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REICHSTAG. 15 Obgleich im Ganzen genommen die Ver brechen in der Abnahme begriffen sind, so zeigt sich darin doch bisweilen eine merk bare Zunahme. I. J. 1865 betrug die An zahl der wegen sog. grober Verbrechen Ver- urtheilten 1,499 Personen (1,252 männl. und 247 weibl.) oder nur 3‘6 von 10,000 Ein w.; 1869 dagegen waren die entspre chenden Zahlen 2,834 Personen oder 6’8 von der gleichen Anzahl Einw. Durch specielle Untersuchungen ist doch consta- tirt, dass diese vermehrte Anzahl von Ver brechen. besonders Diebstähle, hervorgerufen ist von der durch die ungünstigen Ernten in den Jahren 1867 und 1868 bewirkten ökonomischen Bekümmerniss, sowie dass mit den darauf eingetroffenen guten .Jah ren die Anzahl der Verbrechen wieder ge sunken ist (1870: 1,949 Personen oder 4'7 von 10,000 Einw.). Repräsentative Versammlungen. Die alte schwedische Volksrepräsenta tion, welche aus den 4 Ständen (Adlige, Geistliche, Bürger und Bauern) bestand, wurde mit eigener Einwilligung- i. J. 1866 aufgehoben, sodass das schwedische Volk jetzt repräsentirt wird von dem Reichstage, vertheilt in zwei Kammern, die erste und die zweite, welche in allen Fragen gleiche Befugniss und Machtvollkommenheit besi tzen. Die Reichstage sind jährlich; dielleichs- tagsbevollmächtigten werden auf gewisse Zeit gewählt; doch steht dem Könige, das Recht zu, vor dem Ablaufe dieser Zeit neue Wahlen zu verordnen. Zu der ersten Kammer werden die Mit glieder ohne Rücksicht auf den Wohnort auf 9 Jahre gewählt von der Länsreprä- sentation (Landsting) und von Stadtbevoll mächtigten (in Städten mit über 25,000 Einw.), einer für jede 30,000 der Bewoh ner des Läns (der Stadt). Zur Wählbar keit sind erforderlich ein Alter von 35 Jah ren, Grundstücke zu einem Taxwerthe von mindestens 80,000 R:dr ( = 114.000 Francs) zu besitzen und wenigstens 3 Jahre vor der Wahl besessen zu haben oder ein jähr liches steuerbares Einkommen von 4,000 R:dr zu haben. Die Mitglieder erhalten keine Diäten; ihre Anzahl ist jetzt 128. Zu der zweiten Kammer wird auf 3 Jahre ein Mitglied von jedem Gerichts sprengel (Domsaga) gewählt (2 Mitglieder für Gerichtssprengel mit über 40,000 Einw.) und ein solches für alle 10,000 Einw. in den Städten (kleinere Städte werden zu Wahlkreisen vereinigt). Zum Wahlrecht sind erforderlich: Stimmenrecht in der Kom mune, Grundbesitz von mindestens 1,000 R:dr (oder Pachtung eines Grundbesitzes von mindestens 6,000 ll:dr Taxwerth auf 5 Jahre) oder ein jährliches steuerbares Ein kommen von 800 I?:dr; die Wahlen ge schehen entweder durch Elec-toren oder un mittelbar, - wobei jeder Wählende nur Eine Stimme besitzt. Um wahlbar zu sein, ist Wahlrecht und ein Alter von 25 Jahren erforderlich. Die Mitglieder der zweiten Kammer erhalten für jeden Reichstag, wel cher 4 Monate dauern soll, 1,200 Il:dr nebst Ersatz der Reisenkosten. Die Zahl derselben ist gegenwärtig 194. Der Grundunterschied in der Zusammen setzung der beiden Kammern ist also der, dass die erste Kammer das grössere Ver mögen repräsentirt und eine grössere Con- tinuität darbietet, indem das Mandat ihrer Mitglieder 9 Jahre von der Wahl eines jeden gilt, während die ganze zweite Kam mer in jedem dritten Jahre neu gewählt wird, sowie, auch darin, dass die Mitglieder der ersten Kammer, welche ohne Rücksicht auf den Wohnort gewählt werden können, keine Diäten erhalten, die dagegen denen der zweiten Kammer zukommen, welche au dem von ihnen repräsentirten Orte ansässig sein müssen. Wortführer (Talmiin) und Vice-Wort führer werden von dem Könige unter den Mitgliedern der Kammern ernannt. Die Reichstagsbevollmächtigten, welche von keinen ändern Vorschriften gebunden sind, als von den Grundgesetzen des Rei ches, besitzen ein unbeschränktes Motions- reeht. Vor der Behandlung der Angelegenhei ten in den Kammern werden dieselben in gewissen Ausschüssen vorbereitet. Diese sind: der Constitutions-Ausschuss für Grundgesetz fragen und Prüfung der Protokolle der Staatsräthe, der Staats-Ausschuss für die Entwertung des Budgets, der Bewilligungs- Ausschuss für die Veränderung der Bewil ligungsgesetze (zu Bewilligungen gehören: die Zoll- und Postgelder, die Stempelpapier-, Branntweins- und Runkelrübenzucker- Ab gabe und die Einkommen-Steuer), der Bank- Aussclmss für die Verwaltung der Reichs-