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rutscht» «ach «irrer Geile, man sieht» aber nicht. Zwanzig Schrill« von der Tür schneidet der Bindfaden schon mächtig in die Finger, nach weiteren 100 Schritten und dreimaligem Wechsel der gequälten Hände hängt der Lasten schief in der Gchnnre. und dir Sache» quetschen in einer Ecke, di« am liebsten Hatzen möchte. Von Glück kann «an sagen, wenn es io bis -um Bichichös« weitergcht, aber in zehn von zwanzig Fällen reißt entweder der schwache Strick oder der von zarter Hand geknüpfte Knoten geht auf und die Bescherung liegt auf der Straße. Schleunigst wird olle» wieder hineingewurstelt, aber fragt mich nur nicht wie. und im Laufschritt, der einem Ärrna- dier Ehre machen würde, geht e» dem Ziele zu. um atemlos und matt in den Zug zu stürzen und die .BeränügungS"-Reis« -am^utreten. Eigentlich mußte an jeder Bahnbvfstüre stehen: ..Eintritt mit Pappschachteln verboten!" E» wird ja sonst auf der Eisenbahn olle» Mögliche und Unmöglich« verboten, warum nicht auch die Pappschachtel-Reiseepidemie. Vielleicht auch gibt mir «in« oder die andere der verehrten Damen recht und ver reist ohne Pappschachtel." — Dem Arbeiter beim Proviantamte des 12. Armeekorps Patzsch, dem Obrrmaschinenmeister in der Lehmannschcn Buch druckerei Heyd« und dem Träger bei den Dresdner Be erdigungsanstalten „Pietät" und „Heimkehr" Hänsch wurde da» tragbare Ehrenzeichen für Treue in der Arbeit verliehen. — In die Kollektion von B. Bischofs, hier, fiel bei der gestrigen Ziehung der König!. Stichs. Lniideslottcric auf die Nummer E663 der Hauvtgewinu von 10000 Pik. —.WHrend der diesjährigen großen Ferien, vom 14. Juli bl» mit IS. August, läßt die Sächsisch-Böhmische Dampfschiff» fahriEesellschaft an Wochentagen nachmittags 4 Uhr em Schiff von Dresden noch bis Schandau verkehren. — In dein Bestreben, die Beniühimge» des hiesige» Vereins zur Förderung des JreindenverkehrS zu unterstützen, hat sich Herr Hohlfeld, der Pächter desAusstcllu » gs - Etablissements, entschlossen, ebenfalls allwöchentlich ein Promcnaden - Frei - Konzert zu veranstalten, das von der icwcilig das Abendlv»;crt ausführenden Militärkapelle abgehalten werden soll. Das erste dieser Konzerte wird morgen nachmittag von 5 bis 7 Uhr vom Twiiipetenvrps des 2. Rheinischen Husaren-Regiments Nr. 0 aus Strahlung i. Elf. unter Leitung des Stabstrompeters Herrn H. Stimming ausgeführt werden. Wenn diese Einrichtung de» Beifall de» Publikums findet, sollen die Konzerte regelmäßig bis Mitte September veranstaltet werden. — Lommatzsch, 13. Juli. Durch Schadenfeuer wurde in Klosterhäuser die Klostcrschenke zerstört. — Im Torfftadter Walde bei Falkenstein i. B. er hängte sich der 18iährige Sohn des Gutsbesitzers Traminer, im Brockauer Walde bei Netzschkau i. V. der Handarbeiter Ed. Kunze aus Brockau. — Ostritz, 12. Juli. Der wegen Verdachts der Ermordung de- Fabrikarbeiters Langhammer seit dem 25. März in Unter suchungshaft befindliche Fabrikarbeiter Rauer ist gestern wieder rn Freiheit gesetzt worden, da die vorliegenden Beweise zur Eröffnung des Hauptverfahrens nicht ausreichten. — Schwurgericht. Die zweite gestrige Verhandlung richtete sich Wider die 1881 in Leukersdorf geborene, zuletzt in Pulsnitz wohnhafte Schneiderin Jda Sclma ledige Streubcl. welche sich wegen versuchter Kindestötnng zu verantworten hat. Als Verletzter kommt das außerehelich geborene Kind der Ange klagten in Frage. Zur Aufklärung des Sachverhalts sind fünf Zeugen geladen. Die Anklage vertritt Assessor Dr. Bergmann, während die Verteidigung Rechtsanwalt Müller v. Berneck über nommen hat. Während der Beweisaufnahme, der Plaidohers und der Verkündung des Spruches der Geschworenen bleibt die Oeffcnt- lichkeit ausgeschlossen. Das Urteil lautet auf 2 Jahre Gefängnis. Die Angeklagte verbleibt auf freiem Fuß. — Oberlandesgcricht. Der Nctturheiltundige Schüller in Vorstadt Plauen behandelt, ohne die behördliche Ge nehmigung zum Betriebe einer Privatkraukenanstalt zu besitzen, kranke Personen unter Anwendung des sogenannten Natnrheil- Verfahrens in seinem eigenen Grundstück, in dein sich eine Bade anstalt befindet. Die beiden oberen Stockwerke sind zu Wohn zwecken vermietet, während der zum Grundstück gehörige Garten Sch.s Patienten zur Verfügung steht. Die von ihn, verordnte Behandlung führt Sch. selbst aus. Im November und Dezem ber 1904 hat er nun einen Marktbelfer etwa drei Wochen lang behandelt, der während dieser Zeit im Grundstücke des An geklagten bei einer einzelnen Frau zur Untermiete wohnte und beim Beschuldigten die Mittaaskost ejnncihm. Aus all diesen Einzelheiten hat das Landgericht, das auch festgestellt hat, Sch. habe das Wohnen und die Beköstigung des Patienten in seinem Hause gewußt und gewollt, die Ueberzcugung gewonnen, daß das Gesamtuuternchmen sich als eine Privatkrankenanstalt dar stelle und deswegen den Angeklagten wegen Vergehens gegen die KZ 30 und 147 der Gewerbeordnung in Strafe genommen. Die vom Angeklagten eingelegte Revision rügt Verletzung dieser Bestimmungen, weil die tatsächlichen Feststellungen zur Be- strasung nicht ausreichten. Sch. besitze eine Badeanstalt und praktiziere als Natürheilkundiger, ohne sich um die Wohnung und Beköstigung seiner Patienten zu kümmern. Von einer Ueberwachung der Nahrung der Kranken könne deshalb, weil ein solcher einmal einige Zeit bei ihm zu Tisch gegessen habe, noch nicht gesprochen werden. Es liege auch gar nicht in seiner Macht, den Mietern seines HauseS Vorschriften zu machen, an wen sie ihre freien Räumlichkeiten vermieten wollen. Gemäß dem An träge deS Staatsanwalts wird die Revision kostenpflichtig mit dem Bemerken verworfen, das eingelegte Rechtsmittel wende sich lediglich gegen tatsächliche Feststellungen des Vorderrichters, die aber in der Revisionsinstanz unanfechtbar seien. — Landgericht. Der Mjäbrige, in Rndeberg geborene, in Moritzdorf wohnende Glasatchester Heinrich Ewald Rünsch kehrt« am 18. April mit einem Berufsgenoffen im „Linden garten" zu Groß-Okrilla ein. Als der Begleiter am Bier- der Diebstahl bald entdeckt wurde, konnte sich Rönsch des Be sitzes der 90 Mark nicht lange erfreuen. Er erntet wegen Rück- falldiebstabls 4 Monate Gefängnis und 1 Jahr Ehrverlust. — Bor dem Berufungsgericht hat sich der 1868 in Oberdittmanns dorf geborene Reisende Hermann August Mißbach wegen Be trugs zu vetantworten. Er trat einigen Mädchen gegenüber als Heiratsschwindler auf, nahm den allzu Vertrauensseligen insgesamt 1100 Mark ab und wurde dafür vom hiesigen Schöffen gericht zu 8 Monaten Gefängnis verurteilt. Die 4. Straf kammer bestätigt die ausgeworfene Strafe, rechnet jeddch 1 Monat Gefängnis als durch die Untersuchungshaft verbüßt an. — Per Fabrikarbeiter Karl Gustav Adolf Geßwitz ließ in einem hiesigen Gasthofe «ine unsittliche Bemerkung fallen und verleumdete dadurch öffentlich die erwachsene Tochter eines anderen Gastes. Das Schöffengericht diktierte ihm 1 Woche Gefängnis zu. Die von G. eingelegte Berufung wird nach nochmaliger geheimer Beweisaufnahme kostenpflichtig verworfen. — Der 1867 in Lichtensee bei Riesa geborene, in Dresden woh nende wiederholt vorbestrafte Wäscher Johann Karl Wachst:! wird nach geheimer Beweisaufnahme wegen Zuhälterei zu 4 Monaten Gefängnis, 3 Jahren Ehrverlust und Zulässigkeit der Polizeiaufsicht verurteilt. Nach Verbüßung der Strafe ist der Angeklagte der Landespotizeibehorde zu überweisen. — Vor dem- selben Gerichtshof Lat sich der etwa 30jährige „Schriftsteller" Friedrich Anselm Schreitmüller wegen Rücksaltdiebstahls zu ver antworten. Der Angeklagte hat ein hiesiges Realgymnasium bis Obersekunda besucht, wurde mit 20 Jahren Aufschreiber bei der StoatSeisenbcchn, dann Küchenbuchhalter in einem hiesigen Hotel und bekleidete später mehrere kaufmännische Stellen. In den letzten vier Jahren will er hervorragend literarisch tätig gewesen sein, „aber nicht sin der Zeit, in welcher ich Strafe verbüßte", gibt «reibst an. Er yat zwei Betrngsstrcisen von 2 Jahren 4 Monaten und 4 Monaten Gefängnis erlitten, und zwar wegen Delikte, wie die heute unter Anklage stehenden. Am 'er auS dem Gefängnis in Bamberg entlassen, i in München und Nürnberg auf, kam .. Dresden und bezog Wohnung auf der Großen Brüdergasse, später im Hause Wilsdruffer Straße 16. Sein« einzigen Eristenzmittel bildeten Unterstützungen deS Bru der». Am 28. Avril machte er einem hiesigen Kommerzien rat einen Bettelbesuch, erhielt 25 Mark, zugleich aber auch die Versicherung, daß eS keine weitere Unterstützung geben werde. Trotzdem erschien bei dem wohltätigen Herrn am folgenden Tage on «in Dirnstmann mit einem Briefe Schreitmüllers, worin !k« aNoab. für den 1. Mai durch Vermittlung eines hiesigen * gleichartiger DeftNe, wie vie S. Febr. d. I. wurde er auS t hielt sich eine Zeitlana in am 19. Februar nach Drei Areiber aber doch wieder 2S Mark ein. Auf ganz dieselbe Weise betrog der Angeklagte am 14. Mai die Frau eines Ober- konsfftorialrats um 20 Mark, nachdem die Dame dem Bittenden vorher schon 10 Mark geschenkt hatte. Ein drittes Opfer fand Sch. in der Person einer in einem Neustädler Hotel bediensteten Kellnerin. Mündlich und schriftlich versicherte er dem Mädchen, daß er der Sohn sehr reicher Eltern sei, sich aber mit seinem Stiefvater überworfen Hab« und dessen Unterstützung verschmähe. Zwei große Taarsgeitüngen hätten ihn gegen je 180 Mark Monatsgehalt als Korrespondenten engagiert. Das Mädchen gab in kleineren Beträge» 14 Mark her und kreditierte dem „Herrn Doktor" die Zeche, schöpfte jedoch, als Sch.. immer mehr Geld verlangte, Argwohn und erstattete Anzeige. Die Anklage nimmt weiter an, daß Schreitmüller einen Betrug gegen eine hiesige Exzellenz versucht und am 6. April seine Wirtin durch die Angabe, er habe eine Brieftasche mit 450 Mark Inhalt verloren, zur Hergabe eines Darlehens von 4 Mark bewogen habe. Bezüglich dieser letztgenannten beiden Anklage- punkte läßt sich der Schuldbeweis jedoch nicht erbringen. Unter teilweiscr Freisprechung wird Schrcitmüller wegen Rücksall- betrugs in zwei Fällen zu 2 Jahren 3 Monaten Gefängnis und 5 Jahren Ehrverlust verurteilt: 1 Monat Gefängnis gilt als verbüßt. Der Zentrnms-Wahlsieg in Bayern. Die Bedeutung des ultramonianen Wahlsieges in Bayern wird von de» meisten Blättern ernst gewürdigt, nicht nur im Hinblick auf die innere bayrische Politik und Gesetz gebung, sondern auch mit Bezug aus die unausbleibliche Rück wirkung auf das Reich. Der Einfluß des Zentrums im Reichs tage und auf die Reichspolilik im allgemeinen darf schon >eit Jahren nicht, unterschätzt werden. Er ist bei dem opportnnisti- scheu Charakter der leitenden Stellen der Neichspolitik längst größer, als sich bei den einzelnen Akten der Neichsgcsetzgebung zeigt. Er wird voraussichtlich noch weiter wachsen. Ganz im Tone des Herrn Orterer und der bayrischen Zentriimsprcsse schreibt das Berliner Organ dieser Partei, die „Germani a", indem sie betont, daß das Zentrum aus eigener Kraft 13 neue Mandate erobert habe, u. a. folgendes: „Einen Wendepunkt in Bayerns Politik muß allerdings dieser Erfolg des Zentrums bedeuten: denn das Zentrum kann, nachdem die gestrigen Ur- wahlen überzeugender als je dargetan haben, daß es die über wältigende Mehrheit des bayrischen Volkes hinter sich hat, un möglich dulden, daß eine mehr oder minder liberale Regierung noch länger eine den Wünschen und Forderungen dieser über wiegenden Mehrheit entgegengesetzte Politik treibt, eine Politik, die weil mehr Rücksicht auf die kleine liberale Minderheit nahm als die starke Zentrumsmehrheit. Jetzt, nachdem der Libera lismus, wohlgemerkt: nicht etwa nur der Nationalliberalismus allein, sondern der Gesamtliberalismus in allen seinen Schattie rungen: Nationalliberale, Freisinnige und Demokraten, sozu sagen vollständig am Boden liegt, ein volles Drittel seines seit herigen Besitzes eingebüßt hat und nicht mehr ein Sechstel der Abgeordnetenkammer ausmacht, kann die Regierung auch nicht mit dem geringsten Schein von Recht mehr sagen, daß sie aus diesen vom Volke so vollständig verurteilten Liberalismus Rück sicht nehmen müsse. Sie kann das um so weniger, als das über den Liberalismus gefällte Verdikt auch ihr gilt, ihr, die das Mög liche getan hat, um diesen Liberalismus über Wasser zu halten. Es darf daher erwartet werden, daß vor allem die Minister, die vor den statlgchabten Wahlen taten, was in ihren Kräften stand, um den Liberalismus vor Verlusten zu schützen, für sich bie Konsequenzen aus dem Verdikt des Volkes ziehen, und daß, wenn sie es nicht tun sollten, dann ihnen diese Konsequenzen in nicht zu übersehender Weise vor Augen geführt werden. Daß das Wahlergebnis auch seitens der Krone beachtet und entsprechend gewürdigt wird, darf als selbstverständlich gelten." Ucbermäßig bescheiden ist die Tonart nicht: interessant aber vom „Tolcranz"-Standpunkte die Erklärung, daß die Regierung auf Minderheiten keine Rücksicht zu nehmen habe. Der „B o r - wärts" schreibt über die Stellung der bayrischen Sozialdemo kraten in diesem Kampf: „Tos entscheidende Merkmal des Wahl ergebnisses ist die Sicherung der Wahlresorm. Zentrum und Sozialdemokratie haben die Zweidrittelmehrheit, die zu er kämpfen sie. sich als Aufgabe gestellt hatten. Die Liberale», die mit zerrissenen Fahnen und geschlagenen Truppen i» das Parlament zurückkehren, sind außer Stand gesetzt, die Wahl reform noch einmal zu hintertreiven. Ein besseres Wahlgesetz, wenn es auch nicht den Wünschen d-r Sozialdemokratie gerecht wird, steht in Aussicht. Vor allem wird das für unsere Partei schädliche indirekte Wahlsystem beseitigt werden, und es werden die Wahlkreise auf Grund der Bevöikerungszahl von 1900 gleich mäßig eingeteilt werden. Es darf als festst egend gelten, daß alsbald nach Abschluß der Wahlresorm Neuwahlen aus Grund des neuen Gesetzes aubcraumt werden, bei denen dann auch ähnliche Wahlbündnisse, wie bei der jetzigen Wahl, nicht mehr nötig sein werden. Nurwiderwillig hatte sich die Sozialdemokratie auf das wahltaktische Abkommen mit dem Zentrum eingelassen, nur gezwungen durch die Bemühungen der Liberalen, die Wahlresorm für alle Zeiten unmöglich zu Machen. Nachdem die Liberalen die Zeche bezahlen mußten, wird unsere Partei die nächsten Wahlen mit vollster Selbst- st ci n d i gleit führen und ihre ganze Kraft entfalten können." Die „Kre u z z e i tu ng" knüpft an den Sieg des Zentrums folgende Betrachtungen: „Der große Wahl sieg des Zentrums in Bayern verschafft den Gegnern des bisherigen Wahlrechts, Zentrum und Sozial- demokratie, die Zwcidrittel-Mehrheit im Landtage, und der „Vorwärts" betrachtet es schon als sicher, Laß in Kürze das indirekte Wahlsystem beseitigt würde, worauf nach Abschluß der Wahlresorm Neuwahlen stattfinden müßten. Von diesen Neu wahlen versprechen sich Zentrum und Sozialdemokratie auch bei vollkommen selbständigem Vorgehen eine noch entscheidendere Niederlage des Gesamtliberalismus, der ,ctzt schon im Parlamente zur Bedeutungslosigkeit verurteilt ist. Wie sehr wir diese Demokratisierung des Landtages in dem zweitgrößten Bundesstaate beklagen, brauchen wir nicht erst auszusprechen. Die völlig zerfahrenen Parteiverhältnisse in Bayern tragen hieran die Schuld. Man muß es in den liberalen Blättern lesen, wie beweglich sie fronen, warum denn eigentlich der Sozialdemo krat nicht mit dem ihm so viel näher stehenden Liberalen, statt nüt dem „reaktionären, bildungsfeindlichcn" Zentrumsmanu ge gangen sei. Eine Partei, die dem Umsturz so freundliche Worte gönnt, kann sich nicht beschweren, wenn die Gegenpartei das tut, was sie selbst so gern getan hätte. Das Anwachsen der Zentrums partei selbst aber erklärt sich ganz allein aus dem Wiedcransachen des Kulturkampfes durch den Liberalismus. Das Zentrum ist ein Produkt des ersten Kulturkampfes, es verdankt sein weiteres Blühen dem Kampfe gegen die alten Kulturkampfgcsetze, und cs wird zu ungeahnter Macht aussteigen, wenn Regierung und Liberalismus neue konfessionelle Kämpfe hcrcmssnhrcn. Ter Liberalismus wird keinen Vorteil davon haben, wir Konservative Nur Nachteil. Mer alle Welt glaubt trotzdem wieder einmal Ultramontanismns und Jesuitismus mit äußeren Mitteln be siegen zu können!" Tageslleschichte. Unerquickliches aus der Samoa - Gesellschaft. Zu erregten Auseinandersetzungen kam es, wie bereits kurz mitgeteilt, in der letzten Generalversammlung der Deutschen Samoa-Gesellschaft, in welcher nach mehrstündiger Verhand lung! dem Äussichtsrate die Entlastung ver weigert wurde. Sofort nach Eröffnung der Sitzung pro testierte Rechtsanwalt Margarasf gegen die Amtsführung des Admirals v. Werner, weil dieser seine Stellung als Vor sitzender des Aufsichtsrats niedergelegt und aus dem Aufsichts rate ausgeschieden sei. Er wurde in seinem Proteste von ver schiedenen anderen Herren unterstützt. Admiral v. Werner er warte demgegenüber, daß er nach wie vor den Posten eines Auf sichtsrates führe. Er habe allerdings unter dem 5. November das Amt niedergelegt, jedoch auf eine Aufforderung des ge samten Aufsrchtsrats hin die schriftliche Erklärung abgegeben, daß er seine Austritts-Erklärung vorläufig bis zur, nächsten Generalversammlung zurückziehe. Dieser Brief sei an den stell- vertretenden Vorsitzenden des AufsichtSrats, Kapitän v. Arn- städt, gesandt, welchem durch Herrn Baumeister Medon, «de»- falls Mitglied des Äuffichtsrals. der Vorwurf gemacht wurde, daß er den letztgenannten Teil des Schreibens nicht richtig zur Kenntnis des Aussichtsrats gebracht habe. Erst am 24. Mai habe Rechtsanwalt Dr. Gelpke, welcher proviiorisch den Vorsitz führte, von dem Briese Kenntnis erhalten und sein Amt nieder- gelegt, worauf dann in der Aussichtsratssitzung vom 16. Juni beschlossen worden sei, die Rücknohme-Erkiaruna des Admirals v. Werner anzuerkennen und den unter falschen Voraussetzungen zum Vorsitzenden gewählten Dr. Geipke des Amtes zu ent heben. Nach einer weiteren, zum Teil außerordentlich heftigen Geschästsordnungsdebatte erklärten Admiral v. Werner und Kapitän v. Arnstädt, aus die Leitung der Versammlung ver zichten zu wollen. Die Generalversammlung bestimmte nun- mehr Direktor Goldstücker als Leiter der Versammlung. Dieser erteilte vor Eintritt in die Tagesordnung dem in Vertretung des Auswärtigen Amtes der Sitzung beiwohnenden Geheimen Legationsrat Rose das Wovt, welcher die Gültigkeit der Generalversammlung anzwciselte. Das Kolonialamt bedauere, konstatieren zu müssen, daß die Generalversammlung nicht ordnungsgemäß einberusen sei. Satzungsgemäß habe die Be kanntgabe der Generalversammlung 14 Tage vor Abhaltung derselben im „Neichsanz." und in der „Deutschen Kolonialztg. zu erfolgen. I» der am 25. Juni erschienenen Nummer der „Deutschen Kownialztg." habe die Bekanntmachung nicht ge- standen, sondern in einer Extraausgabe am 26. Juni. Diese sei aber nur in 400 Exemplaren gedruckt und versandt worden, und da somit die Mehrzahl der Abonnenten der „Deutschen Kolonialztg." die Bekanntmachung nicht erhalten habe, jo sei gegen die Latzungen verstoßen und die Beschlüsse der Generalvcr- silmmlung seien ungültig. Ein Schreiben mit einem mit der Erklärung gleichlautenden Inhalt war vom Auswärtigen Amte dem Anfsichtsrate der Deutschen Samoa-Gesellschaft übermittelt Worden, in welchem die Behörde ansragt, welche der jetzigen Situation entsprechende Maßnahmen der Aufsichtsrat getroffen habe. Hierzu erklärt Herr Medon, daß der Brief erst am vorhergehenden Abend eingegangen sei und infolgedessen keinerlei Maßnahmen getroffen werden konnte». In einer nachfolgenden längeren Debatte gaben die Herren Medon und Direktor Ullmann Aufklärung darüber, welche Umstände zur Herausgabe der Extra n um in er Veranlassung gegeben hätten. Im Verlause der weiteren Debatte bestritten Direktor Goldstücker und andere Redner der Regierung das Recht, sich in diese Angelegenheit zu mengen, während ein Herr Zeckel aus Lübeck Protest gegen die Gültigkeit der Generalversammlung erhob. Es wurden Anträge gestellt, in die Debatte einzutrcten, jesoch von einer Abstimmung abgcwhen, weil der Vorsitzende, Direktor Goldstücker, die Auffassung, daß sich das Auswärtige Amt nicht hineinzumischen habe, aufrecht erhielt. Es wurde noch darauf aufmerksam gem.acht, daß zu der vorjährigen Generalversamm lung die Einladung schon zu spät ergangen sei, daß aber die Regierung, obwohl der Vertreter des Auswärtigen Amtes au» wejend gewesen sei, keinen Protest erhoben habe. Als zur Erledigung des Punktes 1 der Tagesordnung ge schritten wurde, vcrließ Geh. Legaüonsrat Rose oen Saal. Auch dieser Punkt führte zu außerordentlich heftigen Debatten, in deren Verlaufe die in oer Presse erörterte Verhaftung des D i r c k t o r s der D e»t s ch e n S a m o a - G e s e l l s ch a f t Deeken zur Besprechung gelaugte. Direktor Deeken, der anwesend war, erhob schwere Anschuldigungen gegen den Gou verneur Sols von Samoa, welche in schwebenden Prozessen zur Klarlegung der Sachlage führen werden. Es gelangte auch die Beschlagnahme der Privatkorrespondenz der Direktoren Deeken und Ullmann durch das Auswärtige Amt zur Sprache, und hierbei kam es zwischen Direktion und Aufsichtsrat, welch letzterer durch das Auswärtige Amt Kenntnis von dem In halte der Briese erhalten hatte, abermals zu heftigen Aus einandersetzungen. Es wurde den Mitgliedern des Aussichts- rcttes zum Vorwurf gemacht, daß sie einer derartigen Verletzung des Amtsgeheimnisses nicht cntgegengetrcten wären. Direktor Ullmann erklärte dann bei dieser Gelegenheit, daß er seinen Vertrag nicht gekündigt habe und sein Amt, wenn er das Vertrauen der Generalversammlung besitze, wcitersühren werde. ES kam nunmehr zu den Abstimmungen und Wahlen. Vertreten waren 3825 Stimmen. Die Bilanz wurde genehmigt mit 3210 gegen 359 Stimmen. Dem Vor stände wurde mit 2894 Stimmen gegen 399 Stimmen Entlastung erteilt, dagegen dem Aufsichtsrat die Entlastung mit 2525 gegen 233 Stimmen verweigert. Von den statutarisch ausscheidenoen zwei Aufsichtsratsmitgliedern wurde nur Oberst v. Dietfurth wiedergewäylt. An Stelle des Freiherr» v. Wechmar wurde Buchhändler Kableis aus Köthen gewählt: für Admiral von Werner, dessen seinerzeit erfolgte Amtsniederlegung die Ver- sammlnng als zu Recht bestehend erachtete, sowie an Stelle der durch den Tod ansgcschiedcnen Herren Ingenieur Gehrke und Rechtsanwalt Gelpkc wurden Professor Nothenbücher, Stabs arzt Dr. Huber und Rechtsanwalt Marggrasf zu Mitgliedern des Auffichtsrats ernannt. Deutsches Reich. Tie Vergrößerung des Typs u n s e r e r L i n i e n s ch i f s e. die bekanntlich von dem mit dem Neichsmarmeamt in naher Beziehung stehenden „Nautilus" für 1905 angekündigt worden ist, verursacht dem Zentrum schon jetzt Beklemmungen. Die „Köln. Volksztg." schreibt: „Daß diese Entscheidung schon auf Grund der bisherigen Berichte über die Seeschlacht bei Tsuschima mit dieser Sicherheit gefällt werden konnte, ist einigermaßen erstaunlich. Die vernichtende russische Niederlage lxttte jedenfalls mehr als eine Ursache: von Fachmännern, darunter vom „Nautikns" selbst, wird in dieser Beziehung namentlich betont, daß die Russen „in ihrer personellen Leistungs fähigkeit, in der Geicluvaderfchulung und Schießausbildung, in der Verwendung sämtlicher Waffen, vie ihnen anvertraut waren, den Japanern unterlegen waren und sich fühlten". — Trotzdem sind aber unsere Fachmänner von der Notwendigkeit der Verarößc- rung überzeugt, und das Zentrum wird wohl in den sauren Apfel beißen müssen. Die aktive Schlachtflotte hat von Kiel aus ihr« vierwöchige Ucbnngsfcmrt nach der Nordsee, Dänemark und Schweden angetreten. 13 Schlachtschiffe unternehmen eine kriegs mäßige Kanalfahrt, auf der Unterelbe folgt dann eine kriegsmäßige Bekohlung der Schisse. Die Kreuzer und Torpedo boote der Flotte umschiffen Skagen und vereinigen sich am 16. und 17. mit den Schlachtschiffen. Die Durchschleusung der letzte ren ging glatt von statten. Aus Berlin wird mitgetcilt: Zur Verstärkung der s ü d w e sta f r i ka n i s ch c n Schutz 1 ruppe sollen demnächst ausgestellt werden: Die 5. Etappenkompagnie und eine Ver stärkung der 4. (Fuhrpcirk-jKolonnenabteuung. Die 5. Etappen kompagnie (bestehend ans: 1 Kompagnieführer, 4 Leutnants, 1 Ober- oder Assistenzarzt, 1 Oberoeterinär. 171 Unteroffizieren und Gemeinen, Unterbcomten, 196 Reitvferden, 12 Fahrzeugen) und die Verstärkung der 4. (Fuhrpark-Molonnenabteilung (be stehend aus: 2 Leutnants, 112 Unteroffizieren und Gemeinen, 114 Reitpferden) werden am 15. Juli dieses Jahres auf dem Truppenübungsplätze Münster ausgestellt und voraussichtlich am 29. Juli von Hamburg aus mit dem Dampfer „Lulu Bohlen." nach Lüdcritzbucht abfahren. Ein herzlicher Sk a ch r u f wird im „Reichsanzeiger" dem am 10. Juli i» Berlin verstorbenen Mnisterialdirektor a. D.. Wirk!. Geh. Rat Ernst Konrad Viersch gewidmet, der dem Justiz ministerium 15 Jahre, darunter 9 als Direktor, angehört hat. Geboren am 4. März 1838 in Frankcnstein in Schlesien als Sohn eines höheren Iustizbccinttcn. wurde er 1863 Gerichtsasseffor, 1871 Stadtrichtcr, 1875 Stadtgcrichtsrat und 1879 Landacrichtsrat in Breslau. Am 1. September 1882 erfolgte seine Beförderung zum Obcrlandcsgcrichtsrat in Köln. 1886 als Hilfsarbeiter in daS- Justizministerium berufe», wurde er 1889 zum Geheimen Justiz rat und Vortragenden Rat ernannt. Es folgte am 10. April 1892 seine Beförderung zuin Geheimen Obcrjustizrat und am 28. Mat 1895 diejenige zum Direktor im Justizministerium und Wirklichen Geheimen Oberjuslizrat, in welcher Stellung er hauptsächlich die Personalien sowie die o.„ Nach längerer . „ , , „ im Spätsommer 1904 plötzlich eingetretcne schwere Krankheit, seine Versetzung in de» Ruhestand nachzusuchen, die ihm zum l. Oftober 1904 mit Pension und unter Verleihung des Charakters als Wirk licher Geheimer Rat mit dem Prädikat ..Exzellenz" allerhöchst bewilligt wurde. Das Ausscheiden dieses ausgezeichneten Beamten bedeutete für das Justizministerium einen schwere» Verlust. Setzten ihn umfassende Kenntnisse auf allen Gebieten deS Rechts und der Dresdner Nachrichten. 193. Seite 3. »» Freitag. 14. Juli 1V«5