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hat und dessen Verfasser der bekannte Berliner Kunstbuch binder und Lehrer der Buchbindekunst PaulKersten ist.*) Eine Beurteilung des Buches muß ich dem Fachmanns überlassen. Ich will hier nur daraus Hinweisen, daß das Buch in klarer und verständlicher Sprache geschrieben, auch für den Buchhändler, Bibliographen und Antiquar ein äußerst nütz liches Hilfsmittel ist. Jeder Buchhändler sollte imstande sein, einen guten von einem schlechten Einbande zu unterscheiden, auch dem Buchbinder die nötigen Anleitungen zu geben und nur Ansprüche zu stellen, die zu erfüllen sind. Dazu wird das Studium dieses Buches, das durch zahlreiche Abbildungen erleichtert wird, wesentlich beitragen. L. Slltterlin hat dcni Buche den Entwurf eines künstle rischen Einbandes hinzugesügt, der namentlich auch Verlegern, die ihre Verlngswcrke gebunden in den Handel bringen, nütz liche Fingerzeige bietet. Am 1. Oktober 1SOS tritt derneue Schecksteinpel in Kraft. Bon diesen: Zeitpunkte an unterliegt jeder Scheck, gleichviel in welcher Höhe, einem Stempel von IO Pfennig. »Stück für Stück 'nen Silbcrgroschen!« So gering an sich dieser Betrag erscheint, so wird er doch eine recht unerwünschte Er höhung des Budgets aller der Handlungen bilden, die viel mit Schecks zu tuu haben. Das Schlimmste aber wäre, wenn der Stempel, wie zu befürchten steht, die Folge haben sollte, daß der Scheck, der sich kaum einzubürgern begonnen hat, wieder mehr oder weniger von der Bildfläche verschwände. Dies wäre ein Schaden für die deutsche Volkswirtschaft, der in gar keinem Verhältnis steht zu den durch den Scheck stempel zu erzielenden Einnahmen, die infolge des zweifellos zu erwartenden Rückgangs des Scheckverkehrs ohnedies er heblich geringer aussallen dürften, als der Voranschlag annimmt. Vielleicht hat aber, wie jedes Übel, auch dieser neue Stempel etwas Gutes im Gefolge, nämlich die Einführung, beziehungsweise Stärkung des Überweisungsverkehrs, der z. B. in Hamburg einen sehr bedeutenden Teil des Geldumlaufs umfaßt, auch in anderen Städten. Ich habe seinerzeit bei Be sprechung des deutschen"' Scheckgesetzes auch diesen Über weisungsverkehr und seine wohltätigen Wirkungen geschildert und kann darauf verweisen. Aber auch ohne diese Regelung wird es sich, um den Scheckstempel zu ersparen, empfehlen, an alle diejenigen Handlungen, die Bankkonto haben, die entsprechenden Beträge durch die eigene Bank überweisen zu lassen, anstatt selbst einen Scheck §u übersenden. Es möge also jede Handlung, die es bis jetzt nicht getan hat, auf allen ihren Schriftstücken, auch auf den Buch- händlersakturen, die Firma der Bank angeben, bei der sie Girokonto hat. Zur Psychologie des Sortimenters Reiseeindrücke Von Eugen Dicderichs »Es kann nirgends schöner auf der Welt sein«, so schildert etwas naiv der Führer einer kleinen luxemburgischen Grenzstadt, in der ich eben etwas verschnaufe, die Schönheit eines kleinen benachbarten romantischen Tales mit seinen vielen »Lays« und einem sogar wirklichen Druidenstein, dessen Opferrinne noch er kennbar ist. »Es kann für den Verleger nichts Schöneres geben, *) Paul Kersten, Der exakte Bucheinband. Der gute Halb franzband, der künstlerische Ganzlederband, die Handvergoldung. Mit 133 Abbildgn., 38 Tafeln, 48 Papiermustern und e. Beiwort: »Entwurf des Bucheinbandes«, von L. Sütterlin. Gr. 8°. Halle 1909, Wilhelm Knapp. VIII, 177 Seiten. Preis 8 als Sortimenter zu besuchen«, dachte ich kürzlich in Jena ebenso naiv. Denn jener vertritt ja nicht nur einen Stand, für den ein Verleger besonderes Interesse hat, sondern er ist ja auch in der Literatur so gut wie unentdeckt. Man findet ihn selten genug in Romanen vertreten. Vielleicht eignet sich der richtige Sortimenter auch nicht zu einem Helden in Liebesabenteuern, denn er kennt nur eine Liebe höherer, rein geistiger Art, die zu dem »guten Buche«. Oder vielleicht erfüllt er seine Berufspflichten so muster haft, daß man von ihm wie von den tüchtigen Hausfrauen nicht spricht. In der Praxis freilich ist der Sortimenter dem Verleger nicht gerade ganz unbekannt. Er sieht ihn zur Ostermesse bei Ackerlein fröhlich zechen und der Pettershose opfern, er liest im Börsenblatt von seinen Reden auf den Vereinsversammlungen, er korrespon diert öfters mit ihm unter der Anrede »Verehrter Herr Kollege«, das letzte Wort unterstrichen. Er weiß aber, daß jener ihn als den reichen, mit Glücksgütern gesegneten Bruder ansieht, der mehr Rabatt geben könnte, ohne daß er sich etwas abgehen zu lassen braucht. Denn — eigentlich darf man es nicht laut aussprechen — mancher Sortimenter hängt leider mehr beim als am Kom missionär. Aber der Sortimenter hat doch auch ebenso wie der Verleger einen inneren Menschen. Also auf mit einem »Buch Heil« zur Entdeckungsfahrt! Der mittelalterliche Verleger hätte nun jetzt einen Wagen gerüstet, ihn mit schön in Pergament gebundenen Folianten beladen und sich Waffen umgeschnallt. Er hätte nicht den Verkäufer studiert, sondern nur die Käufer, denn er war ja zugleich selbst Sortimenter. Unsere Zeit dagegen ist viel un komplizierter und auch entsprechend langweiliger. Was mußte ein Buchhändler zur Zeit Kobergers nicht alles besitzen! Ein eigenes Haus, eine Buchdruckerei, womöglich Buchbinderei und Papiermacherei, Wagen und Pferde und allerhand kaufmännische Beziehungen zu fernen Handelsplätzen. Heute wohnt man in einem Mietshaus, jede Druckerei und Papierfabrik im Deutschen Reich ist »mit besonderer Vorliebe« für die Firma stets gern be- Kommissionär sorgt für steten Geldeingang. Wenn man aber zur Messe zieht, reist man zu Redetournieren mit nachfolgendem Schmaus, der freilich zum Teil, Gott sei dank nicht völlig, wieder aus Reden besteht. Dieses Leben ist zu langweilig, in dem immer nur geredet, geschrieben und gedruckt wird. In seinen Prospekten kann man kaum noch etwas Neues mehr sagen. Alles ist auf dieser Erde säuberlich in eine Tasche,'überlege mir, was sich über »Die Kunst in Bildern« Gutes sagen läßt und gebe, um mit Scheffel zu reden, meinem Roß die Sporen. Hinaus in die schöne Welt, an den Rhein, zu den dampfenden Schloten Westfalens und zu hanseatischem tatkräftigem Erwerbsleben! Nun wird wohl mancher Sortimenter, der seine Pappen heimer kennt und bis hierher gelesen hat, sagen: nun, so schön, wie Eugen Diederichs die Reise sich^ vorgestellt hat, wird sie wohl Schilderung von Enttäuschungen. Aber wenn man einmal in der Liebe Pech gehabt hat, redet man doch nicht schlecht von allen Frauen, und ebensowenig fällt es mir ein, alle Sortimenter in einen Topf zu werfen und daraus Brei zu rühren. Nichts ist mir mehr zuwider, als ein generalisierendes Urteil: Entweder die Weiber oder die Männer taugten heutzutage nichts. Gott sei dank gibt es und wird es stets verschiedene menschliche »Typen« geben. Es wäre ja auch zu langweilig in der Welt, wenn ihr Gipfel punkt der »Normalmensch« wäre und womöglich als ihr Haupt- und Obergeneral der »Mustersortimenter« regierte. Und doch, ich kann mir nicht helfen, ich muß meine Be obachtungen mit dem »Mustersortimenter« beginnen, und ich fürchte, meine Feder reicht nicht aus, um ihn genügend zu preisen. Ihn zu entdecken, war die größte Freude. Aha, denkt der Verleger-Leser, der bis hierher gelesen hat, jetzt holt Eugen Diederichs Speck für die Mäuse vor, sein Ideal ist der Sortimenter, der recht viel bar bestellt. »Die Seele 1425*