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11706 Börsenblatt f. b. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. .V 246 21. Oktober 1808. Industrie der graphischen Künste nach den Erklärungen des Herrn Diefenbach für die Ausdehnung der Rechte gewonnen, der Buch handel ist ihr aber, wie aus den am Madrider Kongreß im Mai letzthin gemachten Erklärungen hervorgeht (s. Droit ä'Luteur 1908, S. 71) feindselig gesinnt. Was die Komponisten und Musikver leger anbelangt, so wünschen dieselben in ihrer sehr großen Mehr heit die Verlängerung herbei*), so daß in einem gewissen Zeit punkt der Diskussion einige deutsche Redner allen Ernstes den Vorschlag machten, die zukünftige Vereinheitlichung der Schutz dauer auf die Werke der Tonkunst zu beschränken. Dieser, durch die besondere, wirkliche oder vermeintliche Haltung der deutschen Interessenten und parlamentarischen Kreise hervor- gerufene Vorschlag wurde allerdings zurückgezogen, als man die Unmöglichkeit einsehen mußte, die musikalischen, dramatisch musikalischen und dramatischen Werke (Musik und Libretto) ins besondere hinsichtlich des Aufführungsrechtes verschieden zu be handeln, und als man sich davon überzeugte, daß es nicht angehe, den anderen Nationen eine so regelwidrige Lösung zu empfehlen. Dagegen vernahm der Kongreß mit Interesse, daß einer der Gründe, der in deutschen Kreisen die Abneigung gegen die Aus- dehnung der Schutzdauer der Rechte hervorgerufen, die Unsicher heit sei, die für diese Rechte bei deren Austeilen unter Autor und Verleger entstehen würde. Zieht der elftere ganz allein aus dieser Ausdehnung Vorteil, auch wenn er früher seine Rechte abgetreten hat, so hätte dann der zweite (der Verleger) nicht bloß, wie wenn das Werk gemsinfrei wird, die mögliche Konkurrenz aller seiner Berufsgenossen vor sich, sondern er sähe sich sogar von jedem Ver kauf seiner früheren Auflagen ausgeschlossen, sofern die Rechts nachfolger des Autors sich mit einem anderen Verleger für die Nutzung des Werkes während der verlängerten Schutzdauer verständigen sollten. Man kam daher überein, der Kongreß solle die Aufmerksamkeit der Berliner Konserenz aus die Notwendig keit richten, diesen Punkt allerdings nicht durch ein internationales Abkommen zu regeln, aber doch auf die Weise, daß er ausdrücklich den Landesgesetzen zur Regelung überlassen, würde, da diese dann sicher die früher bestehende Rechtslage in Berücksichtigung ziehen würden. Im übrigen würde sich nach der Anschauung des Kongresses dre einheitliche Schutzfrist von fünfzig Jahren post mortem auotoris vorläufig nur auf die zu Lebzeiten des Autors geschaffenen und seinen wahren Namen tragenden Werke beziehen. Was die nach gelassenen, anonymen und Pseudonymen und die durch juristische Personen veröffentlichten Werke anbelangt, für die in den ver schiedenen Ländern recht auseinandergehende Fristen aufgestellt sind, so beschloß man, sich an das von der deutschen Regierung vor geschlagene System, d. h. die reine Anwendung der lex kori, also an die völlige Gleichbehandlung mit den Einheimischen zu halten und keine einheitliche Schutzfrist von fünfzig Jahren post xublioa- tionem vorzuschlagen, wie der Neuenburger Kongreß dies für die nachgelassenen Werke, aber nur für diese allein getan hatte. Die Feststellung der Schutzfrist für diese verschiedenen Klassen von Werken schien mehr nebensächlicher Art zu sein. Für die Photographien würde man das nämliche System wählen. Da hier jedoch der Abstand zwischen einer Schutzdauer von fünf Jahren und einer solchen von fünfzig Jahren xost mortem auctoris bedeutend ist, so erschien es dem Kongreß nicht unzweckmäßig, einen schon an der Pariser Konferenz angenomme nen Wunsch wieder auszunehmen und nach dem Vorschläge des Herrn A. Tailleser für die Ausstellung einer Mindestfrist von fünfzehn Jahren in der Union einzutreten, welche Frist von den jenigen Vsrbandsländern, deren Gesetzgebung weitherziger ist, zugunsten der Photographen der anderen Länder ohne irgend welche Bedingung der Gegenseitigkeit zu überschreiten wäre. . Durch diese Regelung glaubte der Kongreß die beiden Re formen der Unabhängigkeit der Rechte und der Schutzdauer Hand *) S. Musikhandel und Musikpflege, Nr.. 38 3g v. I. Oktober 1gi)8. in Hand und gleichzeitig verwirklichen zu können, obschon Hn Redner noch daraus besonders aufmerksam machte, daß die erstere Reform auch durchgeführt werden könnte, ohne daß dies mit der zweiten notwendigerweise der Fall sein müßte. Art. 4. Geschützte Werke. Nach langen Versuchen glaubte die Association, in Neuenburg eine Fassung des die Definition des Ausdrucks, »Werke der Literatur und Kunst« enthaltenden Art. 4 gefunden zu haben, durch welche die Unzukömmlichkeiten der alten Formulierung vermieden und eine logische Gliederung erzielt würde: Der Grundsatz wäre an dis Spitze zu stellen mit den Worten: »Jedes Erzeugnis irgend welcher Art aus dem Bereiche der Literatur, Wissenschaft oder Kunst, das irgendwie im Wegs des Druckes oder sonstigerlVer- vielfältigung veröffentlicht werden kann, welches auch immer sein Gehalt und seine Bestimmung sei«; die Aufzählung der Werke würde mit dem Worte »insbesondere« eingeführt, um klar zu legen, daß es sich hier nur um ein Verzeichnis von Beispielen handelt; sie käme erst in der Folge und hätte zum Zweck, die jenigen Teile des Schlußprotokolls, dis sich mit den schutzfähigen Werken befassen (Werke der Baukunst, der Photographie und der Choreographie) aufzusaugen; dagegen würde die Fassung des alten (jetzigen) Art. 4 möglichst unangetastet gelassen, weil dieser Artikel sich bewährt habe. Die Association beschloß, ihre Fassung neuerdings zu empfehlen; namentlich konnte sie sich nicht damit befreunden, daß nach dem deutschen Vorschläge die »Sammlungen von Werken verschiedener Autoren« noch besonders aufgesührt würden, da dieser Ausdruck nach dem Vorbringen der italienischen Autorengesellschaft die Zusammenstellung und Anhäufung von verschiedenen Bruchstücken, ohne Plan noch Methode, sozusagen Prämiieren würde. Wenn, so sagte man sich, die Sammlungen wirkliche Werke der Literatur und keine »Serien« bilden, so sind sie in der weitherzigen und umfassenden Definition, die an erster Stelle des Artikels steht, miteinbegriffen. Werke der angewandten Kunst. Diese Frage bildete den Gegenstand der lehrreichen Schlußsitzung, die in eineni der großherzoglichen Schlösser in Darmstadt abgehalte» wurde; die Herren Maillard und Osterrieth berichteten über die Fortbildung der Gesetzgebung und Judikatur, die sich hinsichtlich des Schutzes der angewandten Kunst in mehreren Ländern gezeigt hat <s. Droit ck'rlnteur, 1908, S. 43). Gleichzeitig wiesen sie aber auch nach, daß, um diesen Schutz wirklich zu gewähren, die Annahme der Formel «welches auch der Gehalt und die Bestimmung des Werkes sei« unumgänglich notwendig sei; nun stellt die Bestimmung, auch wenn sie sich auf das gewerbliche Gebiet bezieht, kein Hindernis für den Schutz des Werkes mehr dar; dagegen'lassen sich die Richter — wie zwei kürzlich erlassene Urteile von Berliner Gerichten, die von den beiden Rednern dargelegt und kritisiert wurden, beweisen, indem sie die zu vermeidende Klipps klar zeigen — noch immer von der irrtümlichen Erwägung leiten, daß sie nur diejenigen Werke zu schützen hätten, die eine höhere Eingebung verraten, mit hohem Fluge geschaffen werden, gänzlich neu seien, mit einem Wort nur die Meisterwerke. Nun verdient aber jedes Werk, in dem sich ein persönlicher Gedanke oder eine individuelle Leistung offenbart, geschützt zu werden, und nur durch die Wahl der Worte »welches auch immer derGehalt des Werkes sei«, wird der Richter und vielleicht mehr noch als dieser, der unter den Künstlern gewählte Sachverständige, zum Verständnis dafür gelangen, daß der Schutz unabhängig vom ästhetischen Wert, vom künstlerischen Eindruck gehalten werden muß, da diese ein zu subjektives Moment der Wertschätzung bilden. Die von der Doktrin aufgestellte Unter scheidung zwischen reiner und angewandter Kunst gehört einer anderen Zeit an. Allerdings ist das Wort msrits, das im Französischen sehr präzis ist, nicht leicht zu übersetzen oder in anderen Sprachen wiederzugeben (es ist auchjnicht in den italienischen Vorentwurs ausgenommen worden), aber die genau?