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5940 Börsenblatt f. d. Dtschn Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ^ 112. 17. Mai 1909. Als Delegierte für den Zentralverband öster reichischer Kaufleute werden die Herren Artaria, Deuticke, Friese und Junker gewählt. Der Konsulent teilt sodann mit, daß die Gewerbe behörde die Korporation in kurzem Wege verständigt habe, daß einzelne Punkte der in der Korporationsversammlung des Jahres 1907 beschlossenen Statutenänderung aus ge setzlichen Gründen kleine Abänderungen erfahren müßten. Da diese Abänderungen bis auf eine einzige ganz geringfügiger Natur sind, beschließt die Vorstehung, diesen Änderungen auf Grund der ihr durch jene Korporationsversammlung erteilten Vollmacht zuzustimmen. Die Abänderung, betreffend die Jnkorporalionsgebühr juristischer Personen, soll der^nächsten Korporationsversammlung vorgelegt werden. Schließlich wird beschlossen, die diesjährige Korporations versammlung am 25. Mal um K Uhr nachmittags abzuhalten, Schluß der Sitzung 7 Uhr. (gez.) Carl Junker, Protokollführer. Nochmals: Versicherung des Kommissionsgutes. <Vgl. Nr. 78, 81, 81, 91, 105 d. Bl.> Auf die Ausführungen »Nochmals die Feuerversicherung» des Herrn R. L. Prager in Nr. 105 d. Bl. schreibt uns Herr Friedrich Huth (Fred Hood): (Red.) Was Herr Prager auf meinen Artikel erwidert, ist eigentlich so außerordentlich nebensächlich, daß es fast über flüssig erscheint, die einzelnen Punkte noch klarzustellen. Um nur den wichtigsten Punkt zu erwähnen, sei hervor gehoben, daß es doch ein Widerspruch ist, wenn Prager einerseits den Vertrag nach Treu und Glauben so ausgelegl wissen will, daß die Versicherung auch das verbrannte Kommissionsgut zu bezahlen hat, anderseits dem Sortimenter die Anfechtung der eigenen Willenserklärung infolge Irr tums gibt. Eins von beiden geht nur; entweder ist der Vertrag nach Treu und Glauben zu grinsten des Sortimenters aus zulegen, dann braucht er ihn nicht anzufechten; oder er hat eine falsche Willenserklärung abgegeben, nach welcher aber die Versicherung nur so verfahren konnte, wie sie es tatsäch lich getan hat, dann kann die Anfechtung eben nur in die Zukunft wirken; denn die Versicherung hat bis dahin nach Auftrag gehandelt und für dis gezahlte Prämie dem Lager den Schutz gewährt, den sie nach dem Wortlaut des Ver trages zu leisten hatte. Doch der Streit ist müßig, da meines Wissens auch nach dem Brande die Anfechtung nicht erfolgt ist und daher der Richter nur die Frage zu entscheiden hätte, ob nach Treu und Glauben der Vertrag so aus zulegen ist, daß man auch das Kommissionsgut als ver sichert ansehen muß, obwohl dieses in der Police garnicht erwähnt ist. Das habe ich verneint, und ich zweifle nicht, daß sich der Richter dieser Anschauung anschließen würde. Ich zweifle, daß eine Berechnung des Schadens bei einem Brande in der von Herrn Prager ausgeführten Weise erfolgt. Meine praktische Erfahrung spricht dagegen. Aber es ist dies auch nebensächlich; denn jedenfalls mutz man der Versicherung doch die Möglichkeit gewähren, festzustellen, wessen Gut verbrannt ist: versichertes Gut des Sorti menters, versichertes Gut anderer Personen oder überhaupt unversichertes Gut. Es ist klar, daß deshalb aus dem Umstande, daß Kommissionsgut überhaupt nicht Erwähnung gesunden hat, nur geschlossen werden kann, daß es in der Versicherungssumme nicht mit enthalten ist. Der Sorti menter kann die Absicht gehabt haben, auch dieses Gut zu versichern; aber er hat nicht die erforderlichen Maßregeln getroffen. Er bestellte einen Sack Birnen, obwohl er einen Sack Pflaumen meinte; darf er sich wundern, daß ihm der Obsthändler nun wirklich Birnen lieferte? Eine solche Willenserklärung läßt sich meines Erachtens überhaupt nicht ansechten; denn woher soll man wissen, welches sein Wille ursprünglich gewesen ist? In einem Erdbeben steht Herr Prager eine höhere Ge walt, aber nicht in einem Hochwasser. Die Versicherung gegen Wasserschaden erstreckt sich meines Wissens auch nur auf Rohrbrüche, Verstopfungen, Grundwasser u. dergl., aber doch nicht auf Hochwasser. Ich glaube nicht, daß die buch- händlerische Verkehrsordnung eine so weitgehende Auslegung zuläßt. Allerdings kann man über solche Fragen streiten. . . . Herr Prager kann übrigens ruhig bei seiner Ansicht bleiben; ich glaube aber kaum, daß der Geschädigte nach meinen Aus führungen noch den Mut haben wird, die Versicherung zu verklagen Charlottenburg. Friedrich Huth. Kleine Mitteilungen. Bom Reichsgericht. (Nachdruck verboten.) — Begriff der Unzüchtigkeit. Bom Landgericht Leipzig sind am 4. Januar der Händler Hermann Heyer und die Verkäuferin Frau Ottilie Vogel von der Anklage des Feilhaltens unzüchtiger Postkarten sreigesprochen worden. Im Urteile heißt es: Die fraglichen Karten sind überhaupt nicht unzüchtig. Der nackte menschliche Körper ist stets von den Künstlern bevorzugt worden. Es ist nur erforderlich, daß kein unzüchtiger Zweck vorliegt. Die Revision des Staatsanwalts wurde vom Reichsanwalt für begründet erklärt. Der Begriff der Unzüchtigkeit sei entgegen der Rechtsprechung des Reichsgerichts definiert. Es komme nicht daraus an, ob die Abbildung aus Erregung geschlechtlichen Reizes ausgehe, sondern ob sie geeignet sei, das Scham- und Sittlich- keitsgesühl des normalen Menschen, d. h. des großen Publikums zu verletzen. Das Reichsgericht hob das Urteil aus und verwies die Sache an das Landgericht zurück. Bedenken, ob das Landgericht sich über den Begriff der Unzüchtigkeit im klaren gewesen sei, lägen allerdings vor. Ob es sich des Unterschiedes zwischen künstle rischer Darstellung des Nackten und der Verwendung derartiger Bilder, die keine Kunstwerke sind, zu Postkarten bewußt gewesen sei, sei mindestens unklar zum Ausdruck gebracht, sofern daraus Gewicht gelegt werde, ob die Darbietungen den Zweck verfolgten, einen gejchlechtlich.sinnlichen Reiz zu erwecken, und namentlich ob die Angeklagten diesen Zweck verfolgt hätten. Darüber, was die fraglichen Bilder eigentlich enthielten, sei aus dem Urteile überhaupt nichts zu entnehmen, und dem Rcvisionsgerichte sei so die Möglichkeit entzogen, nachzuprüscn, ob das Gesetz richtig an gewendet sei. Lentze. Bom Reichsgericht. (Nachdruck verboten.) — Vom Land gericht I in Berlin wegen Verletzung des Urheberrechts bzw. Beihilse dazu verurteilt waren der Buchhändler Paul Wenzel in Wilmersdors zu 300 ./^ und der Kunstmaler Friedrich Reimann zu 50 Geldstrafe. Der Photograph Schumann hatte 1803 ein Brustbild des jetzigen Großherzogs von Baden angesertigt und 1904 ein ebensolches Bild der jetzigen Großherzogin. Wenzel ließ durch Reimann nach diesen Bildern ein Doppelbildnis in Ol malen und dieses Bild in mehreren Farben in einer Leipziger Druckerei vervielfältigen, um es in Baden zu verbreiten. Reimann hat für seine Arbeit ILO erhalten. Eine Erlaubnis zur Nachbildung der Photographien hatte Wenzel nicht. Der Photograph Schumann hat Strafantrag nur gegen Wenzel gestellt, aber da der Stras- antrag nicht teilbar ist, jo mußte das Verfahren auch gegen Reimann eingeleitct werden. Besonders schmeichelhajt war das Urteil gegen den Maler gerade nicht, denn es wird in den Urteilsgründen betont, daß die Gesichter der hohen Herrjchasten puppenkopfähnlich auf den Nachbildungen aussehen und daß die Gesichtszüge verzeichnet seien; die individuellen charakteristischen Züge fehlten vollständig. — Aus diesen Teil des Urteils gründeten