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klüelhM Lalanüs Schicksal. «1 RoiMUl so» Marie Bernhard. lNachdruck vcrdotcn.) Wer nein —«hier war sie im Vorgarten, — weif, gekleidet, das üppige Haar rotfunkelnd in der Sonne, wild an den Schlafen gebauscht, so extravagant arran giert wie nur möglich. Die Augen schillerten grünlich, die Lippen glühten gleich dem Kelch einer Granate — und mit eben diehrn glühenden Lippen wurde ich jetzt gekützt, und der ft-emde, berauschende Duft strömte über mich hin. -Sodann schoben mich die schönen Arme, die nackt und weih, bis zu den Schultern ent blüht, aus den weit zurückfallenden Flügelärmeln auftauchten, zwei Schritte rückwärts, und die Helle Stimme sagte: „Schaust du, Adi, das ist lieb von dir, dah du fein rasch und pünktlich heimgekommen bist — latz dich anstaunen! Noch gewachsen, wie mir's scheinen will — ja, ganz bestimmt, — noch gewachsen — ein respektables Stück gröher als ich! Und so zart von G'sichterl wie ein Rosenblatt! Aus deinem schönen Schwarzhaar mit den bläulichen Lichtern ver stehst du aber immer noch nix zu machen, Schatztind. — haben dir denn die Berliner das nimmer beibringen können?" „Sie wollten schon, — aber ich hab nicht wollen!" „Hast nicht wollen? Klein s Dummerle du! Nu - das find't sich eben alles! Dir hal s gut behagt in dem klugen Berlin, — was?" „O, sehr — sehr! Mehr als behagt! — Dir nicht?" Belladonna schüttelte ihr Rothaar. „Was ein richtiges Wiener Blut ist, wird nie ein rechtes Berliner — und umgekehrt, — merk' dir's für die Zukunft! Zuviel Kritik dadrin in deinem Berlin — zuviel Vernunft — „Geist" vielleicht — was weih ich! Aber jetzt komm ins Haus, die Leut' haben derweil deine Sachen schon abgeladen. Da herein, — bitt' schön!" Aus unserer schlichten Eingangstür war eine hohe, feierliche Pforte geworden, die direkt in eine ge räumige Diele führte, ganz in modernem Geschmack gehalten, in feinen bunten Fardentönen, mit dunklen geschnitzten Möbeln, vielen behaglichen Sitzgelegen heiten, farbigen Elasfenstern. „Ganz hübsch, nicht wahr? Alles meine Angabe! Nicht nach links hin, Heiderl, da gibt's nichts mehr für dich zu suchen! Kannst dir's anschauen immer hin, — dort liegen unsere Schlaf- und Toilett'räume! Nein — es war mir nicht recht, aber Bella sprach schon weiter, — so wurde ich der Antwort über hoben. „Hier — da wirft du staunen, — das sind die schauderösen Krankenzimmer gewesen, wo ich den Horror bekommen hab' — nun guck' her, was daraus geworden ist!" Ja — was war aus den mir so lieben vertrauten Räumen geworden? Ein luxuriöses Empfangs zimmer mit Hellen, weichen Teppichen, prachtvollen Möbeln, venezianischen Spiegeln — fremd und kalt und ausdringlich. Ich bih die Zähne zusammen und schluckte an meinen Tränen. Nicht weinen . . . nicht weinen vor dieser Frau! „Freut's dich nicht? Bist so gebleirdet, dah du kein Wörtl von dir geben kannst-, gelt? Nach was denn schaust dich um in ein s fort?" „Ich möchte — ich möchte" — brachte ich mühsam hervor — „ist denn Mine Altmann nicht da?" „Ah — da schaut's heraus! Da kannst freilich grohe Augen machen — die ist fort — kommt auch nimmer wieder! Hal ja das Haus ganz gut in acht genommen — soweit — aber schon am vierten, fünften Tag hab' ichs wegbekommen: mit uns zwei — da geht's nimmer! Sie will alt und ich will neu, sie will deutsch und ich will österreich'sch, sie will Philister tum und ich will Genie! Schau, das spannt nimmer zusammen! Schon tagaus, tagetn dies G'sicht sehen sötten — so ein Glicht — na. dir macht'- nix, du kennst es von Kindesbeinen an. Aber ich — o du lieber Herrgott — nein, ich kann so was nicht um mich haben, — hab' auch die Theres schleunigst spediert, dahin, von wo sie kommen ist — könnt' sie auch nimmer sehen! Ich mutz Freud' haben für meine zwei Augen, — Freud! Und wenn du nicht so bild- jütz wärst, Adi-Schneckerl, — wenn du tatst garstig ausschauen ... ich kann's nicht helfen, — ich tät dich nicht leiden um mich herum!" — „So wollt ich lieber garstig sein!" fuhr es mir durch den Sinn, aber ich brachte kein Wort heraus. Der Jammer schnürte mir die Kehle zu. Mein« liebe Getreue, meine Mine Altmann. Freundin. Beraterin meiner Kindheit. — unermüdliche Pflegerin meiner Mutter - so hatte man auch dich nicht hier geduldet? Weggeschickt, von der Tür des Hauses gejagt wie einen überlästigen Bettler, weil du nicht hübsch und leicht sinnig warst und nicht die Hausordnung auf den Kopf stellen lassen wolltest! Und ich hatte mich so darauf gefreut, wenn ich im Dämmerstündchen oder früh morgens, wenn die andern im Hause noch schliefen, in dein Stübchen schlüpfen würde, um dir mein Herz auszuschütten, mich von deinen starken Armen fest- l-alten zu lassen und deine gut«, tröstende Stimme auf mich einsprechen zu hören! „Wann — wann ist sie gegangen?" presste ich end- lch heraus. „Wann? Vorgestern, denk' ich, — und reichlich unverschämt ist dies Rolandsche Inventarftück noch geworden! — Dinge hat die Person dahergered't — Dinge — mich gräml's weiter nicht, was so unge bildete und dumme Leut' schwätzen!" „Mine Altmann ist aber weder dumm noch un gebildet!" warf ich ein. „Ist sie nicht?" Bella legte mir zwei Finger unters Kinn, um mein gesenktes Gesicht aufzurichten. „Nu — die Meinung von so ei'm Kindskopf wie du wiegt nicht schwer. Jetzt schaust mich aber an, Adi! Deine Augen will ich sehen! Jesses, jesses, sind die schön! Wenn du eben verstündest, die richtig zu brauchen . . . Mord und Totschlag würd's drum geben!" „Lieber nicht! — Hat denn Vater kein gutes Wort für meine alte Freundin eingelegt?" „Wer? Dein Vater? Er sollt' sich unterstehen und Wörter cinlegen für Leut', die ich nimmer mag!" Belladonna machte zwei kleine Fäuste aus ihren Händen und lachte. „Merk' dir's nur, Schatzkind: solche eben verheiratete Männer, die haben gar nix zu sagen, — aber auch nicht einen Ton! Die Frau bestimmt, und der Gemahl hat zu tanzen, wie sie pfeift — so mach' du'» akkurat, wenn du dich der maleinst ins Joch spannen lassen mutzt!" Damit zog sie mich an der Hand weiter, — nach meines Vater» Arbeitszimmer — nach ihrem Bou doir — nach den Schlafgemächern: zuletzt führte sie mich die Treppe herauf nach meinem Zimmer. — Alles neu — alle» fremd — das heisst, in meinem Zimmer fand ich vieles alte und vertraute wieder — man hatte wohl hier die grotzen Kosten einer Neueinrichtung gescheut. Im untern Stockwerk war alles verändert, nicht ein Stück stand an seiner alten Stelle. „Jetzt wirst auspacken wollen — ich schick' dir die Ieannett', die soll dir helfen. Toilettenrevision halten wir ein andermal, — ich bin müd'! Wenn dich's zu essen gelüstet, schell' um die Iosefin', die bringt dir dann ein Sandwich oder was du magst! Heut' abend gehen wir zur Blumcnausstellung — ich hoff', du bist dabei!" „Ach nein — danke! Ich bin ein wenig ange griffen von der Reise" — „Von dem Bröserl Fahrt — und mit knapp acht zehn Jahr? Geh', schäm' dich aber! Wir sind so ein fideler Kreis — ich mein', du besinnst dich noch!" „Sind deine alten Bekannten auch schon wieder da — dein Detter Thomas und — und Doktor Stein- brecht?" fragte ich zögernd. Bella, die schon den Türgriff in der Hand hielt, lietz ihn los und kam rasch an mich heran. „Warum fragst du just nach dem?" betonte sie und sah mich forschend an. „Warum?" gab ich verwundert zurück. „Nun. — Doktor Steindrecht hat mir doch einen guten Dienst erwiesen — er gab mir Empfehlungen mit an ein paar einflutzreiche Berliner Herren, und die haben mir sehr genützt!" „Der Sandro Steindrecht? Schau, schau — dieser Heimtücker! Kein Wort har er mir davon gesagt! O ja — der hat schon Verbindungen — der kann schon einem Nutzen schaffen . . . oder Schaden, — je nachdem er gesonnen ist! Nein ... auf den muffen wir noch verzichten, der steckt irgendwo im Gebirg und läuft mit dem Stutzen einher und jagt Gamsen . . . das ist sein' Passion für den Sommer!" „Schreibt er denn nicht einmal Karten?" „Der und schreiben! O du mein! Eher friert der fest, eh' datz er schreibt! — Empfehlungen für Berlin! Der Sandor — so ein Heimtücker!" — Mit einem letzten misstrauischen Blick auf mich und einem Kopfschütteln war Bella gegangen. — Nun war ich allein, wonach es mich so sehr ver langt hatte — aber ich blieb es nicht lange, denn Jeannette kam herauf, mir beim Auspacken zu helfen, — ein kleines, flinkes, sehr elegantes Persönchen, ähnlich frisiert wie ihre Herrin, mit leichten, huschen den Bewegungen, mit den gekniffenen Aeuglein einer Japanerin, die blitzschnell im Zimmer herumfuhren und alles mit einem Blick weg harten. Auch das Zünglein war gewandt und flink, Jeannette schien mit ihrer Gebieterin auf sehr vertrautem Futz zu stehen und ein gleiches Verhältnis bei mir anbahncn zu wollen. Meine kurzen und ausweichenden Ant worten schienen sie wenig zu befriedigen, auch war sie gekränkt, datz ich mich nicht sofort von ihr anders frisieren lassen wollte, „wo gnädiges Fräulein dies schöne Haar hat", — und mein Geständnis, datz ich mich stets allein friste«, entlock« rhr ein wahre» Entsetzen. „Aber nein! Nicht möglich! Welche Dame tut denn das? Wie kann man nur!" Als ich meinen obersten Konnnodenschub öffnete, glänzte mir in dem leeren Jach e-in Brief mit M ne Altmanns Handschrift entgegen. Hastig nahm ich ihn an mich, und als die gewandte Jeannette endlich meine Kleider und Wäsche eingeräumt und mich allein gelassen hatte, ritz ich hastig den Umschlag auf und las: „Mein Herzenskind, ich wäre ja so gern wenig stens bi» zu Deiner Ankunft hier un Hause geblieben, datz Du doch e i n vertrautes Gesicht zu sehen bekommen hättest zwischen all dem Neuen! Aber er war ja keine Möglichkeit, — und welcher Mensch wird auf sich herumtreten lassen? noch dazu von einer ... na, ich sage nichts weiter! Aber das mutz ich doch noch sagen, mein Aoichen: Du wirst schwere Tage haben, und wie schrecklich leid mir das tut, das kann ich mit der Feder nicht hinschreiben! Datz Dein Vater auch zugleich an s o eine mutzte ge raten!! — — Jetzt bin ich einstweilen zu unserer Plätterin gezogen — Du weifst doch? — in der Feld- stratze, und sie ist eine ordentliche Frau und hat ein Zimmer zu vermieten. Wie lange ich bei der Plätt frau bleibe, weitz ich noch nicht — ich tu es blotz um Deinetwillen, mein Heidelchen, denn ich denk' an Dich bet Tag und bet Nacht — und, ach Gott, — wie wird es Dir gehen? Komm' nur bald und besuch' mich, die Plättfrau sagt, sic freut sich auch auf dich, und es ist sehr eigen ttei ihr, blotz datz cs nach Spiritus und hetz' Eisen riecht — aber wenn es doch ihr Beruf ist!! — Ich küsse mein Herzens- Adichen und bin immer Deine getreullche Mine Altman n." — Meinen Vater bekam ich an diesem Tage n cht mehr zu sehen, er wollte sich mit seiner Frau in der Stadt im Hotel „Zur Amsel" treffen. Da ich mich, Müdigkeit oorschiitzend, konsequent weigerte, mitzu gehen, so fuhr Vella gegen Abend allein fort, und ich ging in den Garten hinunter, in dem auch vieles verändert war — aber ein paar Plätze, auf denen » ich oft mit meiner Mutter gesessen hatte, waren die selben geblieben. Da satz ich nun mit bangem Herzen und rief mir dis schöne Berliner Zeit zurück, — all meine Studien und meine vielversprechenden Erfolge und die guten Menschen, die mich gern gehabt und gefördert hatten. — 'Ich sollte und ich wollte für mich allein versuchen, weiter zu studieren — aber es sah mich alles so leb los, so hoffnungslos an, — es war keine Freude und kein Ansporn dabei. Liin warmer, goldener Sonnnerabend sank auf die Erde nieder. Ein laues Lüftchen umfächelte mich, die Blumen strömten dankbar ihre Düfte aus — lang sam, langsam senkte die Nacht ihren Schleier nieder, der Himmel stickte sich heimlich mit Tausenden von Sternen, und feierlich stieg der Mond herauf und gotz mildes Licht über Busch und Baum. So still war es — ach, so still — man hörte den Nachttau fallen und den Wind kosend über die Wipfel streichen. Ein sam sasi ich und sann bangend der Zukunft entgegen. So war der erste Abend am Tage meiner Heimkehr ins Vaterhaus! — (Fortsetzung folgt.s Zn 2 Klinulsn nsuv felge Mr ÜLL Veste »ut älosvm üedtete. emMilrlUzoitediic- iiil kitt»-kml>»-l!i.. luimnr «au«; Ist MLQ iv äsr Lex«' olllSQ ^ut0ModiIrs1ksll susrv- veodssiv. Vas Vskeimvis iisxt iv äst' sDnsdim- varen LoQtjnSntaL-k'else, äsrsv verbessertes RRvrlell I2II Iv srködtsr vorm vinkLodkeit, testen 8itr uvä Istokts Hovtes« vereinigst. — keftrer von 8uk erklären Ms 7^ ^em.VMcliei'ei-sAl'del'el V (-aräiosQ auk tlvil SettleijemeliisWg VIottvntötuQx V — i kZ 0 s 2 «> clieimctz.IepMkeinlWg loppiektÄrborsI leppiclil'ellilglttig > wstttel« I'rves- u. X v. 8. L. l K9 280. Leios 8!w<lappnr»t« MeliliilliemIii'.-IiiMllt DR '°? Lun8L8wpksrsi > L »»» Iv-27. I»It, mit lle n ü terr ^edoell ^eeLckeuipTvr Heven, l»": Triest - Venoäig: - Lorko- Lirttua- Alken - Lon,t»oti- ll0poI-?rioii0nillse1o-8mzrros-6att»ro-6r»eo«»-I«^E- lo«1 Losi- Tri«t. 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