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° » tuvu L»° ?. u. 0. »1 l. Ionen. ü s ^^lv«.sog. 682srxvL. 00.001:« «»r- *rtor. ,r StU-> Rlt«3öo» kl. k. 1k. 0. «LL SiK» Erscheint täglich früh 6 V, Uhr. Krdaction uud Lrprditio, JohanneSgass« 8. APrrchkmltr« drr Krdaction: «or»it»°g« 10-1L Uhr. Nachmittag- 5 6 Uhr. >««tz»e »er fü» Ne michftf«l,n,d, fi»««rr »eftt««te» Inlrratc a« Smtzenrage» N« t Uhr «achmtttans, » kenn»»«» -eftta»e«friih »t»'/.»Uhr. z» drn /ilialr« fir Ins.-jXnnahmr: vtt» »le»«'« E«rtt». lAlfre» H«tzn). Universttät-straße 1, Leut» Lasche, lkolhartnevstr. 14 pari, und Königsplatz 7, «ur bi« ,8 Uhr. ^ 23i. Amüiche Bekanntmachungen. Dekannlmachung. Da» 25. Stück de» diesjährigen RetchSgesetzblatteS ist bei uu« ««gegangen und wird bis -um L7. September »4. ^4 «rf dem RathhauSsaale zur Einsichtnahme öffentlich au-bänaen. Dasselbe enthält: Nr. 1914. Bekanntmachung, betreffend allgemeine polizei liche Bestimmungen über die Anlegung von Dampfkesseln. Vom 5. August 1890. Leipzig, de« 18. August 1890. Der Rath der Stadt Leipzig I». 5952. I)r. Georgi. Pucker. Lekanntmachulig. Wegen Umänderung der WafferlcitungSanlagen wird die Maqazinaasse »o« Freitag, de« 22. dS. MtS., ab auf die Dauer der Arbeiten für dea durchgehenden Fährverkehr gesperrt. Leipzig, den 21. August 1890. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Hennig. Ausschreibung. Für da« Eckgebäude neben der Markthalle in Leipzig soll die Lieferung drr gußeisernen Sauten und Unterlags platte«, sowie der walzeiserncn Träger vergeben Verden. Die Bedingungen, Zeichnungen für die Säulen und Arbeit-Verzeichnisse können durch unsere Bauverwaltung im Laubureau an der Windmühlcngasfe gegen Porto- und destellgebührenfreie Einsendung von 1,25 --e für die Säulen md 0,75 .«4 für die walzrisernen Träger in Baar bezogen, teziebentlich im Baubureau cingesehcn werden. Die Angebote sind verschlossen und mit drr Aufschrift: Gckgebäude — Markthalle, <8uß. und Watzetfeu bit zum 30. dieses Monats Vormittags 10 Uhr im Rath- hru« allbier, 2. Obergeschoß, Zimmer Nr. 5, einzureichen. Der Rath behält sich die Auswahl unter den Bewerbern tcr. die Theilung der Lieferung und die Ablehnung sämmt- licher Angebote vor. Leipzig, den 21. August 1890. Der Nath der Stadt Leipzig. I». 5020. vr. Georgi. Ruling. Lekanntinachnng. Wir bringen hierdurch zur öffentlichen Kenntniß, daß die Maurer-, Zimmer-, Steinmetz- und ASphaltarbeitcn für den Neubau einer Bezirksschule in Leipzig (HobliS vergeben und diejenigen Bewerber, welche nicht besonders benachrichtigt worden sind, ihrer Angebote entlassen sind. Leipzig, am 21. August 1890. Der Rath der Stadt Leipzig. vr. Georgi. Rüling. Gesucht wird der am 14. April 1853 zu Langenreichenbach geborene Maurer Friedrich Wilhelm Petzold, welcher zur Fürsorge für seine der öffentlichen Armenpflege Lnbeimgefallenc Familie anzuhalten und über seine Ausent- hrlis-Berhältniffe zu befragen ist. Leipzig, den 19. August 1890. Der Rath der Stadt Leipzig. (Armenamt.) ä.k. Abth. I Nr. 1071«. Hentschel. Kl. Gesucht wird der am 3. December 1812 zu Auerstädt geborene Handarbeiter Franz August Schleenvoigt, welcher zur Fürsorge für seine der öffentlichen Unterstützung aiibtimgcfallene Familie anzubaiten ist. Leipzig, am 15. August 1890. Der Rath der Stadt Leipzig. Armen Amt. ä. U.I. 1421». Hentschel. Dolgc. Vie Lage der Türkei. Die Türkei bildet heute ein wichtige« Glied in der Kette derjenigen Mächte» welchen die Erhaltung deS europäischen Friedens am Herzen liegt. Man kann nicht verlangen, daß die türkische Regierung alle Bedingungen eines modernen Staatswrsrus erfüllen soll, das ist schon aus dem Grunde nicht möglich, weil der Islam in diese Verhältnisse nicht bineinpaßt. Nach dem Sturze von Abdul Aziz wurde unter Midhat Pascha einmal der Versuch gemacht, die Türkei in einen Berfaffungöstaat zu verwandeln. Es wurde eine Volksvertretung gewählt, welche wirklich eine Zeit lang über das Wohl und Weh« de« Landes berathen hat. Das hat aber nicht lange gedauert; Abdul Hamid fühlte sehr richtig heraus, daß eine Verfassung für die Türkei ein Unding sei, mit welchem alle bestehenden Verhältnisse in Widerspruch steoen. Die Volks vertretung wurde deshalb nach Hause geschickt und Midhat Pascha verbannt: Abdul Hamid aber betrat mit Erfolg die Bahn der Reformen, durch welche er Bedeutendes er reicht und der Türkei neue Lebenskräfte zugefübrt bat. Die gesummte Militair- und Civilverwaltungs ist in den letzten 15 Jahren nach preußischem Muster unter Führung preußischer Offnere und Beamten umgestaltet worden, und wenn auch ihre Bemühungen thrilweise an der Indolenz und dem Fata lismuS der Türken gescheitert sind, so bleibt doch von den eiigrsührteu Neuerungen so viel übrig, daß ihre günstige Wirkung nicht ausbleibrn konnte. Wenn auch die Kosten des Kriege- von 1877/78 noch nicht vollständig an Rußland erstattet fi»d, so haben sich dock die türkischen Finanzen sehr erheblich gebiert, und es ist Überhaupt der Geist der Ort» »»ng und Reaelmäßiakcit in die Verwaltung einaezogen Abdul Hamid hat volles Verständniß für den Werty dieser llugrftaltmeg. »nd der vorjährige Besuch deS deutschen Kaiser paare« in Kvnstaatinoprl hat Kunde gegeben von dem freund schaftlichen Berhältniß, welches zwischen den beiden Souvc rrinen besteht. Die türkischen Soldaten haben vor dem deutschen Kaiser Proben ihrer fortgeschrittenen Ausbildung riMer TaMaü Anzeiger. Organ für Politik, Localgeschichte, Kandels- «nd Geschäftsverkehr. AbonnemeritsPretS vierteljährlich 1> , Mk. lncl. Bringcrlohn 5 Mk., durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer 20 Pf. Belegexemplar 10 P'. Gebühren für Extrabeilage» sin Tageblatt-Format gesalzt) ohne Postbesörderung 60 Mk. uitt Postbesörderung 70 Mk. Inserate 6 gespaltene Petitzeile 20 Ps. Großer« Schriften laut uns. Preisverzeichnis!. Tabellarischer». Ziffernsatz nach hohen« Tarif. Kellameli unter demRedactionSstrich die sgespalt. ZeilebOPs.vor den Fansiliennacb richte» die Kgespaltene Zeile 40 Ps. Inserate sind stets an die ltzypevition zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung praeuumoriuitlo oder durch Post- nachnahme. Freitag den 22. August 1890. 8t. Jahrgang. abgelegt und ihm durch ihre Leistungen sogar Bewunderung abgenothigt. Abdul Haniid hat die Gastfreundschaft gegen seine kaiserlichen Gäste in der überschwenglichsten Weise geübt und dadurch gezeigt, wie viel ihm au der Freundschaft dc- beutschcn Kaisers gelegen ist. Leider sind trotz aller Reformen und ungeachtet deS besten Willens deS Sultans in neuester Zeit Ereignisse eingetreten, welche ein ungünstiges Vorurthcil über die Zustände in der Türkei zu erwecken geeignet sind. Namentlich sind österreichische Ingenieure in die Hände türkischer Räuber gefallen und erst nach längerer Gefangensckast und Zahlung von Lösegeld wieder in Freiheit gesetzt worden. Außerdem haben die Zustände in Armenien die Aufmerksamkeit des Auslandes in hohem Maße beschäftigt, und auch in andere» Theilen deS türkischen Reiche- Hat die Unsicherheit der Zustände einen bedenklichen Grad erreicht. Solche Vorkommnisse sind gewiß sehr unerquicklich, aber ihre Bedeutung kann auch überschätzt werden, und dazu ist das Ausland der Türkei gegenüber nur zu geneigt. Wir wollen nur daran erinnern, daß das Räuberunwesen auf Ticilieu und in der Roinaana keineswegs zurückstcht hinter Dem, was in dieser Beziehung aus der Türkei bekannt ge worden ist, und es ist sebr zweifelhaft, ob die RcchtSunsicher- hcit und die sittliche Verkommenheit in irgend einem Theile der europäischen und asiatischen Türkei an die Zustände einzelner italienischer Provinzen beranrcicht. Sind doch erst jetzt wieder geradezu unerhörte Dinge aus Castrocaro ge meldet worden, wo sich zufällig gerade der Finanzminister SciSmitdoda befand. Mag nun die Bewegung irredcniistischcr oder republikanischer Natur sein, jedenfalls ist sie das Zeichen anarchischer Zustände, und wenn so etwas in der Türkei ge- schäbe, so würde man ihr sofort die baldige Auflösung prophezeien. Die türkische Politik, wie sie im Innern wie nach Außen unter Abdul Hamid gehandhabt wird, zeichnet sich durch den Vorzug der Stetigkeit aus, sie verfolgt rastlos das Ziel der inneren Wiedergeburt de« türkischen StaatS- wesens und der Nichteinmischung in fremde Angelegen heiten unter Wahrung der eigenen Interessen, soweit die vor handene Kraft und die Mittel zu ihrer Geltendmachung auS- reichcn. Abdul Hamid hat cö erreicht, daß man von ihm und seiner Regierung überall mit Achtung spricht, und diese Achtung hat sich auch thatsächlich geltend gemacht. Die bul garische Frage stände heute nicht auf dem Puncte, auf welchem sie siebt, wenn nicht die Türkei durch ihre zugleich ruhige und feste Haltung die Ueberhandnakmc der Bewegung deS Jahres 1885 verhindert hätte. Als Fürst Alexander von Bul garien die Vereinigung Bulgariens mitOstrumelien verkündete, gerictbcii Serbien und Griechenland außer Rand und Band, weil sie gleichfalls daS Streben nach Vergrößerung hatten. Aber Abdul Hamid machte weder gemeinschaftliche Lacke mit Serbien gegen Bulgarien, noch ging er auf die thörichtcn Zumutbungen Griechenlands ein, und so kam eS, daß Serbien von Bulgarien in seine Schranken gewiesen wurde und daß Griechenland an zwecklosen Friedensstörungen durch die Flotte» der Mächte gehindert wurde. Die Bewegung verlies im Sande, und die Türkei verriet!- die Absicht, ihre Ansprüche auf Ostrumclie» schwinden zu lassen und sich dafür Bulgarien zu verpflichten. Die Politik erwicS sich auch durch die zukünftige Entwickelung als die richtige, denn der Ausstand auf Kreta, welcher von Griechenland aus er regt und auf fedc Weise unterstützt worden ist, wurde von der Türkei ohne Aufwand großer Machtcntsaltung unter drückt, und der neulich von der bulgarischen Negierung aus gesprochene Wunsch nach Ernennung bulgarischer Bischöfe in Makedonien wurde von der türkischen Regierung erfüllt, trotz der Bemühungen von russischer Seite, die Sache zu hintertreibcn. Die türkische Regierung hat auch wiederholt die Beendigung der englischen Besetzung Egypten- verlangt und damit be wiesen, daß es sein Recht auf Egypten keineswegs aufzugeben gedenkt. England hat daraus zwar in der bekannten bochmüthigen Form ablehnend geantwortet unter Hinweis auf die Vorschläge Druinmond Wolff'S, welche de» Bei fall der Türkei nicht gesunden baden, aber die Wirkung des türkischen Widerspruchs gegen das Verfahren Englands in Egypten ist darum doch keineswegs gleich Null. Europa wird vielmehr daran erinnert, daß die Türkei die Zeit seit dem Berliner Frieden eifrig benutzt hat, um ihre Kräfte zu concentriren und den übrig gebliebenen Rest der einst so großen Macht so weit auszuuutzen, als möglich ist. Tie Welt spricht heute nicht mehr von dem kranken Mann am Goltiic» Hör» wie zur Zeit der Regierung von Abdul Aziz j unter Abdul Hamid haben die Verhältnisse in der Türkei trotz höchst ungünstiger Sachlage eine gänzlich veränderte Ge stalt angenommen, so daß der Name der Türkei heute in Europa einen ganz anderen und besseren Klang hat als vor 15 Iabren. Auch Rußland ist gcnöthigt, von dieser Veränderung Kenntniß zu nehmen und sich danach zu richten; es kann die Türkei jetzt nicht mehr achtlos bei Seile schieben wie zu der Zeitz als noch Graf Ignatiew die Türkei nach dem Willen Rußlands lenkte. Damals erschien die Türkei fast in gleichem Sinne als Unterthan Rußlands wie etwa Ckiwa und Bochara. Rußland hielt cs für ein leichtes Unternehmen, aus Grund deS SckmcrzenSschreieS der bulgarischen Ehristen die euro päische Türkei mit Rußland zu vereinigen, es hat ihm aber schwere Müde gekostet, der Türkei aus ihrem asiatischen Besitz einige Fetzen hcrauSzureißen und Bulgarien aus einer türkischen Provinz in einen Vasallenstaat deS türkischen Reiches zu verwandeln. Der Schmerz über den Mißerfolg des Jahres 187? ist von Rußland noch nicht überwunden, er tritt bei jeder Gelegenheit ausS Neue hervor, aber die Macht der Verhältnisse gebietet Rußland Schweigen, bis sich die Lage günstiger gestaltet. DaS kann aber noch sehr lange dauern. * Leipzig, 22. August. * Tie dem Kaiser gelegentlich seine- Aufenthalt- a» Helgoland durch eine Deputation überreichte (bereits in telegraphischer Kürze erwähnte) Adresse der Helgoländer hat folgenden Wortlaut: „Allerdurchlauchtiaster Großmäcbtiaster Kaiser und König, Allergnädtgster Kaiser, König und Herr! Ew. Kaiserlichen und Königlichen Ma,estat nahen di» Einwohner Helgoland» mit der Bitte, Ew Majestät in Ehrfurcht huldigen zu dürfen. Nachdem da« vom Geiste de« Frieden» getragene Ab- kommen mit Hhrcr britischen Majestät, unserer bisherigen erhabenen und gütigen versichert», uns dem Herrscher desjenigen Reichs unter stellt, mit weiche», wir durch Abstammung, Sprache und Sitten uu- bereitS Lins suhlen, blicken wir 7 welche mit der von Sw- Maiestät soeben u gw Ku, Maisikat Besitzergreifung der erfüllen un« mit dein kund gegebenen Alleranadigsteu Verhc si g «Zuversicht, daß alleruntertdamgsie und gehorsamste v>gM„der. * Wohl im Zusammenhänge 'Mt stellt,ng^ er ^ ^ '^en?j^ e^ auf'D«?Veranlassu^ e'ÄL«.» d.7«,*°.m licke Executivbcamtc verwenden. Diese Erhevungen , ich übrigens auch auf die Städte erstrecken. - Die Enquete, welche d°S R-,chS.Bersi»-rungSamt °us Aufforderung des ReichsamIS deS Innern über die Reform bedürstiqkeit de« Unfallvers.cherungSgesctzcS de den Berussqenossenschastcn veranstaltet, nimmt einen raschen Verlas Die Mehrzahl der Vorstände der letzteren hat .hr daß sie bei einer großen Zahl der vom dirichs Versicherung amt ausgestellten Fragen die Resormbcdürstigkr't m Abrede gestellt haben. DaS RcickS-Versichcrung-amt wird >cteisiallv durch die BcrusSae„osscnschast-n bald >u d>- Lage versetz werden, dem RcichSaml dcö Innern die gewünschten M»t theilungen zukommen zu lassen. » . » * In diesen Tagen wird cS 25 Jahre, daß die Gastcinrr Uebereinkunft abgeschlossen worden; am ll. August >^«5 wurde sie von den Unterhändlern, dem Herrn v. Bismarck und dem Gesandten Grasen Blome unteZchnehen; am 19. August trafen sick die beiden Herrscher, König Wil helm und Ka iser Franz Josef, in Salzburg, am 20. vollzogen sie beide die VertragSurkunden. . Die Uebereinkunft, welche den bisherigen schleLwia-holstein,scheu Gemeinbesitz in der Weise umgestaliete daß unter Fortdauer der gemeinsamen Rechte beider Reiche an der Gesammtheit «chleSw.g- Holstein« die Berwallung Holstein« Oesterreich, die Verwaltung Schleswigs Preußen überlassen wurde, bildet zwar nicht einen wett- geschicklUchen Wendepunct in der schließlichen Lösung der deusichen Frage, aber sie giebt eine» glänzenden Beweis dafür, wie zunial unser erhabener König Alle« ausgedoten hat. Blutvergießen zu ver- ,neide» und die Lösung der deutschen Frage aus friedlichem Wege zu versuchen. Sie dielet zugleich ei» beredte« Zeugniß sur die groß artige SlaatSkunst unseres ersten deutschen Reichskanzler«, der gerade bier in den schleswig-holsteinische» Verwicklungen die Uebcrlegenheit seines Geistes, die Weite seines Blickes, die Ruhe seines Urihells, sein kluge« Maßhallen in überzeugender Weise offenbarte. Die einzelne» Fäden diese« politischen Meisterwebestücke« liegen letzt ,,, Heinrich v. Sichel'« bcivundernSwerther Darstellung klar und deutlich vor Augen; im Augenblicke der Ereignisse selbst habe» nur wenige sie erkannt und verstanden. Jetzt, wo die innere Nalurnothwcndig keit der damals angestrcbten und rasch erzielten Lösung uns offen kundig ist, wo aus den damaligen Gegnern treue Freunde, zuver lässige Bundesgenossen und sichere Stützen unseres Fricdensbundes geworden sind, jetzt können wir uns doppelt der damaligen weisen Zurückhaltung, des Geschickes iinserer diplomatischen Leitung freuen: und mit Recht können wir beute wiederholen, was Heinsich v, Sybei an die Spitze seiner Darstellung dieses Theils der schleSwig-holsiei- nischen Frage gesetzt hat: „Die Hohenzollern der letzte» Jahrhunderte waren ein kriegsstarkes, aber kein kriegslustiges Geschlecht. Sie waren bereit, Leib und Leben cinzusetzen, wo cs »olhwendig war sür Das, was sie als Recht und Ehre ihres Staates erkannten; aber sie hatten keine Herzensfreude an der grauenvollen, wenn auch lorbeerreichen Blntarbeit der Schlacht. Fast wie sine Familirn- tradition hatte sich die Stimmung herauSacbildet, zwar in den un vermeidlichen Kampf mit sortreiycnder Enlichloffenheit einzutreten, aber nicht das Schwert zu ziehen, so lange irgend ein Mittel fried lichen Ausgleichs noch unversucht geblieben war. Mochte dadurch ein besonders günstiger Augenblick versäumt, dem Gegner Zeit zur Rüstung gelassen, die Gefahr des zuletzt doch inisslammenden Kampfe« vermehrt werden, immer blieb das Gefühl, daß die Zögerung denn doch Erfüllung einer Gewisienspflicht war." Diese schönen Worte gellen wie für die damalige Zeit auch mit gleicher Berechtigung für die Gegenwart. Auch »»ser jugendlicher Herrscher ist ein kriegs- starker, kein ksiegolustiger Hohenzoller: sein ganzes Denken und Trachten geht dahin, in Ehren den Frieden zu bewahren, und mit warmer Vaterlandsliebe und voller Sklbstausopscruiig rechnet das deutsche Volk es sich zum Stolze an, die schweren Opfer ohne Murren zu tragen, um die dauernde Erhaltung eines ehrenvollen Friedens zu sichern, den wir Alle, so lange e« geht, erhalte» wissen wollen. Auch die gcgenwäriige Reise deS Kaisers dient von Neuem diesem Zwecke; möge ihr reicher Erfolg zur Seite stehen. * Zu den seitens der preußischen Regierung an gekündigten Reformgesetzentwürsen bemerkt die „Nativ nalliberale Eorrespondenz": Die im „Preußischen Staatsanzeiger" erfolgte Ankündigung einer Reihe von Reformgesetzentwürsen hat in der Presse je nach deren Parleistellung vesichiedenarliae Echos geweckt. Wie sehr auch einige dieser Aussübrunaen zum Widerspruche heraussordern, so scheint uns sine Polemik, solange die betreffenden Gesetzentwürfe nicht bekannt sind, durchaus unersprießlich. Einen Streit um „Aktendeckel", wie sich die „Freisinnige Zeitung" ausdrückt, zu fuhren, hat keinen Sinn. Die Stellungnahme zu jeder einzelnen der angekllndigten Vorlagen wird sich jede Partei bi« nach erfolgter Veröffentlichung derselben Vorbehalten wollen. Eine andere Frage aber ist die ganz allgemeine Auffassung von dem rcsormatorlschei, Vorgehen der Regierung als solchem. Unter diesem Gesichispuncte stehen wir nicht an, die Ankündigung des „Slaatsanzeigcrs" mit der aufnchtiasten und herzlichsten Freude zu begrüßen. Ohne - die halbamtliche Notiz dahin verstanden werden, daß die Regi-ning mit einem umfassende» und klare» Resorm- programm vor den Landtag treten wird, mit einem Programm desten Ausführung durch die einstweilen genannten Gesetze begonnen aber noch nicht erichöpst wird. Die Regierung erfüllt damit aller- mV? welche« Herr v. «aprivi schon bei seinem er,len Auftreten im Abgeordneienhau e, wenn nicht ausdrücklich ge- p'd'n- w doch angedeutet hat. Aber t>aß die Erfüllung so rasch und so entschlossen erfolgt, das ist es, worüber man sich im Interesse der weileren Entwickelung unsere« Staalöwesen« freuen muß. Ej handelt sich nicht um willkürlich ersonnene Experimenle, nicht um Reformen, blos um zu refonuiren; es sind allge und se.t langer Zeit anerkannte Bedürsniffe, auf V... /. V'd'ilU'ff es abgesehen ist. Daß und warum man die Zurück silung dieser Befriedigung unter der Herrschaft de« welige,chicht- lichen Ltaalsmannes ertrug, ist bekannt. Di. neu. Regierung akkr geradezu den Beweis ihrer Daseinsberechtigung zu erbringen !^-,n.s.e die Bahn der na.hwendiaeu R.sormen betrat. Und die Entfchloffenbeit. mit welcher s,e diesen Schritt gcthan Hai. erfüllt ^cr ' Vor!anV u" d" parlamentarisch« Schicksal - .Vorlagen. Halle die Regierung gezögert so wär.- N» in die Lage gekommen, vom Parlamente zur Reform gedrängt zu werden. Statt dessen hat sie die Führung übernommen und sich dadurch die überlegene Stellung gesichert, welche sie in einem monarchischen Staate wie Preußen naturgemäß riiinehmeii muß. Von diesem Standpuncte auS ist sie ihrerseits in der Lage, hi. Volksvertretung vor eine Aufgabe zu stellen, der gegenüber es kein Ausweichen gtebt. Man kann die zu erwartenden Entwürfe verbessern, sie aber einfach abtehnen, ohne etwa« Bessere« an ihre Stelle zu setzen, kann keine wie immer zusainmengesüqte Majorität. Die Erkrnntniß dieser Sachlage wird den parlamentasischcn Fortgang dieser Rcsormarbeit sehr erleichtern. * Die „Kölnische VolkSzritung" erfährt, daß die BisckosS- onferenz in Fulda sich mil der Errichtung eines deutschen Missionshauses sür die afrikanischen Eolonicn in Gemäßbeil deS Briese« deS Papstes an den Erzbischof von Köln vom 20. April d. I. beschäftige» werde; ferner werde die Spcrr- geldcrfrage Gegenstand der Beratl'ungeu sei». Auch die Ver einbarung eines gemeinsamen Hirtenbriefes gegen die Social- demokrattc sei wahrscheinlich. » * » * Einer Einladung des Kaisers folgend, werden, wie die „Budapcster Corrcspondcnz" meldet, mit dem Kaiser von Oesterreich sowohl Graf Kalnoky als auch der Geueralstaböchcs Feldzeugiucistcr Bä» Beck zu den Schluß- Manövern des 5. und 0. EvrpS in Schlesien ciiltresscns * Gegenüber den Meldungen, daß eine neuerliche serbische Note, betreffend die Schweineeinsuhr in Ungar», eine eventuelle Losung des Handelsvertrages audrobc, ersäht! das Frcmdcnblatt" competenterscilS, daß weder von der Ab cndnna einer solchen Note, noch von einer derartige» Absicht daS Mindeste bekannt sei. Die Sprache deS serbischen (N- andlen in Wien in dieser Angelegenheit sei vielmehr eine reundschastliche und entgegenkommende. Die wabrscheinlichc Ouellc dieser und ähnlicher Alarniiiachrichlen sei in der leidenschaftlichen Befehdung der serbische» Parteien unter einander zu suchen. * Der geplante Bau der großen sibirischen Eisen bahn beschäftigt die russische Presse noch immer. Neuer dings enthält das „Tagebuch" beS „Grasbtani»" einen chatzenSwerthen Beitrag. Der Verfasser, ein gründlicher Kenner Sibiriens, erzählt, baß der Balmban in Sibirien ungern gesehen werde Man wolle dort keine nähere Ver bindung mit dem russischen Reiche, welcher Art sie auch sei. Rußland habe Sibirien lange genug mil Mißachtung be handelt. Die Sibirier hätten sich die Uebcrzcuguiig an- zceignet, daß sie Rußlands nickt bedürfen, da man vort ikr chind als Verbannungsort betrachtete. Es gebe keine» Sibirier, der nickt fürchte, die Babn werde festeren Anschluß mit Ruß land schaffen und den Großrussen mir seinen Anschauungen und Uebcrliefcrungrn staatlichen Lebens in das Laut bringen. Dessenungeachtet wirb die Babn gebaut werden. Sic scheint auch sehr nothwenoig z» sein. In der „Neuen Zeit" ver öffentlicht der Reisende Tschechow eine Schilderung der großen ibiriscklcu Heerstraße, welche für russische Postvcrbällmsse beachtenswertst ist. Die Reisenden, Postillone, Fuhrleute und daS Volk, welches zusammengetricbeii wird, diese von Jahr zu Iakr schlechter werdende Straße auszubesscrn, werden tarin Märtyrer genannt. Fast unglaublich seien die Oualen einer Reise. DaS Ungeschick der Beamten bei dem Wegebau sei unglaublich. Der eine dieser Herren ließ zu beiten Seilen der Straße Gräben ziehe», sein N,,chsi'lgcr l^cr Personen- Wechsel ist sebr häufig) ließ sie wieder verschütten; ein anderer hat die Straße mit einer dicke» Lehmschicht bedeckt. Die „Neue Zeit" findet, daß cS hohe Zeit sei, sür den Wohlstand Sibiriens durch den Babnba» zu sorge», nachdem das Land dadurch berühmt geworden, daß man mit seinem Namen den Begriff der Zwangsarbeit verbunden stabe. Es liege etwas sehr Befremdliches in der Husainiucnslclluiig, baß Rußland eine Milliarde Rubel und (Ltröiue russischen Blutes für die Befreiung bon zwei Millionen Bulgaren auswendc, fick aber scheue, einige Millionen sür daS Wobl Sibiriens auszugebcn. * AuS Sofia wird der „Nationalzcitung" vom 17. dS. geschrieben: Wie die vorjährige, so hat auch die diesjährige Auslandsreise des Prinzen Ferdinand den Beweis geliefert, daß er getrost mehrere Wochen im Auslande zubringen könne, ohne befürchten zu müssen, daß während seiner Abwesenheit sich an den gefestigten Ver hältnissen etwa« ändern könnte. Jeder unbe'angkiic Beobachter wird vielmehr zugebcn müssen, daß die Consolidirnng der Verhältnisse erfreuliche Fortschritte auswcise und daß Jene die Rechnung ohne den Wirth machen, welche »och immer einen inneren Zusammenbruch erwarten. Daß die Möglichkeit von Zcttelungen nicht ausgeschlossen sei, hat die Verschwörung Panitza's zur Genüge gezeigt, allein ihr Verlaus und Ausgang hat bewiese», daß auch solche Erscheinungen die herrschende Ordnung nicht z» beeinträchtigen vermögen. Heute kann man sagen, daß die Spuren der Affaire Panitza bereits ge- schwunden sind. Auch den Ausstreuungen über ungünstige Beziehungen zwischen dem Prinzen Ferdinand und Stambulow ist durch da« Ver trauen der Boden entzogen worden, mit dem der Prinz während seiner Abwesenheit Stambulow die Regentschaft übertragen bat, und durch die Art und Weüe, wie letzterer sich dieses Vertrauens würdig gezeigt hat Desgleichen können die Berdächligungen Bul gariens, daß eS zur Unabhänaigkeitserklärung zu schreiten beab sichtige, nicht mehr verfangen, da sic durch die Thaisaclie» zur Ge nüge widerlegt erscheinen. Auch die Ancrkennunasfragc ist i» den Hintergrund getreten, sie spielte eigentlich nur insofern eine Rolle, als man daS Bedürfnis empfand, baß die Autorität und das An sehen der Regierung durch die Legilimiruna des Prinzen gestärkt werde. Diese Stärkung hat aber unterdessen die Regierung aut anderem Wege erfahren, indem sie den vielbesprochenen Erfolg rück- sichtlich der Besetzung der bulgarischen Bischofssitze in Makedonien erfochten hat. Nicht geschmälert, sondern erhöht wurde dieser Erfolg durch die Thatsache, daß die bezüglichen Bestrebungen Bul gariens die Unterstützung der Treibundmächie und Englands er fahren haben, und daß sich die russische Gegenströmung in Kon- stantinopcl als wirkungslos erwiesen hat. Die Rückwirkungen aus die inneren Verhältnisse konnten nicht ausblciben und drucken sich darin aus, daß seither die Regierung auch aus den Kreisen Jener manche» Anhänger gewonnen, die früher zu ihren Gegnern zählten. Auch die Beziehungen Bulgarien« zur Psorle sind, seitdem letztere den bulgarischen Wünschen Rechnung getragen, wieder die zufrieden stellendsten Angesichts solcher Wahrnehmungen sinkt l» der Thal di« Anerkennungssrage imitier mehr und mehr zu einer blos for malen herab, denn wie es sich zeigt, ist Bulgarien auch ohne die formelle Anerkennung keineswegs in seiner Entwicklung beeinträchtigt und erfreut sich auch ohne die formelle Anerkennung der moralischen Unterstützung seiner Freunde. Die Regierung zieht aber aus dem Hinweis aus ihre Erfolge und aus die fortschreitende Consolidirung der Verhältnisse den Borthril. sich nicht erst eine» von der Be- VSIkening ausgehenden Thatenvranges erwehren z» müssen Wie aus Konstantinopel gemeldet wird, bat auch der griechisch-orthodoxe Patriarch von Jerusalem, NikodtluoS I., dem Sultan seinen Rücktritt am >5. t Mts. angtzcigl. Als Grund hierfür wird der leitende Zustand