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«Mwoch, 1«. Mai IM» Jas Kabinett gegen Erhöhung der Bahnlarife Sr. Strefemanns Befinden nicht gebessert.—Polizeispitzel Riehl trotz Anspruch in Kolmar vereidigt. Erwägung anderweiligerFinanzierungspläne Heute Sabincttsrat. Berlin, 15. Mat. Das Reichskabinctt wird am Mittwoch- oormittag unter dem Vorsitz des von seinem Vrholungs- «rlaub znrückgekehrte» Reichskanzlers z« einer Beratung über de» Antrag der ReichSbahngesellschaft wegen der Daris. erhShung znsammemtrete«. Es ist nicht anzunchmen, daß das Kabinett bereits morgen zu einem endgültigen Ergebnis kommt. Man glaubt aber Voraussagen z« können, daß dis Sieichskabinett ans Grund eines Antrags des Reichsverkchrs- ministcrS Koch die Vorschläge der Reichsbahn zunächst ab- lchne« wird. Dann werde das Kabinett aber Vorschläge unterbreiten, mit deren Hilfe die Reichsbahn die von ihr an- gestrebte Dnrchsithrnng notwendiger UnterhaltnngSarbeiten sichern könne. Die Reichsregterung bemängelt vor allem, das, sich die Erhöhung der Gütertarife im Wirtschaftsleben mehrfach im Tfchangtsolin aus Peking geflohen. Welkere Erfolge Fengs. Peking, 15. Mat. Begleitet von seinem Sohn und einem s Untcrsiihrcr hat Dschangtsolin gestern Peking verlassen. Seine Truppen setze« die Räumung der Stadt fort. — Die Ordnung in Peking hat die Internationale Polizei unter dem schwedischen General Kunturs über nommen. Die japanische Gesandtschaft hat ihren Sitz nach Tientsin verlegt. Peking, 15. Mat. Nach hier eingegangenen Meldungen haben die Truppen des Generals Feng die Stadt Paotingfu besetzt. In der Nähe von Peking vcwarsen Flugzeuge des Kencrals Feng Truppen und Tratnkolonnen der Nordarmee mit Bomben. Marschall Tfchangtsolin beabsichtigt, noch im Lause des Dienstags Peking zu verlasse» und sich nach Mnkden zu begeebn. Am Montag wurde der hiesige japanische Journalistcn- klub von den Chinesen überfallen und zwei Japaner ver prügelt. DaS chinesische Außenministerium hat sich sofort beim japanischen Gesandten entschuldigt. Ungeachtet der Be mühungen der Südregicrung verlautet, daß die japanischen Truppen sich bis September d. I. in China aufhaltc» werden. Dem Gesandten Japans in Peking ist anheimgestcllt worden, sich aus dem Funkwege mit General Feng in Verbindung zu setzen, um die Besetzung der Stadt möglichst ohne Blut vergießen durchzuführen. Ae ersten Vorboten der neuen Erdbebenwelle. Sinne einer Verteuerung der Waren auSwirken werde. Außerdem wird von wirtschaftlicher Sette bemängelt, daß die finanzielle Ausstellung der Reichsbahn nicht ganz richtig sei. Der tatsächliche Bedarf für 1928 betrage nur die Hälfte der von der Reichsbahn angegebenen Summe, nämlich 125 Millionen statt 259 Millionen. Diese 125 Millionen seien aber für 1928 bereits vorhanden, da in den ersten vier Monaten die Mehreinnahmen unter Abzug der Verkehrs steuern 70 Millionen ausgemacht hätten und überdies noch ein Ueberschuß von 49 Millionen aus dem Vorjahr vor- Händen sei. Ein tatsächlicher Bedarf für die Reichsbahn würde erst mit Beginn des Wirtschaftsjahres 1929 eintreten können. PrelsermStzlgungen -er dänischen Dahnen. Kopenhagen, 15. Mat. Die dänische Reichsbahn hat die Absicht, die Fahrpreise für die 2. Klasse in nächster Zeit herab- zusetzen. Im Nahverkehr wird geplant, das Einklassensystem etnznftthrcn, das heißt, ein Mittelding zwischen 2. und 3. Klasse. Außerdem sollen die Fahrpreise um ein Beträcht liches fallen. Tokioer Sorgen um die Mandschurei. Japanische Forderungen au Südchina. Berlin, 15. Mal. Die japanische Presse berichtet von panik- artig er Stimmung in der Mandschurei angesichts des fortdauernden Rückzugs der Truppen Tschangtsolins vor den Sttdtrnppen. Es wird ausgesprochen, baß Japan im Falle des Ucbergreifens der chinesischen Kämpfe auf das mandschurische Gebiet sich nicht neutral verhalten könne. In Tientsin haben die Japaner einen Flugplatz angelegt. Tokio, 15. Mat. Das Kriegsministerium hat den Ober kommandierenden der japanischen Strcitkräfte in Tsinanfu, General Fukuda, angewiesen, der südchinesischen Regierung folgende Forderungen zu unterbreiten: 1. Formelle Ent- schuld lgung des Generals Tschangkatschek wegen der Zwischenfälle in Tsinanfu,- 2. Bestrafung des Generals Hoyaotsu und der übrigen für die Vorfälle verantwortlichen Offiziere,- 3. Einstellung der Feindseligkeiten, der Propaganda und der kriegerischen Betätigung in einem Umkreise von 29 chinesische» Meilen um Tsinanfu, Tientsin und die Eisenbahnstrecke von Sckantung. Der chinesische Diplomat, der mit General Fukuda verhandeln wird, soll Nachweisen, daß er vom General Tschangkaischek akkreditiert ist. (Sin Artikel ans der 8. Seite behandelt die Frage des Nanking- Appells an den Völkerbund.> Vor grohen Kalaskropheri? London, 15. Mat. Die gestern abend von einer ganzen Anzahl von Erdbebenwarten verzcichneten schweren Erd- erschütterungcn haben nach den bisher vorliegenden Mel dungen verschiedene Gebiete heim gesucht. Der amerikanische Nadio-Amateur Davis, der als erster die Nach richt van der sicheren Ankunft der „Bremen" auf Greenl» Island aufgefangen hatte, berichtet einer Reuter-Meldung aus Ncw-Hambshire zufolge, daß er folgende Meldung aus Japan aufgefangen habe: „Hundert Menschen um- gc kommet». Berbindungcn abgcschnitten. Hilfswerk organisiert." Während für diese Meldung eine Bestätigung noch aussteht, ist sicher, baß in Ekuador durch ein Erd beben schwerer Schaden angerichtet wurde. Auch in Tiflis lGeorgiens wurde ein Erdbeben verspürt, das be- deutenden Schaden verursachte. Die vulkanische Insel Krakatau in Holländtsch-Jndien hat in den letzten 24 Stunden große Aktivität entwickelt. Mit weiteren schweren Erd erschiit tcrüngen ist «ach einer kurzen Ruhepause zu rechnen, »obci als größte Gesahrcngobietc die Mittclmeergcbietc von Spanien nach Kleinaslcn. die amerikanischen Anden, Mexiko »ud China und vielleicht Japan angegeben «erden. Die Hauptstöße werden für kommenden Sonntag angekünbigt. Lima, 15. Mai. Ehachapoyas, die Hauptstadt des Departe ments Amazonas, ist teilweise durch ein Erdbeben zerstört worden, auf das ein Molkenbruch folgte. Drei Personen wur den getötet. Die Türme einer Kirche stürzten ein. Die Ein wohner flüchtete» in die Umgebung. iW. T. B.j Frau Dillenz' Ozeanslugprojekl gescheikerl. Berlin, 15. Mai. Heute nachmittag ist die OpttonSsrist, die die JunkcrSivcrke Frau Dillenz für de» Kauf der „Europa" gestellt hatten, abgelaufen, ohne daß. wie eine ilorresponbenz meldet. Fran Dillenz die geforderte ent- icheidcnde Erklärung abgegeben hat. Infolgedessen sind die BtrkaufSverhandlnngen als gescheitert zu be- trachten. Dagegen interessieren sich, wie die gleiche Korrespvn- denz hört, anderweitige Kreise sür dieses Flug zeug und seinen Führer Risticz, so daß möglicherweise dem nächst ein neues Ozcanflugprojckt mit dieser Junkcrs- maschine austauchcn wird. Die „Bremen"-Flieger in Sk. Louis. St. Louis. 15. Mai. DaS offizielle Programm der Feier sür die „Bremen"-Flicger begann mit einer groben Parade zur Cityhall, wo den Fliegern ein grober Emp fang bereitet wurde. Die Zuschauer brachten ihnen ununter brochen gewaltige Ovationen dar und schwenkten deutsche, amerikanische und irische Fahnen. Der Nachmittag war einer deutschen Feier gewidmet, bei der der erste Spatenstich sür ein neues deutsches HauS vollzogen wurde. Am Abend veranstaltete die Stadtverwaltung ein Bankett. Stil Ozeanslug der Fliegerin Rasche? Berlin, 15. Mai. Aus Neuyork erhält die „B. Z." die Meldung, daß die deutsche Fliegerin TheaRasche unmittel, bar vor einem Start zum Transozeanflug von Neuyork nachBerlin stehe. Genaue Nachrichten über die Absicht der Fliegerin, die bereits im vergangenen Jahre lange Zeit in Amerika weilte und mit ihren Knnstflngvorsührungen großes, Aufsehen erregte, liegen zur Stunde aber noch nicht vor. " Neuer Slarl der „Ilalia". KingSbay. 15. Mai. Die „Jtalia* ist heute nachmittag um 1,26 Uhr ansgesticgen. sWTB.i Rom. 15. Mat. General Nobile hat um 6,45 Uhr nach Nom getunkt: Wir fahren seit 1>L Uhr Uber Packeis. Seit 1>L Stunde sind wir in Nebel eingcbüllt und fahren deshalb nur 159 Meter über dein zngesrvrcncn Meere. Die Sichtig kett wechselt zwischen 2 und 15 Kilometer. Es bietet sich unS ei» prachtvolles Schauspiel dar. An Bord alles wohl. Oslo, 15. Mal. A»S KingSbay verlautet, daß Nobile eine dreitägige Fahrt plane und beabsichtige, wenn sich dies al» möglich erweisen sollte, Grönland. Nikolaus U.-Land und die Gegenden am Nordpol aufzusuchen. v Eisenbahnkariferhöhung und Dawesplan Ausgerechnet zum Beginn der Reisezeit hat die Ver waltung der Reichsbahn es für angebracht gehalten, mit ihrer Denkschrift über die Erhöhung der Personen, und Gütertarife an die Oeffentltchkeit zu treten und dadurch lebhafte Unruhe in weite Kreise des deutschen Volkes zu tragen, die nach dem unsäglichen Elend der Inflation sich eben tn dem Gedanken zu sonnen begonnen hatten, -aß sie künftig wieder regel- mäßig imstande sein würden, ihre bescheidenen sommerlichen Erholungsreisen zu unternehmen. Diese Gleichgültigkeit gegenüber sehr berechtigten und begreiflichen Empfindungen der Gesamtheit ist bezeichnend für die Stellung, welche die Nctchsbahnverwaltung seit der Einführung des Dawesplanes am 1. Oktober 1924 einnimmt, und für den Mangel an psycho, logischem Verständnis gegenüber der deutschen Oefsentlichkeit, der in ihr herrscht. Sonst wäre es auch nicht möglich, baß in demselben Atemzuge, in dem die Tariferhöhungen verkündet werden, die Verherrlichung des neuen Pullman-Luxuszuges, Nheingoldzug genannt, erfolgt. Wer wissen will» wie das wirkt, der lese die sozialistischen Zeitungen: dann weiß er genug. Man muß wirklich baß erstaunt sein über die fehlende Verbundenheit der Rcichsbahnverwaltung mit dem Staats und Volksganzen, die sich darin zeigt, daß sie zwei so starke Gegensätze, wie die Notwendigkeit einer Tariferhöhung und die Aufwendung der ungeheuren Kosten für einen internatio- nalen Luxuszug gerade im jetzigen Augenblick, gleichzeitig dem öffentlichen Empfinden schmackhaft machen zu können glaubt. Die Neichsbahnverwaltung will aus den Erhöhungen der Tarife insgesamt 259 Millionen Mark jährliche Mehrein nahmen erzielen,- 299 Millionen soll der Güterverkehr, 59 Millionen der Personenverkehr aufbringen. Die Not wendigkeit der Maßnahme wird in der Denkschrift mit zweier lei Gründen belegt: Einmal sei das Verhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben so, daß die Verwaltung nicht mehr in genügendem Umfange über die erforderlichen Gelder sür Instandsetzungen, Erneuerungen, Erweiterungen und Ver besserungen des Materials und der Einrichtungen verfüge, und zum andern habe die Belastung der Reichsbahn aus dem Dawesplan nach Ablauf -er Schonfrist 959 Millionen Goldmark, also fast eine Milliarde, erreicht. Der Hinweis auf die Taiveötribute ist zweifellos sehr beachtlich und fällt mit voller Schwere ins Gewicht. Er kann aber die öffentliche Kritik nicht hindern, an die Verwaltung einige eindring liche Fragen zu stellen, die darin gipfeln, ob die leitenden Stellen auch wirklich alles getan haben, um unbeschadet der vollen Wahrung der Sicherheit des Betriebes und der tech nischen Vervollkommnung, das äußerste an Sparsamkeit zu leisten, wie es von der Gesamtlage erfordert wird. Auf diesem Gebiet« scheint doch noch lange nicht alles so zu sein, wie cs sein sollte. Vor allem bleiben die allem Anschein nach recht schweren Mißstände zu klären, die sich im Beschaff» ngs- wescn herausgestellt haben und bet dem Ser Provisions- unfug eine große Nolle spielt. Die von gewissen Firmen an gewisse Leiter von Beschaffungsämtern gezahlten Pro visionen hatten zur Folge, daß die Lieferungen nicht dem übertragen wurden, der die für die Reichsbahn vorteil haftesten Bedingungen stellte, sondern daß sie die teuerste Firma, die mit Provisionen nachhalf, übertragen erhielt. Die Untersuchung dieser Vorfälle ist im Gange: hier wird noch manches zu bessern sein. Weiter muß beim Kapitel der Betriebserneuerun gen gefragt werden, ob Tempo und Zeitpunkt tn ange- messend Welse eingehalten und ausgewählt werden. Vor kommnisse, wie die der überstürzten Einführung des Rhein- goldzuges — Tag und Nacht, hieß es. sei fieberhaft an der wegen der 109-Kilometer-Gcschwindigkeit erforderlichen Er neuerung des Oberbaues »wischen Mainz und Köln gearbeitet worden —, geben zu berechtigten Zweifeln Anlaß, ob hier nicht am Ende ausländische Einflüsse in der Verwaltung der Reichsbahn, wie sie durch den Dawesplan begründet worden sind, einen allzu stimulierenden Einfluß im Widerspruch mit dem finanziellen Sparsamkeitszwange ausgeübt haben. Dann ist auch zn prüfen, ob nicht das Verfahren der Rcichöbahn- vcrwaltnng, Erneuerungen durchgängig im Wege der Be triebsausgaben zu decken und den Anleihemodns zu ver kleiden, begründeten Bedenken unterliegt. Die Verwaltung erklärt, daß sie sich infolge des Vorstoßes des Reparations agenten gegen die Ausländsanleihen tn einer Zwangslage be finde. und das um so mehr, als auch die Reichsregterung den Feldzug Parker Gilberts unterstützt habe. Dieser Einwand ist aber nickt unbedingt überzeugend, da inzwischen die An schauungen der leitenden Kreise über Ausländsanleihen schon einiges von ihrer ursprünglichen Schärfe cingcbüßt haben. UcbrrdieS richtet sich die ganze Bewegung doch nur gegen die leichtfertige Auslegung von Ausländsanleihen, wenn keine zwingende Not dazu treibt, oder wenn cS sich um nicht werbende Anlagen handelt. So hochgradig produktive Anleihen aber, wie es die von der Eisenbahn aufgenommenen sind, dürfen immer aus die Billigung der Beratungsstelle rechnen. Die bittere Pille soll der Wirtschaft und dem reisenden Publikum etwas versüßt werden durch die gleichzeitige Emp.