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41 Gestelle hinter einem Gitter, auf welchen die Leichen nackt aus gestellt werden; ihre untere Bauchgegend ist indessen beständig be deckt; ihre Kleider hängen auf Stangen. Vermisse ich einen Menschen, so gehe ich nach der Morgue, um zu sehen, ob er gefunden ist. Wird der Name des Todten nicht gefunden, so wird er von den Medicinern secirt. Die Einrichtung ist recht reinlich und für Paris nothwendig. Nun, meine lieben Eltern, tausend Griisse und tausend Küsse an Euch und alle von Eurem Euch herzlich liebenden Sohne Ludwig. Paris, d. 7. Januar 1839. 14. Meine geliebten Eltern! Lasst Euch denn zu allererst ein recht fröhliches glückliches neues Jahr, nach altem guten Brauche, zurufen! Mag es alle die Wünsche des alten Jahres in Erfüllung bringen und vieles Erfreuliche dazuthun. Ich muss bekennen, dass mein heiliger Christ von Preussen her nicht der angenehmste war. Ich habe eine Antwort vom Ministerium erhalten; doch es hat meine Erlaubniss nicht verlängert; den 1. Oktober 1840 soll ich zurückkehren, um mein Jahr abzudienen, wenn daraus etwas werden soll, so können alle meine Pläne nicht in Er füllung gehen! doch kommt Zeit, kommt Rath Weihnachten ist für die französischen Kinder kein leuchtendes Freudenfest; die Christbäume sind nach allem, was ich darüber von meinem Wirthe erfahren, hier völlig unbekannt; doch der Neujahrstag ist ein Tag der Geschenke, fast wie bei uns. Alles besucht und beschenkt sich. Man hatte früher Erleuchtung der Kirchen und öffentliche Processionen an dem Christfeste; doch nach der Juli revolution 1830 wurden sie verboten, weil die Diebe die Zeit benutzten, um den Gaffern ihre Schnupftücher, Uhren etc. zu stehlen. — Wir hatten während der letzten 3 Wochen einigen Frost und litten deshalb jämmerlich an unseren schmauchenden Kaminfeuerclien; doch gegen wärtig ist ein gelinderes liegen- und Nebelwetter eingetreten, das für die Gesundheit noch nachtheiliger ist. Was meine Augen betrifft, so scheint es, als wenn sich die Flecke flxirt hätten; sie vergrössern sich nicht und das ist genug. Ich hatte einen kleinen Schreck, als ich erfuhr, dass Dein Grossvater den grauen Staar gehabt; doch ist daraus nichts zu schliessen, indem der graue Staar durch das Alter und durch die Lebensart veranlasst worden sein kann, ohne schon vorher in der Konstitution gelegen zu haben. Ich hoffe, dass ein längeres Reisen in Berggegenden zur Heilung beitragen wird. In dieser Beziehung könnte