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12 eine Fabrik anlegen will, aus dem Reitknecht und Kutscher des Lord Londonderry und dann aus dem Schiffspersonale. Es kam mir höchst sonderbar vor, mich von der englischen Zunge überall belagert zu finden; denn das eigentliche Schiffsvolk, der Kapitain nicht ausge nommen, verstand kein Wort deutsch. Die 60 Auswanderer, die Sie sahen, waren aus dem Fuldaischen und waren durch einen Juden nach dem tlieuern England adressirt. Das Wetter war gut, das Dampf schiff flog wie ein Vogel in der Luft; so wanderte ich denn also wohlgemuth das Verdeck auf und ab und beschaute das fröhliche Ge triebe des Schiffsvolks, wie der lustigen Hessen, die muthig ihrer neuen Welt entgegen zogen. Wir kamen noch weit in das Meer hinein — für mich ein wunderherrlicher Anblick; die grünen Wogen, der weisse Schaum weg, den das Dampfboot hinter sich liess; eine Menge von Schiffen mit vollem Segelschmuck, bald nah, bald fern. Um 10 Uhr Abends kroch ich in die enge Lagerstelle, die mir in meiner Kajüte angewiesen war, meine Freundin, die alte Jüdin, lag über mir. — Am andern Morgen regnete es, es war kalt und stür misch obendrein. Ich habe am Pfingstfest nie grosses Glück gehabt, wenn ich mich gerade auf Reisen befand. Vor drei Jahren war ich auf dem Brocken und laborirte an einer starken Diarrhöe; es ging mir hier fast nicht besser. Die See ging hoch, und ich fürchtete die Seekrankheit. Die ganze Auswandererschaft, die an einem eigenen, ziemlich engen Platz beherbergt war, wurde seekrank; die Kinder schrieen, die Weiber stöhnten und krochen herum, die Männer mussten gleichfalls dem Drange des Magens nach oben nachgeben. Es war ein jammervoller Anblick. So schleppte sich der Tag hin; ich blieb frei; gegen Abend wurde ich vom Geschaukel etwas dumpf im Kopfe und blieb es auch, als wir schon in London an’s Land stiegen. Doch nichts weiter! Nun war ich in dem ungeheuren London; ich ging zu meinem Freunde, dem Doctor Little, und wie war ich erstaunt und erfreut, als mir William entgegen kam, der eine halbe Stunde zuvor in London eintraf. Montag kam ich au, Mittwoch Abend reisten wir nach Clifton. Ich bin in London wacker herumgelaufen und habe Vieles gesehen. Es giebt auf dem Festlande keine Stadt, die sich an Grossartigkeit mit dieser vergleichen Hesse. Ich hatte wunderschöne Tage in London, und obwohl es sonst einer schönen verschleierten Jungfrau gleicht, so hatte ich doch die Ehre und das Vergnügen, recht freundliche Blicke von ihr zu erhalten. Die Strassen so breit, so gleichmässig gepflastert, die Trottoirs in den engsten Gassen, die Häuser wie nach der Schnur, die Läden prachtvoll! Ich sage Euch prachtvoll! AVeiter nichts! Es kann in wenigen Worten