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»r ist« — „Dresdner Ttachrlchfev" — Nr. 4SI Seite ^ Das Vereinsparaöies. Bon Ursula v. Wedel. Bekanntlich sind zwei Leute zu wenig, um einen Verein »» begründen. Daß aber drei genügen, müssen wir schon aus dem alten Wttzwort entnehmen, wonach drei Deutsche, wenn sie wo »usammenkommen. nicht« Eiligere« »u tun haben sollen, al« einen Verein »u konstituieren. Man kann sagen, da« sei übertrieben. Ich glaubte e» bi« heut« auch. Seitdem ich aber einen schönen Sommer-Sonnabendnachmittag aus dem Münchner Hauptbahnhvf ,»gebracht habe, fange ich an, ,u glauben, daß e» unter meinen Landsleuten sogar opferwillige Enthusiasten gibt, die sich, wenn der dritte Mann gerade sehlt, in zwei Hälften schneiden lassen, um eine Berrinögründung »u ermöglichen. — Kann auch sein, daß München aus alles, waö Verein ist, eine besondere intensive Anziehungskraft auöübt, wenn e« gilt, Strafgelder, oder sonstige Bereinskasscn für eine gemeinsame Reis« auSzugrben. Tatsache ist, das, ohne jeden andern ersichtlichen Grund, al» ihn die vereinigte sommerliche und sonnabendliche Reiselust de« Deutschen überhaupt hoten, an diesem einen Sonnabendnachmittag, den ich wegen einer Telegrammkonsusion stundenlang tatenlos aus dem Bahnhof verbringen muhte, nicht weniger als ein gerütteltes und ge schütteltes Dutzend von Vereinen mit fliegenden Hahnen auS allen Himmelsrichtungen des deutschen Vaterlandes von den verschiedenen Bahnsteigen au« in die bäurische Hauptstadt strömten. Wie sich aus Befragen ergab, jeder einzeln für sich, unabhängig von den anderen, vereinöstatutengemäh ihren Jahresauvslug machend, um ein neues Stück deutscher Heimat erde kennen zu lernen. Nur, wer selbst einmal einen halben Tag auf einem Bahn- Hof zugebracht hat, kann ermessen, was so ein neuctngelausener, sich entleerender Zug, der das Einerlei des Wartens unter- bricht, für eine willkommene Erscheinung sein kann. Für mindestens fünf Minuten zieht er die -lugen von den langsam vorwärtSruckelnden Zeigern der Bahnsteiguhr ab. Aus- stetgende Vereine aber, die sich aus dem Perron sammeln und formieren, ihre Fahne entfalten und unter Kommando ab- warschicrcn, wenn sie nicht gar dem verlassenen Zug einen -UischicbSgesang und dem erreichten Reiseziel eine Be- grühnngShnmne darbringcn, dehnen diese stins Minuten maiichmal fast zu einer Viertelstunde auS. Außerdem über- trtfft baS brennende Interesse, mit dem man versucht, bet jedem neu aussteigenden Verein an den Emblemen der Fahne oder der an den Rockaufschlägen prangenden VcrcinSabzeichen „Nam' und Art und woher der Fahrt" zu erraten, die Wonnen selbst der kompliziertesten Kreuzworträtsel. Bei Sportinstru- menten, Tennisschlägern, Flugzeugpropellern ist dies Ratespiel nicht schwer. Tiergestalten, Jagdutensilien, Fahrräder oder Kamtnsegerleitern, die vier ? der Turnervereine, Anker oder gefächerte Karten-Asse als Knopslochzier stellen auch keine all zu groben Anforderungen an die menschliche Kombinations gabe. Sieht man aber eine Brieftaube, die zierlich mit den Krallen beS einen FühchenS in die Saiten einer Leier greift, so verwirrt man sich natürlich, weil sich aus der leichtsinnig vor eiligen mythologischen Verschmelzung von Apollos Leier mit den weihen Tauben der Gcrmaiicngöttin Freya — aber halt, waren das nicht weihe Katzen? — kein befriedigendes Resultat ergibt. Erst eine Frage fördert dav stolze Bekenntnis zutage, daß die würdigen Männer und hochgemuten Jünglinge, die sich in srcudiger Begeisterung um bas selbstgcwählte NcvuS- Banner scharten, sangcsfreudige Postbeamten seien, die so ihre bürgerliche Existenz mit den künstlerischen Bestrebungen ihres Vereins zu verschmelzen trachten. Hier hätte der ans einer Weltreise begriffene amerikanische Humorist hingehört, der glaubte, das Volk zwischen Maas und Memel mit dem lapi daren Satz schildern zu können: „Die Deutschen sind ein musik- liebcndcS und bicrtrinkendes Volk." In der unter fröhlichem Gesang tn die Kapitale des Bieres einztchenden Vercinsschar batte er freilich eine Bestätigung seiner Behauptung gesunden. Aber vervollständigt durch den solid - bürgerlichen Hinter- grunb, den die gemeinsame Beamteneigenschast dieser Vereins mitglieder betonte und in dem vielleicht das deutscheste Element aller Vereine sich offenbart. Die anderen Völker haben nämlich auch Vereine, genau wie wir. Sie nennen sie nur anders. In England etwa Club, in Frankreich Cercle. Und, anstatt aus der Basis gegenseitiger Unterordnung unter das Ganze, Disziplinierung und Pflege der gemeinsamen Interessen, wenn's nottut auch einmal unter Hintansetzung der eigenen persönlichen Bequemlichkeiten, auf, gebaut zu sein, wie die deutschen, suchen die Mitglieder solcher ausländischen Vereine in ihnen eigentlich erst recht Befried!» gung allerpersönltchsten EgotSmuS'. Angelsächsische Clubs wie lateinische Cercles sind oft, wie die deutschen Vereine in ihrer Mehrzahl, der Pflege einer Kunst, eines Sports, Lebendig- erhaltung von Erinnerungen oder Durchsetzung von Zukunfts- hasfnungen, MtldtätigkeitSbestrebungen oder Lerneifer ge widmet. Meist, wie auch einige deutsche Vereine, ganz aus gesprochen nur mit dem Zweck ins Leben gerufen, den ge selligen Zusammenschluh der Mitglieder zu fördern und zu er leichtern. Während man aber tn Deutschland den Vereins, statuten sich freudig untcrordnet, stolz ist, für den Verein z» arbeiten, ihn als Ding an sich aufblühen zu sehen, betrachtet tbn namentlich der Großstädter anderer Völker, nachdem der -leitrag bezahlt ist, als seiner Pirson dienstbar und verpflichtet. Dem Londoner sind die Zeitungen im Club, der Heimcrsatz, den dieser bietet, wichtig, aber nicht ehrwürdig: dem Pariser ist das Spielchen ohne Störung durch die Polizei, das ihm der Cercle zusichert, das liebste daran. Beide, zumal wenn sie keinen Beruf haben, benutzen außerdem die Mitgliedschaft alö gesellschaftliches Aushängeschild, gewissermaßen als Titelersatz. Co wie man etwa im titelsreudtgen München einen Menschen sofort in die ihm zukommende Stellung innerhalb der bürger lichen Gesellschaft einzureihcn vermag, wenn man von ihm anstatt mit Name», als von dem Herrn Doktor oder der Fra» Geheimrätin spricht, oder vom Herrn Kanzleioberaufseherstell. Vertreter und der Frau Trambahnritzcnkratzertn sich unter- hält, so weih man tn London und Parts eben auch gleich, wo man einen Menschen hinzutun hat, wenn man erfährt, welchem Club er als Mitglied angehört. Denn die Behauptung, daß nur in Deutschland eine gesellschaftliche Klasseneinteilung der Menschheit bestehe, ist ebenso kühn, wie die, daß nur Deutsche Vereine gründeten. Wir Deutsche verstehen eS nur am besten, die Vereine zu pflegen. Trotzdem möchte man behaupten, wenn man die Sache einen ganzen Nachmittag lang studiert und von allen Seiten betrachtet hat. dah eS eigentlich auch im deutschen VeretnSwese» noch viele Lücken auözustvpfen gäbe. Auch hier ist der letzte Grad der Vollendung noch nicht erreicht. Zwar musikalische Vereine gibt e«, nach den von mir gemachten Bahnhofsbeobach- tungen, säst genug. Und wenn diese auch, wie das begeisterte Hinstürzen sämtlicher an Bahnsteigkövfen Wartenden bewies, sobald auS einem neueinlaufenden Zug die Vorbereitungen zu einem BereinsbegrüßungSsang oder einem instrumen talen Ständchen sich vernehmen liehen, äußerst beliebt sind und Wilhelm Busch' perfide Behauptung, dah „Musik oft nicht schön gefunden werde", glänzend widerlegen, so gibt eS doch noch andere Dinge, die bis jetzt von den BereinSbegründern sträf lich vernachlässigt wurden und die gerade so recht geeignet scheinen, durch BereinSpflege gefördert zu werden. Da wäre, um nur einige bescheidene Vorschläge zu machen, der dringend notwendige „Verein der niemals tm Kino Gewesenen", der sehr zeitgemäße „Verein der Radio-Verächter". Der „Verein der Herren Direktoren, die keine Direktion haben" mühte wahr scheinlich wegen UcberfüNnng in viele Zwetggruppen geteilt werden. Der Verein der „Antibubiköpfler" ist aber sicher schon im Entstehen, wenn er auch, ebenso wie der zur „Wiederein führung langer Frauenröcke, womöglich mit Schleppen", nur männliche Mitglieder ausweisen dürste. Fast nur weibliche zählen dagegen die zahlreichen Vereine „Zum total KopsloS- werden mitten aus der Strohe". Von diese» erzählte mir ein Berliner VerkehrSschutzmann, der mit seinem „Verein zur Ein- sührung alter Posthornweisen aus den BerkchrStürmen der Großstadtstraßenkreuzungen" (Fahne: „Drei Rosse vor dem Wagen . . ."1 cb-'vsans nach München kam. Er fügte Hinz», daß, seiner Veobachtung nach, auch ein Verein zur Pfleg« von Maschinenbefekten an Automobilen aus verkehrsreichen Plätzen bereit» bestehen müsse oder doch bald in» Leben treten werde. Wie man steht, sind dt« modernen Möglichkeiten zur ver- etn«gründung mit idealen, bo«hafte» oder praktischen Zwecken noch lange nicht «rschöpst. Vermischtes. «eutzerungen de» Deulschenhasse» In Rumänien. Die Sonbrctte, die Königin «nd der ««ritterliche Kommandant. Fm siebenbürgischen Badeort Scovata bat sich ein eigen- tümltcher Zwischenfall ereignet. Di« deutsch-ungarische Sou brette Jlka Palmay war auf direktes Verlangen der Königin von Rumänien in einem Wohltätigkeitskonzert ausgetreten und hatte dabei deutsche und ungarische Lieder gesungen. Die Königin, die mit ihrer Tochter dem Konzert beiwohnte, spendete der Künstlerin lebhaften Beifall. Kaum batte die Königin d«n Saal verlassen, als sich der Kommandant der rumänsche« Sicherheitspolizei mit groben Worte» an die Künstlerin wandte »nd sie ,«r Rede stellte, wie sie es wagen könne, aus rumänischem Gebiete ungarische und dentsche Lieder z« singen. Darauf trat er auf den Orchcsterdtrigenten zu und versetzte ihm mehrere Ohr feigen. Tin Aulo vom Zug überfaftrenr Wie aus Reichcnhall gemeldet wird, wurde auf der Bahn linie Reichcnhall—Berchtesgaden ein auf einem Transport zum Krankenhaus befindlicher Kraftwagen der freiwilligen GanitätSkolonnc Reichcnhall von einem elektrischen Zug er saht und sieben Meter weit über den Bahndamm in den Garten einer Villa geschlendert. Das Auto wurde vollständig zertrümmert und der Bcgleitmann schwer verletzt. Eine auf der Tragbahre angcschnallte Frau und der Führer des Kraft wagens blieben unverletzt. Einbruch in das Karlsruher Kauplzollaml. In dem Hanptzvllamt in Karlsruhe wurde am Mittwoch ein schwerer Geldschranketnbruch verübt. Die Täter, die der Kriminalpolizei bis jetzt noch unbekannt sind, erbeutete» Steuerwertzcichcn im Werte von mehr als 30 000 Mk. Kamps gegen den Lärm Die United States Gypsnm Company in Chicago hat einen Mörtel hergcstellt, der als Wandputz einen großen Teil des Schalles absorbiert und infolgedessen für große Labora torien, Schnlräume, Hörsäle, Funkscnderäumc usw. nützlich werden kan». Dieser Mörtel heißt nach seinem Erfinder, einem Ingenieur Sabine, Cabtnit-Mörtcl. Sin Fallschirm zur Rettung von Flugzeugen Aus Los Angeles (Nordamerika) wird gemeldet: Mit einem Fallschirm von 50 Fuß Durchmesser, der von einem Marincingcnieur der Vereinigten Staaten ersunden worden war und zur Rettung von Flugzeugen und Fliegern dienen soll, wurde hier ein Versuch unternommen. Der Fallschirm brachte ein Flugzeug von 25V» Fuh Höhe zur Erde, nachdem die Motoren abgcstellt worden waren. Das Flugzeug landete aus einem Hügelabhang, wobei ein Propellerflügel brach, während es aus den Rädern mciterrvllcnd im übrigen un beschädigt blieb. ^ Einbruchsbiebskahl in Ver Mailänder Scala. Unser italienischer Mitarbeiter schreibt uns: Das Theatermuseum der Scala, eines der interessantesten und reichhaltigsten, hat einen schweren Verlust erlitten: in der Nacht von Sonntag aus Montag wurde eingebrochen und eine Vitrine geplündert. Es ist nicht so sehr der Wert der ge stohlenen Gegenstände, als die Tatsache des Einbruchs über haupt, die die Größe des Verlustes bestimmt. Wie vor zwei Jahren der Vatikan, so hat jetzt das Mailänder Museum seine Unverletzlichkeit verloren. Die Diebe haben eben gar keinen Respekt, offenbar, weil Respekt nirgends gesammelt wird und folglich auch nicht zu stehlen ist. Man, der bis jetzt große Unbekannte, hat also eine Vitrine erbrochen und ihr Gegenstände entnommen, die weitaus nicht die kostbarsten der Sammlung sind. Eine goldene Medaille des Alfieri, ei» Armband, eine Halskette und ein Diadem der Marchionni, der italienischen Fanny Elsler, und schließlich einen Galantcriedegcn Napoleons, den so ziemlich jedes Museum besitzt. Das Manuskript des Vertuschen Requiem, das nebenan lag, ließ der Dieb unberührt, was allein schon beweist, baß der Gesuchte kein Amateur war. Und auch kein Sachverständiger, denn die Vertusche Handschrift allein ist um vieles mehr wert, als die mitgenommenen Dinge. Die Scala hatte es seinerzeit für 70 000 Lire, Friedenslire, erworben, heute, im Zeitalter der Geldslucht, dürfte es leicht den fünf fachen Wert haben. Die Polizei hat ein paar Fingerabdrücke isolieren können, das ist ihr Geschäft und geht das Publikum nichts an. Die bat aber auch den Hergang rekonstruiert, und das ist schon be deutend interessanter. Es ist sicher, daß sich der Dieb unter die spärlichen SonntagSbesuchcr gemischt und dann in einem Winkel des leeren Theatergcbäudes versteckt hat. In der Nacht hat er dann die Titre zum Museum mit einem Dietrich ge öffnet, sic von innen wieder sorgfältig verschlossen, die Vitrine mit seinem Taschenmesser aufgebrochcn und ist hierauf mit seiner Beute durch eine andere Türe gemächlich ins Freie ent wischt. Der Mann muß also über eine vorzügliche Orts kenntnis verfügt haben, was aber nicht hindert, daß die Mai länder den Täter unentwegt für einen Fremden, für einen ck'oltralric: angesehen missen wollen. Das ist psychologisch nicht uninteressant. Den» entweder soll damit gesagt werden, daß ein Italiener einer solchen Tat gar nicht fähig wäre, oder aber, daß nur Fremde darauf versessen sind, lieber ein Museum als das nächstbeste Fußballspiel anzusehen. mehr tn einem WallfphrtSort tn der Grafschaft Glatz fest- genommen werden. Bet ihm ninrben noch wertvolle Ktrcheu- gegenstände vorgefunden. Der Verhaftete ist geständig. ** Oessentltche Welnkoftproben in Koblenz. In der „Köln. Zeitung" lesen wir: „Die LondwirtschaftSkammern von Bonn und Wiesbaden, veranstalten im Einver- nehmen mit dem Propagandaverband preußischer Weinbau- gebiete tm Südsaal« der städtischen Kesthalle zu Koblenz öffentliche Wetnko st proben mit dem Zweck, die weiteste Oeffentltchkeit auf die Güte der Erzeugnisse der preußische» Weinbaugobiete aufmerksam zu machen und da mit eine nachhaltige Werbung für den deutschen Wein zu er zielen. Es ist Gelegenheit geboten, Probe» vom einfachen Tischwci» bis zu den besten Spitzen der verschiedensten Jahr gänge zu kosten. Die Proben erfolgen in drei Gruppen und sind so gelegt, daß jede Gruppe, vormittags sowohl wie nach mittags proben kann. Für .die Proben werden Eintritts karten zum Preise vpn 5 Mark, 8 Mark und 10 Mark für jede Probe ausgegeben. Es finden statt: die Proben zu 5 Mark am Sonnabend, deyi 28. August, von 0 bis 8 Uhr nachmittags, und am Montag, dem 30. August, von U b-is l Uhr vormittags: die Proben »u 8 Mark am Sonnabend, dem 28. August, vormittags von 11 bis 1 Uhr und am Sonntag, dem 2«. Auglrst, nachmittags von-8 bis 8 Uhr: die Proben zn 10 Mark am Sonntag, dem 28. August, vormittags von 11 bis 1 Uhr und am Montag, dem 30. August, nachmittags von 0 bis 8 Uhr. Zu jeder Probe können im Höchstfälle nur bis zu 200 Karten verausgabt werden." — Wer möchte da nicht mit- probcn? ** Tragisches Unglück zweier Kinder in den Bergen. Zwei Mädchen a»S dem Dorfe St. Marcelin in den sran- zvsischcn Voralpcn wurden seit zwei Wochen vermißt. Am Dienstag wurde das -vierjährig« Mädchen in völlig entkräftetem Zustande aufgefunden. Das ältere Mädchen war in eine Schlucht hinabgestürzt »nd hatte sich die Wirbelsäule gebrochen. Die Vierjährige hatte sich nicht mehr nach Hause gefunden und die gan^e Zeit ohne Hilfe und ohne Nahrung verbracht. Das Kind dürfte kaum mit dem L e b e n d a v o u k o m m c n. ** Ein wertvolles Gebetbuch «ms der Rollbchr-Sammlung in Ncnyork gestohlen. Fm National Art Club ist Mittwoch nachmittag ein Gebetbuch aus der Sammlung von Tr. Vollbehr, Berlin, das einen Wert von 20 000 Dollar hat, entwendet worden. Die 8000 Bände der Vollbchr- Sammlung waren auf dem Eucharistischen Kongreß in Chikago ausgestellt und wurden dann nach längeren Verhand lungen mit dem Besitzer in den Ncuyorkcr National Art Club gebracht. ** Scharlachcpidcmie in Polen. Die polnische Negierung hat den Kampf gegen die Scharlachepidcmie energisch aus genommen. Fliegende und feste Unfallstationen werden im ganzen Lande errichtet. In Warschau, wo etwa 700 Krank heitsfälle zu verzeichnen sind, sind eine Anzahl Hospitäler zur Aufnahme der Scharlachkranken errichtet worden. * Der Zanbcrcr. Im mecklenburgischen Ostseebad Müritz produzierte sich täglich ein sehr gewandter Zauberkünstler, dessen Kunst außerordentlichen Beifall beim Publikum fand. Er verzauberte alles mögliche und schließlich auch 750 Mark, die einer in Müritz als Kurgast weilenden Dame gehörten. DaS Geld verzauberte er sogar aus dem Hotelzimmer der ver blüfften Dame. Solche beispiellosen Zauberkünste wurden schließlich den Leuten unheimlich, und es wurde Anzeige er stattet. Da brachte es der Meister seiner Kunst fertig, sich selbst und seine Schwester zn verzaubern: sie müssen in Luft auf- gcgangcn sein, denn trotz eifrigster Nachforschungen sind und bleiben sie vcxschwuiiden. Im Fremdenbuch stand er als Waller Otto eingetragen, doch scheint er auch dem Hotelier etwas vorgczaubert zu haben. ** Auto-Unfall dcS RcichöschatzministcrS a. D. Albert. Auf einer Geschäftsreise »ach Nürnberg verunglückte in der Nähe von Erlangen Neichsschatzministcr a. D. Albert mit seinem Auto infolge Reifenschadens. Er kam mit leichteren Ver letzungen davon, während seine Sekretärin getütet wurde. Der Nttckslng des englischen Großflugzeuges. Donners tag vormittag 9 Uhr ist das Mittwoch nachmittag in Berlin gelandete dreimotvrige große englisch« Verkehrsflugzeug der Armstrong-Werke wieder »ach London gestartet. Es wirb ge führt von dem Piloten Barnard, der im Vorjahre das Flug zcugrennen um den englischen KönigSpokal gewinnen konnte. ** Kinderlähmung auch in Salzwcdcl. Im Kranken haus in Salzwcdcl ist ein siebenjähriger Knabe an Kinderläh mung gestorben. ** Vom Zuge erfaßt und getötet. Bei Chmiellowitz in Schlesien hat sich ein schweres Unglück zugetragcn, dem zwei Menschenleben z»m Opfer fielen. Die Händler Hermgnn Gärtner und Bcrthvld Hahn, beide aus Oppeln, wurden mit ihrem Fuhrwerk beim Uebcrqucren des Bahnkörpers von dem Ncißer Personcnzuge erfaßt und etwa 200 Meter mit geschleift. Der eine von ihnen wurde von dem Gespan» hcrab- gcschleudcrt und bliob auf der Stelle tot liegen. Der andere wurde später umtcr den Trümmern des Wagens tot hcrvor- gezogcn. Dadurch, daß die Wagendeichsel zerbrach, blieb daö Pferd unverletzt. ** Verhaftung eines schlesische« SirchcnrSnberS. Wie auS Breölau gemeldet wird, hat die Kriminalpolizei die Ver brecher ermittelt, die in jüngster Zeit viele Kircheneinbrüche in Schlesien verübt hatten. Der Hauptbcteiligte ist ein erst kürzlich aus dem Zuchthaus entlassener Arbeiter, der kurz vor seiner Verhaftung durch einen VerkchrSunfall bei Bres lau umö Leben gekommen ist. Sein Komplice Coonie nnn- Rodvlso Dalenllno. Am 23. August um 12 Uhr mittags starb in einem Neu- yorker Hospital Roöolfp Valentino, der bekannte Filmschau- spieler, der in kurzer Zeit weniger wegen seines darstellerischen Talentes, als wegen bcispielloier Beliebtheit beim weiblichen Kinopubliknm berühmt geworden war. Schlank, von matt blasser Gesichtsfarbe, mit träumerischen, mandelförmigen Augen, sinnlich geschwungenen Lippen mit weiblich graziöser Beweglichkeit hat dieser dreißigjährige Süditaliener nicht nur auf die Frauen im Zuschauerraum, sondern als dreidimensio nales Wesen jenseits der Projektionsleinwand auch auf die Frauen draußen im Leben einen unwiderstehlichen Reiz anö- gcübt. Die Zahl seiner Ehen und seiner bekanntgewordcncn Abenteuer läßt sich nur annähernd angeben, der Rest geht ins Casanovahafte. Wie oft er verheiratet war, weiß man, ivie ge sagt, nicht genau, man wetß »irr, daß er sich ungefähr viermal scheide» ließ, daß jede dieser Scheidungen zumindest für Amerika eine Sensation öarstclltc, und daß die verschiedenen jungen Dame», die sich von ihm hingebungsvoll entführen ließen, wenigstens mehrfache Millionärinnen, sonst aber Milliardärinnen waren. Aber nicht nur als Don Juan im Scheinwcrserlicht war Valentino bemerkenswert. Sein Leben zeigt noch andere abenteuerliche Züge. Als junger Bursche vertauschte er das ungemütliche KriegScnrvpa mit dem glück licheren Amerika, wv er, wie so viele andere, durchaus nicht das ersehnte Eldorado, sondern nux den, Irrgarten eines elenden Zufallebcns fand. Erst wusch er Teller in einer Hotclpantry, was ja z» den traditionellen Anfängen jeder amerikanischen Laufbahn gehört. Dann rückte er zum Kcjlncr vor, nur um wieder in das Dasein eines Ladendicners zurückgeschlendert zu werden. Dann entdeckte er sein Talent für die große Trommel und durfte aushilfsweise die Jazzband-Pauke schlagen. Und da beginnt sei» Stern zn steigen, chährcnd er selbst vvm Orchesterpodlilin in den Ballsaäl hinunterstcigt und Eintänzer wird. Vom Tango und Charlcstoii zum Film ist nur ein kleiner Tanzschritt, er wird engagiert und nach einigen kleineren Versuchen erhält er die Nolle in den „Vier apokalyp tischen Reitern", die ihn mil cindm Schlage bekannt machte. Die Erfolge lösen sich ab, die Dollars häufen sich und wenige Jahre nach der Episode des TellcrspülcnS ist Valentino regel rechter und solider Millionär. Und als solcher ist er jetzt gestorben. Ganz so, wie Mil lionäre in Amerika sterben. Wenn auch seine Krankheit banal lind sozusagen jeder Börse zugänglich war — eine Blinddarm- infektivn —, so mar alles außerhalb des Krankenbettes doch schon recht besonders. Man hat eine kleine Schwadron Tele phonistinnen engagieren müssen, um die besorgten Anfragen der zahllosen AiibctcrimiS» nnr halbwegs beantworten zu können. Und die Medikamente wurden mit einem eigenen Flugzeug von Danton nach Ncnyork gebracht. Aber alles half nichts, das Schicksal war wieder einmal unerbittlich. , . * Die Leiche des FilmschaiHpielers Valentino ist in einer Ncuyorkcr Kirche auf einem Paradcbctt feierlich auf- gcbahrt worden, wo sic bis Sonntag verbleibe» soll. 20 000 Personen, znm großen Teil Frauen und Kinder, haben am Mittwoch diese Kirche besucht. 200 Schutzleute waren nötig, um ein geordnetes Vvrbciziehcn der Massen zu ermöglichen. Zwischenfälle haben sich nicht ereignet. Am Sarge ist eine Ehrenwache der Neunorkcr Faschistenverbindung in schwarzen Hemden ausgestellt. Mussolini hat einen riesigen Kranz mit Widmung am Sarge niederlegcn lasse». Die anti faschistische Bereinigung Nordamerikas hat in einem Tele gramm an Valcittinos Manager gegen die Anwesenheit der faschistischen Ehrenwache Einspruch erhoben. Sie erklärt, Valentino sei ein Gegner Mussolinis gewesen und sei bet seinem letzten Besuche in Italien empörend behandelt worden. Trosloers Sommer 1928. So mancher Tag, der in,s verregnet, Ist doch geheimnisvoll gesegnet! Es kann leicht in den Regentropfen n i- F-nster klopfen.