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Nr. ZZl Sette 2 leiste,, »ver freilich inir so lange, als der von de» sozial» demokialiiche» Führern versvlgte politische Kurs dem Radika- ltomas deo Sclnitzbnndeo zusagi. Es liegt in, radikale» Weien des Schutzbundes, daß er nur allzu bereit iss. die Entscheidung politischer Kä iipse aus die Straße zu tragen und Barrikaden zu bauen, um seilte Absichten 0lnchz»ietzen Diesmal gilt die Aktion letzten Endes der gegenwärtigen Regierung. die als .reaktionär" bei der Sozialdemokratie verschrien und in Acht und Bann getan worden iir. Die im Frühjahr vollzogenen Wahle» zum Nalivnairat sauden im Zeichen einer »europäischen Ent scheidung" statt, wie in den bürgerliche» Wahlaufrufe» be tont wurde, weil die Oiesahr bestand, da» Wien ein ko ialistisch- kominunistischer Borposten fiir den Bolschewismus geworden wäre, wenn auch der Nuivnalrat. ebenso wie der Wiener Gemeinderat. eine sozialistische Mehrheit erhalten hatte. Der AnSgang der Wahlen war zwar sür die Wiener Sozialdemo kratie günstig, aber ii» ganzen übrigen Oessei reich erhielt die jetzige Negierungakoaliiion. die ans den Elirisslichiozialen. den Grohdeutichen und dem Lanübunde besteht, die Mehrheit. Diese Regierung iü der Sozialdemokratie ein Dorn im Auge, und die sozialdemokratischen Drahtzieher lassen daher kein Mittel »»vernicht, um der bestgehaßten bürgerlichen Koalition Berlegenheilen zu bereiten und ihr da? Lebe» zu vergällen. Sie soll auf jeden Fall zum Ver schwinden gebracht werden, wenn nicht auf legale Weile, dann mit einiger Nachhilfe durch die Mittel der phusischen Gewalt. Das i st der tiefere Sinn der Wiener U n r u h e n. Wie rabiat die Wiener Sozialdemokratie ist. wie weit sie sich in revolutionäre, bolschewistisch annintendc Gedanken- gange und Vorstellungen verliert, davon gibt einen drastischen Beweis eine kiirzlich gehaltene Rede ihres intellektuellen Füh rers Dr. Otto Bauer, worin dieser den Anschluss Oesterreichs an Deuischland und die proletarische Revolution kn phan tastischen Znianiincnhang bringt. Bauer erklärt, daß der Anschluss erst vollzogen werden könne in einer Zeit, in der ans einer revolutionären Umwälzung ein anderes Deutsch land hervvrgegange» sei. ES wäre nicht das Reich Hinden- — ..Dresdner Nachrichten* — burgs und des vürgerdlocks. in da» Oesterreich eintreten würde, auch müsse di« kranzvsijche Bourgeois!« zuerst gestürzt und der ttattenlsche Faschismus durch die Demokratie nteder. gerungen werden. Die Wiener bürgerlich« Presse bat keinen Zweifel, daß die von Bauer verkündete Vertagung der sozial, demokratischen Anfchluhbereitschaft aus de» Dermin der großen sozialrevvlutivnären Weltenweude durchaus ernst ge- meint ist Die Wiener Sozialdemokraten wissen, daß sie mit ihrem uferlosen Radikalismus im heuligen Deutschland, das immer mehr zur Festigung der Autorität zurückkehrt, keine politischen Geschäfte machen können. Deshalb verzichten sie vorläufig lieber ganz aus den Anschius', um in dem von ihnen beherrschten Wien weiter allein »ach Gefallen wirtschaften zu können. Das ist eine parteipolitische Berranntheit. von der man lagen kann: »Höher geht's nimmer!" Also erst mnli Deutschland gründlich im radikalsoztaltstischen Sinne unter- wühlt und nmgestürzt sein, ehe die Wiener Herren Sozia- liste» die Gewogenheit haben, sich für de» Anschluß an das Reich bereit zu erklären! Das hetkit mit andcre» Worten, das, diese Elemente lediglich mit den deutschen Sozialisten und Kommunisten unter einem staatlichen Dache znsanlnien- hansen wollen, nicht aber mit dem ganzen deutsche» Volke, das bekaunterniasten keineswegs aus lauter Gesinnnngs- genossen der Wiener Roten besteht, sondern in seiner über wiegende» Mehrheit bürgerlichen Bekenntnisses ist. Bei einer solchen Sorte von Auschlustpolitik trete» die nationale» Ge- sichispnnktc, die kulturelle Gemeinschaft, die Zusammen- gehörigkeit von Volk zu Volk ganz in den Hintergrund, und an Stelle des Bewußtseins der Volksgemeinschaft regiert nur das Gefühl der Parteiznsammengehürigkeit. Das ist ein niedriger, am Boden kriechender Standpunkt, der keine Spur von dem sonst den Anschlnstgcdanken ganz beherrschenden nationalen Hochs!»» erkennen läßt. Dian koinmt bet nnS im Reiche nicht aus dem Erstaunen darüber heraus, das! daS heitere, fröhliche Wien der schönen blauen Donau sich so völlig zum rote» Zentrum Oesterreichs nmkrenipcln konnte, das! die Wiener Sozialdemokratie sich in einem verstiegenen Radika lismus völlig fessznbeißen vermochte. Wer ist schuld an dieser Entwicklung? Niemand anders als die Versailler Väter der Sonntag. ID. ZvN 1927 neuen «uropäischS« «Ordnung"! Sie haben Wie», dessen Blüte auf seiner Eigenschaft als politischer und wtrtschastlicher Mittelpunkt de» alten Dvnaureicheö beruht«, zur Metropole eine« verstümmelten Oesterreich gemacht, da« in seiner Iso- lierung nicht lebe» und nicht sterben kann Nun ilt Wien rin zu grobes Her- «>, einem zu kleinen Organismus. Dar. aus entspringe« fortgesetzte schwer« wirtschaftliche ,Nöte und geben den Nährboden ab für «in« Geilte. Verfassung von der Art. wie sie bei dem Wiener Sozialismus in Erschein«»!, tritt. Helfen kann da nur srische Blutzuführnng an Oester reich aus dem gesunden deutsche» ReichSvrganiSmuS, und da brauchen wir Reichedeutschen uns denn auch durch die lehtgcn Vorkommnisse nicht in der Ueberzengnng erschüttern zu lasse», das! Verschandelungen der Anichlusitdee von der Art der von Herrn Bauer und seinen Gefolgsleuten verübten nicht im- ssandc sind, de» idealen nationale» .Kel» und die bvffuungS. vollen Aussichten der Anschluhheivegnng dauernd zu schädigen. Welche weiteren innerpoliiische» Folgen der Wiener Aus. r»l,r zeitigen wird, läsit sich im Augenblick »och nicht sagen. Einstweilen sieht die Lage »och bedrohlich genug auö. Der Generalstreik ist proklamiert und hat aus Tirol llbcrgegrtffcn. Die Moskauer Komintern IKvnnnunistiskhe Internationales soll sich bereits ringe- mischt und eine» zum Sturze der bürgerliche» Regie- r»»g in Oesterreich aufreizenden Aufruf erlassen haben. Der Vorstand der Sozialdemokratische» Partei soll beschlösse» haben, eine Deputation zu Dr. Seipel zu entsenden, um ihn zum Rücktritt anfzusvrdcrn. Der endgültige Ausgang wird wesentlich von der Konsequenz abhängen, mit der die verant- wörtlichen Kreise nach dein Grundsätze handeln, daß in ge. wissen Lagen Energie die oberste aller staatSmännlschcn Tugenden ist. Leider wiederholt sich auch hier wieder die üble Erfahrung, dasi die Hetzer, die eigentlichen Schuldigen, sich vorsichtig a»s;erl>alb der Schußlinie halten, während die AtisgclieNteii Lelb und Leben lassen müssen. Darin liegt eine ernüe Mahnung an die einsichtigen Staatslenker allerorten, die Dinge nicht erst bis zur äußersten Zuspitzung kommen, zu lassen, sondern durch rechtzeitige vorbeugende Maßnahmen heranivitterndcS Unheil zu beschwören. ' l i«" k«i- Mspn lUMll io sür Wlku Willkommener Anlaß zur Justizhehe Berlin, iS. Juli. Der »Vorwärts" muß die Sinnlosig keit der Wiener Revolte zngebe». In Oesterreich, schreibt er. dessen W e h r »i a n n s ch a s t. Offiziere wie Soldaten, zu Dreivtertel sozialdemokratisch organisiert, in dem die Arbeiterschaft wie i» keinem anderen europäischen Laude einheitlich in der Sozialdemokratischen Partei zusammen, geschlossen ist, dessen Hanplssadt unter einer erst eben wieder vom Volke bestätigten rei» sozialdemokratischen Verwal tung steht — in diesem Oesterreich besteht eine aktuelle faschistische Gesahr nicht. Sic könnte erst durch Vorgänge wie die gestrigen hervorgernfen werden. Der »Vorwärts" be hauptet dann, daß die Sozialdemokratische Partet an der Ent stehung der Veivegnng völlig unbeteiligt sei. Aber daS Blatt »begreift" die Empörung über das Schattendorser llrteil. Der gestrige Tag bedeutet ein Menetekel für die Justiz und nicht allein für die Justiz in Oesterreich. Dieser vulka nische Ausbruch sollte auch der deutschen Justiz und ihren berufenen Hütern zeigen, wohin eS führt, wenn die arbeitende Bevölkerung eines Landes ihr Bestes und Heiligstes, ihr Rechtsempfinden, von einer verständnislosen Rechtsprechung täglich mit-Firsten ,7«troten stssst. Leisten Endes tragen die moralische Verantwortung für die Vorgänge wie die gest rigen die Kreise, die höhnend und stolz geglaubt haben, daß richterliche Unabbänaigkeit und llnabsetzbarkeit für die Dauer mit dem Rechtsempfinden eines Volkes Schindluder treibe« können. — Der »Vorwärts" läßt wohlweislich unerwähnt, daß es sich um einen Spruch der Geschworenen handelt, und daß Unabsehbarkeit und Unabhängigkeit der Richter hierbei gar nicht in Frage komme». Das Blatt gibt im übrige» eine Darstellung der Wiener Vorgänge, die sie nach bekannten Mustern ausschließlich als Folge von »Provoka tionen" der Polizei erscheinen lassen sollen. Die „Roie Fahne" auf seiten des Wiener Pöbels Berlin. 16. Juli. DaS Berliner ""'stenoraan. die ».Rote Fahne", weiß das Eilen zn schmieden, indem es schreibt: Der grandiwe Anlauf der Wiener Arbeiterschaft im Kampfe gegen die Vonrgeoisic muß trotz der sozialdemo kratischen Abwürgnnasvcrsnche erweitert und mit dem Siege der Arbeiterschaft beschlossen werde». . Das deulsche Proletariat begrüßt mit Stolz die Wiener Varrikadeiikämpscr. Ihr Beispiel wird die Revolutionäre der ganze» Welt er mutigen. Flammende» Kamviaruß und die Versicherung engster Kampfbereitschaft den Wiener Kommunarden! Einmischung -er Komintern. Riga, 16 Juli. Aus Moskau wird gemeldet, daß dort die Wiener Ereignisse naturgemäß größtes Aussehen erregt habe». Die Kommunistische Internationale soll einen Aufruf erlassen haben, in dem die Arbeitcrmassen in Wie» ansgesorcherl werden, gegen die bürgerlichen Klassen in Oesterreich zu kämpscn. Außerdem soll das Bollzugskomitec der Kommunisti schen Internationale beabsichtigen, zur Unterstütz»»««, der österreichische» Arbeiter Geldspenden zur Verfügung zu stellen. In russischen Kominternkreisen bezeichnet man die Wiener Ereignisse als einen Versuch der Arbeitermasscn, die bürger liche Regierung vollkommen zu stürze«. Der politische Kinlergrim-. München, 16. Juli. Zu den Ereignissen in Wien schreiben die »M ü n ch e » e r Neuestem Na che t ch t e n* asistek der Uebcrschrist „Schntzbnndrevolten", daß die Maske deS sozial demokratischen Rcpublikschntzes gefallen fei. Der gestrige Dag zeige den ganzen Umfang der Gefahr sür Oesterreich, wenn die legale Staatsgewalt nicht mit rücksichtsloser Sand die Zügel an sich nehme. Im „Bäurischen Kurier" wird gesagt, vielleicht ziehe man in Wien nun endlich die notwendigen Folgerungen, um der Auspeitschung der Massen durch die sozialistischen Radikalinskis cntgegen- zntreten und der staatlichen Autorität wieder zu ihrem Rechte zu verhelfen. <T.-U.s Prag. 16. Juli. Die Prager Blätter sind heute angesichts der Wiener Unruhen in verstärkter Auflage, teils in Extra ausgaben. erschienen. Das Landwirte - Blatt, die Deutsche Landpost", bezeichnet die Wiener Revolte als eine „Vcr- hctzungsfahrt der „Arbeiterzeitung". Ein amtlicher Bericht. Die Polizei Herr der Situation. lDurch Funksvruch.i Preßbnrg, 16. Juli. In einem a»S Wien von zustän diger Steile verbreiteten Bericht wird über den Verlauf der gestrigen Ausschreitungen u. a. berichtet: Da keine Aus sicht bestand, aus andere Weise die Ordnung wieder herzu stellen und die Versuche einiger Ordner, zu beruhigen, er folglos blieben, mußte sich die Polizeibehörde entschließe!', mit Gewehren ausgerüstete Abteilungen zu entsenden, die. als sie in der Lichtcnaclsgassc. in der Nähe des Rathauses von Demonstranten nicht nur mit Steinen und anderen Wurf geschossen beworfen, sondern auch beschossen wurden, von der Ichußwakse Gebrauch machten und den Pia» mit Gewalt räumten. In gleicher Weise hat auch die mit Gewehren be waffnete Sichcrücitswachtabteilnna, als sic mit Schüssen emp fangen wurde, in der Umgebung des I n st i z p a l a st e S einige Schüsse abgegeben und die Ordnung wieder hergcstellt, so daß die Feuerwehr eingreiscn »nd den Brand Im Justizpalast lokalisieren konnte. Auch zwei Zeitnngsredak- tionen. die ..Wiener Neuesten Nachrichten" und die „ReicbS- post". wurden von Demonstranten angearifsen. wo sie das Mobiliar zerstörten und die Manuskripte zerrissen. Die Ver suche. auch die Maschinen z» vernichten, wurden durch ie inzwischen verstärkte Polizeiwache vereitelt. Am Nachmittag mar die SicherhcitSwacbe damit beschäftigt, durch größere mit Gewehre» ausgerüstete Patrouillen zu Fuß und zu Pierd die Nesse der Demonstranten zu zerstreuen und die Ruhe wieder völlig herznssellen. Die Plätze in der Umgebung des Nationalrats »nd dcS JnstizpalastcS sind von Militär besetzt Eine Gefährduno des Eigentums ist nirgends erfolgt. Die SichcrßeitSbchSrde ist vollkommen Herr der Siinailon. Raubüberfälle in den Dorstädlen. Preßbnrg. 16. Juli. Wie aus Wien gemeldet wird, hat die Polizei die Vorstädte geräumt, so daß sich der Mob dort breit,»machen beginnt Die Aniomobtle werde« i« de« Vor städte« angebalten. ihre Insasse« beranbt ««d per, prügelt. Man steht Automobile dnrch die Straßen sahren. aus deren Trittbrettern Ordner der Sozialdemokraten mit weiß n Dgtch-mtüchcrn stoßen. Ein Aufruf der Tiroler Landesregierung Innsbruck. >6. Juli. Die Tiroler Landesregierung hat einen A» fr ns erlassen, in dem sic die Bevölkerung zur Ruhe »nd Ordnung ermahnt. Jeder solle weiter seine Ar beit tun und irgendwelcher Strctkvarole nicht Folge leisten. Auch die i rem den Sommergäste Tirols sollten sich nicht beunruhigt kühlen, denn was in Wien geschieht, werde von Tirol aufs schärfste verurteilt. Oesterreich dllrke in keine» Bürgerkrieg gezogen werden, denn sonst drohe dem Lande die Intervention des Auslandes. In Innsbruck macht sich der Generalstreik bi-hcr nur bei der Post bemerkbar. Die in Permanenz tagende Landesregierung hat genügend Gendarmerie nach Innsbruck gebracht. Trotzdem verlassen viele Sommergäste aus Omnibussen die Stadt, weil sie auch hier Unruhen be fürchten. lT.-U.i Die Führung bei de» Svzialdemokralen. Berlin, 16. Juli. Nach den bei der hiesigen österreichischen Gesandtschaft aus Wien vorliegenden Nachrichten ist cs den Führern der Gewerkschaften «nd der Sozialdemokratie heute nacht gelungen, die Volksbewegung in ihre Hände zu be kommen. Der Generalstreik ist offiziell proklamiert. Auch der gesamte Verkehr ist eingestellt. Eine Zn- und Abreise nach oder von Wien ist daher nicht mehr möglich. In den Wiener Straßen selbst ist insofern das Nlld heute vormittag vor. ändert, als die Innenstadt seit ln den Händen der Polizei ist und die Volksmassen nicht mehr wild durch- einandcrwogen, sondern den Anordnungen der Führer folgen. Letztere bestehen ans E«tser«uog des Polizeipräsiden ten Schober. UcbcrdieS sind auch Veränderungen in der österreichische» Regierung z» ermarten. Das Verhalten der Schutzpolizisten wird als unsicher bezeichnet. Die Provinz soll im Gegensatz zu Wien im allgemeinen ruhig sein. Befürchtungen für die nächsten Tage. (Durch Funkspruch.f Prag. 16. Juli. Nach einer Meldung deS nach Wien ent sandten Sonderberichterstatters des W. T. B. herrscht zurzeit in Wien Ruhe. Mit allgemeiner Besorgnis sieht man de» heutigen Nachmittagsstunden und den nächsten Tagen ent- gegen, an welchen ein Zusammcnströme« vieler Arbeiter ln Wie» erwartet wirb. Mitglieder des Schutzbundes aus allen Gegenden Oesterreichs werden in Wien konzentriert. Bewaffnele Sperre auf den Laudstratzen. Berlin, 16. Juli. DaS Auto des von der »B. Z." von Preßbnrg nach Wien entsandten Verbindungsmannes wurde auf nächtlicher Fahrt nach Wien auf der Landstraße durch bewaffnete Leute der Arbeiterwehr mit vorgehaltene» Gewehren und Revolvern mehrere Male angehalten. Ui» den eigentlichen Schauplatz der blutige» Kämpfe herum herrschte noch in der Nacht kriegerisches Leben und Treiben. Bet der Polizeiwache sind Maschinengewehre bereltgehalten. Abwartende SaUurrg -er Pariser Presse. Pari», 16. Juli. Die Nachrichten über die Wiener Un- rnhen haben schwere Bennruhignng hervorgernfen. Die Pariser Presse nimmt jedoch vorläufig eine dnrchanS ruhige »nd abwartendc Haltung ein. Der „M atin" bcwnnbcrt die Energie der Wiener Arbeiterschaft in der Verurteilung des Schattendorser Gerichtsurteils. Da» Journal" sieht in den Wiener Ereignissen ein Faktum, da» sür den Anschluß Oesterreichs an Deutschland arbeitet lT.-U.i Die Einnahmen -es Reiches im Juni 1827. Berlin, 16. Juli. Nach der vom ReichSftnanzministertnm herausgegebencn Ueberstcht weisen die Einnahmen des Reiches aus Steuer», Zölle» und Abgaben im Juni 1927 mit 558,16 Millionen NM. gegenüber de» im Mal 1927 ausgekommencn 622 8 Millionen RM. eine Mindereinnahme «on S8.9 Mil. lionen NM. auf. Diese Mindereinnahme entfällt anSschiteß. lich auf die Besitz- und VerkehrSsteucr», die von 384,8 Millio nen RM. im Mai auf 315.2 Millionen RM. im Juni zurück- gegangen sind, wogegen die Zölle und Verbrauchsabgaben fast genau die gleichen Einnahmen ergeben haben wie im Vor- mvnat. Der CinnahmerUckgang bei den Besitz» und Ber te h r S st c u e r n erklärt sich in der Hauptsache daraus, daß am 15. Mai Zahlungstermin sür die Vermögenssteuer war und diese daher tm Monat Mat rund 75L, im Juni dagegen nur 19,7, also rund 55,6 Millionen NM. weniger erbracht hat. Die Einkommensteuer aus Lohnabzügen hat wieder 1«st Millionen überschritten «nd hat gegenüber dem Bormonat 8,8 Millionen NM. mehr ergeben, eine Folg« des Rückgangs der Erstattungen sür 1826 und der Besserung ans de« Arbeits markt. Demgegenüber war das Aufkommen aus der veranlagten Einkommensteuer im Juni um 14,7 Millionen Reichsmark niedriger als im Mvnat Mai, was daraus znrückzuführen ist, daß im Mai noch größere Beträge auö dem vierteljährlichen Zahlungstermin vom 10. April eingegange». sind. Aus den gleMseil llmständ ist auch bei dck Umsatzsteuer — die aegenüber einem VierteljahrcSansah von 225 Millionen in Wirklichkeit nur 146 Millionen gebracht hat — die Minder- einnahme von 10,2 Millionen Reichsmark im Juni gegenüber der Mai-Einnahme znrttckznfiihren. Die Höhe der Ein nahmen aus den übrigen Besitz- und Vcrkehrssteuern im Juni hat sich nicht wesentlich von der Höhe der Einnahmen im Mai unterschieden und entsprachen im wesentlichen auch den Schätzungen. Die Einnahmen ans de» Zöllen sind gegen den Monat Mai wieder um 6,8 Millionen Reichsmark g«. stiegen. Dies dürste in der Hauptsache auf noch weiter» erhöhte Getreidczusuhr infolge der vorjährigen schlechte« Ernte zurückzusühren sein. Die Verbrauchsabgaben haben abgesehen von geringe« dnrch die Jahreszeit bedingte» Schwankungen tm Juni den gleichen Ertrag ergebe» wie im Vormonat. Die vom Reichs tag beschlossene Ermäßigung der Zuckersteuer von 50 Prozent tritt erst vom 1. August ab tn Kraft. Sie wird sich daher erst in späteren Monaten auSwtrken. Znsammru- sassend ist zu sage», daß daS Gesamtauskommen an Stenern. Zöllen «nd Abgaben im erste« Biertel des RechnnngSjabreS 1827 keine wesentlichen Mehreinnahmen sür daS ganze Rech nungsjahr gegenüber dem Hanshaltsvoranschlag erwarte« läßt. Mehreinnahmen bei den verschiedenen Positionen werden durch starke Mindcrergebnisse bei anderen ausgewogen. Der Gesamtveranschlagung von 7X Milliarden tm ReichShanShalt- plan stehen an Einnahmen im 1. Biertel l,92S Milliarden gegenüber. DaS Vicrteljahr-Svll ist also nicht ganz er reicht worden. jWTB.i Reichskanzler Dr Marx an Dr. veulheutzer Berlin, 16. Juli. Reichskanzler Dr. Marx hat dem thll. ringischcn Staats-Minister Dr. Leuthcußer anläßlich der Vollendung seines 60. LebeiissahrcS telegraphisch seine ausrich» tigstcn Glückwünsche übermittelt. Ein neues Gutachten über Kutlskers To-. Berlin. 16. Juli. Die Leiche Iwan KutiskerS wurde gestern vom Direktor des Pathologischen Instituts, Pros. Lubarsch. obduziert. DaS Ergebnis der Sektion wirb tn einem Gutachten niedergelegt und am Mittwoch der Eharitü übermittelt werden. Wie verlautet, hat der Skfnnd entgegen der Annahme des Geh. Rates His ergeben, daß der Tod infolge der schweren Krankheit KutiskerS »nd nicht durch Lungenembolie eingetretcn ist. Kutisker litt an sehr starker Arterienverkalkung, insbesondere an der Herzschlagadcr, so wie an N t e r e n s ch r u m p f n » g. Bei der Obduktion sollen sich im Brnstkvrb sehr erhebliche Menge» Wasser befunden haben. Auf ieden Fall muß zunächst daS offizielle Gutachten abgcwartet werden, bevor sich Schlüsse aus der Sektion hin sichtlich einer etwa falschen Behandlung des Patienten ziehen lassen. Die Meldung, daß ein Nerteidiger ans Grund dcS ObdnktionsbcsundS bereits den Staat für den Tod KntiskerS verantwortlich machen will, ist in dieser Form uuzutresfcnt. Aonfltkl lm Bankqewerbe Berlin, 16. Juli Zwischen dem Ncichsvcrbanb der Bank- lcitungen und den Angestelltenorgaiiisationen ist ein Kon- fltkt entstanden, der die Bezahlung der Ueber- stirnden nach dem ArbeitSzeitnotgesch, ferner die Aus nutzung des Bedarfsfalles bis zu 54 Stunden wöchentlich und schließlich die Verletzung des Sonnabendfrüßschlnssrv zur Grundlage hat. In der VerfügnngSfrage ist die Inter- venttvn des ReichsarbettSministcrinmS »nd tn den beiden anderen Fragen das NeichStartfamt für das Bankgewerbc angerufcn morden. 11Z Todesopfer -er amerikanischen Äitzewelle Nach Berichte» an» Nenyork hat die Hitzewelle t« den Vereinigten Staaten in den letzten drei Tagen insgesamt 11< Opfer gefordert. In Nennork allein starben 87 Personen. Als Begleiterscheinung gingen über zahlreiche Teile Ame- rlka» schwere Gewitter nieder, die namentlich tn den Ost- staaten erheblichen Schaden anrichteten.