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und wenn Du an Adolph nicht meine Prophezeiung wahr machst, will ich meinen Kopf verlieren.*) Du hast an Raimund eigenen Pleiss und Geld, an Hermann Geld, an mich Geld verwandt, Adolph kostet Dir auch schon; aber verwende auf Adolph noch denselben Fleiss, dieselbe liebevolle Geduld, die Du Deinem steinigten Acker, jedem Deiner Mitmenschen angedeihen lässt, lass Adolph unter Deiner Aufsicht und Lehre Landwirth werden; bemühe Dich, um belehrenden Stoff zu sammeln, und mein Vater •— dieser Acker, dieser Adolph, dieser mürrische Junge wird Dir die herrlichsten Früchte eintragen! Lebe wohl. Denke an Deinen Ludwig. Berlin, d. 14. März 1836. 3. Mein lieber Vater! So lange es in den Naturwissenschaften noch Dinge giebt, die mir so ganz unbekannt sind, ist mein Studium noch nicht geschlossen — wenn mir nur Mittel und Wege offen stehen, es fortzusetzen. Die schönste Gelegenheit aber ergiebt sich jetzt und »Wer den Augen blick ergreift, der ist der rechte Mann!« Ich habe dieses ganze Semester kein Kolleg angenommen und nur wenig liospitirt, aber zu Hause viel gearbeitet; ich habe Williams gute Bücher benutzt, von denen jedes mehr als ein Kolleg wiegt und zähle diese letzte Zeit mit zu den wichtigsten meines Lebens. Je mehr wir uns ver- proviantiren, je ruhiger können wir die Zukunft erwarten, obgleich das lange Zögern oder zögernde Ausweiten meiner Studien mich jedesmal in Verlegenheit setzt, wenn man mich fragt: Was studiren Sie? Was für eine Carriere? Was für Examen? Schon gemacht? Nichts von alle dem! Ich setze mir mein eigenes Studium, meine eigene Carriere, meine eigenen Examina zusammen. Je grösser der Bau, desto länger die Zeit; grosse Anlagen haben Jahrhunderte verlangt, und der Strassburger Münster ist nie vollendet worden. Nur Geduld! wiederhole ich, und Hoffnung! Beurtheile Du nur, mein lieber Vater, die Güte der Arbeit und des Werkes, nach dem, was Du siehst, nach den Aussichten, die ich gewähre ein tüchtiger Mensch zu werden. Sei also ohne Sorgen, lieber Vater, und behalte ferner lieb Deinen Ludwig. *) Adolph L. ist ein tüchtiger, geachteter Landwirth geworden, als welcher er heute noch lebt.