Volltext Seite (XML)
wie L'' Ae-anter AuSsührungj. Verlagsbuchhandlung Earl Neiszucr e 48 Bänd« umfassende Auswahl der neuesten und besten Erzeugnisse aus schönwissenschastlich«! vollster Ausstattung), die Firma Bill«, m Gebiet, in geschmack- leroy u. Boch, vertreten durch Besitzer des Biktoria-Salons (IM 1. Rang zu einer Vorstellung im Viktoria-Salon). — Es ist die Einrichtung aetrosfen worden, dah aus dem Basar gekaufte Gegenstände gegen eine kleine Vergütung, welche zu gunstcn der Basarkasse einkassiert wird, verpackt und insHausgeschickt werden. Herr Hofspediteur Richard John, i. Ha. I. H. Jederer, wird zu diesem Zwecke «in Bureau am Ausgange des großen SaaleS «inrichten. — Die „Dresdner Bauhütte" veranstaltele am DienStag abend im Musenhause zum Besten eines Genesungs heims sür den Deutschen Techniker-Bcrband einen Familien- Abend, welcher sich eines regen Besuchs erfreute und Ver treter aller verivandten und besreuudctcn Vereine versammelte. Eine Reihe musikalischer Kunstgenüsse füllte den Abend bis zum Festball aus. Die Kapelle des 177. Infanterie-Regiments unter Röpenacks Leitung bot ihr Bestes. Namentlich trat Herr Ein jährig-Freiwilliger Frings als Violinvirtuos mit der Ballade und Polonäse von Bieiixtemps hervor. Der scelenvoll von Fr!. Elisabeth Hörster (Klavierbegleitung: Herr Oberlehrer Anger- maniij vorgelragcuen Arie der Aqatbe aus dem „Freischütz" rechten sich drei Lieder für gemischten Ehor, vorgetragen von dem unter Leitung des Herrn Oberlehrers Augermann stehenden Chor gesangverein Dresden-Neustadt. würdig an. Namentlich wurde das irische Volkslied ..Lang ist's her" mit großer Innigkeit vor- getraaen. Frl. Weiß zeigte sich beim Vortrag der „Tarantella" von Liszt als eine Klavierkünstlerin von brillanter Technik. Kurz nach Beginn des zweiten Teils des Programms nahm der erste Vorsitzende, Herr Baumeister Bernhardt, das Wort. Gruß und Dank entbot er allen Erschienenen und gedachte zum Schluß des Königs Friedrich August, welcher sich allezeit als Förderer der Technik und Erfindung gezeigt habe. Svciter er widerte der Vorsitzende der Bezirksverwaltung Dresden dcS Deutschen Techniker-Verbandes, Herr Geometer Gawehn, mit Dvnkeswortcn für die erhaltene» Einladungen und dem Wunsche, daß das Genesungsheim bald seiner Bestimmung übergeben werden könne. Herr M. Stütz errang dann mit den beiden Liedern für Bariton: „Stelldichein" von Schuhmacher uno „Spatz und Spätzin" von Hildach rauschenden Beifall. Ei» größeres Chorwerk: „Frühlingszauber", Walzer von Weinzierl, legte Zeugnis davon ab, daß der Neustädler Chorgcsangverein sich mit Eriola auch an schwierige Sachen herauwagen darf. — Eine äußerst rege Beteiligung hatte der vom Allge meinen Mi et b ew o h ner-V e rein vorgestern abgehaltene Familieiiabend gesunden. Ter große Saal des „Tivoli" »»d dessen Galerien zeigten eine Fülle von Besuchern, die dem Rufe des Festansschnsses gern und willig gefolgt waren. Um den Mit gliedern und Gästen Gelegenheit rn geben, nach de» Lasten des Alltngsgetriebes einige heitere Stunden in geselligem Kreise zu Veilchen, hatte sich der Ausschuß der Mithilfe der bekannten Miitcr-Tvmians Humoristen- und Sänger-Gesellschaft versichert. Diesem lustigen Völkchen gelang es denn auch in kürzester Frist, die Zuhörer zu wahren Beifallsstürmen hinzurcißc». Die Folge hiervon war. daß die Darsteller sich zu verschiedenen Zugaben hcrbeilasseii mußten, die ebenfalls mit Dank ausgenommen wurden. Der erste Teil des Programms wies neben mehreren Gesänge» und Soloscherzen die komiichc Ensemble-Szene „Eine feuchte Hochzeitsreise" auf. Im zweite» hatte ein Schlager ähnlicher Art, „Ter Blitzkellner" betitelt, den gleichen Lacherfolg. Daneben bewährten sich der Damendarstellcr Sylvcns und Herr Voigt in hervorragendem Maße. De» Beschluß machte die Ausführung der Posse „Ter Schützenkönig von Bmnsdorf". In de» Pausen hatte man Gelegenheit, sei» Gluck bei einer im Nedensaale nnsgcstelUen Gabenlvtterie zu versuche». Den Hauptgewinn hildete ein großes Oelgemälde, außerdem war sie mrt allerhand sonstigen nützliche» und.HauShnltungsgegenslände» ausgestattet. Kern Wunder also, daß es ihr an Zuspruch nicht sehlte. Die ganze Veranstaltnng, der ein Ball folgte, war eine wvhlgclnngene und dürfte auch für die Vereinskasse ein günstiges Ergebnis gezeitigt haben. — Ter über ganz Deutschland verbreitete »nd zur Zeit etwa 1400 Mitglieder zählende Allgemeine Schriftsteller- verein plant die Gründung einer Krankenkasse ans Grund folgender Vorschläge: 1. sollen die Mitglieder den Betrag des ersten im neuen Jahre abgesctzten Zweitdrnckcs oder de» des ersten Honorars für einen nnhercchligten Nachdruck der Kasse stiften: 2. solle» zu deni Thema „Ans dem Berufsleben der Schriftsteller" Beiträge », einem Bande gesammelt werden, der bnchhändlcrisch z» gunsten der Kasse vertriehcn werden soll, dessen Herstellungs kosten aber durch Subskription gedeckt werden solle»; 3. sollen die weiteren Beratungen über Aushau und Statuten der Kasse erst dann wieder ailfgenonniicn werde», wen» ein Fonds in Höbe von M>0 Mk. vorhanden ist. Weiterhin soll im nächsten Jahre zu gimslcn der Kasse ein Fest vernnstallet werde». — Am Montag hielt der Bczirksvcrein der Vor stadt PLeichen unter reger Beteiligung seiner Mitglieder und Gäste in Watzkes Etablissement seinen ersten diesivinter- iichen Vortragsabend ab. Nach Begrüßung seitens des Vor sitzenden, Herrn Stadtverordneten Kaufmanns Drcßler, schil- derte Herr Dr. med. Deppe in klarer und fesselnder Weise unter Vorführung von Lichtbildern seine in diesem Jahre unter nommene Reise nach Aeghptcn, unter besonderer Hervorhebung der Eigenheiten des Nils, der Pyramiden, sowie des Verkehrs- Icbens in den Städten Kairo und Alexandrien. Die Erschienenen folgten dem Vorträge mit Interesse. Herrn Dr. med. Deppe wurde durch den Vorsitzenden herzlich gedankt. Dem Vortrags abend wohnten die Herren cstadtrcttc Dr. Teichmann und Stein bei. — Im Anschluß an den Vortrag von Frau Baronin Bertha v Suttiier sind zahlreiche N c n a n meldunge n zur De u t- schen Fri e d e n s g c s e l l s ch a f t, Ortsgruppe Dresden, cin- gcuangen. Beitrittserklärungen nimmt entgegen die Geschäftsstelle Waisenhansstraße 20 <Gebr. Arnhvld). Der Mindestbeitrag be trägt pro Jahr 1 Mk.. wofür den Mitgliedern die Monats zeitschrift „Deutsche Frledenswarte" fortlaufend gratis zugc- steüt wird. — Um das Publikum noch mehr als bisher ans die In der Maricnstraßenfroitt dcs Haiiptpostgebändcs eingebauten, vor einiger Zeit dem Verkehr übergebenen Briefeinwürfe ansmerk'am zu machen, ist, da dieselbe», besonders während der Abendstunde», leicht übersehen werden konnten, eine mit entsprechenden Anf- schlisten versehene Laterne angebracht worden. Um einer nn- nöligen Ueberfülliing der zu beiden Seiten des Hcnipteingaiiacs ausgestellten Briefeinwürfe zu begegne», seien vor allein die Austieseier einer größeren Anzahl von Priefpostsendnngen ans die obenerwähnten Briefeinwürfe hingewieseii. die zugleich den Vorteil besitzen, direkt in das Innere des PvstgcbändeS zu sichren, — Im S o m in c r - V a r i 6 t ä K ö n i gs h o f - Strehlen wird auch jetzt noch trotz der vorgerückten Jahreszeit unter der bewährten Leitung der Direktion Emil Schcip hei gutbejetztem Hause flott gespielt. Den Reigen des Programms eröffnet die fesche Soubrette Lea Florence, deren treffliches Stimiiicnmaterial Beachtung verdient. Meister in ihrem Fache sind die bekannten Kunstradfahrer Fritz und Frieda Böhme, die auch für ihre glänzenden Darbietungen, die sie durch mehrere neue Tricks aufs reichhaltigste vervollkommnet haben, lebhaft applaudiert werden. Gleicher Beifall wird den bayrischen Jodlern und Schuhplattlern Pan und Busch zu teil, die mit ihren urkomischen Schnadahüpserln bestens unterhalten. Geschwister Barbarinas Ballett-Ensemble bietet ein anmutiges Bild. „Honey-Girls- Trio" sorgen für ergötzliche Gesangs- und Tanzdarbietungen. Im Mittelpunkte des Abends steht „das schwimmende Theater", eine Burleske, in welcher das gesamte Künstlcrpersonal vereint auflritt. In drolliger Weise werden hier Szenen ans dem Bureau eines Theaters wiedergegeben, wodurch man in die 1-eiterste Stimmung versetzt wird. Das Theater ist gut geheizt und ein Besuch zu empfehlen. — Die Firma Otto L. Giiring (Inhaber OSkar Bahr, Spezialhaus für Photographie. Johannes Allee, neben Lass König) hat i» der erste» Etage ihrer Geschäftsräume eine» PH o to-K» u stsa l o n eröffnet, welcher vornehmlich dein Zwecke dienen soll, durch Ausstellungen künstlerischer Lichtbilder, welche von Zeit zu Zeit wechseln, für Interessenten belehrend nnd anregend z» wirken. Angeuhlicklich findet ini Photo-Salo» eine Ausstellung von Arbeiten Dresdner Meister und Amateure statt, welcher am l5. November eine Ausstellung von Photographien der preisgekrönten Arbeiten auf dem neuen Matt-Albiimin-Papier auü dem Wettbewerb der Finna Trapp u. Münch folgt. Den Besuchern des Photo-Salons soll auch Gelegenheit geböte» sein, sich Aufklärung und Belehrung über die photographische Technik zu verschaffen. Der Lintrilt zun, Pl>otv-K»nstjalvu ist kostenlos. — Am 8. d. M. brach in dem zur Herrschaft WtldenfelS gehörigen. an der Straße von Wildcnsels nach Schönau gelegenen sog. „Jürstengnt^ Jener aus und legte es fast voll ständig i» Asch«. Mehrere Familien sind dadurch obdachlos geworben. — Eine Brandstifterin ist in Geyer in einem 12jäh- rigen Schulmädchen ermittelt worden, auf das mehrere Boden- kammerhrände zurückzuführc» sein dürsten. Nach langem Leugnen gab das Mädchen zu. einen am 20. Oktober an der Marienstmße ausgebroclienen Brand verursacht zu haben, indem es ei» Bett mit Streichhölzern angeznndet hat. Das Mädchen suchte damals den Verdacht der Brandstiftung ans einen Handnierkshiiischen zu lenken. — Am Dienstag vormittag gegen 11 Uhr ist in Flur R o t h s ch ö n b e r g. Mischen den Stationen Dentschenbora nnd Miltitz-Roitzschen^ eine unbekannte, vermutlich von einem Eisen- bahnzuge überfahrene männliche Person im rechten Bahn graben liegend tot aufgefunden worden. — Militärgericht. Der 1884 zu Briese (Posen) ge borene, diSziplinell und gerichtlich vorbestrafte Soldat Franz Paul Dümke von der 4. Kompagnie des Schützen-Negiments entwcndcte am 28. Oktober einem Kameraden ein Paar Unisviinhvscn; er erklärt seine HandlnngSiveise damit, daß er sich schadlos habe halten wollen, weil ihm kürzlich ebenfalls ein Paar Beinkleider gestohlen worden seien. Das Kriegsgericht der 32. Division er kennt aus 6 Wochen mittlere» Arrest, sieht aber von Beisetzung in die 2. Klasse des Soldatenstandes ab. — Der 1883 zu Meltlicner bei Riesa geborene Kanonier (Rekrut) Karl Theodor Wachtel von der 5. Batterie des 0-1. Feldartillerie-Negiineitts in Pirna ist der unerlaubten Entfernung von der Truppe aiigellagt. W. diente bis Ende September bei einem Gutsbesitzer in Stürza, war aber bei der diesjährigen Generalmnsternag ais diensttaug lich Liisgehvben worden nnd sollte laut Gestellungsbefehl am 10. Oktober bei seiner Truppe eiittreff"». Obgleich ihn der Ge- mcindevorstnnd bei der Aushändigung des Gestellungsbefehls ans die Folge» einer etwaigen Nichlbesvlgnng liiuwies, fand sich de» Angeklagte, ein wiederholt und schwer vorbestrafter Mensch, nicht zur sestgesetztei^Zeit bei seiner Truppe ein. Er hatte sich vielmehr schon am 28. Scptembec ans Stürza entfernt, seine in Königstci» wohnende Mutter besucht nnd sich dann plan- nnd ziellos hccam- getrieben, bis er sich schließlich am 12. Oktober wieder bei einem Bauer in Porschdorf vermietete. Lim nächsten Tage erfolgte seine Festnahme. Als Grund seines Fernbleibens führt A. an, er habe Furcht gehabt, weil sein früherer Dienstherr gegen ihn Anzeige wegen Diebstahls erstattet hatte. Das Urteil lautet, der Anklage gemäß, auf 0 Wochen 1 Tag Gefängnis. In Kürze wird sich W. noch vor dein Zivilstrasgericht zu verantworten habe», da er in der Zeit seines Wegbleibcns von der Truppe zahlreiche Diebstähle verübt hat. Voraussichtlich werde» die in Aussicht stehende» Strafe» die Entfernung des Angeklagten ans dein Heere -nr Folge haben. — Vor seinem Dicnslcintritt, am 9. September, ,oll der 1885 hier geborene Soldat Max Reinhold Findenen von der 10. Kompagnie des 103. Jnfanlerie-Ncgiments in Bautzen seinem damaligen Schlafgenossen eine Taschenuhr im Werte von 10 Mk. entwendet haben. Obgleich der Angeklagte hartnäckig leugnet, erachtet ihn das Gericht doch ans Grund des VeweiseigebnisseS für überführt und erkennt ans 2 Wochen Gefängnis. Die „Vomii'rts"-Asfiire verschlingt ganze Kübel voll Druckerschwärze. Die gesamte Parteipresse wimmelt förmlich von „Kundgebungen" zur Lache, und zumal der „Vorw." geht allen Parteiorganen voran, indem er neuerdings in jeder Nummer Artikel über „die Sechs" ver öffentlicht, die mehrere Spalten lang sind. Der bürgerlichen Presse ist es unmöglich, alle diese langatmigen Auseinander setzungen im einzelnen wiederzugeben. Ab und zu kommen aber doch Stellen darin vor, die besonders charakteristische Streif lichter aus die in der Partei des Umsturzes herrschenden Zu stände Wersen nnd deshalb für die Allgemeinheit interessant sind. In diesem Sinne erscheint namentlich die letzte Aeußerung Bebels bemerkenswert. Kurt Eisner, einer „der Sechs", hatte in deren Namen u. a. folgenden geharnischten Erguß ver öffentlicht: „Eine niederträchtige Verleumdung aber ist es, daß die „Antwort" uns vorwirst, wir hätten den Kampf erst ausgenommen, seitdem wir aus der Redaktion des „Vorw." ausgeschiedcn wären. Früher hätten wir feige — wie reimt sich das mit dem berühmten Selbslbewußtsein? — ge- schwiegen! Das wagt der Mann zu unterschreiben, der genau weiß, daß die ausgejchicdenen politischen Redakteure des „Vorw." seit den letzten Neichstagswahlcn, bei jeder Gelegenheit, gegen seine Mißgriffe öfsciulich und in seiner Gegenwart in internen Zirkeln anss schärfste ausgetreten sind! Hat Bebel denn ver gessen, daß er vor Dresden sich sogar in die Oesfentlichkeit der „Leipz. Volkszig." flüchten mußte, weil ihn einer der lavieren, ehrlichen, braven, nncnlwealcn Lechs angeblich im „Vorw." mundtot gemacht hatte!? Noch kurz vor Jena gab cs derlei heftige Auseinandersetzungen mit Bebel. Wir beschweren uns ja auch gerade darüber, daß man uns in Jena uno seitdem bis zu dieser Stunde hinterlistig verhindert hat, uns mit Bebel auseinonderzusetzen. Und jetzt wirft uns Genosse Bebel vor, daß wir früher nicht den Mut gehabt hätten, der Majestät zu trotzen — ganz wie ein Kapitalist, der einem entlassenen Hausdiener, der sich im „Vorw." über Mihstände be schwert, statt einer Widerlegung, nachsagt, er handle um „Nachegcfnhl zu befriedigen!" Aus derAntwort Bebels auf diese saftige Abfuhr ist folgendes hervorznhebcn: „Schon lange bestand in diesem Lager gegen mich ein natürlicher Widerwille. . . . Wer über die 'Stimmung und Meinung meiner Gegner weitere Studien machen will, empfehle ich den fleißigen. Besuch des Cafös im Westen in Eharloltenburg. Dort versammelt sich der dem Parteivorstand und mir besonders feindlich gesinnte Klüngel, lim in der Nachbarschaft der gespitzten Ohren von Gegnern lind bürgerlichen Jonrnalistcn fein Herz ausznfchütten. Ich weiß auch nicht erst seit gestern, daß ich gewissen Personen in jenem Lager, das in der Partei das revisionistische heißt, ein Dorn im Auge bin, und mehr als einer der in jenem Lager weilt, liegt den frommen Wunsch, es möge mir und noch diesem und jenem recht bald das Schicksal Liebknechts beschieden sein. „Sind erst die vaar Alten gestorben, dann werfen wir die Rasselbande zur Partei hinaus." Plan kann sich eben bei dem einen »nd dem andern in jenen Kreisen die Partei nicht anders vorstellen, als eine Schafherde — eine Anschauung, die auch der Ansfassung der Sechs von meinem persönlichen Einfluß zu gründe liegt. Das ist die gleiche An sicht, die bürgerliche Ideologen haben. Diese können sich auch die Partei nicht anders als eine Schafherde vorstellen, die gedankenlos gewissen Leithammeln folgt. . . . Die Eisner und Genossen haben sich nun ganz enthüllt. Sie ahnten nicht, daß, indem sie Parleivorstand und Preßkommission als Marionetten in meiner Hand darznstellen suchen, sie neben der nichlswürdigen Verlcumduna dieser Organe auch die schwerste Beleidigung gegen die Vertreter der Partei auf bem Parteitage und in letzter Instanz gegen die Berliner und die gesamte Partei anssprachcn, die solche Hampelmänner zu ihren VerlrauenSpersonen wählt. Mich, den man verbrennen will, macht man zu einer Art Halb gott ans Kosten derjenigen, sür deren Interessen einzutreten die Sechs Vorschüßen. Ich zweifle nicht, daß die Partei zu ge gebener Zeit den Sechs die passende Antwort gibt." Also vor dem „Schicksal Liebknechts" grant s dem „Alten". Sieh, sich! Ein menschliches Rühren kommt über den l-art- gesottenen Revolutionär, den „geschworenen Todfeind der bürger lichen Gesellschaft", jetzt, wo er sich von dem größten Teile der Seinen verlassen, „aufs Pflaster geworfen" sieht! Ganz larmoyant muten die Bebclschen Worte an, ganz ungewohnt ist solch ein Ton an dem „Diktator", der sonst sein olympisches „(Zuou oxo" gegenüber der revisionistischen „Rasselbande" so unerbittlich und schonungslos zu handhaben verstand, und der nun bänglich zusammeiischa»ert in der Furcht, er könnte selbst von seinen Gegnern als „Rasselbande" behandelt werden. Ter „greise Tiger", um mit Gcibcl zu reden, wird herbstlich sentimen tal gestimmt! Sollte das ein Vorzeichen sein, daß es nun doch endlich auch mit seinem scheinbar unerschöpflichen Temperament zu Ende geht und daß ihn die Schwäche des Alters zu über mannen droht? Auch der gestrige „Vorw." bringt wieder eine ganze Reihe von Erklärungen, von denen indessen mir diejenige von Kttrl Eisner allgemeines Interesse hat. Sie lautet kurz und bün dig: „Die von der Sache adlenkenden Verdächtigungen, die Bebel jetzt gegen mich persönlich richtet, werde ich erst dann in der notwendig schmeichelhaften Weise beantworten, wenn die am 3. November abends an die Redaktion abgesandte Recht- fertigungsschrist der sechs Kollegen im „Vorwärts" erschienen ist. Ich würde ohne diese Zurückhaltung den Bestrebungen dienen, durch allerlei Zwischenspiele den klaren Sachverhalt des Konflikts zu trüben. Kurt Eisner." Von den beiden anderen Erklärungen enthält die eine, die vom „Genossen" Ledcbour stammt, eine schlechterdings nichts Neues bietende Verhimmelung des Verfahrens des Parlcivorstanbes, während die andere von Bebel verfaßt ist und sich a»l sein Verhältnis znm russischen Liberalismus bezieht. Der „Post" wirs zu der Angelegenheit geschrieben: „Die sechs davongcjagten Redakteure des „Vorwärts" lfabcn ihr Gehalt be kommen bis zum 1. April 1900, sie beziehen affo 5 Monate lang ein „Einkoininen ohne Arbeit", was nach soziatdemokratffcher Theorie sonst so arg verpönt ist. Was übrigens die „Genossen" im Lande von der Vertragstreue des Partcioorstandes halten, dafür sind die Anfragen bezeichnend, ob auch die entlassenen Soldichreiber ihr Gehalt bekommen hätten. Vom Standpunkte der Partei ans ist min wohl dis Frage berechtigt: Wenn der Parteivorstand »nd oie Preßkominissio» unbedingt eine Aen- dernug in der Zusammensetzung der Redaktion des Zentral organs sür notwendig erachteten, ob letztere nicht bis zum 1. April 1900 bei regulärer Kündigung hätte hinauegeschoben werden können. Wenn eS so lange gegangen war — seit Jahren bestand ja schon der unerträgliche Zustand — hätte der Zustand auch wohl noch ruhig fünf Monate weiter gehen können. Ließ dies aber das Temverament der Herren Bebel und Singer nicht zu — die übriaen Vorstandsmitglieder sind, da Auer seit Jahren schon wegen seiner Krankheit nur noch nominell dazu gehör:, namentlich die ans dem leuien Parteitag hinziigewählten, reine Nullen — so hätte der glückliche „Erbe" Bebel oder der Millionär Singer, zumal er mit seinem im „Vorwärts" angelegten Kapital brillante Geschiffte macht, das Geld ans eigener Tasche zahlen könne», was den opferfreudigen Herren natürlich nicht iin entferntesten einsie!.'' TlMtkeschichte. Tic auswärtige Politik Englands ist von Lord Lansdowne, ihrem perantwortlichen Leiter, in ihren Grundzügcn aus dem Festmahle dargelegt worden, das in London zu Ehren des Ministers aus Anlatz des Abschlusses des Bündnisses mit Japan veranstaltet wurde. Lord LanS- downe hielt eine Rede, worin er begründete, weshalb Eng land aus icincc früheren Politik der 8i>Isnci!ck molaision habe herauslrcten müßen. Ter Minister betonte in seiner Ansprache die Notwendigkeit, die auswärtige Politik von der Parteipolitik zu trennen. Die auswärtige Politik müsse in diesen Tagen, ui denen die Völker sich gruppierten nnd bis an die Zähne bewaffneten, und in denen cs keine Nation, die ihren , Platz in der Weltpolitik einnehmen wolle, wagen dürfe, allein zu stehen, eine kontinuierliche sein. In Japan gäbe England einen Ver bündeten gewonnen, ans den es stolz sein dürfe, nnd in diesem Bündnis trage nichts den Ausdruck einer Verschwörung gegen andere. Ta gebe es keine geheimen Gründe, keine geheime n Klauseln hinter de» veröffentlichten Dokumenten, sondern der vornehmste Zweck sei die E r h a l t u n g d e s Friedens, und wenn England nnd Japan Frieden ttn lernen Osten wünsch ten, so würde er nicht gebrochen werden. Der zweite Zweck des Bündnisses sei dis Erhaltung der Jntegriiät Chinas, Las Prinzip der offenen Tür, nnd dieser Vertrag sichere w die Verwirklichung der Politik der beiden Länder. Der dritte Zweck sei die gcgenieitige Verteidigung gegen Angriffe, die man nicht heransgesorderl habe. Er glaube auch, Laß der keineswegs aggressive Charakter Vieles Bündnisses im in dem Einvernehmen mit Japan noch in dem mit Frankreich liege irgend ein Verlangen, die Rechte anderer Länder zu be- einträchtigen. Die Behauptung, diese Einvernehmen brächten notwendigerweise eine Entfremdung der übrigen Mächte mit sich, sei unbegründet und zu beklagen. Wenn, irgend eine andere Macht gewillt sei, mit England ein ähnliches Einver nehmen abzuschließen, so sei England dazu ebenfalls bereis, vorausgesetzt, daß nichts geschehe, was Englands Freundschaft mit Frankreich und Japan beeinträchtige. Im, Verlause seiner Rede erwähnte Lansdowne beiläufig, daß die japanische Regie rung demnächst die japanische Mission in London zum Range einer Botschaft erheben werde. Tie Ausführungen Lord Lansdowncs klingen versöhnlich. Wenn aber die Haltung der amtlichen Londoner Kreise ans das deutsch-englische Verhältnis von nachhaltigem bessernden Einfluß sein soll, muß auch die Hetze in der englischen Presse aushören und davon ist leider noch wenig zu merken. Ein sozialdemokratischer Jlottc»src»ntz ist „Genosse" Calwcr. Er führt in den „Sozialistischen Monatsheften" u. a folgendes ans: „Es ist grundverkchrt, jetzt so zu tun, als ob die deutsche Politik, namentlich die Schaffung einer deutschen Kriegsmarine, England gewissermaßen zu seiner .Haltung provoziert habe. Man kann ais Parteimann^ sehr wohl auf einem die deutsche Flottcnpolilik ablehnenden Stand- punkte stehen, aber dann beschränke man seine ablehnende Hal tung nicht auf sein eigenes Land, sondern auch ans seinen guten Nachbar, der uns Tentschen erst gezeigt hach daß der Besitz einer starken Kriegsflotte sür die heutige» Entscheidungen in den Fragen der Weltpolitik etwa ebensoviel wert ist, wie der Besitz einer mit starker Goldbasis ausgerüsteten Zentral bank sür die Geltung ans dem internationalen Geldmärkte. Oder will jemand etwa im Ernste behaupten, Englands Feind schaft gegen Deutschland wäre nicht vorhanden, wenn Deutsch land keine Flotte besähe? Gut, von diesem kleinbürgerlichen Standpunkte aus mochte man Politik treiben in Zeiten, wo Deutschland noch wenig in die Weltmarktwirtschast verstrickt war, aber heute, wo Deutschland wirtschaftlich England und den Vereinigten Staaten ebenbürtig zur Seite steht und nicht umhin kann, zu allen Fragen der Weltpolitik im Interesse seiner Industrie Stellung zu nehme», da kann man wohl die Flotten politik sämtlicher modernen Industriestaaten aufs schärfste ver urteilen, aber nian kann dem eigenen Laude nicht zumitten, eine Ausnahmestellung einzunehmen, die recht verhängnisvoll werden könnte. So wie die realen Verhältnisse heute liegen, hängt cms Ansehen eines Staates im Auslands von seiner Schlaafertigkeit zu Wasser und zu Lande ab. Der japanisch russische Krieg ist dafür eine eindringliche Lehre. Hätte Japan darauf verzichtet, sich eine krieMüctstige Rüstung anzueigne», cs hätte sich nicht nur gegen Rußland nicht wehren können, es wäre auch trotz wirischastlichcr Erfolge von den Groß mächten nicht als leinesgleichen anerkannt, ja, es wäre aucv nicht im stände gewesen, für seine wirtschaftliche Entfaltung freie Bahn zu schaffen. Damit soll nicht gesagt fein, dag nicht andere Mittet zur Geltendmachung wirtfchattlichcr und politischer Ansprüche anzustreben seien, aber man toll zugebcn, daß dann international vorzngcben ist, und daß nickst ein einzelnes Land das ganze Risiko einer anderen Taktik tragen kann. Wenn der Zwffchcnsall mit England zu dem Verständnis führt, daß wir Dcuttchlaiid dieses Risiko nickst ansbürden können, so ist damit noch keineswegs jede Partei verpflichtet, die Vermehrung der KriegSrüslnngcu zu Weist er »nd zu Lande gittzuhcißen. Ich glaube, mit gutem Recht diese Verpflichtung sür die deutschen Arbeiter bestreiten z» können." Kommt hiernach Calwcr auch zu dem Schlüsse, die Sozial demokratie müsse aus allerlei, namentlich aber aus politffchen Gründen die Flottciworlage ablcbncn, so bandelt er ebenso un logisch wie sein „Gcnost'c" Schippe! in Sachen des anicriüi- nifchcn Handelsvertrages. Die braven Revisionisten haben eben nicht den Mut, aus ihren Voraussetzungen ehrlich die Konse- qiienzen zu ziehe». Calwcr hätte sonst unbedingt sich als Flottcnsrcund, der er ohne Zweifel ist, bekennen und die Sozial demokratie in slottensrcundlicher Richtung beeinflussen müssen. Er yat aber auch ohnedies der sozicildemokratiscyen Auslands- und Flottcnoolitik schwere Wunden beigcbracht. Die Partei- L 2 G 5 ^ ? S - ^ Q L fv «e ^ kL- « * s s,