13 bisher, dafs man im befonderen feine Fähigkeit, fich im Laufe der Zeit zu verwandeln, kennen zu lernen fuchte. Der Schwierigkeit diefes Studiums entfprechend, rnüffen wir in damaliger Zeit noch grofsen Irrthümern begegnen. So waren namentlich die Begriffe von Firn und Gletfcher anfänglich noch fehr verworren. Simler unterfcheidet zwar ausdrücklich den „alten, ver- lägenen“ Schnee vom Gletfchereis: „Est autem nix haec dura quidem et aliqua ex parte congelata, sed nondum nivis naturam exuit; quae vero soluta et congelata neque iam nix est, sed glacies, ea „glettscher“ a nostris vocatur, nomine forte a glacie deducto; veruntamen non ab omnibus hoc discrimen observa- tur.“ 1 ) Andere aber wie Wagner 2 ) und felbft der erfahrene Scheuchzer 3 ) brauchen Firn und Gletfcher ganz im gleichen Sinn für „verhärtetes Eis“ (glacies inveteratae, glace obdurcie). Diefe Unklarheit der Vorftellungen herrfchte bis weit in das 18. Jahrhundert hinein, um erft durch de Sauffure’s auf diefem Gebiete bahnbrechende Beobachtungen völlig geklärt zu werden. Sehr verbreitet war auch eine andere irrige Anficht, die ebenfalls noch im 18. Jahrhundert ihre Vertreter fand und auf Plinius 4 ) zurückzuführen ift, nämlich, dafs der Bergkryftall, (da mals nur Kryftall genannt) Gletfchereis fei, das unter Einwirkung einer intenfiven Kälte fich im Laufe der Zeit zu einer unauf löslichen Subftanz erhärtet und verdichtet habe. Der Berg kryftall würde demnach im Sinne eines Simler oder Plantin 6 ) das Extrem der Umwandelungsfähigkeit des Schnees bezeichnen. Indefs fand diefe Anfchauung auch zahlreiche Gegner. Schon Scheuchzer erkannte auf feinen Alpenreifen im Anfang des 18. Jahrhunderts die Unmöglichkeit einer fo wunderbaren Meta- morphofe von Gletfchereis in eine Mineralfubftanz. Für die Erhaltung des Schnees auf den Berggipfeln lernen wir bei Simler 2 Faktoren kennen: 1) Die Wärmeabnahme mit wachfender Höhe, die er mit Senecas Worten erklärt. 2) Die Anhäufung von Schnee auch im Sommer. In höheren Regionen, fagt er, fallen die Niederfchläge das ganze Jahr hindurch, alfo auch im Sommer, zumeift in Form von Schnee, während es im Thale gleichzeitig regnen kann. Die Sommerwärme löft nun zwar einen Theil des Schnees auf, doch ift die häufig erneute Zufuhr frifchen Schnees bedeutend !) Simler: De Alpibus S. 193. 2 ) Wagner; Historia naturalis Ilelvetiae curiosa. 1680, S. 24. 3 ) Scheuchzer: 0vQ£6iq)0LT7]Q Helveticus sive itinera per Helvetiae regi- ones alpinas facta annis 1702—1711. Lugduni Batavorum 1723. It. IV. S. 284. 4 ) cf. Studer, a. o. O. S. 31. 5 ) Plantin: Helvetia antiqua et nova. 1656. S. 40.