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3038 Börsenblatt f. d. rischn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 56. 10. März 1910. großen Posten durch die gewagte Vermitteiuugstätigkeit einer Reisebuchhandlung verschafft hatte. Vielfach wurde bei uns Klage geführt, daß ein anderes hiesiges Warenhaus Klassiker in Ganzleder bänden zu den gleichen Preisen verkaufe, wie die Verlags- Handlung dieselben Ausgaben im einfache» Halbledereinband liefert. Auch hier haben wir den Erfolg für »ns gehabt, indem die Verlagshandlung auf unsere Vorstellung hin sich bereit erklärt hat, ihre Klassiker an das Warenhaus in rohen Beständen nicht mehr zu liefern und so den Verkauf in andern als den Originalbäuden für die Zukunft zu ver hindern. Schweren Schaden haben fast sämtliche Berliner Waren häuser den Leihbibliotheken zugefügt durch ein geradezu ruinöses Unterbieten in den Lesebedingungen. Trotzdem unsere Kollegen, die Leihbibliotheken besitzen, unter derartigen Schleuderpreisen sicherlich im Anfang schwer zu leiden haben, konnten wir uns nicht dazu entschließen, den Antrag eines Warenhauses zu unterstützen, das in seiner eignen Be drängnis sich au den Vorstand der Berliner Vereinigung gewandt hatte, um Schutz gegen die konkurrierenden Waren häuser und mit unserer Hilse gesetzliche Regelung der Lcfe- bedingungen zu erreichen. Nach wie vor stehen wir aus dem Standpunkte, daß jedes Paktieren nnt den Waren häusern für uns ausgeschlossen erscheinen muß, da der Buchhandel doch stets die wenig verlockende Aufgabe haben würde, den Warenhäusern die Kastanien aus dem Feuer zu holen. Auch den Büchervcrtrieb mehrerer Vereine waren wir in der Lage ganz zu verhindern, bzw. stark ein- zufchränkeu, auch hier haben wir durch direktes Arbeiten mit den Verlegern manchen Vorteil für das Berliner Sorti ment zu verzeichnen. Mit schwerer Sorge hat uns ein Abkommen erfüllt, das der Vorstand der Berliner Vereinigung mit dem Centralverbande der Schulbuchhändler, Papier- und Schreibwarendetaillisten Deutschlands, E. V. (Sitz Berlin) abgeschlossen hat. Die etwa 1000 Mitglieder dieses Centralverbandes (davon etwa 500 in Groß-Berlin) betreiben in der Hauptsache Papier- und Galanteriewaren- Geschäfle, im Nebenberuf den Verkauf von Schul büchern. Diesen Centralverband hat der Vorstand der Ver einigung dadurch unter die Gesetze des Buchhandels zu dringen geglaubt, daß er gegen Unterzeichnung eines Verpflichtungsscheins und Hinterlegung eines Kautions- accepls den Mitgliedern des Centralverbandes die buch händlerischen Bezugsbedingungen bei den in Frage kommenden Verlegern und Barsortimentern, wenn auch nicht gerade ver mitteln, so doch nicht erschweren zu wollen sich verpflichtet hat. Der Vorstand der Vereinigung ist zu diesem Entschlüsse gekommen in der Erwartung, hierdurch dem Zugabewesen bei Schulbüchern ein Ende zu bereiten. Wenn auch dieses Ziel durchaus erstrebenswert erscheint, so dürfte doch das ge wählte Mittel ein verfehltes sein, da das Zugeben von Kleinigkeiten, wie Federn, Löschblättern, Oblaten Bildern, das im Papierhandel gang und gäbe ist, kaum auszurotten, vor allen Dingen aber von uns aus garnicht zu kontrollieren ist, wir uns aber auf der anderen Seite durch unser Entgegen kommen ein großes Heer neuer »Kollegen« großziehen, die bei den erleichterten Bezugsbedingungen und Bezugsmöglich keiten bald völlig zu Sortimentern sich auswachsen können und unbedingt versuchen werden, mit zahlreichen Verlegern auch in Kommissionsverkehr zu kommen. Wenn uns ein gewendet wurde, daß dies auch bisher schon durch die Hilse einiger Leipziger Kommissionäre möglich war. so müssen wir erwidern, daß das großstädtische Schulbüchergeschäft den Um weg über Leipzig wegen des dadurch bedingten Zeitverlustes nicht verträgt, daß aber durch unsere offizielle Anerkennung der Papierhändler als Buchhändler diesen das Geschäft und vor allen Dingen der Kommissionsveikehr ungemein er leichtert wird. Wir bedauern deshalb den Beschluß des Vorstandes der Berliner Vereinigung, der, ohne die Ansicht des Berliner Sortimenter-Vereins zu hören, gefaßt worden ist, aus mehr als einem Grunde. Der unlängst gegründete Hansabund ist wie au alle Mittelstandsvereine so auch an die buchhändlerischen mit dem Ansuchen herangetreten, sich ihm anzuschließen. Da ein korporativer Beitritt nach den Satzungen des Hansabundes nur bei Eingetragenen Vereinen in Frage kommt, so haben wir uns damit begnügen müssen, unfern Mitgliedern den Einzeleintritt in den Hansabunü aufs wärmste zu empfehlen. Wir wiederholen diese Empfehlung auch au dieser Siclle. Der Berliner Sortimenter-Verein hat im Berichtsjahr 1909/l0 die satzungsgemäßen 4 Versammlungen ab gehalten, und zwar am 22. Februar 1909, 27. Mai 1909, 27. September 1909 und 29. November 19 9; Vorstands sitzungen fanden statt am 8. März, 27. April, 18. Mai, >8. September, 16. November, 29. November 1909, 24. Januar und 8. Februar 1910. Ferner war der Vorstand durch 2 Miiglieder vertreten in den zum Zwecke einer Einigung des Sortiments anberaumten Versammlungen in Leipzig 27. März 1909, Breslau 3. April 1909, Hamburg 17. April 1909, durch ein Mitglied in Wittenberg am 8. April 1909. Im Mitgliederbestände unseres Vereins sind im Be richtsjahrefolgende Änderungen eingetreten: Neu ausgenommen wurden die Herren Paul Oesterheld, i. Fa. H. Golds, Charlottenburg. Otto Cyriacus, i. Fa. F. Volckmar, Berlin. Anton Haller, i. Fa. Akademische Buchhandlung C. Skopnik, Berlin. Richard Kalbersberg, i. Fa. WaltherLApolant, Berlin. Max Teschner, i. Fa. Schillerbuchhandlung, Charlottenburg. Otto Mayer, i. Fa. S. Calvary L Co, Berlin. Magnus Schade, i. Fa. S. Calvary L Co, Berlin. Ausgeschieden sind: Herr Wilhelm Latte durch Tod, ferner wegen Aufgabe des Geschäfts oder aus anderen Gründen die Herren Hugo Wiegand, Eugen Beer, Albert Seydel, A. Schräder. Die Zahl der schriftlichen Ein- und Ausgänge betrug über 200, außerdem wurde eine große Zahl von Geschäfts- Vorfällen durch persönliche Rücksprache oder Fernsprecher erledigt. In das neue Vereinsjahr gehen wir mit der Hoffnung, daß die Ostermefse 1910 zur Beratung stehende Verkehrs- ordnung in einer dem Sortiment freundlichen Form zur Annahme gelangen möge; wir sprechen ferner die Erwartung aus, daß der nicht geringen Zahl von Verlegern, die durch Verbesserung ihrer Bezugsbedingungen Verständnis für die Notwendigkeit einer materiellen Hebung des Sortiments gezeigt haben und denen wir zu aufrichtigem Dank ver pflichtet find, sich die größere Zahl besonders der wissen schaftlichen Verleger anschließen möge, die heute noch abseits stehen. Denn wir sind wohl alle einig in der Anschauung, daß die Interessen des Verlags nicht besser gewahrt werden können, als durch ein wirtschaftlich starkes und dadurch leistungsfähiges Sortiment.