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Vierte öcilagc zum Leipziger Tageblatt und Anzeiger. Der Vorübergang der Venus vor der Lonnenscheibe 1» der Nacht vom 8. zum 8. Dec. d. I. Zum ersten Male hat da« deutsche Reich gleich zeitig sünf wissenschaftliche Expeditionen im wahr haft großen Maaßstabe ausgerüstet. Zu dem Kostenauswande von über 140,600 Thalern hat die kaiserliche Admiralität auch noch ein Kriegs schiff für dieselbe zur Disposition gestellt. Es ist vie« cm in der deutschen Geschichte unerhörtes, einzig dastehendes Ereigniß, — und der Zweck dieser Expeditionen ist nur eine vier- bis fünf stündige astronomische Beobachtung, denn nur so lange dauert die zu beobachtende Erscheinung, nämlich, der Vorübergang der VenuS vor der Sonnenscheibe, der während unserer Nachtzeit vom 8. zum 9. December d. I. stattsindet. Seit geraumer Zeit schon lausen vereinzelte Mittheilungen über diesenVenusvorübergang durch alle Journale und beschäftigen die Leser mit theil- nahmSvollem Interesse. ES scheint daher nicht ungelegen, wenige Tage vor dem Eintritt deS er warteten. astronomischen Ereignisse« einige zu sammenhängende Aeußerungen über dasselbe in aller Kürze zu versuchen. Doch sei hierbei von vorn herein verzichtet auf eitlen Wortputz imi- tirter fachwissenschaftlicher Gelehrsamkeit, und eben so aus bedenkliche Popularisirung derselben zu zweifelhaftem Verständniß. Wie daS „Tage blatt" kein Organ einer Fachwissenschaft ist, so ist auch sein knapp bemessener Raum nicht der Ort, Laien die subtilsten Combinationen der hehren Astronomie in homöopathischer Verdünnung beim Frühstückskaffee zu appliciren. Für Laien, — und mit Verlaub, als solche wird die Mehrzahl der Tageblattleser gedacht, — hat die Astronomie Axiome, Grundwahrheiten, wie die Religion Ge bote, Glaubensartikel; — freilich nicht als könnten diese Axiome, diese Grundwahrheiten nicht be wiesen werden, sondern in dxm Sinne, daß das Laienthum aushört, sobald das Verständniß des Beweise« eintritt. Unsere geneigten Leser mögen nun auf Treu und Glauben daS Axiom annehmen, daß der Vor übergang der VenuS vor der Sonne bei guter Beobachtung und Berechnung das beste Mittel bietet, die Entfernung der Erde von der Sonne zu bestimmen. Die Kenntniß dieser Entfernung rst aber eins der aller wichtigsten Grundelemente für die Lösung zahlloser astronomischer Probleme, denn diese Entfernung ist La«Einheit?- undGrund- maaß, so zu sagen der Zollstock in der Hand des messenden Astronomen für viele numerische Be stimmungen der Astronomie und Physik. Schon die Philosophen und Astronom:« deS Alterthums ahnten die Wichtigkeit der Kenntniß der Sonnenferne von der Erde in hypothetischen nom Encke hat diese Beobachtungen berechnet und die mittlere Entfernung der Sonne von der Erde 20,882,328 geographische Meilen gesunden, ein Resultat, welches, als eS 1824 bekannt wurde, die größte Bewunderung erregte. „Die Beob achtungen kosteten Millionen, aber Encke gab diesem Aufwande erst seine wahre Anerkennung." Aber die Fortschritte der Wissenschaft, die Ent stehung ganz neuer DiSciplinen, die Vervollkomm nung der bisher üblichen und die Erfindung ganz neue? Instrumente, neuer Künste (z. B der Spectralanälyse, des Heliometers, der astronomi schen Photographie), die neuen Beobachtungs und RcchnungSmethoden, alles daS hat auch die Richtigkeit des Encke'schen Resultates erschüttert, und zu der Hoffnung ermuthigt, die Beobach tung der nächsten VenuSpassage 1874 werde rich tigere Resultate gewinnen lassen. Und da zeigte es sich, wie schon öfter, daß die Astronomie eme wahrhaft internationale, eine allen Culturstaaten gemeinsame Wissenschaft ist. England, Frankreich, Rußland, Holland, Italien, Portugal beschlossen, den Vorübcrgang der VenuS zur Förderung der Wissenschaft beobachten zu lassen. DaS Deutsche Reich trat als solches zum Spekulationen. Pythagoras läßt ums 12mal größer sein, als die Entfernung des ie 3mal, Pli- chätzt sie 1200 illion geographischer Mondes von der Erde, Erdhalbmesser, d. i. etwa Meilen, Halley (geb. 1656, gest. 1724) berechnet sie auf 16500 Ervhalbmesser, v. i. nahe 14 Mül. geographische Meilen. Sein unsterbliche« Verdienst bestand indeß wesentlich darin, daß er bessere Methoden zur Beobachtung und Bxrechnung lehrte und daraus hinwieS, daß von allen Planeten die VenuS der geeignetste sei, auS deren Borübcr- gang vor der Sonne die Entfernung der letzteren von der Erde zu berechnen sei. Leider sind aber solche Venuspassagcn sehr seltne Vorgänge. In den letzten 243 Jahren von (1631 bis 1874) sind nur 4 solche Passagen vorgckommen, Nämlich im Jahre 1631, 1639, 1761, 1769, — und die nächsten werden stattsinden: im Jahre »874, 1882, 2004, 2012, 2117, 2125 Tie Erscheinung wiederholt sich also in regel mäßigen Zwischenzeiten von je 8 und 121»/, Jahren, und wird im ganzen nächsten Jahrhun dert nicht stattfinden. Aber auch die Möglichkeit der Beobachtung ist manchen Erschwernissen und zufälligen Störungen auSgesetzt. Da nämlich die Sonne während ihres schembaren Umlaufs um die Erde nicht gleichzeitig allen Erdbewohnern erscheint, so sind nur einzelne, oft von unS sehr entfernte Gegenden unserer Erde die beglückten, welche den Venusvorübergang sehen können, — wenn nicht gerade in dem wichtigsten Momente ein Wölkchen die Sonne verhüllt, wie eS der arme französische Astronom Legentil im Jahre 1769 nach achtjährigem Warten auf Pon- dicherv erfahren hat. Nichts desto weniger wurden damals, 1769, in 74 Stationen zahlreiche, meist gute Beobachtungen gemacht und ihre Resultate wären für die Wisien- schast von höchstem Werth*). Der Berliner Astro- *) Bei den kirchlichen und politischen Vorgängen un trer Tag« scheint es nickt ungeeignet, an einen Zwischen all aus jener Zeit zu erinnern. Tie englische Re- ,gierung hatte arade Looks erste Reise beschlossen und die höchste gelchrte Körperschaft, die Royal Society, den Vorschlag gemacht, Look möge auch an einem Puncte in Lalifornien den Vorübergang der Venus beobachten In Folge dessen bat der englische Gesandte dir spanisch« Kegirrung um di« Erlaubnis, daß Look zu diesem -weck an der Küste LalifornienS landen dürfe. Die spanische Regierung versprach die Lrlaubniß nur unter »er Bedingung, daß der Astronom „der katholischen, allein selig machenden Kirche angehörrn müsse". Ein »lischer Astronom auS Rom wurde gewählt, aber stich die Erlaubniß doch verweigert, weil eS gegen itaatSNnghrit verstoß«, fremde Nationen in spanisch« Häsen zuzulassr». — Dies« prirsterliche StaatSklugheit hat »ach kaum einem halben Jahrhundert Spanien um sei« amerikanischen Besitzungen gebracht! „No «»» d« » a<xxl reaioaer, vdo i» dr el«rie»I knjuLI««.!- Aus den Vor at daS Deut ersten Male mit in die Schranken eines über seeischen wissenschaftlichen Wettstreits. Nordame rika, selbst Neuholland sind nicht zurückgeblieben. Die Zahl der Beobachtungsstationen wird 100 weit übersteigen , obgleich der Schauplatz der Sicht barkeit deS Ereignisses weit von Europa entfernt ist. Denn der Vorübergang fällt gerade in die Stunden, wenn wir in Mitteleuropa vom 8. zum 9. December Nackt haben, nämlich von früh »/,3 bis früh 7 Uhr Berliner Zeit, und in diesen kur zen Decembertagen die Sonne selbst um 7 Uhr m unseren Gegenden noch unter dem Horizont ist Die günstigsten und zugänglichsten Orte zur Beobachtung sind demnach im Stillen Ocean zwischen Amerika und Asien, und im Indischen Ocean östlich von Madagaskar. Mauritius, Jsle de Bourbon, Rodrigues sind.die In seln östlich von Afrika; — die Kerguelen- und Macdonald-Inseln, ganz unbewohnt, südlich im Indischen Meere, mitten zwischen Neuholland und der Südspitze Afrikas; — die Aucklands- Jnseln, unter Neuseeland, ebenfalls unbewohnt. Für diese Orte ist die Erscheinung am längsten sichtbar, sodann nimmt sie in Japan, Cyina, Indien, Persien und dem russischen Asien, je weiter nach Westen, immer mehr ab. lag der deutschen Astronomen e Reich, wie bekannt, fünf rpcditionen beschlossen und zwar: nach den Kerguelen-Jnseln, den AucklandS-Jnseln, Tschlfu in China, nach der Insel Mauritius, endlich nach JSpahan in Persien. Für die Kerguelen-Expedition hat die kaiserliche Admiralität die Glattcorvette „Gazelle" ausgerüstet und zur Disposition gestellt, und dieselbe ist unter Capitain v. Schleinitz abgese gelt. Die Expedition besteht aus den Astronomen vr. Boergen (Vorsteher des k. Marincobservato- riumS in Wllhelmshafen, vr. Wittstein (aus München), Weinek (designirter Observator in Leipzig), vr. Stüder (auS Bern), Bobsin und Krille (Photograph und Mechaniker, beide auS Schwerin). Die Aucklands-Expedition ist mit dem Postdampfer bis Melbourne gegangen, wo ein Schiff zur weiteren Beförderung gechartert wer den soll. Zu ihr gehören die Astronomen vr. Sceliger aus Bonn, vr. Schur auS Straß burg. die beiden Brüder Krone und Photograph vr. Wolfram, alle drei auS Dresden, und der Mechaniker Leyser auS Leipzig. Die Dauer dieser beiden Expeditionen wird voraussichtlich 9 b 10 Monate währen, von denen auf die Hin- und Rückreise je 3 Monate gerechnet werden. Milder Expedition nach Tschifu in China gingen: vr. Balentiner auS Leipzig (zur Zeit Observator an der Sternwarte in Leiden), vr. Adolph aus Elberfeld, vr. Reimann auS Ratibor, Ltuckiosus Deichmüller auS Leipzig als Mechaniker, und zwei Photographen. Für die Dauer der Expedition sind etwa 7 Monate an genommen. je 2 Monate für Hin- und Rückreise, 3 für den Aufenthalt. Nach Mauritius gingen vr. Löw, ein Ungar, der einige Zeit auf der- Sternwarte in Leipzig und zuletzt als Astronom im geodätischen Institut in Berlin gearbeitet, vr. Pcchüle auS Hamburg. Heidorn aus Göttinnen und Mechaniker Dödter aus Straßburg. Diese Expedition wird etwa 6 Monate dauern, Hin« und Rückreise je 1»/,, der Aufenthalt 3 Monate. Nach JSpahan endlich gingen vr. Becker, vr. Fritsch, vr. Stolze als Astronomen, und Buchwald als Photograph, alle vier auS Berlin. Für die Hin- unv Rückreise sind je 1, für den Aufenthalt 3 Monate angenommen. Particularistischer Staats- und Stadtpatrio- tismu« möge Hiernack die stolze Befriedigung haben, daß unter den Expeditionsmitgliedern nicht weniger als 8 sich befinden, die auf der Leipziger Universität studirt und hier auf der Sternwarte gearbeitet haben, und zwar sind unter ihnen 5 geborene Sachsen, und unter diesen 2 geborene Leipziger. Von sämmtllchen Expeditionen sind schon mehr oder minder ausführliche Nachrichten über ihre günstigen Reiseschicksale eingelaufen, und jede hat ihren Bestimmungsort glücklich und rechtzeitig erreicht. Die „Gazelle" hat schon an der Westküste von Afrika durch die Exploration der bisher wenig bekannten User de« Congofiusse» der Wissenschaft sehr wichtige Dienste geleistet. Namentlich um dem Unternehmen der Deutsch-Afrikanischen Expe dition eine moralische Unterstützung zu leihen und die weiteren Forschungen derselben zu fördern. >egab sich der Commandeur Frhr. von Schleinitz am 3. September mit zwei kleinen Fahrzeugen und einer Anzahl Officiere und Paffagiere, wohl )ewasfnet, da Seeräubereien auf dem Strome nicht selten sind, den Congo auswärts bis Boma, und ließ die „Gazelle" durch einen sicheren Loot- sen, welcher von der Holländischen Factorei be reitwilligst zur Verfügung gestellt wurde, bis nach Puerta da Lenha nachführen. ES ist das erste Mal, daß ein größeres Kriegsschiff den Congo so weit stromaufwärts gegangen. Von der Exkur sion kehrte man am 6. September an Bord der Gazelle" nach Puerta da Lenha zurück, ging am 7. zur Fortsetzung der Reise nach der Kapstadt in See und traf dort am 26. September in der Tafel-Bay ein. Die nach der Auckland - Insel bestimmte Expedition ist am 17. September vollzählig in Melbourne versammelt gewesen und ging hier mit einem gecharterten Schiffe, von zwei Ossicieren der kaiserlichen Marine geführt, nach ihrem Ziele. Ein Theil der Mitglieder dieser Expedition, dar unter jene beiden Officiere, waren über Suez per Dampfer nach Melbourne vorausgegangen, wah rend die übrigen Mitglieder mit dem Kuppenschiff „Durham" den Weg um die Südspitze von Afrika gemacht haben. Die chinesische Expedition war über Sin- ^apore wohlbehalten in Shanghai angekommen, odaß mit Sicherheit anzunehmen ist, daß sie ihren Bestimmungsort Tschifu im nordöstlichen China glücklich erreicht haben wird. — Auch von Mauritius sind die befriedigendsten Nachrichten eingetroffen. Die Expedition nach JSpahan ging am 20. September von Berlin mit der Eisenbahn über Eydlkuhnen durch Rußland bis zur Wolga und aus Dampfern nach den» Kaspischen Meere, schiffte sich dort ein und gelangte nach mehr tägiger Fahrt nach Enzeli und Rescht, überall durch die Vorsorge der russischen Regierung auss Pünktlichste und Sorgsamste gefördert*). Ein Bevollmächtigter des persischen Gouverneurs be gleitete die Expedition von Rescht bis Teheran und überall wurde sie officiell empfangen und mit den üblicken süßen Ehrengeschenken beehrt. Am 4. November erreichte sic Jspahan. — Die Expe dition hat übrigens außer der himmlischen VenuS- ausgabe auch noch eine irdische, die sie zum Theil schon gelöst hat. Zur Bestimmung der geogra phischen Länge der Station Jspahan führte sie in den letzten Tagen eine Reihe von directen elektrischen Signalgebungen zwischen Berlin und Jspahan auf der indisch-europäischen Telegraphen- linie aus. Diese Operationen fanden statt NachtS zwischen 1 und 2 Uhr direct zwischen der Ber liner Sternwarte und der astronomischen Station in JSpahan, wozu die betreffenden Teleqraphen- verwaltungen in liberalster Weise ihre Leitungen zur Verfügung gestellt haben, während für die Herstellung der für diese große Landstrecke erfor derlichen complicirteren Einrichtungen auf der Sternwarte Herr vr. W. Siemens seine Hülse auf da- Freundlichste gewährt**). Soviel von dem Zweck und den Arbeiten der eigentlichen astronomischen Expedition. Die kaiserliche Admiralität hat aber den Ossicieren, die zur Unterstützung der astronomischen Expedition commandirt wurden, auch noch andere Aufgaben gestellt, und eine Reihe von Vorträgen zur näheren Information über dieselben veranlaßt. Die Ausgaben der „Gazelle" erstrecken sich auf Erforschung gewisser meteorologischer Erscheinungen zur See und der Meteorologie überhaupt. Sie *, Die Fahrt auf den, Kaspischen Meere war bei dem herrlichen Wetter eine höchst genußreiche; vor allem überraschte die Reisenden der Anblick der mächtigen Kette des Kaukasus und noch mehr bei Enzeli der des LlbruS mit meist 14,000 Fuß hohen Schneegipfeln. Den Kau kafus hatte man von den Anhaltepuncten Petrowsk und Derbent auS gesehen, der bei der klaren, durchsichtigen Lust scheinbar bis zum Greifen nahe trat. Bei Baku besichtigte man die Naphtaquellen und das „ewige Feuer". Unter den 34 Quellen befindet sich auch ein Geyser, der alle halbe Stunden 6 Minuten lang unglaubliche Quan titäten Naphta auSwirst. Er hat im vorigen Jahre 500 Millionen Pud geliefert, und da man nicht wußte, waS damit anzufangen, ließ man den Ueberfluß in «ine Erdsinkung laufen, m der sich nun ein mächtiger Naphta- see gebildet hat. Aber man kommt .hier nicht dazu, diese Schätz« ordentlich auszubeulen; eS müßte eine Eisenbahn nach Baku gebaut werden, von wo die Quel len 0 Werst entfernt sind. Die Naphta enthält 35 Pro cent Petroleum und könnte in Röbren nach der Raffi nerie in Baku geleitet werden. Statt dessen exiftirt nur ein schauerlicher Weg durch Sümpfe und Felsen, auf dem die Naphta in Ziegenschlänchen hingeführt Mrd. Was könnte hier mit Intelligenz für Licht gewonnen werden! **) Nach Beendigung der astronomisch - photographi sckcn Arbeiten trennt sich die Expedition; Professor Fritsch geht nach Berlin zurück, dagegen vereinigt sich vr. Stolz« mit einem jungen Gelehrten, den Privatdo centen vr. Andreas. Sohn eines Persers, der in Europa erzogen, sich ausgezeichnete archäologische Kenntnisse er warb. Ihre Expedition hat die Bestimmung, di« zahl reichen Alterthümer und Ruinen PrrsirnS, namentlich die von PersepoliS zu besuchen, gründlich zu erforschen uud dabei die neue Methode der Photogrammetrie in Anwendung zu bringen, mittels welcher «S möglich wird, die Aufnahmen und Mrsiuugen. besonders Tiefmesiungen, in einer Zeit und mit einer Genauigkeit auszuführen, wie «S sonst kaum unter gleichen Umständen möglich wurde. Dre Dauer dieser Expedition ist auf etwa 1'/, Jahr bemessen. zu lösen. ES wird ferner die Lösung der Frage anzustreben sein, worin die Erscheinung deS ver* minderten Luftdrucks in jenen südlichen Breite graden ihren Grund haben möge. Eine weitere Beobachtungsgruppe wird sich auf die Ebbe- und Fluth-Erscheinungen zu erstrecken haben. Weitaus den größten theoretischen Werth werden jedoch die magnetischen Beobachtungen haben, und im Zu sammenhänge mit ihnen die Pendelschwingungen, die von entschiedener Bedeutung für die genaue Bestimmung der Form unseres Planeten sein müssen, und eine sehr wünschenswerthe Ergänzung der in den arktischen Regionen nach dieser Rich tung hin anzustellenden Untersuchungen abgeben werden. Daß auch geodätische wie topographische Arbeiten von der Expedition werden unternommen werden, ist selbstverständlich. Die weitere Reise der „Gazelle" von den Kerguelen auS wird davon abhängen, ob der eigentliche Zweck der astrono mischen Expedition erreicht wird oder nickt, d. h. ob der Vorübergang der VenuS beobachtet worden ist oder nicht. Im Falle des Mißlingen- wird die „Gazelle" schon Mitte December mit den Astronomen der Expedition nach Mauritius zurück- achen und sie dort absetzen; im Falle deS Ge lingens wird sie aber wegen der noch anzustellen den weiteren Positionsbeobachtungen noch bis. Ende Januar 1875 frei sein, um eine Reise bi- zu dem südlichen Polarkreise vorzunehmen und der schon früher vermuthcten warmen Strömung' zwischen 68 Gr. und 80 Gr. Ost-Länge nachzu spüren, welche eS ermöglichen würde, so weit nach Süden vorzudrinaen, um die Grenzen von Wilke'S Continent nach Westen und Süden hin zu be stimmen. : Alsdann würde die „Gazelle" sich ebenfalls nach Mauritius begeben, um die Gelehrten der VcnuS- Expedition daselbst an Land zu bringen, von wo dieselben mit Postschiffen nach Europa zurück kehren werden. Die „Gazelle" selbst wird, dann noch eine größere Reise durch die drei großen Oceane machen. Zunächst soll sie quer durch den indischen Ocean nach der noch wenig untersuchten Nord westküste von Australien segeln, die Nikol-Bai, Port-Darwin und die Torresstraße untersuchen. ES wird sich ihr hier aus dieser Route, wo noch im Ganzen wenig erforscht ist. ein reiches Feld zu neuen, in physikalisch geographischer Beziehung interessanten Untersuchungen darbieten. AlSdann soll sie die durch die neueren wichtigen Forschungen und Aufnahmen der Engländer zugänglicher ge wordene Südostküste von Nru-Gmnea untersuchen und geeignete Beobachtungen und Vermessungen anstellen, vielleicht auch dann noch Ncu-Britanmen und Neu-Irland, ferner die für die Deutschen wichtigen Samoa- und Fidschi-Inseln besuchen und nach den neuen Hebriden und der Nord- Insel von Neu-Seeland sich begeben; von dort soll sie quer durch den Stillen Ocean bis nach der Magellan-Straße segeln und überall hier, wie auf der ganzen Reise, Beobachtungen und Messungen über die verschiedensten oceanographi- schcn Verhältnisse anstellen. Auch sind die geeig neten Maßregeln und Vorkehrungen getroffen worden, um in naturwissenschaftlicher und ethno graphischer Beziehung in den bisher noch weniger erforschten Gebieten Mikronesiens, Melanesien- und Polynesiens Forschungen anzustellen und die Wissenschaft zu bereichern. Von der Magellan- Straße auS soll die „Gazelle" durch den atlan tischen Ocean nach Europa zurückgehen. Dies ist in flüchtigen Umrissen die Aufgabe der deutschen Astronomen bei dem nahen himmlischen Ereigniß, — dies die Ausgabe für die wissenschaft liche Reise deS deutschen Kriegsschiffs die „Gazelle". Die Aufgaben sind groß und bedeutsam. Aber wie der Mensch mit seinen größeren Zwecken, so wachsen auch die Aufgaben und Pflichten eiae- VolkeS, eine« Staat- mit der Größe seiner Macht stellung. Und da ist denn mehr als je sonst die Parole: Der aspera all astera! I. Loewenberg. Museum für Völkerkunde. Leipzig, 5. December. Diese Woche bilden einige neue Sendungen und Schenkungen au- dem europäischen, dem asia tischen und dem amerikanischen Rußland den Gegenstand de- JnteresseS der Museumsbesucher. AuS dem Gouvernement Moskau und dem tau- rischen Gouvernement, und zwar von der Halb insel Krim, stammt eine Anzahl Geschenke des hiesigen Kaufmanns Herrn Adolph List, welcher die Gegenstände von einer längeren Reise vurch Rußland nach dem Museum mrtbrachte. Die asiatisch-amerikanischen unv altrussischen, sowie tibetanischen Geschenke rühren von einem sehr eifrigen Förderer unserer ethnographischen Sammlung in Moskau, dem Direktor deS dor tigen MuseumS Daschkoff, ebenfalls eine Anstalt für Völkerkunde, Herrn Nicola« Kerze lli, her. Im Kreise BogorodSk deS moSkauischen Gou vernements liegt ein Marktflecken, der zugleich Wallfahrtsort ersten Range- ist,^ SergijewSkij Posad mit dem Troitzkoi Scrgeew. Letztere ist eine« der prächtigsten und größten MönchS- klöster Rußland«. E« heißt nach dem heiligen Sergij und ist der heiligen Dreieinigkeit, russisch Troitza, geweiht. In diesem Troitzkl SergijewSki Lawra, wie da- Kloster selbst genannt wird, be finden sich neun Kirchen, von denen die bedeu tendste, die Mariä-HimmelsahrtSkirche, größer al- dic -gleichnamige Krönungskathedrale der russischen Czare in Moskau — USpcnSkoü Sabor — ist. Von dort kommen unS die drei Heiligenbilder echt byzantinischen Geschmackes, welche unser Mitbürger dem Museum sreundlichst gestiftet hat. Da- «n^