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Ins Sonnenlsnü. Ern Schlffsroman vom Mtttelmeer von Anny Wothe. llop^riekt 1810 äanv IVoide. l.e>p/.i» tNaLdruZ vscbolen.) Keiner wußte genau, wer und was sie war. diese Gazoni, aber alle glaubten, sie beurteilen zu können. Gerda Gazoni war sehr unbekümmert um den Eindruck, den sie auf die Passagiere des „Meteor" hervorbrachte, und gab sich mit ganzer Seele der Tänzerei hin. Sie tanzte mit Leidenschaft, wahllos fedem Tän zer folgend, wenn er nur gut tanzte. Aus einem Arm flog sic in den andern. Die Herren, weniger zurückhaltend als die Damen der neuen Erscheinung gegenüber, hatten sie immer wieder zum Tanze begehrt. Mit finsterem Gesicht sah es Graf Solins, der in seinem dünnen Frackanzug nichttanzend und frierend an der Wand lehnte, und gehorsam Gerdas Schleier hielt, um sic nach dem Tanzen darin cinzuhüllsn. „Verfluchte Kiste", brummte er vor sich hin. „Hätte ich doch bloß dieser wahnsinnigen Laune, mit ihr auf den „Meteor" zu gehen, nicht nachgegeben." Wie das Ding wackelte. Ihm war schon ganz elend und dabei behandelte ihn Gerda, als sei er ihr Schleppenträger. Wenn es ihm nur nicht so miserabel zumute gewesen wäre, er hätte ihr schon zeigen wollen, daß er sich nicht so einfach beiseite schieben ließ. Mit schlotterndem Gebein stolzierte er, Gerdas Schleier über dem Arm, hin und her. Weiter an der Reling entlang, wo man hätte etwas Luft schöpfen können, wagte er sich nicht. Er mußte ja Wache halten, während sie sich — es war zum Verrücktwer den — mit diesen „Kaffern" amüsierte. Gül von Wernhagen, der erst die Absicht gehabt, der ganzen Tanzerei fern zu bleiben, war es schließ lich doch im Rauchzimmer, wo ein großer Teil der Herrenwelt beim Vier und Skattisch seslsaß, zu lang weilig geworden. Als nun auch Konsul Herwett, der Legationsrat und noch ein paar andere Herren sich in seiner nächsten Nähe zum Skat niederließen, stand er hastig auf und stieg zum Promenadendeck empor. Wenige Augenblicke später walzte er auch schon mit Miß Hampton über das mit flatternden Flaggen gezierte Deck. Wie leicht und graziös Miß Hampton tanzte, und wie apart sie aussah in dem gelben Kreppkleide mit den wippenden Goldregenzweigen. Der feine weiße Hals leuchtete aus dem duftigen Gewände wie Alabaster hervor und das hellrote Haar bauschte sich tief in die blasse Stirn. Wie die großen, blaugrauen Augen in bacchan tischem Feuer aufstrahlten und die kleinen weißen Zähne zwischen den roten Lippen blitzten und sie lachte und plauderte unausgesetzt, und dann schleppte sie auch noch ihren Onkel und Pflegevater herbei, den Gül durchaus kennen lernen mußte. Es war ein respektabler Herr mit einem frischen, aristokratischen Gesicht, von dem das volle Haar und der weiße, kräftige Schnurrbart kleidsam abstachen. Auch seine Bewegungen waren jugendlich und plastisch-elastisch. Trotzdem er kaum fünfundvierzig Jahre zählen mochte, hatte er, wenn er mit seiner Nichte Ellen sprach, etwas väterlich Bevormundendes, fast Pedantisches. Mister Hampton gefiel Gül nicht übel und er hätte sich am liebsten mit dem vielgereisten und unterhaltenden Amerikaner in eine stille Ecke ge flüchtet, um zu plaudern. Das aber gab Ellen nicht zu. Wie ein Wirbelwind fiel sie immer wieder da zwischen. Bald sollte Gül mit ihr tanzen, bald der Onkel, der aber solche Allotria entschieden für seine Person ablehntc. Bald schleppte sie ihre Tänzer heran, um sie dem Onkel und Gül vorzustellen. Da war ein Mime vom Hebbel-Theater in Berlin. Er hatte ein dickes, rotes Gesicht und sprach gern in Versen. Haare besaß er nicht mehr auf seinem Schä del, aber Miß Ellen, die für Künstler nun einmal schwärmte, fand ihn gut aussehend und sehr unter haltend. Er hieß Feodor Lingrn und das Ziel seiner Sehnsucht war, Theaterdirektor zu werden. Einen Sänger brachte sie auch. Er erzählte, daß er sehr gefeiert sei und in Frank furt sich die Damen die Haare um ihn gerauft hätten, was der „Glovetrotter" aus Frankfurt entschieden in Abrede stellte. Der Sänger hatte rotes Haar, das ihn: wie eine Mähne um die hohe Stirn wallte. Er hieß Are! von Bernitt. Er hatte weiße, feine Hände wie ein Mädchen, und eine prachtvolle Weste von rosa Seide, was Ellen Hampton genial fand und Jlse-Dore Herwett „affig". Da war auch noch ein flotter Berliner Journalist, Karl Windig, der immer mit Notizbuch und Blei stift herumlief und, wie Jlse-Dore behauptete, jeden Blick zu Protokoll nahm, um ihn in einem Feuilleton über den „Meteor" und seine Passagiere gewissen haft anzubringen. Dieser Journalist hatte Gül jetzt mit Beschlag belegt, und während er unablässig an dem Knopf von Güls Smoking drehte, fragte er ihn gründlich über die „Balearen" aus. Denn, wie Karl Windig be hauptete, mußte sein Bericht fort, ehe er die „Bale aren" gesehen, sonst würde cs zu spät, und da wollte er sich doch gewissenhaft informieren. Alles Sträuben half nichts, Gül mußte stand halten. Jlse-Dore, die Güls Not gewahrte und die an dem Arm des Hauptmanns von Lüderitz soeben zum „Konter" antrat, rief lächelnd herüber: „Herr Windig, haben Sie denn schon das Meer leuchten gesehen?" „Nein, Gott bewahre, wo leuchtet's denn?" „Vorn am Bug, auf den krausen, weißen Wellen. Eilen Sie nur, das dürfen Sie sich nicht entgehen laßen." Wie besessen stürmte Windig, den Bleistift in der hocherhobenen Rechten, davon. „Der kann lange suchen", lachte Jlse-Dore hinter ihm her, während ihre blauen Augen Gül anblitztcn: Habe ich es recht gemacht? „Untertänigsten Tank, gnädiges Fräulein", jagte Wernhagen, „ich bin zu ähnlichen Gegendiensten bereit." „Dann schaffen Sie mir bitte schnell ein viertes Paar zum Konter, Herr Baron. Wir haben keins", lachte Jlse-Dore verschmitzt. Er gab das Lachen leise zurück. „Da soll ich wohl selbst?" „Natürlich, meinen Sie denn, ich hätte Sie nur Ihrer selbst wegen von dem Federfuchser losgeeist? Schnell engagieren Sie eine Dame, es geht schon los." Wernhagen sah sich wortlos um. „Dort Frau von Boddenhusen!" „Ich glaube Frau von Boddenhuscu tanzt nicht", wehrte Gül ab, dein heiße Glut in das Antlitz stieg. „Na, versuchen Sie cs man erst", ermunterte Jlse- Dore. Gül sah sich fast wider Willen durch die Menge geschoben. Mechanisch neigte er seine hohe Gestalt vor Jorinde. Er wußte, daß jetzt die Augen vieler auf ihn und Jorinde gerichtet waren. „Ich tanze nicht", wehrte sie fast entsetzt, und sah mit erschrockenen Augen in die seinen. „Sie dürfen es mir nicht abschlagcn, gnädigste Frau. Man wartet auf uns cus das vierte Paar." „Also, der Not gehorchend", gab sic sarkastisch zurück. Er sah ihr mit einem dunklen Blick in die Augen, da erstarb, was sie auf den Lippen harte, ihm zu ent gegnen. Wortlos legte sie ihren Arm in den seinen. Das war ein seltsamer Tanz, halb erzwungen und doch gewollt. Wcrnhagens Herz klopfte in heißen, wilden Schlägen und Jorinde bewegte sich wie im Traum. Nur zuweilen sah sie das nervös lachende Ge sichtchen Ellen Hamptons, die mit Leutnant Bernst- dorf ihr Visavis tanzte, leuchtenden Auges zu Wern hagen aufschmachten, und dann ging ihr jedesmal ein Stich durchs Herz. Jlse-Dore mit Hauptmann von Lüderitz hatten Heidi Niemerstädt mit Assessor Mensing gegenüber. Jlse-Dore war sehr ausgelassen, aber Heidi Riemer stadt wunderte sich mehr als einmal, warum Jlse- Dore ihr so böse Augen machte. Assessor Mensing hatte keinen Blick für Jlse- Dore, trotzdem er doch ihr gegenüber tanzte. Kaum daß sein Blick sie flüchtig bei den vorgeschriebenen Komplimenten streifte. Dafür sprach er aber sehr er regt aus Heidi Niemerstädt ein, die schon ganz rote Backen hatte und ab und zu besorgt zu dem Referen dar Eernhausen herübersah, der ohne Dame melancho lisch, von seiner Mutter am Rockärmel festgehalten, an der Reling lehnte. Immer wieder kam durch Heidi und Jlse-Dore eine leichte Verwirrung in die einzelnen Figuren des Tanzes, welche ihre Kavaliere geschickt korrigierten. Jorinde und Gül von Wernhagen tanzten ganz korrekt. Nur Jorindes Antlitz war totenblaß. Leicht und weich floß ein Kleid von mattlila Crepe de Chine in langen Falten an ihrer schlanken Gestalt hernieder. Breite Silberspitzen säumten den weißen Hal», der wie Perlmutter glänzte, und ein breites Silberband schlang sich durch das hellbraune Haar, über welches das elektrische Licht rote Funken streute. An der Brust trug sie eine weiße Rose und Gül mußte der Rose denken, die er mit ihrer Träne an seinem Herzen barg. „I)alan«?2 u V08 schallte das Kommando. Mechanisch neigte sich Güls hohe Gestalt vor seiner Partnerin, und dabei sah er plötzlich heiß in ihre Augen. Ein Zittern lief durch Jorindes Körper. Er fühlte es an dem Beben ihrer Hand, und er zuckte unter ihrem leisen Druck zusammen. „Was dachten Sie eben, gnädige Frau?" fragte er in einem leisen, heißen Flüsterton. Sie sah nicht auf. „Ich möchte heim", kam es tonlos von ihren Lippen. Er hob fast trotzig den dunklen Kopf. „Sie haben Furcht? Vor mir?" „Nein." „Was fürchten Sie denn?" „(lronckk! olinino rtz-s Onmo>", schallte cs da zwischen. Tadellos reagierte Jorinde. „Was fürchten Sie denn?" wiederholte er. „Die Vergangenheit." „Sie soll lot sein", grollte Gül finster, mit ge runzelter Stirn, „habe ich cs nicht gesagt?" „Wer alles auslöschen könnte", flüsterte sie mit heißem Atem. „Gnädige Frau, Sie müßen acht geben", korri gierte jetzt Miß Ellen Jorinde „6i-.ur<lv ollarus, bitte, linle Hand." Gehorsam tat Jorinde nach dem Gebot. Eine Hand nach der anderen berührte sie flüchtig, und ihr kam der Gedanke, wie sinnlos bas doch alles sei. Und dann strömte es plötzlich wie flüssiges Feuer durch ihre Adern. Güls Hand hielt die ihre umschlossen. Mit festem Druck hielt er sie einen Moment in der seinen, dann ließ er sie fallen. Wie im Taumel schritt Jorinde mit den anderen dahin, bis wieder ihre Hand in der seinen lag, und Wernhagen sie zu ihrem Platze zurückführtc. Er tanzte den sich anschließenden Walzer nicht mit ihr, er blieb aber vor ihrem Sessel stehen, nachdem er ihr sorgsam den großen, weißen Fuchspelz um die Schultern gelegt. „Es tut mir leid", bemerkte er, ohne Jorinde an zusehen, „daß meine Gegenwart Sie nervös macht. Wollen wir denn nicht versuchen, die Vergangenheit zu vergessen und wieder gute Freunde zu werden?" Sie sah ihn unsicher an. Wie merkwürdig er war. Sie wußte ja doch, daß er nicht vergessen konnte, nie, niemals und sie auch nicht. Aber sie mußte diese elende Schwäche ab schütteln, sie mußte stark sein und ruhig scheinen, ob wohl ihr Herz so fieberhaft, so qualvoll litt. (Fortsetzung folgt.) Unser neuer 8»I»m»ncksr-llorIl,oklenstiet«l 0. k. 6. Ick. 3Ü2 »IS dielet äetiutn xegeo di'Lsse unck KLIt«, lockern er Idre verm uack troclr« kalt. Lr liostet lo UuLw>»a»1üdraoL kck. lü^t) korckero Sie.Vlusrerducb ltzrältix« lkeldiecker-ZVetterstietel tilr veioeo uock Korren mit arte» slerilen Doppel - Sollten Lindvitepreis Vl. 12.80 l^ucueeuelükruoz . . LI. Id.üO Zalamanäer LeduN^«. m. d. tt., llerllo Oriminkrisetie 81rL8se 15 Des ckt« vnmcksoklo. eil»: l.kb« rnal>m« von Trnrllxea iouerdnld ckor Ltackt onck vaed onck von «!!ev Orten ckes In- nvck -tustauckes per Kellns nvck l-liLondadn odva vmlackaog unter Verwenckvve be»t r Transportmittel. llederoatims von Lraaaporten vneli liberkeeli»cbell lNittren mittelst elxen» cka/a erbauter iVa^eu. 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