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MUlwoch. 2. Aebruar 1927 — «Dresdner Nachrlchlen" — Nr. 54^Selle A Der neue Aeichspojlminisler Dr. Schütze!. Bon Ioief M. I u r i u «k -München. Während all« in da» neue Nelch-kabtnett eintretenden Reichsminlster. sowohl im öffentlichen wir im partetpolittichen Leben bekannt sind und ihre besonder« Not« haben, ist als einziger neuer Mann der bisherige Staatssekretär der Reichs- post Abteilung Bauern, Dr. Schätzet, als ReichS-bst- minister in das Neichökabinett eingetreten. Da die Reich». p«i« nächst der ReichSeiienbah» zu den größten Betrieben der ganzen Welt gehört, hat die Oessentlichkcit ein berechtigte- Interesse daran, über den neuen ReichSpostministrr Dr. Schätzet ivcnigstens in groben Zügen unterrichtet zu werden. Nur einem ganz kleine» Kreise Eingeweihter ist es bekannt, das, eigentlich Dr. Scimtzel der geistige Vater des zivilen Luft verkehrs in Deutschland ist. Heute, wo Dr. Schätze! an dir Spitze der NeichSpost als Nelchsvostminlster gestellt ist. wird «ö sicherlich nicht als Indiskretion ausgcsaßt werden können, men» ich solgendcs der Oefsentllchkeft unterbreite: Noch tobte der Weltkrieg an allen Fronten. Wir schrieben Mai 1017 alb ich lm Zusammenhänge mit einer damals in der Gründung begriffenen Luftverkehrsgesellschaft in daS llönial. Bäurische Berkchrsinlnistcrium gerufen wurde, wo mir mit Genehmigung des damaligen Bcrkchrsmlnisters. Erz. Seidlein. OberregiernngSrat Dr. Schätzet einen deutschen Luftverkchrsplau unterbreitete, der die deutsche Landkarte mit einem geradezu ideal auSgcdachten Netz für einen zivilen Luftverkehr nicht nur in Deutschland, sondern mit Anschluß- liiiien i» ganz Europa aufzeigte. Das Ergebnis dieser Be- sprcchung im Mai ll>>7 ivar. das, ich den Auftrag erhielt, «der die Frage eines zivile» Luftverkehrs in Deutschland an der Hand dieses mir überlassenen Landkartennetzes die Sssenlliche Meinung zu interessieren. Und siehe da: Das ss-cho in der Presse ivar niederschmetternd Große »nd größte deutsche Tageszeitungen bezeichne«?» den Plan als Phan tasterei. Ein Berliner Oberpostrat glaubte mir als Verfasser sogar den freundlichen Rat erteilen zu müssen, mich einer Kaltwasserkur zu unterziehen, »m aus den plxnitastischcn Lntt- regioncn wieder aus der sichere» Mutter Erde landen zu können. Nur die AuslandSprcsse erkannte das Gewaltige dieses Luftverkehrsplanes und nützte meine Veröffentlichun gen in dcutschlandseindlichem Sinne auS. Und heute? Der zivile Lnstverkelrr in Deutschland «nd Europa wird fast In der gleichen Weise, wie damals Dr. Schäkel es vorausgeahnt hatte, durchgcsiihrt. Darum ist es an der Han- dieier Tatsachen durchaus berechtigt, den fetzigen deutschen Reichsvostminister Dr. Schatze! als den ursprüng- lichen geistigen Vater deö zivilen Luftverkehrs in Deutschland anzissnrechcn. Wie aus diesem damals noch in kühner Phantasie lebenden und der Entwicklung um Jahre vorauseilenden Ge biete Dr. Schätze! die richtige Einstellung hatte, so wußte er auch im K r a s t f a h r w c s c n zuerst in Deutschland im Interesse keiner engeren Heimat Nanern jene Wege zu gehen, die Bauern das ausgedehnteste Kraftpostliniennetz in Deutsch, iand geschaffen haben. Auch ans dem Gebiete der drahtlosen Telep honte sowie beim Ausbau des Rundfunks hat man es Tr. Schatzes in verdanken, daß immer die neuesten Errungen- schasien der Technik »nd Wissenschaft dem postalischen Betrieb dienstbar gemacht wurden. Am 10. Mai 1028 mar eS. als Staatssekretär Tr. Schätze! in Begleitung der leitenden Persönlichkeiten der Oberpvftkttrektion in München in zwei cheiellschaftSantos der Bäuerlichen Post 22 Herren der bay rische» »ud auswärtigen Prelle nach Weilbeim eingeladen batte, um einem kür die Tclcphonie denkwürdigen historischen Akte beiznivohnen. nämlich der Erössnnng des 1. automatischen Fernsprechamtes der W'lt. Damit war ein unerhört nencr Uea im Fcriisprcchrerkehr bcschritten. der darin bestand, daß obne icde Vermittlung und ohne irgendeine Betricbsein- schränkniig bei Tag »nd Nacht leder dem Tclephonamte an- gcschlvlleiic Fernsprechteilnehmer im Umkreis von 75 Kilo meter sich selbst mit der gewünschten Stelle tclepftonisch ver binden konnte. Diese Neuerung wurde in der Tages- und Fachpresse der ganzen Welt mit Morten höchster Anerkennung bebandelt und Dr. Schätze! ivar cs. der allen Pessimisten und Unkenrufen niim Trotz den automatischen Fernsvrechbetrieb weiter aiiabante. Mit Recht bezeichnet«: In seiner Weilhcimer Pegriisttiiigsrcde an die Prelle Dr. Schädel den Tag der Er öffnung des ersten automatischen Fcrnsvreclmmtes der Welt als Markstein in der Entwicklung der Telephonte. Auch die elektrischen Wellen des Weltäthers wußte Dr. Schatze! der Allgemeinheit nicht nur durch den Ausbau des Rundfunks in Bauern, sondern vor allem durch djc tel>'„l„i„ische Ovcrnübcrtraanna der Bayerischen StaatS- ovcr dienstbar zu machen. Dr. Schätze! bat eS mit licberoller Unterstützung der zuständige» technischen Beamten der Ncickspostal'tctlnng München erretckr. daß die Telephon- tcilnchmer in ganz Bauer» allabendlich um geradezu sündhaft billiaeS Geld die Darbietungen der Bäuerischen StaatSover in München genießen können, ganz gleich, ob sie in München oder ans dem Lande wohnen. So ist also mit Dr. Stütze! einer der besten vnd tüchtigsten Köpfe der gesamten NeichSpost nun mehr an die Spitze dieses Riesenbetriebes getreten: ein Mo,,,, nickst des Wortes, sondern der scbövertschen Tat. Wie Kinöenburg -ie Krise entwirrte. Eine Erklärung -er Deutsche« Dolksparlei. Berlin. 1. Februar. Die RrichStagSfraktion der Deutschen Bolkspartet läßt folgende Erklärung veröffentlichen: Tie Deutsche Bolkspartet bat seit Nähren den'Standpunkt ver- treten, baß ein? parlamentarische Mehr Veits- regierung in Deutschland angesichts der überaus schmie rigen außen, und innenpolitischen Entscheidungen erforderlich sei. Nach der Red« des «bg. Scheidemann, zu der skr die Deutsche Bolkspartet entscheidenden Frage der Reichswehr war kür sie die Große Koalition nicht mehr tragbar. Getreu ihrer in den lebten Nähren mehrfach sestgclegten Auf fassung hat sie besonders auch durch die ersvlgversprcchenden Berlmndlungen ihres Ministers Dr. Curtiuö alles ver sucht. um die Melirhettsregterunq von den Demokraten bis zu den Deutschnattonalen zustande zu bringe». Um dieses Zieles willen hat sie schwerste Opfer nicht gescheut, eingedenk ihre» alten Wahlspruches, „Das Vaterland über die Partei". Besonders schmerzlich mußte Ne den Verzicht aus die Weiter führung des Vcrkehrsmiiiisterinms durch Herr» Dr. K r o h n c, einem in höchstem Maße bewährten Fachmann aus diesem Gebiete, empfinde». Nhre Stellungnahme wurde in letzter Linie bestimmt durch den Appell an ihre vaterländische Ge sinnung. Diesen Appell hat der Herr Reichspräsident, der den Vorsitzenden der vvlkspartetlichen Reichstagssraktivn Dr. Scholz, zu diesem Zweck zu sich bat, nicht nur mündlich sondern auch in einem Schreiben in nachdrücklicher Form an die Fraktion aerichtct: Der Brics Hindcubnras an Dr. Scholz lautet: „Sehr geehrter Herr Ncichsministcr! Wie mir der Herr Reichskanzler berichtet, ist die Znsamminsetznng der neue» Rcichsregierung auf Schwierigkeiten gestoßen. Die Regierungs krise währt nun schon 0 Wochen. Die vor uns liegende» politischen und wirtschaftlichen Aufgaben erfordern dringend den Beginn der Tätigkeit einer voll arbeitsfähigen Reichs- regierung. Wenn ich auch Ihrer Forderung, den bewährten und erfahrenen NeichSverkehrsminister Dr. Kroline auch in dem neuen Kabinett bcizubehalten, rolles Verständnis ent gegenbringe, so muß ich doch an Sie und Ihre Fraktion die Bitte richten, auf dieser Ihrer Fordern»,, nicht z» bestehen, und so das lebte Hindernis aus dem Wege zur Regierungs bildung zu beseitigen. Die bisherige Haltung der Deutschen Volkspartei und ihrer Reichstagsfraktion bercchtiat mich zu der Annahme, daß Sie auch hier die Rücksicht aus das vater ländische Wohl und die Gcsamttntereffen des deutschen Volkes allen anderen Wünschen »nd Interessen »oranstellen und sich diesem meinem Appell nicht versagen wird. Mit der Ver sicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung bin ich Ihr ergebener gez. von HI »den bürg." Kin-enburgs Dank an Graef. Berlin, 1. Febr. Reichspräsident r. Hin den bürg hat an den Vizepräsidenten des Reichstags Graef folgendes Schreiben gerichtet: Sehr geehrter Herr Graefl Die Bildung der neuen Meichsregierung ist nunmehr beendet. Die ihr cntgcgen- stehenden Schwierigkeiten sind in erster Linie durch Ihren freien Entschluß, ans die von der dcutschnativnalcn Fraktion Ihnen angetragene Kandidatur eines Neichsmiiiistcrs zu verzichten, hinweggeräumt worden. Ich danke Ihnen für diese Sie ehrende sachliche -Handlungsweise, die den allgemeinen Interessen den Vorrang vor den persönlichen und partei- »olttischen Anschauungen gelassen hat. Anaesichts der Er örterungen, die sich in einem Teil der Presse und der Ocffent- lichkeit an die Voraängc bei der Regierungsbildung geknüpft haben, ist eS mir Bedürfnis. Ihnen auch bei dieser Gelegen heit ,« versichern, daß die Bchanptnng, ich hätte Ihre Kan didatur adgelehnt. durchaus unrichtia ist. Ich habe in keinerlei «»ickttnng neuen Ihre Person oder Ihre sachliche Eignnna Be denken erhoben und kann nur lebhaft bedauern, daß Sie durch tendenziöse Nachrichten und Gerüchte in dieser Weise persön lich in Mitleidenschaft gezogen sind. Mit der Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtnng bin ich Ihr ergebener gez. v. Hin den bürg. Schiele übernimm! sein Am!. Berlin, 1. Febr. Im ReichsernährniigSministerillM ver abschiedete sich heute Reichsminister Dr. Haslinde von seinen Beamten mit warmen Worten des Dankes für ihre treue und vertrauensvolle Mitarbeit. Gleichzeitig trat der neue Minister Schiele sein Amt an und führte sich ein mit einer kurzen Ansprache, in der er auf die Bedeutung der Landwirtschaft sür die Volkswirtschaft und Volksernährung und die daraus resultierende Stellung des Ministeriums im Rahmen der Rcichsregierung hinwies. Staatssekretär Dr. Hofsmann hob die Verdienste Haslindes hervor und sprach ihm namens der Beamtenschaft die besten Wünsche für die Zukunft aus. Den neuen Minister begrüßte er als einen Mann, in dessen Hand die deutsche Landwirtschaft mit Zu versicht ihre Interessen aelegt sähe. kW. TB.) Die Amtsübernahme Dr. Köhlers. Berlin, I. Febr. Der neiiernannte Retchsmtnister der Finanzen, Dr. Köhler, hat heute die Leitung des Reichs- siiianzmintsteriumö übernommen. In seiner Begrüßungs rede betonte er. er wolle kein Etnzelprogramm aufstellen. Au Stelle der vielen Reden müsse die Tat trete». Die Berein- sachung der Verwaltung in Reich, Ländern und Gemeinden müsse alsbald durchgesiilnt werde», wen» möglich ohne daS Stadium dickleibiger Dcnkschrisle». Hieraus dankte der Staats sekretär ii» Reichssinauzmiiiisteriiii», Prof. Tr. Pvpitz, sür die herzlichen Worte der Begrüßung und übermittelte dem neue» Minister die Wünsche der Angehörigen des Ministeriums sür die Führung seines Amtes. <W. T. B.) Abschieö -es Neichsposlminlslers Dr. Stingl. Berlin. >. Febr. Rcichspostminister Dr. Stingl ver- sgmmelte gestern die Bcgmte» des Reichspostministeriums zu einer Abschicdsfcicr. Staatssekretär Lauter schilderte die Leistungen des Ministers ans de», Gebiete der Reorganisation der Verwaltung nach Inkrafttreten des Neichspostsinanz- gcsctzcö, seine Berittenste »in die wirtschaftliche Gestaltung und Modernisierung des Betriebes und seine Fürsorge kür die Beamtenschaft. In seiner Erwiderung betonte der Minister, daß es die Frncht treuer Zusniiimenarbeft der ge samte» Pvstbeamtenschgst sei. daß das reiche Erbe Stephans und seiner Nachfolger erhalten worden sei. n»d dankte allen Mitarbeitern für ihre Treue Abschledsessen des Aerchsrals für Dr Külz Berlin, 1. Febr. Zu Ehre» des scheidende» Reichs- Ministers des Innern Dr. Külz veranstaltete der Reichs- r a t heute mittag im Hotel Esplanade ein Abschledsessen, an dem sämtliche stimmführeiide» Bevollmächtigten und eine große Reihe der übrigen Mitglieder des ReichSrates teil- nahme». Der Vertreter Preußens, Staatssekretär Dr. Weis- inanii, betonte In seiner Ansprache an de» scheidenden Minister im besonderen die hervorragende Art, wie der Minister seine persönlichen Beziehungen zum Rcichsrat zum Nutzen der ge meinsamen Arbeit zu gestalten gewußt habe. Minister Dr. Külz erwiderte hierauf in bewegten Tankesworten. lWTB.) Die ersle Sitzung -es neuen Kabinetts. iDrahtmeldung-unsrer Berliner Schristleitung.) Berlin, 1. Febr. Das Rcichskabinett, das gestern durch die Ernennung des dcutschnationalen Abgeordneten Hergt zum Iiistizministcr und Vizekanzler und des deutsch nationalen Abgeordneten v. Keudell zum Innenminister er gänzt worden ist. trat heute nachmittag 5 Uhr zu der ersten offiziellen Sitzung zusammen. Reichskanzler Dr. Marx vereidigte die neuen Minister. Die Formulierung der Regierungserklärung wird morgen in einer Kabinettssitznng beraten werden. Für die Regierungserklärung liegen die Richtlinien vor. die der Reichskanzler mit den Führern der neuen Koali- tionSparteicn in den Verhandlungen über die Bildung des Kabinetts ausgestellt hat. Diese Richtlinien werden durch ein wirtschaftspolitisches Programm ergänzt werden. Im übrigen lmt das Kabinett bei der Formulierung der Ne- gicrungscrklärung selbstverständlich freie Hand. Die Er klärung wird sich mit Rücksicht ans den außerordentlichen Umsaiiq der Verhandlungen und mit Rücksicht auf die Bildung einer neuen Koalition diesmal nicht aus wenige Sätze be- schränken,- die Negierung beabsichtigt vielmehr, ein ganz umfassendes Programm der Außenpolitik, der innere« Politik, der Sozialpolitik, der Wirtschaftspolitik und der Kulturpolitik zu geben. Die Regierungserklärung wird bann am Donnerstagnachmittag im Reichstag abgegeben wer den. Am Freitag und Sonnabend wird die große politische Debatte stattfinden. Usuls »nd fo'xende mein Inventur Husverksuf In Allen zdtellunxen xnnr bedeutende pfelüennjilllxunxen — »«»«et,« « I« unter Sstdsttcortsnpestr. Wtibrend der zuüvei'IkSlils-l'gxe AewSIire ick sut meine rexuIÄren Wsren 10°/» «»»een-Nnbslt «gusxenommen Osunen-Vecken und Lxtrs-Nestettunl-en). Verkauf nur qe^en sniorliße 8sr- ralilunx. Vmtsuscb von ^.-V.-Waren nickt »nZSngix. W«ll»tr»0o 6 0,ündun«c»jaiir ISN Da» Sperlalkiua für xute ZVtlscbe l.elnenlieu, n. Nsekl Oswal- Achenbach. Zur lüü. Wiederkehr s incS Geburtstages. Tic Sehnsucht der Deutschen nach dem Sonnenlande Italien hat seit Jahrhunderten ihre künstlerische Form ge sunden. Ja, die Künstler sind cs eigentlich, die Ne zuerst und stets am stärksten empfanden und die Volksgenossen, zumal die Dichter, nachgezogen haben. Dürer schrieb aus Venedig: wie wird mich idahciml nach der Sonne frieren." Nach ihm kam die Flut der deutschen Maler und Architekten, die über die Alpen sil.qen und sich ganz an die welsche Form, die Renaissance, verloren. Im i8. Jahrhundert erst begann die Pilgerschaft der Dichter einzuietzen: Goethe und Heine sind ihre Führer. Die Gcncraiioii der Romantiker war sich einia über das Ziel ihrer irdischen »nd himmlischen Sehnsucht: Italien und das Rom der Pauste. Eichciidorftö „Taugenichts" verleiht diesem ebenso un bestimmten wie »aiiirhaftcn Drang die ewig gültige Form: es ist der deutsche Träumer und „Tramp", der in der lockenden Ferne das Glück sucht, daS den Menschen nun einmal von den Gütftrn versagt ist. Die Sehnsucht nach dem Unerreichbaren besteht immer noch, aber sie hat sich ein weiteres Ziel gesteckt: Dampser und Flugzeug führen rasch über »ngchcure Länder und Wasser- wüste» zu kremden Kontinenten, zu Inseln und tropischen Ur- Wäldern. Spanien und Madeira wurden zur ersten Etappe. Acguvtc». Indien. Pazifik sind uns Ersatz für das Italien der Großväter geworden. Bei »»fern Malern ist eS von Italien längst still geworden. Leicht zn begreifen ist der Zusammenhang der Geschmacks, wandluna in den RcssediSvositione» mit dem der Kunst. Die Rottman». Gnrliit. Achenbach, Verkünder südlicher Herrlich keiten sind nicht mehr „gefragt" Ihr Ruhm ist verschollen, ihre Kunst bildet längst kein Tagesgespräch mehr. Es ist kaum ein halbes Iahrhudert her. daß OSwald Achenbach der Liebling aller mondäne» Snobs und wahr haftigen Kunstkenner war. Jeder Sammler, alle Museen, die am Reputation hielten, mußten seine sonndurchglühten Echtldcrungc» des Neapolitaner Landes besitzen, von kost bare» „nd schwerwiegende» Goldrahmen umfaßt. Altertümlich last mutet uns diese Mode an, »nd vorsichtige Kunstfreunde inche» sich ihrer sichtbare» Niederschläge unauffällig zu ent ledige». I» der Sprache deS Kinisimarktes heißt das: die Presse der Achenbachich"» Prachischiuken lassen nach, auf Auk tionen gibt wo» Ne billig ab. Eitelkeit. Mode. Knnstmarkt unterliegen den gleichen Ge sehen des Auf und Ab. Wer tiefer blickt, läßt sich davon nicht düpieren »nd warte« ab. Mussolini hat »nS Italien ein wenig verekelt. Romantik und goldgerahmte Hymnen auf Fremden- vcrkehrszentren von Gestern sind im Kurs gefallen. Aber Kurse können ebenso steige», wie Diktatoren stürzen, und jenseits aller Moden steht künstlerische Qualität. Das Phänomen Oswald Achenbachs ist kein Rechcnrxempcl das mit Ja oder Nein endgültig au-fgeht. Was sterblich an ihm ist, was Mode der./großen Schinken" »nd bengalisch ans gemachter Dekorationen italienischer Nächte und Tage: das wird im Orkus verbleiben und verdienter Vergessenheit an hctmfallen. Kein Zweifel, daß seine großen Ausstellungsbilder, allzu effektvoll auf Sinnentrug gebaut, allzu gestellt und bc rechnet, um wahr zu sein, dem allgemeinen Fluch des Düssel dorfer Akademismus verfallen bleiben, der nichts als Zeitmode und also durchaus vergänglich un>d vergangen ist. Wir ver mögen dieses geschwollene Pathos mit seiner intensiven Un wahrhaftigkeit nicht mehr zu ertragen: vermutlich kehrt auch die Zeit seiner Witrdigung niemals wieder. Aber es lebt in den früheren Malereien Achenbachs, die unter dem unmittelbaren Eindruck italienischer Sonne ent standen, vor allem in seinen Skizzen und nicht für den Verkauf gemalten Bibbern eine Wahrheit, die so starke Qualitäten malerischer und romantischer Art enthält, daß sie Uebcr- wertung und Mißachtung der Zetten überdauern wird. Das Kompliziert« in der Erscheinung dieses frühreifen Düssel dorfers ist cs. daß er echte Romantik mit echtem Naturgcfühl verband, daß er aus unmittelbarer Empfindung schassen konnte und zu gleicher Zeit den Talmi-Jnstinkten einer gott verlassenen Zeit zu schmeicheln verstand. Und das Erstaunliche Ist swas seine Beurteilung noch weiter erschwert), daß auch seine Uebertrelbnngen. seine bra marbasierenden Schivartcn Immer eine Schicht von Bewunde rung finden werden, die aus Reißer hineinfallen: ja, daß auch in Äesen Reißern Dinge enthalten sind, die den Kunstfreund gefangen nehmen, obwohl sein Instinkt das Gebilde als Ganzes, als dekorativen Schwindel voll amfgetricbencn Pomp, als romantische Karikatur südländischer Vorführung ab- lehnen mutz. Lebte Achenbach heute, so würde ihn d>e weit regere und sehr unbarmherzige Kritik der Zeitgenossen vor seinem falschen Weg« bewahrt haben. Denn er war ein Künstler von starkem Gefühl für das Wahre. Aber Oswald Achenbach wurde am 2. Februar 1827 geboren, und seine Jugend fiel in -ie Zeit der abstcrbcnden. der faul und schief geworbene» Romantik. Leine künstlerische Erziehung vollzog sich an der Düsseldorfer Akade mie, die er schon mit zwölf Jahren lein Wunderkind!) betrat, unter den Augen seines Bruders Andreas nn- Schirmers. Italien sah er 1845 zum ersten Male, achtzehniährig: stärkeren Einfluß übten die folgenden Reisen, 1850. 1857. n»d vor allem 1871: dieser Besuch fiel mit dem Beginn der Gründerzeit zu sammen, und wenn wir uns die geichwollcne Hochstimmung jener Zeit vor Augen halten, die für Wirtschaft wie Kunst in Deutschland von den schlimmsten Folgen war. io werden wir die Abirrung seines großen und ursprünglichen Talentes be greifen. Was wertvoll ist an Oswald Achenbachs Kunst, fällt kn wesentlichen vor diese Epoche, in die vierziger und fünfziger Jahre. Gestorben ist er am 1. Februar 1005. als Achtund- sicbziger, in einer völlig veränderten Zeit, die er nicht mehr verstand und die ihn nahezu vergessen hatte. Heute, hundert Jahre nach seiner Geburt, ist der Augenblick gekommen, Spreu von Weizen zu sondern und ihm die Stelle anzuweisen, die er verdient: als letzter Nachfahr der Romantik und Verherrliche! italienischer Schönheit. D r. P a u l F. Sch m i dt. Kuntt und Wissenschaft. Griechisches Propheienirrm. Der Deutsche Gnmnasialverein. Ortsgruppe Dresden, und die mit ihm verbundene Gesellschaft sür Altertumswissenschaft veranstalteten am Mon tag ihren zweiten Vortragsabend in diesem Winter. Nach kurzen Negrüßlingsworten seitens des ersten Vorsitzenden, Geh. McdizinalratS Professor Dr. Schmorl, sprach Universi- tätsprofessvr Dr. Gcfscken, Rostock, über „Griechisches P r o p h e t e n t n m". Wen» wir uns einen Propheten vor stellen. so haben wir das Bild eines Mannes vor uns, der, er füllt von einer hohen Idee, das gottdiirchdrungcnc Innere mit der Fähigkeit verbindet, die Menschheit von Grund aus »m« zugestaltcn. Wir denken dabei hauptsächlich an alttestamcntliche Propheten mit den Hauptmerkmalen: Befragung, Weissagung und religiöse Aufrüttelung. ES gibt aber auch ein eigentliches griechisches Prophetentum. Die Griechen nennen den Pro pheten schlechthin Vermittler zwischen Mensch und Gott, den Dolmetsch Gottes überhaupt. Er gehört ftinigst zum Tempel, er kann PropheteS und Prophetts sei» lPnthia). Homer, der vorwiegend weltliche, bezeugt, wenigstens was die Ilias an geht. das griechische Prophetentum. Der griechische Dichter ist als Musenzögliiig ta selbst eine Art von Prophet. So ist auch Hcsiod Prophet, aber nicht im ausschließlich religiösen Sinn: er ist mehr sinnender Theologe, als non der Gottheit überschatteter Scher. Phantasie ist seine Domäne. Der Redner gab nun eine geistvolle Parallele zwischen dem jüdische» und dem griechischen Prophetentum n»d iührte bann aus, daß durch die Verbindung Delphis mit dem Königtum die religiöse Mantik zu einer Religionspolitik wurde. DclphiS Propheten waren niemals „Heilige". Ihre Verweltlichung nahm reißend zu. ihre polt-