katinka Norden den Arm. Das Orchester, das seinen Platz auf der kleinen Galerie des Speisesaales gefunden, stimmte in diesem feierlichen Momente den Hochzeitsmarsch aus dem Sommernachtstraum an, und die Paare fluteten nun durch die Türen in den Nebensaal, wo die Tische gedeckt waren. Bei Eintritt konnten die Damen einen Ausruf der Bewunderung beim besten Willen nicht unter drücken. Wie das arrangiert war . . . Ganz Fink... mit einer poetischen Grundidee im Hintergründe. Der ganze Saal war mit Wasserlilien dekoriert, so daß es aussah, als erhöben sich die Tische mitten aus einer Wasserlandschaft. Kleine Kähne aus Porzellan und Silber dienten als Blumeirvasen, größere als Tafelaufsätze. In allen Ständern gelb« und blaue Wasserlilien als einzig« Blumenzier. Eine schlanke Wasserlilie, die das schwere Köpfchen zu Boden senkte, umrahmte das Menü, das zur Seite eines jeden Gedeckes lag, und auf jedem Platz« lag ein kleines Bukett aus Wasserlilien, der Königin des Festes zu Ehren, von den Herren im Knopfloch, von den Damen im Gürtel zu tragen. Frau Katinka hatte sich von der hohen Ehre, durch den Hausherrn, den Kommerzienrat Salomon von Fink selber zu Tische geführt zu werden, noch nicht ganz erholt, aber immerhin war sie dazu im- stände, durch ihr langgestieltes Lorgnon «inen prü fenden Blick über das Tischarrangement zu werfen und dem beifallüsternen Fink ein „alber entzückend, Herr Kommerzienrat", zuzujuLeln. „Ein Lob aus Ihrem Munde, gnädige Frau", sagte er geschmeichelt mein lieber Norden selig verstand sich auf Gesellschaften, und die Tischarrange ment» in der Villa Norden . . er schnalzt« em wenig mit seinen dicken Lippen, wie er «w immer tat, wenn er das postende Wort de» Beifalls nicht gleich fand oder wenn eine seiner LieLlingsspeis«« auf den Tisch kam. (Fortsetzung in der Morgenausgabe.)