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III. Abschnitt. Die Ansichten Humboldt’s über die Schneegrenze im Jahre 1820. Ueberblicken wir noch einmal die hiftorifche Entwickelung unteres Problems in dem verfloffenen Zeitraum, fo zeigt es fich, dafs die Unterfuchungen eines Bouguer, de Saussure, Ramond, Buch und Wahlenberg fich auf einzelne, lokal fehr befchränkte Gebiete, auf einen verfchwindend kleinen Theil unterer Erdober fläche wie auch felbft des mit ewigem Schnee bedeckten Areals des- felben erftreckten. Die Zufammenftellung diefer wenigen direkten Beobachtungen über die Schneegrenze hatte gelehrt, dafs fie unter dem Aequator ihren höchften Stand erreiche, um nach den Polen hin allmählich herabzufinken. Der gefetzmäfsige Zu- fammenhang, der fleh hieraus zwifchen der Schneelinie und der geographifchen Breite ergab, führte zu einer allgemeinen Hypo- thefe über ihren Verlauf und man fuchte, geftützt auf diefelbe, dem Mangel einer direkten Beobachtung foviel als möglich durch die Berechnung abzuhelfen. Hatte man nun auch feit de Saus sure den lokalen orographifchen Einflüßen, welche an jedem einzelnen Gebirge den Verlauf der Schneelinie modificiren, gröfsere Beachtung gefchenkt, fo waren die wahrgenommenen Abweichungen doch zu geringfügig, um die Auffaffung des Begriffs wesentlich zu ändern, um vor allem die Unzulänglich keit der theoretifchen Conftruktion klar zu erweifen. Erft die Kenntnifs einer grofsen Ausnahme von einem Gefetz, das man bisher für ein allgemeines gehalten hatte, die aufserordentlich wichtige Entdeckung der Engländer Webb und Moorcroft, dafs die Schneegrenze am Nordabhang des Himalaya weit höher liege als unter dem Aequator, konnte die Auffaffung von dem Begriff der Schneegrenze in dem Mafse umgeftalten, als man die fämmtlichen veränderlichen Urfachen fchärfer erkannte, von dem ein feiner Natur nach fo verwickeltes Phaenomen abhängt. Die wiffenfchaftliche Erforfchung des Himalaya durch die Eng länder begann zwar fchon zu de Saussure’s Zeiten, (gegen Ende des 18. Jahrhunderts), mit der Miffion Bogle’s, Hamilton’s und S. Turner’s nach Tefchulumho in Tibet, doch fallen die erften