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Wachträge und Anmerkungen. 1) Zu S. 5. Mit der Aufstellung dieses missionsgeschichtlichen Ent wickelungsgesetzes, das natürlich wie alle Gesetze des geschichtlichen Werdens nicht mechanisch immer und überall in stereotyper Gleichheit sich vollzieht, hoffe ich zugleich einen kleinen Beitrag zur Klärung der so viel ventilirten Frage: ob Einzelbekehrung oder Volkschristianisirung das Ziel der Missionsarbeit sei, geliefert zu haben. Nach meinem Verständnis stehen diese beiden Ziele durchaus nicht im Gegensatz zu einander, sondern das eine ist nur die Vorstufe zum andern. Anders würde freilich die Sache liegen, wenn man principaliter die Entwicklung der christlichen Kirche zur Volkskirche als einen geschichtlichen Jrrgang auffaßt, und darum grundsätzlich nur eoclssiolas in der Heidenwelt sammeln möchte — eine Auffassung, welche wie durch die alte Geschichte, so auch durch das bisherige Ergebnis der gegenwärtigen Missionsarbeit als eine bloße theoretische Schwärmerei gekennzeichnet wird und thatsächlich unter den heutigen Misstons arbeitern nur noch wenig Vertreter findet. Überall sind unsre heutigen Missionsgemeinden Bruchstücke von Volkskirchen, in denen, wie in der alten Christenheit, Weizen und Unkraut gemischt ist und Gute neben Bösen sich finden, Gemeinden der Berufenen, nicht der AuSerwälten. Je genauer unsre Bekanntschaft mit ihnen, desto geringer die Neigung theoretischer Jdealisirung. Kann nun aber vor der geschichtlichen Wirklichkeit die ursprünglich pietistische, später auch spekulative Schwärmerei einer Sammlung von „Auswahl-Ge meinden" unter den heutigen Heidenvölkern nicht bestehen, so hat dieEinzel- bekehrnng als eigentliches Ziel der Missionsarbeit bereits ihren Haupt halt verloren — es sei denn, daß man heute die Gewinnung ganzer Völker für das Christentum für eine Unmöglichkeit erklärte oder dieselbe auf die Zeit nach der Wiederkunft Christi legte; beides Annahmen, die weder vor der Geschichte noch vor der Schrift ihre Rechtfertigung finden. Einzel bekehrung ist der naturgemäße Anfang der Missionsarbeit jeder Missionsepoche. Dieser Anfang kann sich hier und dort länger ausdchnen, aber immer bleibt er Anfang, Ausgangspunkt, und darf nicht als letztes Ziel bezeichnet werden. Das Stadium der Einzelbekehrung ist das