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tieMch entwickelt, wa» dem veidlenstvollen Leiter Hen» Ober- lebrrk I. Lckaidt zu danken ist. Aus Antrag de» Rechnung»- pmfuug-ausschusse» beantragte Herr Chemiker Dr. Kämnitz, den geschäsiSsührendeu Ausschuß und de» Kassierer zu entlasten, wa» einstimmig geichah. In den gkschäst-iührendcn Ausschuß wurden die aus'cheidenden bezw. auSgkschiedenen Herren wieder- und die Herren Dr. med. Hopf, Lehrer Gebauer-Blasewitz als Vertreter de» Clbgautünaerdundes nndBejtrkSdtrkktvrStadtvrrordneterAhllielmnru t iiizugewtiblt. Auch die Mitglieder des Rechnunasplüsr»auöschnssrS wurden wiedrigewählt. Aus'Antrag des technischen Ansschussee werben die Festspiele am Svnntag, dein 2. Zull, slallsinden. Um eine leb- hastrre unierstütning des VerrinS zu erzielen, toll an verschirdrnr Verbände und Vereine, welche aus nationalem Buden sieden heran- gegangen werden, um sie als Mitglieder zu gewinnen. In der sich an die Hauptversammlung anschlteßenden VorsiandSsihun^ wurde Herr Obermeister Stadtverordneter Paul Unraick zum Voitztzenden des Berelnö gewühlt. Hrrr Oberlehrer Dr. Nowack halte eine Wiederwahl von vornherein abgelehnt. Von der Versammlung wurde dem scheibenden Vorsitzenden der herzliche Dank durch Er heben von den Blähen dargevracht. — Die Walfl der Beisitzer für das Gewerbe- gericht zu Dresden sindel am 21. Februar von 4 bis 8 Uhr statt. — Platzmuiik auf dem Alt markt. Heute mittag halb ^2 Uhr spielt die Kapelle des IägcrbalaillonS 'Nr. 1!j Dirigent: Stabshornist Hellriegels folgende Stücke: I. Möllen- dorser Parademarsch: 2. Ouvertüre zur Operette: „Die schöne Helena" von I. Ottenbach: 3. „Zwei Acuglcin braun", Lied von F. Gumbert: 4. „Der Kaiser und die Kaiserin", Walzer von Richard Eilenberg: 5. Fantasie aus der Oper „Der Dronvadour" von Bcrdi und «>. Kviumandeur-Marsch von Heilricgel. — Heute werden Arbeiten an den Driickrohrlcilungen des T o l k e w i tz c r W a s s e r iv e r k e s vvrgenvmmen und eS macht sich deshalb die Abstellung dieser Leitungen nötig. Etwa ein- »clende Trübungen des Leilungswassers, sowie Berringerung des Betriebsdrucks in der Wasserleitung in den hochgelegenen und entscrnteren Stadtteilen aus Altstädter Seite, insbesondere in den Vorstädten Striesen, Grnna, Seidnitz, Plauen, in der Südvorstadt und im Vorort Tolkewitz, würden aut diese Arbeiten zurückzuführen sein. — Das große BallseHt sTublkriptionSballs, das, unter dem Ehren-Präsidium Sr. Erzelleuz Gras Seebach, zum Besten der Witwen- und Waiseiikassen der dar- stellenden Mitglieder der Königlichen Hos- iheater und des Vereins „Dresdner Presse" am 3. März in sämtlichen Räumen deS SlädtischenAns- st c l l u n g S p a I a si e s stattsindet, wird eine seltene Fülle von aparten Anziehungen darbielen. Die eigens sür diesen Abend von Herrn Hoitheaterinaler Rieck rntworjenen und unter seiner Leitung ausgcführten Dekorationen der großen Säle und Rebenräume werden das farbenprächtige Milieu eines „'Strandfestes an der spanischen Küste" dar- stellen, in dem sich ein buntes, temperamentvolles Leben und Treiben abspielt, das um so eigenartiger und künstlerisch wirkungsvoller sich gestalten dürste, als bei dem im Verlaufe deS Abends vorgesehenen K oft ü m-F e st z u g e, den Aus führungen auf der Kolossalbühne im Hauptsaal«, wie au den Vorführungen im „N unten Theater" sKonzert- iaali, in der s p o n i s ch e n S t u d e n t c n kn e i p c l'Neben- iaalj ufw. di« Künstler und Künstlerinnen beider Hosthcater, der Sinqechor, das gesamte Vxilletl, die Komparserie der Hof- Iheater, die Künstler und der Chor des Residenztheaters sich aktiv beteiligen. Besonders interessant und seiten dargebolen dürste sich, wie ans dem in der heutigen Nummer unseres Blattes enthaltenen Inserat zu ersehen ist, neben den soli- slischen Darbietungen, sür die u. o. Herr Felix Ichweig- hoser eine ganz aparte Uebcrraschung vorgesehen hat. die koflümelle Massenwirkung der künstlerischen Beteiligung gestal ten. — Unter den Festbeigaben anderer Art werden zwei Serien K ü n st l e r - P o si k a r t e n willkommen sein, die, aus die Vorgänge und künstlerischen Vorführungen des Abends Be zug nehmend, von Herren Rieck, Fanto und Leonlxirdi eigens für das Balst'est komponiert und von der Firma Trips u. Ritz künstlerisch vollendet ausgesübrt wurden: auch die von den Künstlcriuiien.Palronesscn übernommenen Vcrkansszelle und -Stände werden nicht verfehlen, die allgemeinere Aiismerliamkeil aus sich zu lenken. Das Milien eines Spanischen Strandfestes wurde mit der "Absicht gewählt, der Toi- lettensrage den weitesten Spielraum zu lassen. In diesem Rahmen können, der Szenerie entsprechend, die Damen nach Belieben erscheinen in: Balltoilctle, Strand- oder Sommerkleid, mit und ohne Hut, in Kostümen allen Genres: die Herren in Frack und hohem Hut, im Shnioking, Strand- oder Gesell- ichastsanzug, ini nationalen Kostüm nsw. Die Subskrip tionslisten liegen von morgen ab ausschließlich bei F. Ries, Kaufhaus, aus: ebendaselbst findet die Ausgabe der Zuschaiierbillctts und der Logenkarten statt. Aus der Teilstrecke Lbererinitz—Rothenkirchen der Eisen- eahnlinie Wilkau Wilzschhaus-Earlsssld, ans der gestern iu- wlgc Schneeverwehung der Betrieb eingestellt werden mußte, konnte der Verkehr heute im gewöhnliche» Umfange wieder aus genommen werden. Dagegen mußte aus den Linien Frauen- n e, n — K l in g e n b e r g - E., M nlda — Sa lxd a und Cra n- iabl - Weivert infolge ncueingetrctener Schnee - Ver webungen der Betrieb bis aus weiteres eingestellt werden. Auch aus dcr in Reitzenhain anschließenden österrcichi'chen Eisen bahnlinie nach K r i m a — Nendorf wurde infolge Verwehung dcr Geiamtvcrkelrr eingestellt. — Da im oberen Elbtal und ans dcr Moldau bei der bis herigen lauen Witterung der Eisansbruch zu erwarte» ist, io nuden ieir einigen Tagen o berbalb He r r n K k > et i ch e» und vor Niedergrnird ans Anordnung der österreichischen Strom- l'kbörde Lockerungen bez. Sp:e»gnngen der star>en Eisdecke statt. Auk diese Weise ivird die ElbeiSdccke, die dort viel Grnndeis anf- weist, ivenig Widerstand leisten, somit keine Eis- und Wasser- anstanungen erfolgen können. — Im E e n t r nl - T b e a t c r linden heute, Sonntag, ttvei Vorftcllungen statt: nachniittags ' ^4 lll'r wird bei halben Preisen „Der Zanbcrschleier" von Gustav Starcke gegeben: abends ' ,8 Uhr treten sämtliche Attraktionen des phänomenalen Febrnar-'Variötö-PrograininS ans. — Morgen, M ontag, den ti. d. M., wird ini Central- Thcater der „H n n a e r k ü n si l e r" Pavnß eine sieben Tage und sieben 'Nächte umfassende Hungerpcriode absolvieren: er ivird diese langen 168 Stunden in einer versiegelten Glas- flasche zubringen, ohne irgcndwclckw feste, oder flüssige Nahrung zu sich zu nehmen. Herr Pgpuß hat dieses Experiment, welches eine ganz ungewöhnliche Kraft und Stärke des Willens voraus- setzi, bereits vor de» größten medizinischen Anlmitäten des In- und Auslandes vorgesührt. Vom 6. d. M. ab ist der Hnngcr- künsllcr dann im Foyer des Central-Tbealers gegen ein Separa!- Cntree von 50 Psg. von jedermann zu beliebiger Taneö- und Nachtzeit ztt l^stchtigen, und stellt sich auf diese Wege unter die unmittelbare Kontrolle des Publikums, iNachts wird die Flasche umgelcgt, um dem Eingcschlossencn eine einigermaßen das Ansrnlien ermöglichende Lage z» verschassen.s Herr Papnß bat mit seinem Experiment ans der Weltausstellung in St. Louis sowie in Newyork, London und Paris das größte Aussehen er regt. — Während dcr Dauer des Eingeschlojscnsciiis werden täg lich Bulletins gnsgegcben. — Landgericht: Prozeß Hüttig. Der Buchhalter Kühn wird nochmals als Zeuge vorgcrnsen und über die Revision durch dir Anssichtsratsmiigliedrr besingt Zrugr kann nicht lutt hanpten. daß die Kasscnrevisionen anaemeldet worden leien, weiß auch über deren Ergebnis nichts. Ei wird nachher onridrt — Der jetzige Direktor der Hüitig Gesellschaft M c» gel hat nach der Verhastunu Hüttig? dessen Stelle übernvininen und die Ge schäfte der Geiellscknft wieder in Gang gebracht. Er habe sofort gemerkt, daß der Posten ein sehr Verantivoilungsreicher sei, und dem Aussichtsrale sofort zu ve,stehen gegeben, daß er — Menget — nicht gern der Totengräber der Geftlstckaft weiden möchte. In der Tat bube dnS Begeben der Hn«t!g Gesellschaft diel Monate lang an einem Faden gebnngrn und lei nur dmch daß belonnene Eingreifen des Auisicht-rcileK gesichert worden. Zeuge bat für dir Gesellschaft selbst oeknnlärc Ovlrr gebracht. Er halt die Erwerbung der Hütligschen Häuser für einen erheblichen Gewinn der Geielt» schafk. da diese die Grundstücke znm G'-schältSbetriebe notwrudla gebiancht und sie später hätte »euer bezahlen müssen. Auf Grund von Bestimmungen der Strafprozeßordnung bleibt Zeuge »n- beetdet. — Ingenieur Jralinsky gibt Ausschluß über die Prosperität der Monopol-Gesellschaft und prophezeit ihr eine gute Zukunft. Endlich werde» über die Taxen der tzuttlgschen Grund stücke Rechtsanwalt Dr. Kaiser und Vaumetster Böhme vernommen. Nach diesen Taxe» seien die Grundstücke, zeitgemäß geschätzt, nicht so viel wert, als sie in der Bilanz aus- grsührt wurden: Baumeister Förster gibt aus Vorhalt der Ver teidigung jedoch zu. daß die Hnttiglchen Grundstücke sür die Ärscllschast unzwelfelhait einen höheren ideellen Gebrauchswert haben, als die vorgesührten Taxen angeben. Außerdem muß auch eingrränmt werden, daß tnr 1902 und lS03 der Grundwert bis zu 35 Prozent höher einzmchätzen sei als letzt. — ES folgt die Vernehmung deö Sachverständigen. Kommerzienrats Stlomo». Dieser gibt ein Gutachten ab über die Tätigkeit. Ehaiakiereigenlchasten und die Tüchtigkeit HirttigS. Nach der Ansicht des Gutachter- sei H. ein äußerst tüchtiger Mann, der aus seinem Posten eine Autorität ersten Ranges war una nicht so leicht zu ersetzen gewesen sei, Hüitig nimmt lelbst diesen Rubin nicht sür sich in Anspruch und behauptet, daß >eder Mensch auch in den schwierigsten Lagen zu ersetzen sei: also auch er. — ttaus - mann Rüdiger an» Chemnitz erklärt als Sachverständiger, daß er die AnssichtSräte nicht der Vilanzverschleterung schuldig besiiiben könne. Er. der Gutachter, hätte in dem gleichen Falle ebenso gebandelt. Es wäre ja jedem Interessenten ein Leichtes gewesen, sich an dcr Hand der Konten und Belege ein klares Bild der Lage z» machen. Dem wohlüberlegten und vorsichtige» Handeln des AnssichtsrateS lediglich sei e- zu danken, daß vre Hüttig-Geielllchast erhalte» blieb. Der AnssichtSrat befand sich in einer Notlage und mußte sich sagen: E» gehl nickt anders: ihr müßt vorläufig schweigen, um de» Verlust von 250000 Mk. durch weitere Arbeit einzu-bringcn. Das komme im kaufmännischen Lebe» öfter vor. Auch eine mangelhasle Revision kann der Sachverständige dem Aussichlsrate nicht vorwersen. Die ständige Aussicht über die Bücher und Kassen liege in erster Reihe dem Direktor ob. Der Aufsichtsral könne ergänzend und oberkontrollierend wirken und sich immer nur aus Stichproben verlassen: er könne bei einer Revision doch nicht jedes Blatt, jede Rechnung und jede Quittung anselnm, sondern nrüsse sich auch aus die Ehrlich, keit und die Pflichttreue des Direktors verlassen. Wenn l9M auf den Prospekten der Gesellschaft noch 8 Prozent Dividende versprochen wurden, >o liege darin noch nicht die Gefahr einer Täuschung. 'Den Unterschlagungen standen Sicherheiten in ge nügender Höhe gegenüber, und wenn auch heute über die Grund stücke eine ungünstige Taxe abgegeben worden sei. so möge doch der AnfsichtSrat den guten Glauben an einen höheren Wert der Grundstücke gehabt haben. Von Anfang wis Ai Ende lautet das Gutachten durchaus zugunsten der ongeklagten Aufsichtsmlsmitglieder. Auch der Sachverständige, Kaufmann und Bücherrevisor Roth er, ist der Ansicht, daß eine Bilanzverschleierung nicht oorliege. Auch die Zweifelhaftigkeit der Forderung von 151 000 Mark an Hüttig brauchte in der Bilanz nicht angedcutet werden. Für Kon kurrenten, welche ettva durch die Bilanz getäuscht werden konn ten, war die Bilanz nicht bestimmt: die Aktionäre hatten jederzeit andere Gelegenheit, sich von dem Stande der Ge sellschaft zu überzeugen. Es dürfe auch nicht vergessen werden, daß durch die Beibehaltung Hütticis eine Verminderung seines Schuldkontos um annähernd 120 0Ö0 Mark erreicht worden sei. Um 7'/2 Uhr abends wird die Beweisaufnahme geschlossen. — Abends um llsir verkündete der Gerichtshof nach ein- stündigcr Beratung folgendes Urteil: Direktor Hüttig: 4 Jahre Gefängnis, 500 Mk. Geldstrafe oder weitere 50 Tage Gefängnis und 3 Jahre Ehrverlust: Prokurist Knauthe: 1000 Mk. Geldstrafe oder 200 Tage Gefängnis; Bankier Pekrun: 2l>00 Mk. Geldstrafe: Bankier Salomon: 2000 Mk. Geldstrafe: Fabrikant Fichtner: 500 Mk. Geldstrafe: Privatus Hüttig sen.: freigesprochen. Hüitig jun. wird die Untersuchungshaft voll angerechnet. Pekrun, Salomon und Fichtner werden von der Anklage des Vergehens nach H 312 des H.-G.-B. sreigesprochen. Zn den Unruhen in Nichland. Zur Kri'e in Rußland schreibt die „Köln. Ztg.": Wenn es nun auch gelingt, die Ruhestörungen zu unterdrücken, wenn die Ausstände bald erlöschen, io bleibt doch die Tatsache bestehen, daß damit die Bewegung, welche die gebildeten Schichten Ruß lands ergriffen 'hat, nicht ans der Welt oesel-asst ist. Der Krieg im fernen Ssten ist doch zugleich der völlige Bankrott dcr Bnreaukratie gewesen. Ein Kainps mit der Türkei hätte für die ungclreure Masse des Volkes die Verwirklichung Jahr hunderte oller Träume von der Wiederauspslanzung des Kreuzes aus der Hagia Sofia bedeutet. Er hätte ein verständliches Ziel gehabt, ist doch die anarchistische Bewegung des Bcginn-Z der achtziger Iabre wesentlich dadurch gefördert worden, daß der Krieg von 1877—78 ohne den greifbaren Preis der Eroberung von Konitantinopel verlies, vor dessen Toren die russischen Regi menter standen. Aber leas weiß das Volk von den Interessen Rußlands in der Mandschurei und am Gelben Meer, und die gebildeten Kreise sehen in dem Zusammenstoß mit Japan nur einen frevelhaft von einer kleinen Gruppe heraufbeichworencn Konflikt, der hätte vermieden werden müssen. Um io lauter erhob sich oic Empörung, als 'Niederlage auf Niederlage 'olgle, die heldenl-afteKe Tapferkeit keinen Erfolg brachte. Tie Ermor- düng des Ministers Plekwe, dellen Verivaltimasipstem die schlimmste» Gewalttaien der berüchtigten dritten Aoteilung noch übertros, die mildere Amtsführung des Fürsten Swiatopolk- Mirskn gaben der lange angeiammellcn Erbitterung freien Raum. Leider kam in den Bcichjüssen und Adressen dcr Semstwo und anderer Körperschaften, die nun ans allen Teilen des Reichs sich folgte«, die Stimme der ruhigen Erwägung nicht zu Worte. Man vergaß, daß lange geschichllickw Entwicklungen nicht mit einem Schlag beseitigt werden können, und stellte Forderungen aui, die wohl ideal, aber praktisch undurchführbar »>arcn und außerdem der reaktionären Partei Wafien m die Hand gaben. Während es daraus ankam, dem Zaren klarzulcgen. daß die Bureankralie der gemeinsame Feind der Krone wie des Volkes geworden sei und von beiden bekämpft werden müsse, wurden radikale Wünsche laut vertreten, die den Erben der Autokratie nur zu >eich! mit der Vorstellung erfüllen konnten, die Burcan- kralie sei seine einzige Stütze gegen revolutionäre Strömungen. Und die Vorgänge in Petersburg und der Provinz I)gbcn dann beim Kaiser derartige Anschauungen nur zu bestärken vermocht. Tie Ernennnng des Generals Trepow zum Gcncralgonvcr- neur der Hauptstadt und ihrer Umgebung mag als Maßregel von vorübergehender Dauer gedacht worden sein, aber sie ü! jedcnsgllS kein Zeichen dasür, daß mnn in den höchsten Kreisen gewillt sei, neue Bahnen ein^nschlagen. Noch klarer drückt sich dies in der Berufung des Hvsmeisiers Bnligin znm Minister des Innern ans. Er lvar dis vor ganz kurzer Zeit in Moskau als Gehilfe des Generalgouverneurs tätig, d. h. als Gchilse des Großfürsten Sergius, dessen Todfeindschaft, gegen alle liberalen Bestrebungen bekannt ist und dessen AmtSsnhrnng die Anschauungen des Altrnssentums, wie es Pobjedonoszew und Anhänger verstehen, zum schärfsten Ausdruck brachte Es erhebt sich nun die Frage, ivas geschehen wird. Der Zar !>at durch seinen „roßen Erlaß die Notwendigkeit von Reformen anerkannt, aber sie sollen sich vollziehen ohne grundsätzliche Veränderung dcr Form des Staalslcbciis, und infolgedessen lxrt das Minister- komitec eine Reihe von Vorschlägen gemacht, nm die Mißbräuche der Burcanlratie cinzn'chräiikcn und nach 'Möglichkeit zu b-- scitigen. Doch von einer Mitwirkung des Volkes, von dcr Be- rusuiig irgend einer Art von Volksvertretung ist keine Rede. Darnach aber geht das allgemeine Streben, und in ruhiger Sprache laßt der Bcschlnßantrag des liberalen Teils dcr Peters burger AdelSversammluna die Wnnichc dahin zusammen, der Zar möge grundsätzlich eine Volksvertretung gewähren, deren Bcftig- nissc dann noch näher seslzustcllen und deren Tätigkeit sorgfältig vorzilhereiten iei. Hierin ist vielleicht daS Mittel gegeben, um aus den Wirren, die Rußland jetzt erschüttern, den Weg zu einer Gcsnnduna der unerträglichen Verhältnisse zu finden, in gemein samer Arbeit, in cinträchligem Zusammenwirken von Krone und Volk. Kaiser Nikolaus empfing in Zarskoje-Sselo fünf Arbeiter aus der Zahl der Vertreter, die sanaeblichj die Arbeiter dcr Werkstätten dcr Expedition zur Herstellung der StaatSpapicre gewählt hatten. Die Arbeiter wurden in einem Hofwagen vom Bahnvosc »ach dem ehemaligen LuzcumSaebäude und von da nach dem Alexander-Palast qeoracht, wo sie vom Kaiser im großen Audienzzimmer empfangen wurden Der Finanjminislcr Kokowzow und dcr Vorstand der Abteilung für die Ttaatspavierc Fürst Golitzin waren hierbei anwesend Del Kaiser besragie jeden der Arbeiter eingehend über die Art seinei Arbeit und die Dauer seines Dienstes in dcr Expedition Zum Schlüsse der Unterhaltung sprach der Kaiser de» Arbener-Vei- tretern seine Zufriedenheit darüber aus, daß sie ihre Pflichte» ehrlich und gewissenl>ast crsutit hätten, und beauftiagle sie. n seinem Namen ihren Kameraden zu danken. Der Kaiser ipra-b auch den Wunsch aus, die Expedition zu besuchen Ter Fincinz- uiinislcr bemcilie bei dieiem Anlaß, das; die Expedilion dieses Zeichen hohen Wohlwollens verdiene. Den Arbeitern wurde daraus gestattet, das Große Palais zu besichtigen, auch »ourde ihnen von der Sck loßoerwaltiiiig ein Mahl geböte». Der Soh» des trübere» Iustizininft'lerS 'Nabokow und der Adelsmarichall von Tschernigow, Muchanow, wurden ihrer Ho' würden entkleidet Ersterer lvar bei einem Bankett- beim Zarenioasle sitze» gcbliebe». Muchanow batte in dem b kannten Glückwunschtelegramme die Bitte um Konstitution oue gesprochen In Berlin kamen ans der Weileriabrt nach Amerika neun russische M i l i I ä r s l ü ch t! i n g c, Artilleristen aus Sebasto- pol, an, die an den dortigen Unrnbcn leilgenoinnien und sich ge weigert k-alten, aus die meuternden Matroic» zu schießen. Eine, der Deserteure, ein Uutcrosiizier, erzählte einem Mitarbeit«' dcr „Bert. Zig." über die Miiitärreootte, daß, als der Offizn.': die Artilleristen aufsorderle, aus 31 meuternde Matroien zu schießen, sie alle de» Gehorsam verweigerten. 'Alle Uiilerosftzicre wurden ins Gesängnis abgesührt, die übrigen Soldaten in die Mandschurei verschickt. Mit Hilfe des iozialdeniokratticheu Koinitccs konnten die Deserteure über die Grenze gelangen In K i e w haben mehrere Hundert in der Aula des Polhieck.- nikliiiis versammelte Studenten eine Resolution angenonl inen, in welcher unler anderem auch die Beendigung des Kriege;, mit Japan als Gebot der 'Notwendigkeit bezeichnet wird. Das Gebäude des Polytechnikums wurde von Infanterie und Koialen umzingelt. Die Studenten entkamen nur mit knapper 'Not einem Massacre. Das Polytechnikum wurde im Aufträge des Gouver neurs geschlossen. In Lemberg und Krakau fanden große antirus > i- sche Kundgebungen statt Im Lemberger Volkstheaie begrüßte eine Studentcnversaminlunq den Ausbruch des Kampfes gegen die russische Tyrannei, sprach die Hoffnung am' Vernich tnng des Kolosses aus und erhob Einspruch gegen die Verbreche:' der Soldateska. Eine Arbeiterabordnung erklärte sich einig inst den Studenten. Tarnach zogen die Teilnehmer und Arbeiter mit Fahnen und Tafeln niit der Aufschrift: „Fort mit dem Zarismus, hoch die polnische Republik'" zum Nationalthealer und dem Mickiewicz-Tenkmal, wo Reden gehalten wurden. Das russische Konsulat war durch Polizei abgcsperrt. Im Krakauer Gemeinderat beantragte Daszynski. die Entrüstung über die Wae schmier Vorgänge, entsprechend dem Lemberger Gemcindcrat:- beschlnß, auszusprechen. Der Bürgermeister Leo weigerte sim. eine Abstimmung vornehmen zu lassen. Auf den Galerien wurde geschrieen: „Feiglinge, Lakaien des Statthalters!", woraus der Bürgermeister sie räumen ließ. Daraus hielt 'Daszynski eine Volksvcrsaiiimliing mit 3000 Personen ob, die so lange herum- zogen, bis die Polizei sie zersprengte. Aus dem Ringpiatz wurda der Verstich. das Bildnis des Zaren öffentlich zu verbrennen, durch die Polizei vereitelt. In Moskau wnrde Freitag abend eine Bewegung unter den Angestellten der Trambahn wahrgenommen. Jetzt ist auf den städtischen Linien der Betrieb eingestellt. Der russisch-japanische Krieg. Ueber die letzten Vorgänge aus dem niandschnrischen Kriegs- lchanplatze schreibt die „Kreuzztg.": „Aengstlich sucht man un Petersburger Generaistabc die Wahrheit über die Schlacht am Hnnhv zu verschleiern. Die Mitteilung der Telegramme Kuropalkins hat seit einigen Tagen ganz ausgehört oder besckrränkt sich ans unwesentliche Dinge. Trotzdem dringt ans eingewcihtcn Kreisen manches in ist- Oessentlichkeit. Wenn die Ansmerkiamleit des Volkes nicht in io hohem Grade durch die inneren ilnrnhen und durch die Gerüchte über einen System- Wechsel in der Regiernngsform gefesselt wäre, würben die Be sorgnisse über den Verlaus des Krieges lauten Widerhall finden. Abermals hatte man sich von der Offensive «inen Umschwung versprochen, und abermals gesteht man sich, daß die Hoffnungen getäuscht wurden. Private Nachrichten räumen ein, daß die Offensive resultatlos verlaufen sei und schwere Opfer gekostet habe, die durch die furchtbare Kälte gesteigert wurden. Die Verwundeten konnten nicht verbunden werden, weil den Aerzten die Finger erstarrten, und viele Verwundete erfroren, entiveder ans dem Schlachtscldc selbst oder aus dem Transporte. Nach den wiederholten Meldungen des Marsck>alls Oyama, die mit den dürftigen russischen Nachrichten im wesentliche» überein- stimmen, kann man nickt mehr bezweifeln, daß die Russen über den Hunho zurückgeworsen worden sind. . . . Bis jetzt sind nur U n g l ü ck s b ots ch a s t e n vom Kriegssclmuplatzc Zugelaufen Daß man in Petersburg das Vertrauen in die Führer zu ver liere» beginnt, ist deshalb erklärlick. Die Zeitungen sorechiw» rückhaltlos davon, daß einflußreiche Personen die Rück- bcrusung der unfähigen Generale verlangen und daß die Ablösung des Generals Gripenberg beschlog'ene Sache sei. dem man die Schuld an dcr unheilvollen Januar-Operation bei> messe. General Gripenberg hat inzwischen „aus Gesundheits rücksichten" den Oberbefehl über die zweite Mandschurei-Armee an den Kornskommandeur General Mylois übergeben. Aber die Kritik soll auch bereits an der Stellung des Oberkomman- dienenden rütteln, und bei aller Achtung vor den Charakter cigeiischaften des Generals Kuropalkin, die in den zahlreichen Rückzugslagen dem Heere sicheren Halt gewährten, sind doch die Zweifel an seiner Feldherrnbcaabung nickt unberechtigt. Die Detachierung des Generals Sassulitsch an den Ialu, und die Entsendung Stackclbergs, die zu der Niederlage bei Waiangon führte, waren zweifellos Fehler, und bei Lioujong wftc am Sckaho hat er sein überlegenes Heer nicht zum Siege führen können, sondern dem Feinde das Feld geräumt und den Rückzug angelretcn. Er hat den Entschluß nicht finden können, die Scklachtcn bis zum Ende ourchzukämpscn. Es läßt sich auch nicht leugnen, daß er die Verantwortung für die Ianu.cn- Osfensivc trägt, die augenscheinlick zu spät onaclrclcii wurde, zu spät, wenn er noch vor Nogis Eintreffen die Entscheidung erzwingen wollte, und die nur gelingen konnte, wenn das ganze Heer angrisf. Die Frage ist nur, oh ein Personenwechsel Besse rung schafft, ob sich unter den russischen Generälen der Main: findet, dessen Genie die schwere Aufgabe, die das Jahr 1M"> dem russischen Heere stellt, besser zu lösen vermag, als die nüchterne Zähigkeit Kuropalkins." Tllliesslcschichte. Die preußische Knnalvorlage ist im Abgeordnetenhaus« in das Stadium der zweiten Lesung einaetrcteu. Die Entscheidung, die allem Anscheine nach an wenigen Stimmen hängt, läßt sich beute »ock nicht Voraussagen. Bemerkenswert ist, daß das Organ des Bundes der Landwirte, nachdem cs bereits vor einigen Wochen die Stimmung in den konservativen und landwirtsckxistlichen .Kreisen als „überwiegend und recht scharf gegen den Kanal" gekennzeichnet liattc, setzt un mittelbar vor der Enticlwidnng nochmals seine unveränderte Gegnerschaft gegen die Vorlage feststellt und dabei sein lebhaftes Bedauern darüber ansspricht, daß „gerade von konservativer Seile die Frage in letzter Stunde auf das politische Gebiet hinüberaespielt worden sei". Welcher Art die politisckxn Erwä gungen sind, die bei der Gestaltung des parlamentarischen Schick- tals der Kanalvorlage in Betracht kommen, setzt der freikcmser- oativc Abgeordnete Freiherr von Zedlitz in einer dem Gegen stände gewidmeten Betrachtung auseinander. Er meint, im Falle der Ablehnung würde der Alp der ungelösten und dock zur Lösung drängenden Kanalsroge weiter auf unserer inneren Politik lasten, das in dem Kanolstrcit liegende trennende Moment sort- sabren, einen festeren Zusammenschluß zwischen den Konservativen beider Richtungen und den Nationalliveralen zu erschweren und die Wiederherstellung eines vollen Vertrauensverhältnisse» zwischen der Regierung und dcr Rechten zu verhindern. Da» Zentrum würde dann auch im preußischen Landtage noch mehr Trumpf. ol» «» ohnehin schon ist. Umgekehrt »ftrde tt 2Z*