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Die Verhandlungen haben sich geraume Zeit hinge zogen, so daß erst am 27. März d. I. ein Rundschreiben nebst vorläufig aufgestellten Grundsätzen, nach denen die Abgabe von Freiexemplaren erfolgen soll, zunächst an ca. 30 größere Schulbücherverleger versandt werden konnte. Von den ein gehenden Antworten und Vorschlägen wird es abhängig gemacht werden müssen, ob und welche weiteren Maßnahmen zu treffen sind. Die Nachricht, daß die sächsische Regierung beabsichtige, die Pflichtexemplare in Sachsen wieder einzuführen, hat wie ein Alarmschuß gewirkt, und sowohl der Börsenverein, als auch der Verein der Buchhändler zu Leipzig und die Handelskammer Leipzig sind sofort energisch gegen die drohende Schädigung des Verlags aufgetreten. Unter diesen Umständen hielten wir es für klüger, uns zunächst abwartend zu verhalten, damit nicht alles Pulver auf einmal ver schossen würde. Der Landtag wurde am 26. Januar d. I. geschlossen, ohne daß ein entsprechender Gesetzentwurf eingebracht worden wäre. Da der Landtag nur alle zwei Jahre zusammentritt, ist wohl anzunehmen, daß die Angelegenheit als erledigt betrachtet werden kann. Sollte aber die Regierung wirklich eine entsprechende Vorlage einbringen, so werden wir nicht verfehlen, auch unsererseits energisch gegen diesen Vorstoß Front zu machen. Aus der in den Tagen vom 2S.—31. Mai in Madrid abgehaltcnen 6. Tagung des Internationalen Verleger- kongrcsses war unser Verein durch die Herren Hofmann, Meiner und Sellier vertreten. Auch dieser Kongreß ist dank der guten Organisation unserer spanischen Kollegen aufs glücklichste verlaufen und hat ersprießliche Arbeit geleistet. Die nächste Tagung wird im Jahre 7910 in Amsterdam stattfinden, und schon jetzt find die Vorbereitungen dazu im Gange. Die rasche Aufeinanderfolge der Tagungen bringt es mit sich, daß es einigermaßen schwer hält, ausreichendes Material an Referaten dafür zu beschaffen, und wir halten es darum der Erwägung wert, ob man nicht dahin wirken solle, die Tagungen in größeren Zwischenräumen auseinanderfolgen zu lassen. In der von der Reichsregierung vorgeschlagenen An zeigensteuer erblicken wir eine außerordentlich schwere Schädigung des Buchhandels, und wir haben darum in einer ausführlichen Eingabe an den deutschen Reichstag Stellung dagegen genommen. Da diese ungerechte Steuer auf allgemeinen Widerstand gestoßen ist, darf man wohl hoffen, daß dieser Kelch an uns vorübergehen werde. Der Deutsche Buchdruck-Preistaris erfüllt uns mit ernster Sorge. Wenn die darin getroffenen teils geradezu exorbitanten Bestimmungen in Kraft träten, so würde da durch eine höchst mißliche Verteuerung der Bücherherstellung eintreten. Der Deutsche Buchdrucker-Verein hat sich durch den Beschluß seiner Hauptversammlung (1907) die Aufgabe gestellt, den im Buchdruck-Preistarif festgelegten Grundsätzen und Preisen im ganzen deutschen Reiche Geltung zu ver schaffen, und seine Mitglieder sind unter Berücksichtigung ge wisser Übergangsbestimmungen verpflichtet, im Verkehr mit ihren Auftraggebern die Minimalpreise des Tarifs ein- zuhalten. Wir halten es darum für unsere Pflicht, dagegen an- zukämpsen, und haben zunächst eine in unserem Auftrag von Herrn Max Paschke verfaßte Denkschrift herausgegeben, in der eingehend geschildert wird, was dem Verlag durch den neuen Tarif zugemutet werden soll. Die Denkschrift ist lebhaftem Interesse begegnet, und ihr Inhalt hat in den Kreisen der Verleger allseitige Zustimmung gefunden. Wir erkennen die soziale und praktische Bedeutung der Tarifgemeinschaft im Buchdruckgewerbe, der wir bisher stets wohlwollend gegenübergestanden haben, auch heute noch rückhaltlos an; zu unserem Anträge hat uns indes die Überzeugung geführt, daß unhaltbare Zustände entstehen müssen, wenn im Druckgewerbe die Konkurrenz bei der Preisbildung ganz oder nahezu ganz ausgeschaltet wird, so daß der Verlag mit gebundenen Händen den gegen ihn gefaßten Beschlüssen einer mächtigen Koalition ausgelieferl sein würde. Unser Antrag richtet sich also nicht — das sei nochmals ausdrücklich hervorgehoben — gegen den deutschen Buchdruckertarif (Lohntarif), sondern gegen die Neuerung in der Tarifgemeinschaft, den deutschen Buchdruck- Preistarif. Einer Anregung des Vorstands des Börsenvereins, dahingehend, daß in Zukunft Beschwerden über Ver legerschleuderei uns zur Voruntersuchung übergeben werden sollen, glaubten wir uns nicht entziehen zu sollen, wird da durch doch einerseits der Wirkungskreis unseres Vereins in erwünschter Weise erweitert und anderseits die Gewähr ge boten, daß solche Fälle durchaus sachgemäß geprüft werden. Auch ist wohl anzunehmen, daß es auf diese Weise leichter als bisher gelingen wird, wirklich ungehörigen Vertriebs manipulationen zu steuern. In allerjüngster Zeit ist die ebenso überraschende als erfreuliche Nachricht eingetroffen, daß in dem neuen Nord- amerikanischen Urheberrechtsgesetz vom 4- März 1909, das am 1. Juli 1909 in Krast tritt, für Bücher, die in einer nicht-englischen Sprache abgesaßt sind, die Her stellungsklausel abgeschafft ist. Damit ist ein alter Wunsch der deutschen Verleger in Erfüllung gegangen, und es wird nun in viel weiterem Umfange als bisher möglich sein, deutsche Bücher gegen Nachdruck in Amerika zu schützen. Wir wollen es nicht unterlassen, unserer Freude über diesen wertvollen Fortschritt auf dem Gebiete des internationalen Urheberrechts Ausdruck zu geben und allen denen, die zu diesem Ergebnis beigetragen haben, unseren Dank aus zusprechen. Die durch die Geschäftsstelle zu erledigenden Arbeiten haben auch im verflossenen Vereinsjahre keine Ab nahme erfahren, denn das Ein- und Ausgangsbuch weist 8144 Nummern nach, ohne Berücksichtigung der eingegangenen Fragelisten, der Anmeldungen zum Mahn- und Einzugs verfahren u. a. m (Hier folgen Mitteilungen über die Einrichtungen des Vereins, die nur für die Mitglieder von Interesse sind.) Leipzig, 1. April 1909. Korporation der Wiener Buch-, Kunst- und Musikalienhändler. Auszug aus dem Protokoll der Sitzung der Vor- stehung der Korporation der Wiener Buch-, Kunst- und Musikalienhändler vom 4. Mai 1909, 5 Uhr nachmittags. (Nach: »Österreichisch-ungarische Buchhändler-Correspondenz».) Vorsitzender: Herr Franz Deuticke. Anwesend die Herren: F. Beck, A- R. v- Braumüller, Th- Daberkow, I. Eisenstein, R. Heck, A- Schroll, H. Spielhagen, H. Dachauer. Entschuldigt die Herren: C. A- Artaria, O. Friese, B. Herz- mansly, T- Maaß, L- Mayer, Der Vorsitzende eröffnet die Sitzung, begrüßt die An wesenden und erstattet nachfolgenden Bericht: Sehr geehrte Herren! Seit unserer letzten Sitzung ist ein verhältnismäßig kleiner Zeitraum verstrichen, und ich kann mich daher in