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24«, 21. Oktober 1908. Nichtamtlicher Teil. Vön-Nblau I. d. Dtschn. Buchhandel. 11705 Das Hauptinteresse konzentrierte sich auf die Behandlung der Vorschläge, welche die deutsche Regierung der Berliner Konferenz unterbreiten wird und die in Übersetzung in deutschen Zeitungen erschienen waren. In einem einleitenden Votum wies Herr Maillard nach, in welchen Punkten diese Vorschläge vom Vor- entwurs, den die Vereinigung im Jahre 1907 auf dem Kongreß von Neuenburg endgültig ausgearbeitet hatte, abweichen und somit hinter den von verschiedenen Kongressen geäußerten Wünschen Zurückbleiben, und in welchen andern Punkten sie den Postulaten der Vereinigung entsprechen und, wenn angenommen, fort- schrittliche Lösungen bilden würden, die man nur mit Freude und Dankbarkeit begrüßen könnte. Da somit die Beratungen am Vorabend der Berliner Konferenz einen unmittelbar nützlichen Zweck verfolgten, so werden wir hierüber in gänzlich objektiver Weise und mit größter Knapp heit referieren, also aus die von den einzelnen Rednern gespielte persönliche Rolle keinen besonderen Nachdruck legen und auch nicht in die Einzelsragen hinsichtlich bestimmter Fassungen oder untergeordneter Punkte eingehen, selbstverständlich aber auch nicht selber in der in großen Zügen zu rekapitulierenden Beratung Partei ergreifen; so hoffen wir am besten das Warum und die eigentliche Tragweite der auf dem Kongreß gssaßten, im Anhänge mitgeteilten Beschlüsse hervortreten zu lassen. Obgleich wir uns in unserer Berichterstattung an die Reihen- solge der Artikel der Berner Konvention halten werden, so sei gleichwohl vorausgeschickt, daß folgende Fragen >m Vordergrund des Interesses der Kongreßteilnehmer standen: die Schutzdauer und die rückwirkende Krast ihrer eventuellen Ausdehnung; die genaue Feststellung der zu schützenden Werke, namentlich der Werke der angewandten Kunst, undDdie Sing- und Sprech instrumente. Art. 2 der Berner Konvention. 1. Geschützte Personen. — Das in Neuenburg vor geschlagene System, wonach die einem Verbandslande als Bürger und Untertanen angehörenden Autoren sür alle ihre Werke, un abhängig von deren Erscheinungsort, geschützt werden sollten, erschien mehreren Rednern noch immer als weitherziger und juristisch besser begründet; der Kongreß beharrte jedoch nicht auf der Annahme dieses Systems; war doch das System derNatio - ualität des Werkes von der Mehrheit der Delegierten der Association schon im Jahre 1883 aus einer Berner Tagung aus das Betreiben des Herrn Rechtsanwalts Pouillet hin und hernach von den zur Ausarbeitung des Unionvertrages einbe- rusenen diplomatischen Konferenzen von Bern angenommen worden. Später wurde dieses System in Paris in dem Sinne präzisiert und fortentwickelt, daß man ausdrücklich die erste Ver- össentlichung (Herausgabe) des Werkes auf Unionsgebiet ver langte. Nun bilden die Fälle einer solchen Herausgabe außerhalb dieses Gebietes die ungeheure Minderheit. Übrigens würde, wie hervorgehoben wurde, den Verlegern der Nichtverbandsländer das Spiel viel zu leicht gemacht werden, wenn man ihnen auch noch gestatten würde, die Werke von Verbandsautoren unter gleichzeitigem Genuß aller Vorteile der Konvention zu verlegen. <S. über die Berechnungen der österreichischen Verleger in dieser Hinsicht, Droit ck'^uteur, 1908, S. 53.) Endlich haben zehn Verbandsländer in ihrem einheimischen Gesetze den Grundsatz des Schutzes nach der Staatsangehörigkeit des Autors sanktioniert <s. Droit ck'Lutcur 1908, S. 121). Sicher lich wird es ihnen leichter werden, diesen Grundsatz zugunsten ihrer Angehörigen, die sie in der Regel wohl kennen werden, anzu wenden, als dies in den internationalen Beziehungen möglich wäre, wo die häufigen Fälle von doppelter Staatszugehörigkeit und von Änderungen oder Verlust der Nationalität zu wirklichen Verwickelungen führen müßten. 2. BedingungenundFörmlichkeiten. Die Vor teile des Systems, wonach der in der Union zugesicherte Schutz gänzlich unabhängig vom Bestehen eines Schutzes im Ursprungs- Strlttibldü silr d!» Dtvtlch-N DuLWidtl. 7L. Jahrgang, lande des Werkes gestaltet werden würde, wurden voll anerkannt. Danach würde die Befolgung oder Nichtbefolgung der Formali täten im letzteren Lande künftig keine Rolle mehr spielen. Immer hin wurden Zweifel darüber geäußert, ob die gewählte Fassung denn auch klar genug sei, um unbedingt jede Verpflichtung aus zuheben, die dahin ginge, auch diejenigen Förmlichkeiten, die im Lande, wo der Schutz nachgesucht wird, vorgeschrieben sein könnten, zu erfüllen; von solchen Förmlichkeiten ist ja der Berbands- autor bereits durch die im Jahre 1896 in Paris revidierte Berner Übereinkunft von 1886 befreit. Der Mainzer Kongreß beschloß, die Berliner Konferenz aus diesen Punkt noch besonders auf merksam zu machen. Ein ähnlicher Entscheid wurde hinsichtlich des Ausdruckes »äußere Bedingungen« getroffen. Mau schien zu befürchten, daß dieses Beiwort, das, auch wenn man es im Gegensatz zu den »inneren Bedingungen« stellt, ziemlich schwer zu verstehen ist, einschränkende Auslegungen von seiten der Gerichte gewisser, sehr formalistisch gesinnter Länder erfahren könnte. Die allgemein angenommenen Ausdrücke »Bedingungen und Förmlichkeiten« schienen zu genügen, um die materiellen und formellen Voraus setzungen zu charakterisieren, von denen man den Schutz und die Ausübung des Urheberrechts, also dessen gerichtliche Geltend machung, befreien will; in der Tat, sobald in einem Lande die Ausdehnung des Schutzes gewissen Bedingungen unter worfen ist, die von der Natur des Werkes abhängen, wie dies z. B. in Deutschland die Bedingung des Nichterscheinens für die Erlangung des Rechts aus den össentlichen Vortrag des Werkes ist, so würde die lex kori unbedingt und uneingeschränkt anwend bar sein. Der Kongreß sähe es also lieber, wenn das Beiwort »äußere«, das zu Mißverständnissen Anlaß geben könnte, be seitigt würde. 3. Schutzdauer. Durch Zerschneiden jeglichen Bandes mit dem Gesetz des Ursprungslandes des Werkes würde die gegen seitige Unabhängigkeit der Rechte und die junter Vorbehalt der in der Konvention enthaltenen Vorschriften zwingenden Rechts) vollständig durchgesührte Gleichstellung mit den Einheimischen sich nach den Vorschlägen der deutschen Regierung auch auf die Schutzdauer erstrecken, so daß, wenn die Ungleichheit der Schutz fristen sortdauert, ein deutscher oder schweizerischer Autor künftighin einen Schutz von fünszig Jahren post mortem auctoris in den diese Frist kennenden acht Verbandsländern genießen würde, während die Werke aus diesen acht Ländern in Deutschland und in der Schweiz noch immer unter der kürzeren Schutzsrist von dreißig Jahren post mortem auctoris ständen. Der Mainzer Kongreß war nun der Ansicht, dieser Mangel an Gegenseitigkeit könnte die Annahme des im vollen Umfange zu verwirklichenden Grundsatzes der Unabhängigkeit entweder aus der Berliner Kon ferenz oder anläßlich der Ratifikation vor den Parlamenten in Frage stellen. Es schien ihm daher, man sollte diese Reform auf dem Wege der in Neuenburg vorgeschlagenen Vereinheit lichung der Schutzfrist verwirklichen, was, da man dann nur eine einzige Frist in der ganzen Union anzuwenden hätte, ebenso dem praktischen Bedürfnis wie der Billigkeit entsprechen würde. Als eine solche einheitliche Frist hätte diejenige der Mehrheit der Berbandsländer der Berner Konvention zu gelten, also die Frist, welche das Leben des Autors und fünszig Jahre nach seinem Tod umfaßt. Aus diese Weise würde man eine große Vereinfachung erzielen und zu einem wirklich sicheren und wirksamen Schutz gelangen. Dürsten aber diejenigen Länder, deren Gesetzgebung eine kürzere Schutzdauer vorsieht, insbesondere Deutschland, diese ihre Gesetzgebung abzuändern geneigt sein, um nicht in die Lage versetzt zu werden, die einheimischen Autoren weniger gut behandeln zu müssen als die Autoren der Berbandsländer? In einer langen Verhandlung wurden die Aussichten einer solchen Abänderung fortschrittlichen Charakters abgewogen und die Einwürfe der Gegner geprüft und zum Teil widerlegt. In Deutschland ist die I5SS