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Freitag, den 27. Februar >931 Für christliche Politik und Kultur cSesiböstSftelle, Deott u.Verla« > ««rmama. n..<U. lllr «erlae and DnittereI,!Zttt<Ue Dresden. DreSd»»-«. I, Pstterstrntzel?. gernnU2l0I2. PoMLettlonio Dresden »701 BanUonIo Seadtbanl DreSde» »u '-1719 »tnzeteenprrts«! Die Igcst-oUene peMjette »U gamRett» anjelgen u.Slellengkluche SV z. DI» peMrettamezette. 89 MN» breft. 1 gllr «nzel«cnauberh-ilb l>c» »erbreUungSgeblele» z. die pcUirettaniejeile I.NV^e. Bftelgrd.avz. Im Fall, HSHerer Bewaft eittscht ;ede «erpsttchlung aus vietencng sonil» lftsüllun- d. Anzeigen, Aufträgen u. Leistung v. Schaden«!»^ »elchastiuhek Teil: 2ra„» Bungert». Dresden. SüchMe tlolkssettung stummer 49 — 3V. Jahrgang Erscheint 6 mal wSchtl. mit tllustr. SrattSbellagen.Heimat und Mell' und der Uinderbeilage .grohmul". sowle den Textbeilagen ^t. Benno-Blall', .Unterhaitung und Willen'. .Die Well der grau', .«erzlluder Stalgeber". .Da« gute Buch', »glimruud. 'chau'. Mvnallicher Beziiggpret» 3 elnschl. Bestellgeld. Einzelnummer 1v z, Sonnabend- u. Sonnlagnummer UV Haubllchrtlfteiler' Dr. <S. jvelrzy», Dresden. Redarewn dir SSchlit-ven Voir«,»i«nng Dre-den-Allsiadi l. Bolierllraste ,7. gernrni M und rwi2. Neue Opfer Moskaus Vier Tote beim „ÄZeltkampftag der Erwerbslosen" in Leipzig Dir »mi den Kommunisten ausWeisungMo s l< o u s für den 25. Februar angesetzte „Welterwerbslosentag" hol in verschiedenen Städten des Reiches zu Zusammenstößen mit D e - monstronten und Polizei geführt. In Leipzig Kosteten diese Zusammenstötze vier Todesopfer. Bei kommuni stischen Ansammlungen in L e i p z i g - V o l k m a r o d o r s sah sich die Polizei genötigt, zur Waffe zu greisen, nachdem aus den Reihen der Demonstranten geschossen wurde. Drei Demonstran ten wurden auf der Stelle getötet, während ein vierter im Krankenhaus verstarb. Mehrere Personen, darunter ein Istjäh- riger Junge, wurden verletz«. Der Polizeibericht teilt dazu mit: Infolge des bestehenden Demonstrationsvcrbols waren die von kommunistischer Seile geplanten Demonstrationen und Kundgebungen im Freien aus Anlatz des internationalen Weltkampslags gegen die Erwerbs losigkeit am 25. Februar polizeilich untersagt. Dessenunge- achtet verteilten polizeilich fcstgestellte kommunistische Partei anhänger im Laufe des Mittwochs an mehreren Stellen der Stadt Handzettel, in denen ein Aktionskomitee zum Sturm gegen das Demonstrationsverbot auffordert. Die gegen 3 Uhr nachmittags in zwei Lokalen im Osten und Westen Leip zigs von 1200 lind 150« Personen besuchten Ecwerbslosenvcr- sammlungen verliefen reibungslos und waren gegen 5 Uhr be endet. Es bildeten sich dann in dec Nähe des Felsenkellers und des Lindenauer Marktes wiederholt Zusammenrottungen ruhe störender Elemente, die durch die Polizei zerstreut wurden. Im Osten Leipzigs bildete sich nach Versammlungsschlutz in der „Grünen Schänke" ein stärkerer Demonstrationszug, der in Richtung Volkmnrsdorfer Markt marschierte und etwa 2900 Personen zählte. Ein Polizcikommando, das sich dem Demon- stralionszug in der Gegend der Elisabeth- und Konradstratze entgegenstellle, wurde aus der Menge mit Steinen beworfen und sogar beschossen. Hierbei wurden sechs Polizeibeamle durch Steinwürfe mehr oder weniger schwer verletzt, während ein Hiolizeibeamler einen Schenkelstreisschntz erhielt und bei einem andern Beamten das Geschah am Koppelschlotz abprallte. Daraufhin machten die Polizeibeamten van der S ch n tz - waffe Gebrauch. Die aufrührerische Menge ging zunächst zu rück, sammelte sich jedoch sogleich wieder und bedrängte die Polizeibeamten erneut, so das; diese nochmals von der Schutz masse Gebrauch machen mutzten Hierbei wurde einer der An ¬ greifer getötet. Acht weitere wurden verletzt. Barwiegend waren es Verletzungen schwerer Natur. Drei dieser Personen sind nach ihrer Einlieferung in das Krankenhaus verstorben. Unter den Schwerverletzten befindet sich auch ein Istjähriger Knabe mit einem Steckschuß in der Schläje, den er. als Neu gieriger an der Haustür stehend, erhalten haben soll. Mehrere der Schwerverletzten schweben noch in Lebensgefahr. Die Namen der Toten lauten: Hermann Gödlich, Bauschlosser, 27 Fahre alt, Leipzig Volkmarsdorf wohnhosi, Otto Ludwig. 25 Fohre alt. in Leipzig Reudnitz wohnhaft, und Walther Burkert, Glasmaler, 27 Fahre alt, in Leipzig Reudnitz wohnhaft. Fn den späteren Abendstunden kam cs in der Nähe des NSDAP-Berkehrslokals Rosenkranz in Leipzig Lindenau zu Ausschreitungen radikaler Elemente, gegen die polizeilich eingcschritten wurde. Eine Anzahl Personen wurden sestgX nommen. Die Gerüchte, das; es im Westen der Stadt am Mittwoch abend zu regelrechten Plünderungen van Geschälten ge kommen sei, bestätigen sich in dieser Form nicht. Lediglich in einem Lebensmittelgeschäst wurde eine Fensterscheibe ein geworfen. Geringe Zwischenfälle in Dresden FuDresd e n kam cs, nach dem Polizeibericht, am Nach mittag und in den Abendstunden zu Zusammenrottungen be sonders in der Poslplatzgegend, in der Prager und Seestratze, und in anderen Stadtteilen. Ueberall war die Polizei sofort mit ausreichenden Kräften zur Stelle und griff unter Aniven düng des Gummiknüppels durch. Am F i s ch h o s p l a l;. wo die Demonstranten begannen, die Beamten mit Ziegelstei- n e n zu bewerseu und auch sonst gegen sie tätlich zu werden, mutzte eiu Beamter von der 2 ch u s; iv a s f e Gebrauch machen. Der durch den Schutz Verletzte ist annehmbar von den Demon stranten geborgen worden Festgenommen wurden im ganzen nur 15 Personen, da die Demonstranten beim Nahen der Poti zei fast jedesmal sofort in wilder Flucht auseinandersticben. Dresdner Polizei wurde im Lause des Nachmittags auch noch in Heller a u, Rndebe r g und Freital eingesetzt. Fn Freital wurden Demonstranten, die vor der Deubener Polizeiwache skaudalierten, durch den Dresdner Polizeieinsal; auseinandergetrieben. - Aus K a m e n z wird ruhiger Verlaus des „Wcltkampstages" gemeldet. (Fortsetzung aus Seite 2) Absagen an Kindenburg Kugenberg und Kitter Der Bries des Reichspräsidenten v. Hindenburg un den Abgeordneten Wege, in dem die Deutschnationalen zur Mit arbeit an der Agrarhilse ausgesordert werden, hat in den Reihen der Dentschnationalen Partei einiges Unbehagen ver ursacht. Der Vorsitzende der Dentschnationalen Partei, Ge heimrat HugeNberg, hat mehrfach Gelegenheit genommen, sich zu diesem Briese zu äutzeru. Seine erste Stellungnahme — in einem Artikel des „Lokalanzeigers" war schroff ab lehnend. Inzwischen aber scheinen ihm taktische Bedenken gekommen zu sein, denn in einer Rede in Braunschweig hat er sich am Mittwoch in etwas anderem Ton« geäutzert. Noch dem Bericht des Conti-Büros führte er aus: „Der Reichspräsident hat in Beantwortung einer Eingabe unseres Banernsührers Wege den Ruf an die Dentschnationalen gerichtet, sich an der Arbeit sür die Landwirtschast im Reichs tag zu beteiligen, d. h. in den Reichstag zurückzukehre». D«r Reichspräsident wird von seiner Umgebung nicht zutressend unterrichtet. Das war beim Poungplan so, das war bei der Bildung der Negierung Brüning so, das ist leider auch heute so. Wir habe» es stets für verhängnisvoll gehalten, daß die Regürnng Brüning sich als „Hindcnbnrgkabinett" austat und für ihre schlerhasle Politik Schutz und Deckung hinter der Per son des Reichspräsidentcn suchte. Das beschwört die Gefahr heraus, das; die Autorität des vou uns verehrten Reichspräsi denten abgenützt wird. — Der Brief Hindenburgs wird iu der Regiörungspresse als „Brücke" zu den Dentschnationalen ge niertet Er könnte «s in Verbindung mit einem entspreckpniden Briese an das Zentrum werden, der dazu beitrüge, die Bahn silr die Rechte sreizumachen." Hilgenberg hat also den „verehrten Reichspräsidenten noch nicht ganz ansgcgebcn und möchte nun den Spies; umdrehsn und Hindenburg als Druckmittel gegen das Zentrum benutzen. Der dcnlschnationalc Parteiführer Übersicht nur geflissentlich, das; für eine Koalition des Zentrums mit der Rechten gar keine Mehrheit vorhanden ist, da die Nationalsozialisten nach wie vor eine solche Koalition ablchnen. Die Nationalsozialisten wollen allein die Mackl. und sie wollen auch die Denlschnationaleu nicht darau teilnehmen lassen. Fast läglich werden in der nationalsozialistischen Presse die Deulsctnialionalen in gleicher Weise durch den Kakao gezogen wie etwa das Zentrum und die Deutsche Volksparlei. Trotzdem hat Hugenberg die Stirn, da von zu sprechen, Hindenburg solle den Weg „sür die Rechte frei machen" — obwohl es diese Rechte als Willensciuheil garnicht gibt! Zu allem Ueberslus; Hal am Dienstagabend Adolf Hiller sich im rühmlichst bekannten Bürgerbränkeller in München zu dem Auszug der Nationalsozialisten ans dem Reichstag und zu dem Briese Hindensbnrgs geäutzert. -lach dem Bericht des „Frcihcilskampses" bestritt Hitler in dieser Rede entschieden, das; der Auszug der Rechtsopposition aus dem Reichstag gegen seinen Willen erfolgt sei. „Es geschieht nichts, ohne das; ich cs weis; oder billige, noch mehr: Es geschieht nichts, ohne das; ich es wünsche. Wir werden jedes Miitel ergreifen, um das gegenwärtige Regime zu beseitigen". Die National sozialisten würden sich auch durch den Brief dos Reichspräsiden ten v. Hindenburg in ihrer Taktik nicht irremachen lassen. Hindenburg sei wohl ein Schlachtenlcnker gewesen, aber er sei kein politischer Lenker, sondern er werde selbst gelenkt. Wenn der Reichspräsident hoffe, datz eine nationale Opposition seine Politik rett«, so erklärten die Nationalsozialisten, datz sie dieser Bries eisig kalt lasse. Sie gingen in den Reichstag in dem Augenblick wieder hinein, in dem es ihnen sür das deutsche Volk zweckmätzig erscheine. Die im Reichstag verbliebenen bür gerlichen Parteien machten zwei Drittel ihrer Politik mit den Marxisten, sie sollten auch das letzte Drittel mit ihnen machen." Diese Rede spricht sür sich selbst. Datz die Autorität Hin denburgs bei den Nationalsozialisten nichts gilt, wissen wir seit dem Zuruf des Abgeordneten Killinger im Sächsischen Land tage: „Fch habe keine Achtung vor diesem Manne!" Für Hit lero Selbstgefühl aber ist der Satz „Es geschieht nichts, ohne datz ich cs wünsche!" ungemein charakteristisch. Vielleicht hält Herr Geheimrat Hugenberg einmal über diese Worte eine be sinnliche Betrachtung ab. Denn wenn einmal in Deutschland das „Dritte Reich" ausbrechen sollte, dann wird Herr Hugen berg ebensowenig etwas zu melden hoben, wie Hindenburg und Brüning, dann geschieht nur noch, was Adolf Hiller „wünscht". Der „sozialistische Ausbau" Die programmatische Rede Stalins auf der Moskauers Jndustriekonserenz war, wie das nicht anders erwartet! werden konnte, von einem Optimismus getragen, der be^ ziiglich des Jahres 1931 eine Zielsetzung zugrunde legt^ welche auf den wichtigsten Gebieten eine Durchsührung des Fllnfjahrplans in drei (l) Jahren gewährleisten soll. Den» abgewirtschafteten kapitalistischen System der Außenwelt wurde die neue Gesellschaftsordnung entgegengchaltcn^ innerhalb deren fiir Krisen, Arbeitslosigkeit, Massenelends und dergl. mehr kein Platz ist. Wenn die amtlichen BlätteL die Darlegungen noch weiter ausfiihren, so beweisen sis damit dem außenstehenden Beobachter, das; die augenblick«, liche gespannte Lage in Rußland von ihnen nicht als Krise« angesprochen wird, trotzdem, um nur ein Beispiel vorweg* zunehmen, die „Wetjchernaja Moskwa" — Moskaus» Abendzeitung — vom 0. Februar 1931 feststem, „datz dis Hauptstadt in der Zeit von Oktober bis Dezember 1930 einschl. nur über 22 Prozent (l) der erforderlichen Milch* menge verfügte: datz die verantwortliche landwirtschaftliche Stelle im Moskauer Gebiet IVO Milchwirtschaftsbctriebe einrichten sollte, aber in Wirklichkeit nicht einen einzigen (!) eingerichtet hat." Mit angeblich unanfechtbaren statistischen Unterlagen werden die bisherigen Errungenschaften belegt und der Ausblick in die nahe Zukunft rosa in rosa gezeich net. Im Gegensatz zu derartigen nach innen und autzen berechneten Euphonien stehen nun allerdings einige Er scheinungen, welche die Nichtigkeit der Moskauer Prognose in einem etwas anderen Lichte erscheinen, und in das har monische Bild einige Dissonanzen hineinklingen lassen. An der Hand mehrerer kurzer Auszüge der Sowjet presse wird es möglich sein, Licht vom Schalten zu unter scheiden. Unter den vielen Sorgenkindern der Sowjetwirt- schast befindet sich mit an erster Stelle das Transport wesen. Nach vielen vergeblichen Versuchen, unter den Eisenbahnern Schlendrian, Lotterwirtschaft und Trunksucht zu bekämpsen, sicht die Negierung nunmehr ihr letztes Heil in der Bestallung von speziellen Staatsanwälten für die Eisenbahnen. Die Eisenbahnerzeitung „Eudok" berichtet darüber unter dem 15. Januar 193l: „Die Staatsanwälte der Bahn haben einen energischen Kamps gegen die Ver letzung der Arbeitsdisziplin, die Nichtbeachtung der Fahr pläne, die nicht gewissenhafte Ausführung von Nepara- turen, die Untreue verantwortlicher Beamten, Diebstähle und ähnliche Verstöße des Personals zn führen." Dem im argen liegenden Eisenbahnwesen kommt auch ein Befehl des Arbcitstonimissars zu Hilfe: in der „Jswestija" vom 18. Januar wird mitgeteilt: „Allen arbeitsfähigen Per sonen, welche früher einmal im Eisenbahndienjte tätig waren, wird unter Androhung strafrechtlicher Verfolgung befohlen, zu ihrem Dienst zurückznkehren: ebenso machen sich diejenigen strafbar, welche solche Personen nicht sofort entlassen." Nebenbei bemerkt ist eine analoge, wenn auch in etwas weniger scharfer Form gehaltene Verfügung vom Volkskommissar für das Bildungswejcn hinsichtlich der Volksschullchrer erlassen worden. Wie zeitgemäß und dringlich dieser Befehl anscheinend ist. darüber gibt dieselbe Zeitung vom 2V. Januar 1931 ergänzende Auskunft: sie schreibt: „Lt. Mitteilungen des Eisenbahnkommissariates sind viele Stationsvorsteher, Gehilfen solcher. Maschinisten, Schlosser und andere Eisenbahner zu den Konjumvereini- gnngen übergegangen. (Anin. d. Verf.: Bei der chronisch gewordenen Spannung ans dem Lebensmittelmarkt sind die Angestellten der Konsumgenossenschaften bei der Nahrungsbefchaffung mancherlei Sorge» enthoben.) Es sind Fälle verzeichnet, daß ein alter kundiger Maschinist hinter dem Stationsbiisett steht, daß ein Rangierer eine kleine Verkaufsbude leitet, und daß ein erfahrener Schlosser in einer Gebnrtsabteilnng hernnitoinmandiert. Ingenieure und Techniker nehmen in Wirtschaftsorgans sationen eine Stellung an, wobei sie mit einem höheren Gehalt rechnen. So haben im Permer Eisenbahnbezirt in der letzten Zeit 180 Ingenieure den Dienst verlassen. Die selbe Erscheinung ist auch in vielen anderen Eisenbahn bezirken anzlitreffen." Um aber ein noch genaueres Bild über die teilweisen horrenden Zustände, welche gemessen an den westeuro päischen „bourgeoisen", gerade;» ungeheuerlich sind, zu bekommen, muß man aus begreiflichen Gründen nicht die großen Zeitungen zur Hand nehmen, sondern kleinere, die nicht oder sehr selten von Ausländern gelesen werden und sich nicht mit Hemmungen behaftet wissen. Eine diesbe zügliche Mitteilung bringt die „Nabotschaja-Gajeta" — Arbeiter-Zeitung — vom 20. Januar 1931: „Im Eisen bahnbezirk Baku der Transkaukasischen Bahnen steigt die Zahl der Unfälle mit jedem Monat. Wenn ihre Zahl zn Anfang des Jahres ungefähr 100 monatlich betrug, so stieg sie im verflossenen Dezember fast auf 200. Von Arbeitsdisziplin kann überhaupt keine Nede jein. Schnaps in den Werkstätten, Schnaps in den Zügen, Schnaps auf den Lokomotiven. Lotomotiv- und Zugpersonal sind derart dem Trunks ergeben^ daß ihre Züge mehrere Halteitellen