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Bezugs-?prelS für krivila unv Lororrr durch uoierr Lrüg« und Svedlieurr 2mal ttalich «»Hau» zedrachi: VV looall., t.1V^U mrrtrliüdri Bel unfern Filialen a. Lu. uatzmrurüen adgedolu 7A maaatl^ T.2L v^errelitdrl. vurch dt« Vok: «nerdald r«unch>and» und der deutschen «oionien vieneliihrl. 8.«« monall. uu-lchl. PostdesleUgeld. ferner « Belgien, Lüneniark, den Douaullaale», Irallen, Luxemburg, -lliederlande, litor» Wesen, Oetterrrich Ungarn, Nudland, Schweben, «chwei, u. Spanien. In alle« dbngen Llaaren nur direv durch dl« uleichüirlnrlle de« Blatte» rrdt-Uich. La« L«lp,iqei lagedlan erl-deini 2 »al itgllch. Sonn, a gelcriag« nur morgen«. Ldoune -.rnr-LnnMnne Bugulludplatz B. o«, unieren Tragern. Filialen. Spediteuren uad Lnnadmeftellen, lowi« Poilüintern und Bnelrrüger«. lrt»g«I»,rtaol<pre>« »er Morgen. enHgad« IN H der r»dend utaobe «rdaktton und (SrlchältüLrlle: Iodanniegasie «. -Zernlprecher: 14tAL lldltl, 14ÜV4. Nr. 18. Morgen-Ausgabe. MWWrTageblall Handelszeitung. Amtskkalt des Aales «nd des Aokizeiamtcs -er Lladt Leipzig. Lnzelgeu-PretA M tznlerar» ru» L«w,ig und Umgebunq dw S^oalren» dl) «« drert» tienr^il» 2b 74 arm drmt* Beklam«»«ü» l »o» auiwarr» Sh. <t«N,m«» l.2l) ak: Inierar« »»» Äeddrden na «milich«, Teil »«« 74 mm drrit» BetikvU, 40 Gelchair«an^i,en m,i B aaoorichriile» an» » der Ldentaulzad« >m dreil« ertzötzl. ldadail nach Lnril. Beilagearvüln » ak v. Lauiend exv. BoNgevudr. ^estertetlre Luirrüg« können »ich« zurück- -exogen werben, /hüt da« vricheinr, an deirimmren Tagen uno BILpen wird lela« charann« übernommen. «n^gen-Annahme, AnguituaplaH d«> lamilichen Zilialrn u. allen Lnnon«»- ^rpeditlonen de» Ln- und lllutlanoes. Haapr-Rlllal» Verl«»? Carl Lunck«« pervgi Baar. H^ba^ hanblung uutzowttiane IL ckl«I vdoo Vt «r. 4Ü0Ü). -aupt-^ll«ale Lreade« See irr -p- 4. l iLelerhoa 46211. Mittwoch, üen 18. Januar 1911. 105. Zshrgang. vss Wichtigste. * Der Reichstag setzte am Dienstag -le zweite Lesung des Wertzu wachs st euerge- setzes fort. sS. Reichstagsber.) - Die Deutsche Landwirtichaftsge- sellschaft hat wegen des sprunghaften Auftretens der Maul- und Klauenseuche in Deutschland den Ausschluß des Klauenviehes von der dies jährigen in Kassel stattfindenden Wanderaus stellung beschlossen. (S. Deutsch. R.) * Bon der Besatzung des gesunkenen Untersee bootes „ll. 3" sind ZV Mann gerettet. Diel letzten vier der Besatzung dürften bald gerettet wcr- ren können. (2. des. Art.) * Zn der französischen Deputierten kammer wurde gestern ein Attentat auf den Mi nisterpräsidenten Briand gemacht. sS. Ausl.) * Ministerpräsident Bienerth entwickelte gestern vor dem österreichischen Abgeordnetenhaus das Programm des neuen Kabinetts. sS. Letzte Dep.) * In Barcelona beschlossen sämtliche Dock-, Kahlen- und anderen Hafenarbeiter die Fortsetzung des Streiks. * Nach einer Madrider Blättermeldung wird die spanische Regierung trotz aller Dementis eine Intervention in Portugal in Erwägung ziehen. sS. Ausl.) .Zum 18. Isnusr. Ein Volksfest sollten wir heute, am Tage des vierzigjährigen Bestehens des Deutschen Reiches, feiern, denn der Gedanke der deutschen Einheit ist aus einer alten Sehnsucht des deutschen Volkes herausgeboren worden, für deren Erfüllung die wackersten deutschen Männer ihr Blut und Leben gelassen haben. Die Idee der deutschen Einheit wäre nie schöne Wirklichkeit geworden, wenn nicht das Volk entschieden und zielbewußt daraufhin gearbeitet hätte, wenn nicht Männer wie der Reichsfreiherr von Stein, Arndt, Fichte und die Mitglieder der Frankfurter Nationalversammlung dieses Verlangen nach Kräften begünstigt und gefördert hätten, wenn endlich nicht das schöpferische Genie Bismarcks in richtiger Auffassung dieser volkstümlichen Idee mit glänzender Meisterschaft die wider strebenden Fürsten dazu veranlaßt hätte, das Sehnen des Volkes zu befriedigen und sie dahin zu bringen, daß sie mit dem Volke zu sammen den ewigen Bund der deutschen Stämme und Staaten schlossen. Der stolze Jubel und die heilige Ergriffenheit der Zeit genossen jener ruhmreichen Tage, die über wältigende Siegerstimmung des Volkes in allen Schichten klingen noch heute nach in den markigen, mächtigen Tönen des Wagnerschen Kaiser marsches, jenes prachtvollen Tonstückes, das, dem tiefsten deutschen Wesen entstammend, mit dem Ehoral: „Ein' feste Burg ist unser Gott", ver nehmlich an die Heldentat Luthers gemahnt und zugleich die ursprüngliche kriegerische Kraft und die fromme und freie Sinnesart der Deutschen zu hinreisendem Ausdruck bringt. Vierzig Jahre sind seit jenem wahrhaft schicksalsschweren und zugleich hoffnungsreichen Januartage im Zeitenmeere entschwunden. Die Mehrzahl der Volksgenossen der Gegen wart ist erst im neuen Reich geboren und mit ihm aufgewachsen. Das Geschlecht der Epi gonen hat einen gerade hier recht fühlbaren Mangel aufzuweisen, denn es hat die herrlichen, oft aber auch herben Jahre deutscher Einheits sehnsucht und deutscher Einheitserfüllung nicht mit erlebt. Es nimmt als schöne Selbstverständ lichkeit hin, was für unsere Väter und Groß väter der Gegenstand ernstesten und reinsten Strebens gewesen ist, und darum klingt aus den Reihen des heutigen Geschlechts der Freuderuf gedämpfter und vielleicht auch weniger stark. Aber trotz dieser Wandlung hat die Schwung kraft des Reichsgedankens nichts eingebüßt. Wir schätzen den Besitz eines „zutraulichen, gemeinschaftlichen Organs unserer innigsten Gefühle", wir spüren täglich die „leb hafte Zusammenempfindung", die Herder bei seinen Zeitgen offen schmerzlich vermißte, aver, prophetischen Gefühls voll, vorausahnte. Nur will die rechte, hinreißende Freudenstimmung just in diesen Zeiten nicht aufkommen. Wohl werden auch bei uns viel vaterländische Feste gefeiert; aber aus ihnen gellt hier und da der schrille Ton eines überhitzten, von argen byzantinischen Anwandlungen angekränkelten Patriotismus heraus, der sich an Worten be rauscht, zu Taten für die Stärkung und För derung der Größe des Vaterlandes jedoch zu jämmerlich und zu klein ist. Eine tiefere schlichtere Vaterlandsliebe ist uns nötig, wenn wir den 18. Januar in einer seiner Bedeutung würdigen Art feiern wollen. Dazu muß aber zuvörderst die Teilnahmlosig- keit, die Schlaffheit und Lauheit, ja dic> Feind seligkeit einzelner Volksschichten gegen jede Be tätigung im Dienste des Vaterlandes gebannt werden. Woran mag die Teilnahmslosigkeit weiter Kreise an diesem Freudentag des Volkes liegen? Haben wir nicht auf allen Gebieten des Lebens die erdenklichsten Fortschritte geschaut ? Kündet nicht jeder Tag von Er folgen deutscher Wirtschaftskraft, die sich erst seit dem vollendeten Einigungswerk riesig entfalten konnte? Haben wir an sozialer Fürsorge für darbende Volksgenossen seit dem Bestehen des Reiches nicht Außerordent liches geleistet? Erleben wir nicht beinahe tägliche neue staunenswerte Leistungen deutschen Forscher- und Entdeckereifers? Und wo alles vorwärts und aufwärts treibt und drängt in deutschen Landen, sollte die Entwicklung des Nationalbewußtseins, der Stämme zusammengehörigkeit, mit einem Wort: des deutschen Kaisertums nicht Schritt halten können? In Karl Lamprechts „Deutscher Geschichte" finden wir den Satz: „Wahre Vaterlandsliebe kann nur fühlen, wer, auch im bescheidensten Sinne, zum Herrschen und Mittun berufen ist." Wenn aber auf die Dauer ganze Schichten des Volkes von der Teilnahme von der Arbeit für die Volksgemeinschaft, von der Mitverantwortlichkeit für die Wohlfahrt des Staats-Ganzen ferngehalten werden, dann kann das Ziel nicht erreicht werden, das bereits der Reichsfreiherr von Stein dem deutschen Volke gesteckt hat. Die „freiheitliche Entwicklung des Staates", die unsere Väter nach den großen Siegen ersehnten, läßt heute mehr denn je auf sich warten. Der Präsident der Frank furter Nationalversammlung bot im Jahre 1849 die Kaiserkrone König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen an; der Prä sident des Norddeutschen Reichstags erbat im Jahre 1871 die Annahme der dem König Wilhelm von den Fürsten dargebotene Kaiser krone; und der Präsident, der um die Wende des Jahrhunderts im deutschen Volkshause den Vorsitz führte, erstarb in Demut vor dem Glanz der Krone. Diese Entwicklungsreihe mag ver deutlichen, was wir meinen, wenn wir sagen: die freiheitliche Entwicklung des Staates fehlt. Wir sind dem Verdachte nicht ausgesetzt, daß wir ein schwaches Kaisertum herbeisehnten, aber wir fühlen uns verpflichtet, es gerade heute auszusprechen, daß die Kaiserkrone in hellerem Glanze leuchten würde, wenn den reifen Volksgenossen mehr Möglichkeiten gegeben wären, an verantwortlichen Stellen mitzuwirken für die Wohlfahrt des Reiches, und wenn die berufenen Vertreter des Volkes sich wieder mehr mit dem freien Geiste erfüllen würden, unsere Großväter und Väter beseelt hat. Dann wird auch der schöpferische Meister erscheinen, der den vor vierzig Jahren errichteten Reichsbau dem deutschen Volke wohnlicher ausgestaltet, und dann wird endlich die Zeit anbrechen, in der alle Glieder des Volkes, auch die jetzt grollend abgewandten, dem Träger des Ein heitsgedankens, dem Deutschen Kaiser, wieder aus vollem Herzen zujubeln. * Die „Nordd. Allgem. Ztg." gedenkt des vier zigsten Jahrestages der Reichsgründung in einem Artikel, in dem es hcistt: „Die Gründung des Reiches war ein Abschluß und ein An fang; sie hat alte Hoffnungen erfüllt und neue begründet. Noch nie ist ein Volk in so kurier Spanne Zeit auf allen Gebieten so weit und energisch fortgeschritten, wie das deubche. Die Tat sache kann niemand leugnen, wer Augen hat, das wachsende Volk bei der Arbeit zu sehen. Und doch ist sicherlich noch nie während einer Periode solcher Entwickelung soviel von dem Pessimismus, der weite Schichten des Volkes ergriffen haben soll, von Verärgerung über eine unerträgliche Reaktion die Rede gewesen. Die Nation empfindet, daß auch der deutschen Gegenwart, wenn auch in ver änderter Form, jene Tendenz der Sonderbildung naheliegt, die die -Tragik der deutschen Vergangen heit war. Wenn der Deutsche, der am morgigen Tage die Gegenwart überblickt, mit Stolz auf die Entwickelung der Nation sehen kann, so darf doch dieses Gefühl des Stolzes nicht dazu führen, daß die Nation in selbstgefälliger Zufriedenheit sich mit dem Er reichten de scheide. Wir verlangen von den Un zufriedenen nicht Zufriedenheit. Beide, Zufrieden heit und Unzufriedenheit, sind unpro- duktiv. Zwischen beiden liegt ein Leben mit seiner Hoffnung, seiner Arbeit und seiner Forderung rast losen Mühens um das Wohl der gegenwärtigen wie der kommenden Deutschen. Die Zukunft üer Reichslsnüe. Wir erhalten folgende Zuschrift: Unter dieser Ueberschnst brachte am n. Januar dieses Jahres Ihr geschätztes Blatt einen Aufsatz „aus parlamentarischen Kreisen" über die staatsrechtliche Stellung Elsaß-Lolhringens, in dem die Forderung ausgesprochen wurde, daß Elsaß-Lothringen dein Königreich Preußen ernverleibt werde. Unterdessen ist bckanntgeworden, daß am 24.-26 Zanuar die erste Lesung des elsaß-lothringi schen Verfassungsenlwurfs im Reichstage staltfinden wird. Zeder Deutsche, der die neuzeitliche politische Entwicklung seines Vaterlandes verfolgt und dem die Zukunft seines Volkes am Herzen liegt, muß sich der großen Bedeutung dieser Verhandlungen bewußt sein. Denn so oder so: die Verhandlungen und Be schlüsse des Reichstages stehen an der Schwelle der endgültigen Regelung der Frage, und von ihrem Ver lause wird es mit abhängen, ob dort unten un Westen nun endlich einmal Ruhe wird oder nicht, oder ab wir etwa gar im Begriffe sind, den ersten Anstoß zu einer Entwickelung zu geben, die uns in früheren Zah.Hunderten die Schweiz und die Rhcinmünüung gekostet und zur politischen Loslösung deutscher Slam- mesglieder geführt hat. Die Ereignisse, die sich inzwischen im Elsaß abge spielt haben, sind geradezu entmutigend für uns Deutsche im Reich und lassen nur mit schwerer Be sorgnis auf die bevorstehende Neugestaltung der staatsrechtlichen Verhältnisse in Elsaß-Lothringen blicken. Der Reichskanzler hat im Dezember 1909 die Gewährung einer Verfassung an Eljaß-Lothringen verweigert mit der Begründung, daß die Lljaß-Lo.h ringer zuerst selbst die nötigen nationalen Bürgschaf ten geben und daß die Interessen des Reichs in erster Linie von ihnen selbst erkannt und gewahrt werden muffen. Zst dieser Zeitpunkt wirklich gekommen? Man vergegenwärtige sich folgende Tatsachen: Zn Metz tobte eine Art von Äuf-uhr, eine unbotmäßige Menge verhöhnte die Behörden, sang hartnäckig die Marfeillaise, schrie sich heiser an „Dtve la France"; dazu finden allenthalocn Wahlrechtskundgebungen statt gegen die „reaktionäre, von dem junkerlichen Preußen oktroyierte Verfassung"; in Mülhausen for derten öffentliche Anschläge die Republik, kurz, der Versaffungskampf tobt in voller Zügellosigkeit, die Regierung Kat das Heft aus den Händen verloren. Auch der ruhigste Bürger muß doch bedenklich werden, wenn die „Straßburger Post" für den geg n- wärtigen Derfassungsentwurf. der dem Reichslande noch nicht völlige bundesstaatliche Gleichberechti gung gibt, mit den Worten eintritt: „Die Zeit der Reife, in der man Elsaß-Lothringen die volle Gleichberechtigung als ebenbürtiges Glied im Reiche gewähren könnte, i st noch n i ch t d a. Das muß offen herausgesagt werden. Nicht eher wirb sie gekommen sein, als bis das Volk in Elsaß-Lothringen aufgewacht sein wird aus diesem Zustands der poli tischen Unklarheit und Unselbständigkeit, in dem es sich heute noch in seiner großen Mehrheit befindet — aus diesem Zwitterzustande der Unterwerfung und der politischen Notwendigkeit, die zum Deutschen Reiche weist, und doch des heimlichen Fort lebens in französischer Tradition und in einer Doppelkultur, die innerlich faul ist, weil sie weder deutsch, noch französisch, und im Grunde genommen auch nicht einmal elsässisch ist. Nicht eher wird die Stunde gekommen sein, als bis dieses Volk die Vormundschaft französischer Beeinflussung durch Notabeln und Klerisei abgeschüttelt haben wird und sich mit entschlossenem, nüchternem Willen auf d i e SeitedesDeutschtums stellt und mit ein?r Vergangenheit bricht, die auch jenseits der Vogesen noch ein Vaterland juchte." Durch die oben erwähnten Ereignisse erhält der Aufsatz Ihrer Zeitung vom 6. Zanuar ein n Tatsachen hintergrund, der die Forderung des Verfassers: E i n- verleibung nach Preußen, aufs kräftigste unterstreicht. Wir erwarten vom Reichslande, daß es ein deutsches Glied im Deutschen Reiche werden soll; sicher aber ist zu befürchten, daß schon durch die Gewährung der jetzt vorliegenden V.rfaffung alle jene deutschfeindlichen Elemente nur gestärkt werden, ja daß sie dadurch geradezu ihre politische Organi fation erhalten. Die Angehörigen des Deutschen Reiches dürfen Bürgschaften dafür fordern, daß der Siegespreis von 1870 nicht in einem unruhigen Bun desstaate besteht, der mit dem damaligen Feinde des Reiches liebäugelt, sondern daß wir hier einen deut schen Scamm haben, der die deutsche Grenzwacht hält. Es ist ja vom politischen Standpunkte aus ganz berechtigt daß die Elsaß-Lothringer frei sein wollen von der Ausnahmestellung, die sie seit 40 Jahren ein nehmen. Aber in der Entscheidung darüber wie das zu machen sei, werden bei der eigentümlichen geogra phischen Lage des Landes nicht in erster Lime die Wünsche seiner Bevölkerung, es wird vielmehr die Sicherheit des Reiches maßgebend sein müssen. B e . seitigenwir aber die Ausnahmestel lung dadurch, daß Elsaß-Lothringen mit allen verfassungsrechtlichen Frei heiten als gleichberechtigte Provinz in einen deutschen Bundesstaat ausge nommen wird. Warum das nur Preußen sein kann, und was dabei für alle Teile zu gewinnen wäre, das hat der Herr Verfasser des Aufsatzes vom 8. Zanuar so klar dargestcllt, daß jede Hinzufügung überflüssig ist. Von unseren Reichstagsabgeordneten müssen wir aber erwarten, daß sie bei den bevorstehenden Reich« tagsocrhandlungen sich als Hüter des Reiches zelqen, die zu wachen haben über die Sicherheit der West grenze und über das Kleinod, das unser« Väter 1870 errungen haben Sie müssen der Ueberzeugung Aus druck geben, daß es so nicht geht, — ein Fehlgriff läßt sich hier nicht wieder gut machen. Oer Staat Lübeck unü üie Serzie. Im lübeckschen Parlamente hat man kürzlich ein neues Gewerbesteuergeietz janlrioniert, das auch die Aerzle als Gewerbetreibende ansicht. Der Staat Lübeck ist somit der erste^ der die Aerzte zur Gewerbe steuer heranzieht. Der Senat hatte in seinem Gesetz entwurf <8 1 d. G.) bestimmt: „Als Gewerbebetrieb gilt auch die Ausübung des Beruies eines Rechts anwaltes oder 'Notars, sowie die Ausübung des Berufes eines Arztes. Zahnarztes und Tierarztes, wenn und loweir ein Arzt, Zahnarzt oder Tierarzt zur Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit besondere Anstalten oder Unternehmungen gewerbsmäßig bc treibt oder Heilmittel oder andere Gegenstände gewerbsmäßig verkauft oder abgibt." Im Bürger ausschuß beantragte man die Streichung dieses Passus von „wenn und soweit . . ab. Tie Bürgerschaft beschloß demgemäß und der Senat gab zu verstehen, daß er dann, einverstanden sei. Jin lübeckschen Sraats- gebiete werden also von nun an alle Aerzte, nicht nur die, die eine orthopädische Anstatt oder eine Privatklinik besitzen, Gewerbesteuer zu entrichten haben. Allerdings sollen alle Gewerbetreibende im ersten Jahre noch abgabefrei «ein, im nächsten Jahre erst mit der Hälfte der Steuersumme herangczogen werden. Dieses Entgegenkommen soll auch neu hrn- zuziehenden Aerzten gegenüber Anwendung finden. Von ärztlicher Seite wurde gegen diesen Paragraph des Gesetzes eingewcndet, tag der Staat sür die Aerzte absolut keine Aufwendungen zu machen habe. Bei den Rechtsanwälten liege die Sache ganz an ders, denn diese seien privilegiert. In allen deutschen Staaten würden die Aerzte, wenn sie keine beson deren Anstalten besäßen, nicht besteuert. Fünfmal habe sich der Senat mit dieser Angelegenheit be schäftigt und jedesmal sei er zu einer anderen An sicht gekommen. Auch der Bürgerausschutz habe seine frühere Stellungnahme geändert. Dabei lei reichs gerichtlich festgelegt, daß der Arzr kein Gewerbe treibender und nicht der Gewerbeordnung unterstellt sei und daß, was dem Gewerbetreibenden erlaubt sei, dem Arzte verboten sei. Er dürse weder Reklame machen noch seine Praxis verkamen. Werde ein Arzt krank und nehme sich einen Vertreter, so könne es kommen, daß dieser Vertreter sich die Praxis aneignet. Man habe sich durch die Konkurrenz klausel schützen wollen, aber auch das habe das Reichsgericht abgelehnt. Der Lübecker ärztliche Verein habe eine Enquete angestcllt und ermittelt, daß die 60 Aerzte etwa 4ÖOO an Gewerbesteuer ausbringen würden. Wegen dieses geringen Betrages dürfe sich der Staat Lübeck doch nicht in Widerspruch mit allen anderen Staaten setzen. Der regierende Bürgermeister, der die Gesetzesvorlage selbst verirat, erklärte aber, an der Steuer lesthalten zu müssen. Die Bürgerschaft schloß sich ihm an. Somit ist der Freistaat Lübeck der einzige deutsche Bundesstaat, der die Aerzte kurzweg als Gewerbetreibende ansiehr. Konlervstive Lsnürstc. Herr v. Dallwitz der preußische Minister des Innern, hat sich in seiner Rede vom Sonnabend im preußischen Abgeordnetenhaus die Erklärungen zu eigen gemacht, die der Reichskanzler schon am 1t). Februar 1910 über seine Stellung zur politischen Tätigkeit der Landräte abgegeben hatte, und diese Stellungnahme ist durchaus korrekt. Voreilig wäre es jedoch, auf die Erklärungen des Ministers des Innern allzugroße Hoffnungen zu setzen. Denn nicht Worte, sondern nur Taten können hier helfen, und diese lassen vorläufig noch auf sich warten. „Es ist sehr die Frage", so schreibt die „Köln. Ztg." zu diesem Thema, „ob der neue Herr tm Ministerium des Innern es verstehen wird, die Nachgeordneten Organe zur Befolgung der Grund sätze zu zwingen; daß diese aber so leicht zu erzielen sein wird, ist nicht anzunehmen. Trotz allen An gaben, die Herr v. Dallwitz über die Rekrutierung der Hähern Verwaltungsbeamten gemacht hat. unter liegt es doch keinem Zweifel, daß unter den Land räten, wenigstens im Osten der Monarchie, eine parteipolitisch konservative Gesinnung «ozusagen selbstverständliche Voraussetzung ist, und daß die jenigen Herren, die vielleicht nach ihrer Herkunft gar nicht agrarisch konservativ sind, unmöglich lange in dieser Rolle der weißen Raben bleiben können, wenn sie nicht Gefahr laufen wollen, von der Schar der schwarzen Raben totgehackt zu werden ... Wenn an hohe Regierungsstellen das Ansinnen herantritt, Ue Vorgriffe agrarisch konservativer Landräte zurück uwei>en und zu verhindern, so wurde dem bisher immer cntaegengehalten daß man die Landräte in ihrer Selbständigkeit nicht zu arg ein schränken dürfe. Gerade im Interesse der Kreise und ihrer Eingesessenen sei zu wümchen. daß an ihrer Spitze ein VerwaUungsbeamter stehe, der Charakter habe und sich nicht wie ein Rohr im Winde vor jeder Strömung in der Zentralinstanz beuge. Theoretisch ist das ganz richtig praktisch aber wird die einseitige Bevorzugung der Konservativen dadurch nicht aufgehoben. Es ist eine merkwürdige Erfcheinung, daß die Charakterstärke der Landräte gegenüber der Regierung sich im ganzen unv großen nur dann zu äutzern pflegt, wenn die Regierung sich einmal dazu aufrafft, einer allzu anstößigen Be vorzugung der Konservativen entgegeniutreten. Nur dann zeigen sich wahrhaft römische Charaktere und ein grundjatzstarker Widerstand, der allerdings seinen letzten Grund in der Ueberzeugung hat, daß mit diesem Widerstande nichts riskiert wird. Wir besorgen sehr, daß die schönsten Reden sowohl des Reichskanzlers als des Ministers des Innern daran wenig ändern und die Landräte, die sich einmal der konservativen Partei verschrieben haben, nicht zu einer objektiven Haltung bekehren werden. Dag sie damit geaen die Staatsautorität arbeiten, kommt ihnen üvrizens gar nicht zum Bewußtsein, weil sie allmählich dazu gekommen sind, daß sie zwischen den Interessen der Agrarier und Konser- vativen und denen der Regierung einen Unterschied überhaupt nicht mehr zu machen vermögen, und es für ebenso natürlich halten, da» ein Landrat Agent der konservativen Partei ist, wie daß ein Fisch im Wasser schwimmt."