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dem er bis zu seinem Tode angehörte. 1848 ward er in das deutsche Parlament gewählt, und er hat in der Paulskirche mitgetagt. Uns war er ein anregender Genosse. Sein scharfer Verstand, seine Gabe des unmittelbaren Gesprächs machten ihn uns doppelt Werth. Nach den Stunden des Geschäftes gewährte er uns Stunden erfreulicher Erholung. Die Güte seines Herzens, sein gesundes Urtheil, die Begeisterung seines Wortes, seine Liebe zum Ideal bleiben unvergessen. Theodor Liesching war wiederholt im Vorstande des Börsenvereins und ebenso des Süddeutschen Buchhändlervereins thätig: er hat an mancher wichtigen Angelegenheit des Buchhandels mit gearbeitet und auch in diesem Saale durch sein Wort manchen Gegenstand zur Entscheidung gebracht. Seine ruhige, sichere Würde stellte sich schon äußerlich in der edlen Erscheinung dar, die wir nun missen. Ein freundlicher Ernst wohnte in ihm. Der Ernst einer tiefgegründeten Ueberzeugung, welche das Leben durchdrang, trat auf seinen, Antlitz hervor, gemildert durch die aus dieser Ueberzeugung geschöpfte Zuversicht. So war er ganz dem Werke hingegeben, welches ihm die Pflicht entgegentrug, in seinem Berufe, in welchem er dieser Ueberzeugung nach Kräften, nach äußersten Kräften, mit Hintenansetzung oft des eignen Vorthcils, Geltung zu schaffen wünschte, in seinen arbeitsvollen Bestrebungen für unser Standesleben und unsere Einigung. Sein Gemüth behielt die Kindlichkeit und Reinheit, die ein besonderer Schmuck eines Mannes sind. Ehre sei dem Andenken dieses lieben, getreuen Freundes und Genossen. — Ich hatte das Verzeichnis'der Heimgegangenen eben geschlossen, als aus Rom die Kunde zu uns kam, daß vr. Gustav Parthey im Alter von 74 Jahren daselbst gestorben ist. Parthey war seit dem Tode seines Vaters bis Ende des Jahres 1865 der Chef der Buchhandlung Friedrich Nicolai's in Berlin. Persönlich trat er dem Gebote seiner Natur gemäß wenig in die Oeffentlichkeit; Diejenigen aber, die in Verkehr mit ihm traten, empfingen wohl den Eindruck, daß hier ein besonderer, eigenartig gestalteter Mann vor ihnen stehe. Eine sehr gründliche wissenschaftliche Bildung, welche ihren Abschluß in einer mehrjährigen Reise durch Italien, Frankreich und England fand, war die Grundlage für seine buchhändlerische THLtigkeit, deren Früchte in derHerrichtung und Vollendung der ernstesten Verlagsunternchmungen vorlicgen. Seine Liebe zu den Wissenschaften fand die Muße, die wichtigsten philosophischen Arbeiten zu vollenden und herauszugeben. Dies^ Werke hatten die Bedeutung, daß die Akademie der Wissenschaften in Berlin ihn zum Mitgliede wählte. So genoß er eine der vornehmsten Ehren, welche einem deutschen Gelehrten zu Theil werden kann. Dem buchhändlerischen Gemeinwesen gehörte ebenfalls seine Arbeit; er war mehrere Jahre lang Vorsteher der Berliner Corporation, lange Jahre hindurch Mitglied des Preußischen literarischen Sachverständigen-Vereins. Eine so vielfache, äußerlich stets unter den Scheffel gestellte Thätigkeit, die auf jeglichem Gebiete das Bedeutendste zum Ziel hatte, ward erst in den letzten Jahren von Parthey vereinfacht, als er sich von den Geschäften zurückzog, ganz der Wissenschaft und feinen Pflege der Kunst sich hingab und in mehrfachen Reisen nach Italien eine letzte Ernte hielt. Parthey war ein edler unabhängiger Charakter, ein feiner kritischer Geist, ein liebenswürdiger, besonnen und fest sich gestaltender Mensch. In der Geschichte seiner Jugend, die er in den letzten Jahren für die Seinigen in zwei Bänden drucken ließ, hat er sich selbst ein Denkmal gesetzt, dessen Betrachtung unsere Bibliothek den Genossen gewährt, für welche er mir vor seinem letzten Scheiden von Berlin ein Eremplar übergab. Wir ehren sein Andenken mit dem Ernste, den ein so reiches inneres und äußeres Leben uns gebietet.— Die Zahl der Mitglieder des Börsenvereins betrug im Juli 1871 1010; ausgeschieden sind bis April dieses Jahres 18, neu ausgenommen wurden 51, so daß die Mitgliederzahl gegenwärtig 1043 beträgt. Je größer die Zahl der zum Eintritt in unseren Verein sich Meldenden wird, welche dem Buchhandel nahestehende Geschäfte betreiben, um so unnachsichtlicher ist der Vorstand genöthigt an der Anordnung festzuhalten: von allen die Aufnahme in den Börsen verein Nachsuchenden den Nachweis des Betriebes des Buchhandels durch Vorzeigung entweder des Anmeldescheins über die Eröffnung einer Buchhandlung oder eines Auszuges aus dem Handelsregister zu fordern. — Heute vor acht Tagen, am Sonntag Jubilate sandte der Vorstand Namens des deutschen Buchhandels seine Grüße den Nachkommen unseres Friedrich Perthes zu dessen hundertjährigem Gcburtsfeste, welches seine zahlreiche Nachkommenschaft zu Fricdrichsrode feierte. Das Andenken an Friedrich Perthes wird von der deutschen Nation unvergeßlich in Ehren gehalten werden; uns und unseren Nachkommen bleibt für alle Zeiten der als Mensch wie als Buchhändler hervorragende Mann, der Mitstifter unseres Börscnvereins und dieses unseres Hauses das Vorbild eines deutschen Buchhändlers. Des seltenen schönen Festes gedenke ich hier auch, welches am 4. März dieses Jahres unser verehrter College Wilhelm Heinrichshofen in Magdeburg an seinem u euuzigsicn Geburtstag feierte; ich spreche unser Aller Wunsch aus, daß es dem Nestor des deutschen Buchhandels vergönnt sein möge, noch viele Jahre der jugendlichen Geistesfrische sich zu erfreuen, die ihn auszeichnet und ziert. — Unserem Börsenblatt wendet der Vorstand pflichtgemäß seine Sorgfalt zu; unter der zu würdigenden Mitwirkung des Redactcurs erlangt dasselbe in seinem literarischen und in dem Theile, welcher die den Buchhandel angehenden Ereignisse verzeichnet, eine immer größere Vollständigkeit. Der von Ihnen dem Vorstände im vorigen Jahre zur Verfügung gestellte höhere Fonds zu einer angemessenen Honorirung ist für werthvolle Beiträge verwendet, welche zum Theil Bausteine zu einer Geschichte des deutschen Buch handels sind: ich nenne hier besonders die Arbeiten von Karl Büchner, welche leider durch dessen geschwächte Gesundheit eine Störung erfahren haben; ich hoffe, daß es dem Genesenden vergönnt sein möge, sie bald wieder aufzunehmen. — Die Vervollständigung und veränderte Einrichtung, welche das im Börseublattc veröffentlichte Verzeichn iß der Neuig keiten des deutschen Kunsthandels nun seit Anfang dieses Jahres erfahren hat, werden Sie billigen. Die neue Einrichtung des Verzeichnisses, in welchem auch den Photographischen Blättern eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird, macht dasselbe für die Kunstsortimentshandlungen brauchbarer; die Schwierigkeiten, welche die prinzipielle Beschränkung auf die Gegenstände des specifischen Kunsthandels verursacht, werden mehr und mehr gehoben und namentlich die wiederholte Aufführung der schon in dem literarischen Ver zeichnisse aufgeführten Gegenstände vermieden werden. lieber die so bedeutend sich gesteigert habenden Herstellungskosten des Börsenblattes, welche durch den von Monat zu Monat sich vergrößernden Druck-Umfang desselben, durch die dadurch nothwendige Gewinnung weiterer Kräfte für die Redaction und besonders durch die seit Herbst vorigen Jahres so enorm erhöhten Satz-, Druck- und Papier-Preise entstanden sind, hat der Vorstand den in Nr. 74 des Börsenblattes veröffentlichten ausführlicheren Bericht erstattet. Sie haben seither die in dem Berichte motivirten, auf der heutigem