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VS. Jahrgang. HL 177. Sonntag» 29. Juni IMS. Drahtanschrift: R.chrlchtea »»»»de». gerniprecher-Sammeinummer: LSSL1. Lfttr itlr Aachlg«präche: tstSVU. ^«r^IIInU« n, rn,»« »ndv««rt»n l>« s»»i« bei «k>. mMt^r Zuftelu», durch di« Poil <»hn, Bkst«I>l«id> » «V M. nwnaftich I «0 M. Dt, »tniMilft«« r? mm brrttt Z«il« 7» Pt. NW «nzet^n unt«r Stillen, und Anzeigen-Preise. Z.VL Ä Nachdnut ma mti deutlicher Lnelennn^»« (.Dreedixr «achr.^ pULiftch - Unnerlnn^e Schriftstück« »er»«» nicht nusdewehrt. Schriftleitung und Hauptgeschäftsstelle: Martenstrafte Nt ckt» Druck n Bermg von Lieptch » Reichardt m Dr^de» Postscheck-Aonto IS SSL Leipzig. I'ränkners Möbelhaus 21/A Qörlltrer 5trsüe 21/23 8eken5vver1e ^us5leüung. k<0nig8c1iele Li: laglick: KvdlSIl.LK.KOdr^ekl'. k'. ttsrrnann vssg Vresklon-S., falftanstrsSa 2S sS°°°° ^»rnepraok«« ,»s», unck roasr l^suskvsi'Sinttsi'si. UnterzeichnMg des Frledensvertrags. Versailles, 28. Juni. Der Friedensvertrag ist» wie vorgesehen, nachmittags um 3 Uhr im Schloß unterzeichnet worden. ft« AN st« Unterzeichn»»«. Versailles, 28. Juni. Die Zeremonie her Unter zeichnung im Spiegelsaale zu Versailles begann heute nachmittag 3 Uhr. Nachdem sämtliche Delegierte der alli iert«« und assoziierten Mächte lürch. Plätze eingenommen batte«, wurden die deutschen Delegierten in den Sa»l geleitet und zu de» für sic bestimmten Plätzen geführt. Der Vorsitzende der Friedenskonferenz Cle we «ce au erhob sich und erklärte: Der z« unterzeichnend«! Text stimmt genau mit de« SLerei«. der den Deutfchen in LIW Exemplaren über, gebe« wnrde. Rn« beginnt die Unterzeichn»««. Die Unterzeichnenden geben mit der Unterzeichnung das feierliche verspreche», die mit der Unterzeich, Nung des Friedens übernommene« Berpslichtnnge« ' hieikta nnd getreu zu erfüllen. GnmtS übergab de« Staatsamt eine« Protest gegen die Bestrafung des Kaisers nnd der anderen durch de» Frieden-vertr-g in Mitleidenschaft gezogene« Per. s«»e». — Präsident Wilson Unterzeichnete 3 Uhr 14 Rin. Dan« folgte« die übrige» amerikanischen Delegierte«. Die De ntschev Unterzeichneten de» Frieden an erster Stelle vor allen übrige« Frie-ensdelegierte» nm ö.lö Uhr. Um » Uhr bl Mia. war der Akt der Unterzeichnung vollze/e«. ElLmencea« hob die Sitzung mit der Erklärung aus, -er Friede sei geschlossen. Er ersuchte die Delegierten der alli, ierte» «nd assoziierte» Mächte, zu warten, bis di« dcntsche« BenollmSchttgtc« sich entfernt hätte«. Die MilitSrmissiou «erde dt« deutsche Delegation in das Hotel des Reservoir »nrückgcleite«. Die deutschen Bevollmächtigten verliehe« »«raus als erste de» Saal «nd begaben sich ans demselben Wege, ans de« sie gekommen, sofort in das Hotel des Reser, »vir zurück. Aikststitchsel zwischen Mmrmeau »«st Sanlel. Versailles. 28. Juni. Der Vorsitzende der Friedens konferenz ElLmenceau richtete heute folgende Noten an den Gesandten v. Hanlel: Paris. 27. Juni. Herr Vorsitzender! Die alliierten und assoziierten Mächte haben die Not« der deutschen Delegation bezüglich de- Abkommens über die Rheinland- vom 27. Juni geprüft. Sie nehmen davon Notiz, daß die deutsche Delegation die Vollmacht zur Unterzeichnung dieses Ab kommens am festgesetzten Datum erhalten hat. Sic haben nichts biegen clnzuwendcn. -atz nach der Unterzeich nung Verhandlungen angebahnt werden, um zum Beste» -er Interessen der verschiedenen Teile eine Anzahl Kragen zu regeln, welche von den deutschen Delegierten aufgeworfen werden könnten. Genehmigen Sie. Herr Vorsitzender, di« Zusicherung meiner vorzüglichen Hochachtung, gez. Clömcnecau. Paris. 27. Juni. Herr Vorsitzender! Ich habe die Ehre. Ihnen die for melle Zusicherung zu geben, dasi der gedruckte Wortlaut des KtiedenSvertragös. welcher den deutschen Bevollmächtigten glieichzeittg mit den Bevollmächtigten der alliierten und also, ziieoen Mächte zur Unterschrift vorgelegt werden wird, tnallen Punkten mit dem Wortlaut identisch ist. welcher am 21. Juni ISlü Ihnen überreicht wurde, ab gesehen von den Korrekturen, deren Lifte am 24. Juni zu- aeftellt wurde, und von den Abänderungen, welche in der Frage -er Bevollmächtigte» vorgenommen werben mutzte». Beiliegend beehre ich mich. Ihnen ein Exemplar de» Textes de» Friedensvertrages und der beide» Dokumente, welche ihn ergänzen, d. h. Protokoll und Abkommen bezüglich des RhetnlandeS. zukommcn zu lallen. Diese Texte wurden mit demselben Satzmatcrial. Formen und Lettern gedruckt, wie die für die Unterzeichnung bestimmten Instrument«. Genehmige» Sie. Herr Vorsitzender, den Ausdruck »»einer ausgezeichneten Hochachtung, gez. Clsmenccau. Versailles. W. Juni. Gesandter v. Hantel richtete heut« folgende Not« an den Vorsitzende» der Frieden», konferenz Elömenceau: Herr Präsident! Im Aufträge des RetchsmintsterS deS Auswärtigen beehre ich mich. Eurer Exzellenz folgendes mit zuteilen: Unter Hinweis auf den Schlutzabsatz deS Schreiben- Eurer Exzellenz vom 20. Mai b. I. wegen Heimbeför- derungder Kriegsgefangenen und auf den Teil 6 der Antwort der alliierten und assoziierten Mächte aus die Bemerkungen der deutschen Delegation zu den Friedens- bebingungen bittet die deutsche Regierung um eine tunlichst baldige Erklärung, wann, wo und in welcher Zusammen setzung der Zusammentritt der in Artikel 213 Abs. 1 des Friedensoertrages vorgesehenen Kommission in Aussicht ge nommen ist. Genehmigen Sie. Herr Präsident, den Ausdruck meiner ausgezeichneten Hochachtung. gez. v. Hantel. Neue Fesselu. Versailles, 28. Juni. Wie „Journal" berichtet, scheint der Biererrat zu befürchten, batz Deutschland die Ratifizie rung des Friedensvertrages zu verschleppen versuchen wirb. „Journal" deutet an, daß der Bieverrat eine Abmachung gleichzeitig mit dem FrtcbenSvertrag unterzeichnen lassen möchte, wonach die Freilassung der deutschen Kriegsgefangenen erst nach der Ratifizie rung des FriedenSvcrtrageS beginnen soll. Der Vierer- rat hofft, dadurch Deutschland zur Beschleunigung der Ratifizierung zu veranlassen. Wie die Blätter ferner be richten, bezieht sich die Abmachung über Polen, welche heute nachmittag gleichzeitig mit dem Vertrag unter zeichnet wer-en soll, namentlich auf Len Schuh ethischer und religiöser Minderheiten in Polen durch die Gesellschaft der Nationen. Diese Abmachung, welche zwei Kapitel auf 12 Seiten umfaßt, wird von Polen und den fünf alliierten Großmächten unterzeichnet werde». „Petit Parisien" meldet, daß der Fricdensvertrag voraussichtlich am Montag von Clsmenceau in der Kammer niedergelegt wird. ClSmeuceau werde aus diesem Anlaß eine kurze Erklärung abaeben. Die wetteren Arbeiten der Friedenskonferenz. (Bon unser« Versailler Sonderberichterstatter.! Versailles, 28. Juni. Die Friedenskonferenz wird auch nach der Unterzeichnung Wetter lagen. Zwar reist die erste Garnitur der Ententcstaats- mänucr ab, doch bleiben ihre Bevollmächtigten zurück. So Balfour für Lloyd George und Lansing für Wilson. Diese werden die Verträge mit Oesterreich, der Türkei und Bulgarien unter Dach und Fach zu bringen haben. Außerdem werden sie sich mit Spczialfragen, wie z. B. den Kolonien und anderen durch den Friedcnsvcrtrag offengclassenen Fragen beschäftigen müssen. Wilson» Abschied von Europa. BersallleS, 28. Juni. „Humanits" schreibt u. a.: Als Wilson in Frankreich landete, glaubre das Volk, daß er seinen großen Gedanken, seinen Botschaften und seinen 14 Punkten ircu bleiben werde. Die Enttäuschung ist vollständig. Nach einigen Wochen von Anstrengungen und Kämpfen, in welchen er nur von der öffentlichen sozia listische» Meinung unterstützt war, ließ Wilson, ohnmächtig, den Imperialismus gewähren. Bon dem edlen Pro gramm, welches er der Welt vorgeschlagen hatte, wurde nichts verwirklicht. Ost erinnerten wir an die tieferen Gründe, welche daS versage» deS WilsontSmus erklären. Aber in dem Augenblick, wo Wilson Frankreich verlassen wirb, sind wir verpflichtet, zu sage», daß er trotz allem «nserer Sache gedient hat. Auch morgen, wenn wir vor dem Lande den unmenschlichen internationalen Vertrag, welcher beute unterzeichnet werden soll, verurteile» wer den. werde« wir große Kraft auS den Wtlsonschen Behaup tungen schöpfen. Seine Niederlage, welche badet auch die deS ganze« zuweilen aufrichtigen, aber immer ohnmäch tigen bürgerlichen Idealismus ist. zeigt Men Völkern und Menschen, dab nur der Sozialismus Ordnung und Brüder- —^ « ^ . lichtest aufzurichten vermag. — Wie die Blätter melden/sustimmen? Kann nackt«, brutale Gewalt irgendeine hat Wilson seine Abreise von heute auf morgen abend andere Wirkung ausüben. als daß der von ihr Betroffene verschoben. lsich knirschend in das Unvermeidliche schickt? Und konnten Lngano, 28. Juni. „Gecolo" meldet, baß EIsmen- wir die aufrichtige Friedfertigkeit unserer Gesinnung dcut- ceau erst <!) nach den dem Friedensschlüsse folgenden.licher bekunden als durch die verständnisvolle, lebhaft zu- Parlamentsdebatten abdauke» wird. !stimmende Ausnahme des Völkerbundaedankens. Lurch die FranrSMe zulunsksorgen. Angesichts der Unterzeichnung des Friedensvenrages äußert sich das innerste Empfinde» der sranzösiicheu Volksseele in bezeichnender Weise. Der Präsiden: der Republik hat in Versailles bei einer Tafel zu Ehre« Wilsons eine Rede gehalien. von der mau gewiß sein kann, daß sie das Denken und Fühlen der über wältigenden Mehrheit der französischen Nation iviedergibt, und wenn man sie von dickem Standpunkte aus würdigt, so tritt als besonders ausfälliges Merkmal die Furcht vor de: Zukunsi hervor, die sich in einem bis aufs höchste ge steigerten Mißtrauen gegenüber Deutichland und in der nervös geflissentlichen Betonung der Notwendigkeit kund- glbt, daß die Entente auch ferner unentwegt zuiammen- halten müsse, um den angeblichen deutschen Listen un- hinterhältigen Absichten zu entgehen. Poincaro ist nicht imstande, sich an einem solchen weltgeschichtlichen Wende punkt zu einer Größe der Auffassung zu erhebe», die über die engen Grenzen nationalen Hasses hinausblickt nnd in einer neuen, auf wahrhaft kulturelle Grundlage gestellten Ordnung der internationalen Beziehungen das Hell für die einzelnen Staaten und di« gesamte Menschheit findet. Er sieht nur mit Furcht und Rangen, mit unverhohlener Sorge der weiteren Entwicklung der Dinge entgegen, weil er und mit ihm die öffentliche Meinung Frankreichs nur zu wohl weiß, daß der Versailler Friede ein Holin auf alle die Grundsätze ist. die nach Wilsons neuem Evangelium das Glück der Menschheit begründen sollten. Nicht ei» einziges Wort, bas auch nur den leisesten Anklang an die Möglich keit einer endgültigen deutsch-französischen Aussöhnung er- kennen ließe, vermag er zu formen. Im Gegenteil, er läßt seinem unbezähmbaren Hasse gegen Deutschland auch jetzt noch freien Laus durch die Aufforderung an die Entente, sorgfältig darüber zu ivachcn, daß nicht verbrecherische Hände plötzlich wieder Brandherde entfachen, die zu er- sticken der Verband bemüht gewesen lei. Entsprechend dieser Grundanschailung malt sich dann auch im Kopfe PotticarkS der „wahre Friede", den er ausschließlich aus dem fort gesetzten Zusammenwirken der bisherigen Verbündeten und der mit ihnen befreundeten Nationen hervorgelien sieht. Von den besiegten Völkern ist keine Rede: sie sind ihm Hekuba. Das haßerfüllte Mißtrauen, das in der Rede Poin- earSS gegenüber Deutschland zum Ausdruck kommt. spiegelt sich auch In den Auslassungen der französischen Presse wider, die durchweg die unbehagliche Empfindung verraten, daß der Friede mit'der Unterzeichnung noch keineswegs ge sichert sei, weil die Umwälzung in Deutschland in Wirklich keit gar keinen „neuen Geist" erzeugt hat, vielmehr der alte Militarismus seiner Auferstehung harre, um die Revanche vorzuberciten. Die französische Eitelkeit fühlt sich überdies gekränkt durch den Umstand. Laß Deutschland nur zwei Delegierte zum Untcrzeichnungsakt entsendet, dir noch nicht einmal von den Franzosen ganz für voll an gesehen werden. Man beklagt sich darüber, daß nicht „die einflußreichen Männer Deutschlands" nach Versailles kämen, um in Sack nnd Asche förmlich »nd feierlich Ruße zu tun und die deutschen Sünden reumütig zu bekennen. ES wird uns vorgeworfen, wir hätten uns „nicht wirklich gefügt" und „nicht aufrichtig auf unsere abscheuliche Kriegs- Politik verzichtet". Ja. was verlangen denn eigentlich die Franzosen von uns? Kann irgendein Volk, das noch eine Spur von Selbstachtung besitzt, solchen entehrenden und zermalmenden Bedingungen, wie sie uns von der Entente aufgezwungen worden sind, innerlich mit Ueberzeugung