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NezuqS» Preis «tu und Loron» durch »M«r» Lrtg« und bvrdnrurr 2»«t »4«lich m« Ouu« gedrachi; UV loorrl., L.tv^c vierteltltzrt U«i u»>«r» ». Lu- midm»sc«üe« adgkddlll 4 »»naN., ».LL »,er«>itdrl. Durch di« v,«: i»»«v«ld Druiichchndd und d«r d«*ych«» K»l»a»e» «errrtittzrt. ».»» ^U, «siuul. 1F» audlchl. P»s!ix<lellacld. .Verner » Belgien, Dänemurl. »en Ddnanüaateu, Italien. Luremdura, Niederlande, ^or- »a«en, Oesirrreich Ungarn. Rußland, Tchwede», Lidwei^ u. Lpaniau. In allen übrigen Llaaren nur »irev durch die chi>ch»il»,i«a« da« Blaue« erdt.ilich. La« L«u>t>qer Tagedlan erilL«>ni /ma! itglich Bonn. » Aei.r ag« »ur margen«. Ldonne aut-chnnauul« : Augulludplatz 8, d«> unieren trtg^eu, ^ilulten, Lvedueuran uud Lauadmeftelle». 'o»« tl»ltt««ru uud BrreilrLger». ürtuzildertauitprei« »er wo««»> ansgade 1V der » beud udaad« » «rdakttvn -ud «rschastdlleller .Vadauniegasie ». s*ru»«ch«rr 1«Ü»L l«««. 140V4. Morften-Ansftabe. NiMgcrTllgMM Handelszeitttng. Amtsblatt Ses Naics und des Vottzeiamtes der Stadt Leipzig. Lnzetqet»-Preis Mr z«era» aus unu Uin^edauq »ia Sgr'nailene bl) mm brrite ücnr^il» L ch. di» 74 MM breit« Reklainegtil, I »„ ««wart« X- ch, ReName» t.L Icharat» »an Beddrven n> umllich«, k«. »ch 74 mm l-rrtt« P«!»«il« 4o cheichaitlun^igen mu P asoorichrurr» an» ch der 1lbendau«zab» ->>> drene erdäbl- Rabari na-v Laru. Beilagegevüdr ü ^e 0. TaMend exkl. Pollgebübr. VeNerleille slu'krLg» können inchl ,ur»L- ge-ogen werden. ,ZLr da» ^rtchelneu an deuimmlen Lagen und LlLden wir» kein« Garantie übernommen. Anzeigen- Annahme, BuguiluSvl«, 8, d« ILmtlichen Ailmlen u. allen Annonce» itjb«diNonen da« Za» und Auölaadet. Haavr-Ntttal, Berlin: Carl Luacki« oer««gt vaar. Hofd^ch- danolung lludawltranr 10. <»«l vdoa VL Rr «ilü-. Hauvt-Siltalr Lre«een: Saeitr-d« 4.1 (Teivioa 4llL1n llr. 4 MMwaili üen 4. Januar lSll. 105. Zahrgsng. Dss lvichtiglte. * Zn Hamburg fand am Dienstag die Trauerfeier für den verstorbenen Major Dominik statt. (Siehe Dischs. R.j ' Der Zustand Josef Chamberlains gibt Anlaß zu ernsten Befürchtungen. Chamber lain mutzte die Abreise nach Süd-Frankreich auf un bestimmte Zeit verschieben. * Die Gründungsversammlung der Kaiser-Wilhelm-Eesellschaft findet am 11. Januar in Berlin statt. Die erste Schöpfung der ltzesellschast ist ein chemisches Institut in Leipzig unter der Leitung des Geheim - rats Beckmann. (S. K. u. Miss.) * Frau v. Schönebeck-Weber ist vom Amtsgericht Lharlottenburg wegen Geistesschwäche j entmündigt. (S. Tageschr.) Vie SchlettltSüter Ungeschicklichkeit Der Fall des S chlett st ädter Primaners, der wegen Majestätsbeleidigung relegiert worden ist, würde weiter keiner Besprechung zu unterziehen sein, wenn nicht eine ganze Reihe rechtsstehender Organe aus der Bagatelle eine Affäre zu machen begonnen hätten. Munter und frisch schreibt zum Beispiel die „Kreuz- Zeitung" von der „Lauheit liberaler altdeutscher Kreise im Rcichslande", die sie daraus erweist, daß die nationalliberale „Stratzb. Post" die un zweckmäßige und törichte Maßnahme jener Relegation, in übrigens recht schonenden Aus drücken, als das kritisiert hat, was sie ist. Gegen den Vorwurf der nationalen Lauheit glauben wir uns selbst bei der „Kreuz-Ztg." gefeit. Womit wir uns aber nicht einverstanden er klären können, das ist die Tatsache, daß ein so hoher Begriff wie der nationale als Abwehr schild über Maßnahmen gehalten wird, die einer unbefangenen Kritik nicht standhalten können. Es gibt eine kleinliche Ouisquilienriecherei, die sich natürlich auch an Fragen betätigen kann, die in größerem Zusammenhänge von natio nalem Belang sind. Sie hat den wenig rühm lichen Begriff der gw rello uttomrwäe geschaffen. Es ist ein gutnationales Werk, wenn man dieser nationalen Untugend energisch auf den Leib geht; das soll auch in diesem Falle ge schehen. Rekapitulieren wir den Sachverhalt: Ein Primaner am Gymnasium in Schlettstadt, gebür tiger Reichsländer, hat mit einem altdeutschen Sekundaner einen politischen Disput, der sich um die Person des Kaisers dreht. Rede und Gegen rede steigern Hitze und Tempo des Wortwechsels. Schließlich läßt sich der Elsässer zu dem Aus spruch „Rindvieh von Gottes Gnaden" hin reißen. Wenn das dem altdeutschen Jungen ins Blut gegangen wäre und er dem Primaner auf die Gefahr hin, die größeren Prügel zu be ziehen, eine rechtschaffene, deutsche Ohrfeige ge geben hätte, so hätte das unsern vollen Beifall. Alles wäre schön und gut gewesen und alles wäre auf dem Niveau geblieben, das dem poli tischen Dispute zweier Gymnasiasten angemessen ist. Der Sekundaner indes ging ohne kriege rische Aufwallung nach Hause und erzählte die Geschichte lieber seinem Herrn Vater. Dieser, ein Offizier, lief schleunigst zum Eymnasialdirektor. Run begann die Haupt- und Staatsaktion. Dem Primaner wurde sein Verbrechen nachge wiesen, und er wurde relegiert. Dieser Vorfall hat dem nationalliberalen Straßburger Organ mit vollem Recht Anlaß zur Kritik gegeben. Der zwanzigjährige junge Mensch, der sich die grobe Ungezogenheit jenes Ausspruches leistete, wird nach dem Strafgesetzbuch von einer Anklage wegen Majestätsbeleidi gung wenig zu befürchten haben. Abgesehen davon, daß ihm kein ver ständiger Richter die Einsicht von der Straf barkeit seiner Handlung zusprechen würde, liegt bei dieser Majestätsbeleidigung offenbar keine jener Erscheinungen vor, die n rch der aus der persönlichen Initiative des Kaisers hervor gegangenen Neufassung de» Paragraphen die Beleidigung erst strafbar machen. Man muß schon sehr verknöchert sein und völlig vergessen haben, wie man in jenen Jahren zu disputieren pflegt, um sich den Vorgang psychologisch nicht rekonstruieren zu können. Der Leiter des Gymnasiums von Schlettstadt scheint für diese Dinge wenig Ver ständnis zu besitzen. Sonst würde er nicht für eine Iungenfrechheit als Sühne eine Maßregel haben eintreten lassen, die des Bestraften ganze Zukunft schwer gefährdet, ihn selbst aber zum fanatischen Deutschenhasser machen wird. Was vielleicht noch viel schlimmer ist: dieser Vorfall wird in allen elsässischen Kreisen, die davon hören, Haß wecken. Denn Haß muß eine Maßnahme verursachen, die in völliger Verkennung der wahren Sach lage aus einer Mischung von pädagogischer und bu re aukratischer Pedanterie gezeugt scheint. Wer die vom Schlettstädter Gymnasial leiter verfügte Maßregel verteidigt und gar lobt, soll sich nicht auf sein Deutschtum dafür berufen. Nein, den Elsässern muß gesagt werden: so sind wir Deutschen wahr haftig nicht. Denen, die so handeln, und denen, die solch Handeln loben, hat blindwütiger Autoritätsglaube den freien deutschen Sinn verstört. Wer ein echter Deutscher ist, der würde als Ohrenzeuge jener Aeußerung dem unreifen Vürschlein vielleicht in der unter allen Zonen üblichen, unmißverständlichen Keilschrift seine Meinung kundgetan und schlimmstenfalls vor dem Kadi die fälligen zwanzig oder fünfzig Mark Geldstrafe erlegt haben. Aber das ganze Weitertragen der Geschichte bis schließlich zum hohen Vorgesetzten und gar das hochfeierliche Inquisitionsverfahren ist so undeutsch wie nur möglich. Da nun aber einmal die Sache zu einer kleinen politischen causo eelebro geworden ist, wird erst recht nicht zu umgehen sein, was an sich schon die einzig richtige Lösung der ver fahrenen Geschichte jein würde: Ein Eingreifen von oben. Uns dünkt der Fall eine treffliche Gelegenheit für den Kaiser, seiner persön lichen Initiative Spielraum zu geben. Hier wäre wieder eine Gelegenheit, moralische Eroberungen zu machen, wenn z. B. beim Schlett städter Gymnasialmonarchen ein kaiserliches Schreiben folgenden Inhalts einliefe: „So sehr Mich der Eifer freut, mit dem Sic und die Lehrerschaft Ihrer Anstalt Verunglimpfungen Meinet Person abzuwehren beflissen sind, wünsche Ich doch nicht, daß dem unerzogenen jungen Manne die Gelegenheit abgeschnittcn werde, sich die ihm offenbar sehr notwendige weitere Fortbildung in Immamorikus anzueignen. Ich möchte daher anregen, daß Sie den Schüler wieder in Ihre Anstalt ein reihen, wo er, wie Ich hoffen will, sich bald mehr Anstand und Respekt erwerben wird, als seine Aeußerung erkennen ließ." Wer zweifelt, daß ein solches kaiserliches Schreiben mit einem Schlage dem Kaiser außerordentliche Sympathien im Reichslande gerade bei den nörgelnden Elsässer Kreisen gewinnen würde? Es wäre die beschämendste und deshalb wirk samste Rektifikation, die dem unartigen Pri maner widerfahren könnte. Es würde zeigen, daß der Deutsche Kaiser zu hoch steht, als daß er von Iungenunarten irgendwie tangiert werden könnte, und daß er zu deutsch ist, als daß er kleinliche Maßregelungen, die in seinem Namen und zu seiner größeren Ehre vorge nommen werden, billigte. Wir meinen, Herr von Bethmann Hollweg würde sich ein natio nales Verdienst und ein Verdienst um den Kaiser erwerben, wenn er diesem den Fall unterbreitete uno zu einer solchen Tat An regung gäbe. Dss vsrdilü üer König!, lschl. Lsnüeskriminslkmlirei. Am 1. Januar 1911 ist im Königreich Sachsen eine nach französischem Muster gebildete mobile L a n d e s kriminalpolizei mit Stationen in den 7 Landgerichlsbezirken Dresden, Leipzig. Chemnitz, Bautzen, Plauen, Zwickau und Freiberg unter zen traler Leitung des Sächsischen Ministeriums des Innern ins Leben getreten. Der Zweck dieser Londeskriminalpolizei ist, die Tätigkeit der übrigen Polizeioerwaltungen zu er leichtern, insbesondere bei Kapitalverbrechen und allen Aufsehen erregenden Verbrechen sofort in Tätigkeit zu treten, um dem flüchtigen Perbrecher den Weg zur Flucht zu versperren. Die der mobilen Landeskriminalpolizei zugeteilten Beamten, welche sich bereits einem Unterrichtskursus bei der König lichen Polizeidirektion in Dresden haben unterziehen müssen, erhalten die weitgehendsten Dienstbefugnisse. Sie sind im ganzen Königreich Sachsen zuständig, können sich schnell von einem Ort zum anderen be geben und sind zu diesem Zwecke mit einem zur Be nutzung der Staatsbahnen berechtigenden Freifahrt schein ausgestattet. Jeder Beamte befindet sich im Besitze eines Revolvers und Schlagringes. Die den modernen Derkehrsoerhältnissen Rech nung tragende Neueinrichtung darf wohl als eine von Fachautoritäten anaestrebte Borstufe für die später aus Grund eines Reichskriminalpolizeigesetzes einzurichtende Reichskriminalpolizei anaesehen wer den. Denn Vie sächsffcbe mobile Landesknminalpolizei wird ihren vollen Wert erst dann erhalten, sofern sich die übrigen deutschen Bundesstaaten, insbeson dere der größte unter ihnen, das Königreich Preußen, dem Beispiele Sachsens folgend, zur Bildung von mobilen Landeskriminalpolizeibrigaden ent schließen werden. Es wäre dann ein leichtes, eine der Landeszentralen zur R e i ch s kriminalpolizeizentrale zu erheben. Die Vorteile, die die Schaffung einer derartigen Zentralstelle für das ganze Deutsche Reich im Gefolge haben würde, sind in letzter Zeit in der Tagespreise von berufener Seite genügsam erörtert worden. Der größte Vorteil wäre unbedingt der, daß von hier aus auf einfachste und schnellste Weise die Korrespondenz mit den Zentralstellen des In- und Auslandes erledigt werden könnte. Wie bereits gesagt, ist die Königlich sächsische Lanbeskriminalpolizei einer bereits seit mehreren Jahren in Frankreich bestehenden Einrichtung, den sogenannten „Brigades regionales de Police mobile", nachgebildet worden. Ganz Frankreich wird in 12 große Kriminalpolizeibezirke eingeteilt. Der Hauptsitz dieser Brigaden sind die großen Häfen, Industriezentren und Grenzstädte. Sämtliche Bri gaben unterstehen unmittelbar einem General Poli zeidirektor, welcher seinen Amts- und Wohiksitz in Paris und seine Bureaus im Ministerium des In nern hat. Die General-Polizeidirektion ist mit sämt lichen 12 Brigaden durch ein besonderes telephoni sches Netz verbunden. Frankreich wird in kriminaltechnischer, kriminal taktischer und in organisatorischer Hinsicht einstimmig als mustergültig anerkannt. In Frankreich legt man auf die einheitliche und gleichmäßige Aus bildung der höheren und unteren Beamten der Kriminalpolizei den größten Wert. Jeder franzö sische Kommissar hat, gleichgültig, ob derselbe später im äußersten Süden oder im äußersten Norden von Frankreich Verwendung findet, sein Derufsexamen in Paris abzulegcn. Der von Alphonse Bertillon ge leitete Pariser Erkennungsdienst (le service de l'Jdentitö judiciairej, wo etwa 2 Millionen Meß karten der in ganz Frankreich und in den Kolonien gemessenen Verbrecher registriert werden, ist nicht in der Polizeipräfektur, sondern in dem von hier aus durch einen Gang bequem zu erreichenden Justiz palast untergebracht. Hier befinden sich auch die Hörsäle, wo die Kommissare von ganz Frankreich einen gediegenen Unterricht auf allen Gebieten der wissenschaftlichen Polizei, namentlich in der Auf nahme kriminalpolizeiwissenschaftlicher Photogra phien. in der Körpermessung der Verbrecher nach Bertillon, der Daktyloskopie, dem wissenschaftlichen Signalement, dem portrait parlö, dem sogenannten „D.-K.-V.-Album", der Aufnahme von Finger- und Fußspuren und der Sichtbarmachung sogenannter „latenter Fingerabdrücke? auf Holz, Papier, Metall und Glas erhalten. Der Pariser Erkennungsdienst ersetzt gewissermaßen eine polizeiwisserttchaftliche Fachakademie, deren Mangel in Deutschland nach haltig empfunden und deren Errichtung nach dem Muster der in Lausanne der Universität angeglieder ten, von Professor Dr. Reiß, einem Schüler Der- tillons, geleiteten Akademie, des sogenannten „In stitut de la Police Scientifiquö", von den berufensten Kriminalisten als ein dringendes Bedürfnis gefor dert wird. Es ist mit Freuden zu begrüßen, daß trotz aller Schwerfälligkeit auf organisatorischem Gebiete in Deutschland ein Bundesstaat in verhältnismäßig kurzer Zeit die Initiative zur Verwirklichung ebenso dringender wie erwünschter Neugestaltung unser viel fach mit Mißerfolgen kämpfenden Kriminalpolizei ergriffen not Zweifellos gebührt dem bekannten Pol-zeifach- mann Polizeipräsident Koettig in Dresden das Verdienst, die Frage der Modernisierung unserer Polizei durch Einführung von Landespolizeizen tralen ins Rollen gebracht zu haben. Es wird wohl nur noch eine Frage der Zeit sein, daß die maß gebenden Polizeipraktiker aller deutschen Bundes staaten zwecks Verständigung über die hier schweben den Probleme zu einer Konferenz zusammentreten werden und damit die Reichskriminalvolizei vor bereiten. Dr. D. >V. Zur neuen Seeresvorlsge. Der Wahn, daß wir uns dem Ende aller Kriege nähern, wird bestärkt durch den langen Frieden, in dem wir leben. Aber kein Einsichtiger wird sich der Erkenntnis verschließen, daß diese utopischen Träume niemals in Erfüllung gehen können. Im Gegenteil, ein großes Volk darf sich der Betrachtung nicht ent ziehen, daß scharfe Gegensätze zwischen den großen Na tionen unverändert fortbestehen und daß es dringend notwendig ist. für alle Zwischenfälle gerüstet zu sein, damit der Bestand der Nation und des Staates unter allen Umständen gewahrt und gesichert werden kann. Ungefähr zur gleichen Zeit, in der die neue Heeresvorlage im Reichstage zur Debatte kommen soll, erscheint jetzt im Verlage von Mittler L Sohn in Berlin ein Buch „Krieg und Politik in der Neuzeit" von Frhrn. v. Freytag- Loringhoven (Oberst und Oberquartiermeister im Großen Generalstabs, das die geschichtlichen Ereig nisse unter dem Gesichtspunkte zusammenfaßt, von dem aus die Wechselwirkung zwischen Politik und Kriegführung in der Neuzeit beobachtet werden kann. „Wenn uns Deutschen von heute", sagt der Verfasser, „immer die ganze Schmach unserer früheren Geschichte vor Augen stände, würden wir nicht so mancher drin genden Aufgabe der Gegenwart so zweifelnd gegen überstehen, uns nicht die Freude an der Gegenwart so grundlos verkümmern lassen. Bor allem würden wir die sogenannten Lasten de» bewaffneten Frieden» williger tragen, ihn im vergleich zur Vergangenheit mit ihren Leiden als einen Segen preisen, mit ihm als einen naturgemäßen Zustand rechnen." Der Deutsch-Französische Krieg hat unser „Volk zum Volke werden lasten." Aber wir laufen jetzt, nach tllsährigem Frieden, Gefahr, diese Wahrheit zu ver gessen. Das oft wiederholte Wort, daß di« Völker aus der Geschichte nichts zu lernen verstehen, scheint auch auf uns Anwendung finden zu sollen. Denn weder Kongreße mit schönen Reden, noch die moder nen Verkchrsverbältnisse. die die Annäherung der Völker so sehr erleichtern, und auch nicht die gemein samen wirtschaftlichen Interessen — selbst nicht die ofkbctonte Gemeinsamkeit der weißen Rassen gegen über den andern, dürfen uns vergessen lasten, daß die Reibungen im politischen und wirtschaftlichen Leben immerdar bestanden haben und auch stets bestehen werden. Es mag wie bisher auch weiterhin gelingen, solche Gegensätze in einzelnen, selbst in zahlreichen Fällen zu mildern — ganz aus der Welk geschafft werden können sic nicht. Dennoch wallen die Klagen über die L a st der dauernden Kriegsbereitschaft nicht verstummen, einer Bereitschaft, die doch für ein stolzes Volk etwas Selbstverständliches ist. Der Ruf nach Abrüstung wird immer wiedrr hörbar, und doch beweist gerade die neuere Geschichte nachdrücklich, daß solche Be strcbungen vergeblich sind. Freilich soll nicht ver könnt werden, daß jede Zeit anders beurteilt werden will, und auch ihre besonderen Erscheinungen auf weist. Der Fortschritt der allgemeinen Zivilisation ist unverkennbar; ob wir indessen an innerer Kultur gewonnen haben, bleibt mehr als zweifelhaft. Die Formen des gesamten staatlichen Lebens und des internationalen Verkehrs, nicht minder die Kriegs gebräuche haben sich verändert, die Menschheit aber ist trotzdem dieselbe geblieben. Nur eine starke Armee ist in der Lage, dem Staate und der Nation Leben und Kraft zu politischer und wirtschaftlicher Betätigung zu verleihen. Das Bei spiel von dem Wiedererwachen des nationalen Geistes im Jahre 1813 ist wohl ein schlagender Beweis dafür, was der Einsatz einer zielbewußten und energischen Rüstung für das Leben eines Volkes bedeutet. Die preußische Armee von 1813, die dem Lande die Frei heit erkämpfte, stellt sich als eine großartige Im provisation dar. Bei Beurteilung der Leistungen dieser Armee darf aber nicht außer acht gelassen wer den, daß auch der Gegner nur über eine improvisiert* Armee verfügte. Wichtig aber war der Umstand, daß die preußische Armee zu jener Zeit gute Kadres batte, und ohne diese Vorbedingungen wäre das Werk der Befreiung nicht zu Ende geführr worden. Aber man darf sich auch keiner Täuschung darüber hinqeben, daß es ungeachtet des Opfermutes, der sich in allen Schich ten des Volkes kundtat, dem verarmten preußischen Staat nur mit Unterstützung seiner Bundesgenosten gelang, den Kampf um sein Dasein glücklich durchzu führen. Wir wünschen uns, daß in der Stunde höchster Gefahr der einmütige Wille, zu siegen oder unterzngehen, wie damals, unser ganzes Volk durch dringen möge. Auch heute sind die moralischen Eigen schaften in Volk und Heer ausschlaggebend, aber die ungeheure Steigerung der heutigen Kricgstcchnik be dingt auch einen entsprechenden materiellen Rückhalt. Die Leistungsfähigkeit eines Staates im Kriege be ruht nicht mehr ausschließlich auf der Zahl kräftiger Arme, und selbst die größte Begeisterung kann an der besseren Waffenwirkung des Gegners scheitern. Gewiß, der Krieg schlägt Wunden der verschieden sten Art, aber sie werden am Volkskörper nicht ent fernt so schwer empfunden, wie diejenigen glauben machen wollen, die den ewigen Frieden predigen. Der schwere Ernst des Krieges darf nicht verkannt werden, aber das darf ein mannhaftes Volk nicht hindern, zu den Waffen zu greifen, wo höhere Güter als rein ma terielle in Frage kommen, und auch selbst um materieller Güter willen, wenn sie wirkliche Lebens fragen der Nation berühren. Das konlerostive „Privileg" in üer Oltmsrk. Der „Nationallib. Korr." schreibt man aus Posen: „In der konservativen Presse tauchen da und dori immer wieder gehässige Angriffe auf die Natio nalliberalen in den östlichen Provinzen auf, weil diese angeblich beabsichtigen, in den sogenannten gefährdeten Wahlkreisen die jetzt fast durchweg kon servativ bzw. freikonservativ im Reichstag vertreten sind, eigene Kandidaten aufzustellen, und damit den Sieg des Polen, der nur durch ein gemein sames Vorgehen aller Deutschen verhindert werden könne, wahrscheinlich machten. Es ist erst kürzlich festgestellt worden, daß bis jetzt noch in keinem der in Betracht kommenden Kreise nationalliberal« Sonderkandidaturen ohne Rücksicht auf die anderen deutschen Parteien aufgestellt worden sind; es ist vielmehr nur da und dort von den nationalliberalen Organisationen betont worden, daß ihnen genau so gut wie den Konser vativen das Recht zu steht, einen Kan didaten zu nominieren, der geeignet er scheint, die deutschen Kräfte zusammenzu fassen. Gegen diese Auffassung der Sachlage wir»» sich nicht das geringste einwenden lasten. Denn die Konservativen werden sicherlich selbst nicht glauben, daß ihnen gleichsam ein Privileg auf lene ge fährdeten Kreise gewährt werden kann, und daß die Anhänger anderer Parteien, die vielleicht zahlreicher sind, als die Konservativen ahnen, für alle Zeiten dazu verurteilt sind, in jennen Kreisen konservativ zu wählen. Wenn die nationalliberale Partei daran gegangen ist, auch in den östlichen Provinzen festen Fuß zu fasten, so geschah dies nicht zuletzt aus der Ueberzeuqung heraus, daß ihre Organisationen feste Stützpunkte einer starken nationalen Politik sein werden. Dies erkennt man denn auch in der deutschen Bevölkerung mehr und mehr, die gerade bei den Konservativen in dieser Beziehung die Erfahrung machen mußte, daß den Worten vielfach nicht die Taten folgen. Daraus erklärt sich, daß aus den deutschen Volkskreisen selbst heraus der Ruf an