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Verbote nur eine trübe Durchgangsperiode sein können, aus der wir mit um so größerer Satisfaction wieder herausgehen werden, ist jedes Verständigen Meinung. Haben Sie daher die Güte, mich recht bald und wo möglich umgehend von Ihrem bestimmten Entschluß über das Ihnen von Neuem Vorgetragene in Kenntniß zu setzen. Nunmehr stimmte der Verleger dem neuen Vorschläge Mündts zu, doch wünschte er, offenbar schon in der Absicht, die Herausgabe hinauszuschieben, einen anderen, nicht so dringlichen Titel, den der findige Herausgeber denn auch sofort zur Hand hatte und der demnach das fünfte Stadium des Unternehmens bezeichnet. Darüber berichtet ein Brief vom 8. Februar das Nähere: Was nun unser neues Unternehmen anbetrifft, für das ich mich Ihrer Bereitwilligkeit erfreue, so dürfen Sie sich wohl nur das Beste davon versprechen. Ihre Einwände gegen die Popularität eines solchen Werkes beseitigen sich durch den Inhalt, der durchaus nur für ein Unterhaltungs publikum berechnet sein wird, und eine größere, allgemeiner gebildete Klasse von Lesern im Auge hat, da auch einige No vellen hineinkommen, und die fraglichen Producte von Gans, Strombeck usw. deren Sie erwähnen, keine gelehrten Sachen, sondern Reiseskizzen, Bilder aus dem Salonsleben der größeren gesellschaftlichen Welt u. dgl. sind, also den Charakter, den das Ganze haben wird, keineswegs zerstreuen. Von einer solchen Sammlung, die gerade durch ihre Buntheit und nebeneinander stehende Verschiedenheit so viele ausgezeichnete Schriftsteller in teressiert, zu verlangen, daß sie eine ebenso bestimmte Farbe haben solle, wie ein nur von einem einzelnen Autor herrührendes Werk, wäre ein unrichtiger Maßstab. Auf die Verschiedenartigkeit kommt es hier eben an, und Sammlungen dieser Art haben von jeher in der .deutschen Literatur Glück gemacht. Da Sie glauben, daß durch die dem vorgeschlagenen Titel (»Frühlingsgabe«) anhaftende Färbung eines Taschenbuchs der Verkauf sich nur auf das eine Jahr beschränken dürfte, so bemerke ich, daß ich Ihnen schon früher hatte sagen wollen, wie mir an dem erstgewählten Titel, der nur eine ganz vorläufige Bestimmung war, wenig liegt. Der Titel könnte auch so gemacht werden: »Deutsche Zeit losen. Bunte Schriften und Unterhaltungen von Schefer, Gans, Varnhagen, Koenig, Strombeck, Kühne usw. usw.« Dieser Titel findet bei meinen hiesigen Freunden Beifall, da in dem Worte Zeitlosen zugleich eine kleine Ironie steckt, die aber ungefährlich ist. Was den Umfang anbetrifft, so dürfte das Werk wohl mindestens 24 Druckbogen stark werden, da, wenn es seinen Zweck erreichen soll, die größte Mannig faltigkeit der Mittheilungen erzielt werden muß. Dabei ist ungefähr auf einen Druck, wie in Knebels Nachlaß, gerechnet. Ich denke auszukommen, wenn Sie mir für das Ganze en bloe 40 Friedrichs d'or honorieren; weniger würde es sich schwer machen lassen, da ich viel abgeben muß und mir sonst nichts zeichnet, und hoffe, daß Sie die Güte haben werden, mir das selbe bald unterschrieben zurückzusenden. Mit der angekündigten nächsten Fahrpostsendung kann ich Ihnen zugleich einen Theil des Manuskripts übermachen. Daraufhin wurde nun der Kontrakt geschloffen und damit das fünfte, aber latent gebliebene Stadium des Mundtschen Journalunlernehmens besiegelt. Am 14. Februar ging das erste Manuskript für die »Zeitlosen« nach Leipzig ab, aber es bedurfte erst mehrfacher Mahnungen Theodor Mündts, bis der Verleger am 17. März eure erste Druckprobe einsandte. Und als man glücklich soweit gekommen war, unterbrach ein Mißverständnis die ganzen Verhandlungen. Der Verleger bewies bei der Ausgabe des dritten Bandes des Knebelschen Nachlasses eine so wunderliche Ängstlichkeit, daß er ein Vorwort des Herausgebers Mundt unter keiner Bedingung drucken wollte, obgleich dieses Vor wort im besonderen Einverständnis mit dem preußischen Kultusminister von Allenstein, ja geradezu auf seinen Befehl verfaßt worden war und dafür die Zensurfreiheit seitens Preußens garantiert werden sollte. Dadurch kam Mundt zu dem Minister in eine schiefe Lage, und als er sich durch diese Streitigkeiten schließlich zu sehr gereizt fand, erklärte er dem Verleger unterm 24. März 1836, daß er von dem ge schlossenen Kontrakte zurückzutreten wünsche. Diese Erklärung hat das Gute, daß sie auch über einen Teil des Inhalts der nicht erschienenen »Zeitlosen« orientiert, und sie mag des halb ebenfalls hier folgen: Ich finde mich aus mehreren Gründen veranlaßt, Sie hier mit von der Verpflichtung, die zwischen uns kontrahierten »Zeit losen« zu drucken, meinerseits zu entbinden, und ersuche Sie dringend um die Gefälligkeit, dies auch Ihrerseits zu tun, in- dem Sie mir umgehend die 8 Aufsätze, welche sich dafür bereits in Ihren Händen befanden, zurücksenden. Sollte der Druck wider Verhoffen schon angefangen haben, so verpflichte ich mich hiedurch, wenn Sie es verlangen, Ihnen das bereits Gesetzte zu bezahlen. Über mehrere dieser Aufsätze, besonders der Herrn Schefer, Strombeck, Koenig, ist bereits eine ander weitige Verfügung getroffen, und wenn Sie mir jene 8 Manu skripte (1. von König, 2. von Schefer, 3. von Strombeck, 4. von Rosenkranz, 6. vom Verfasser des Erwin v. Steinbach, 6. von Veit, 7. von Meyern, 8. von Marggraff) mit der nächsten Fahrpost zurückschicken, so können sie schon am Sonntag, mindestens am Montag, hier in meinen Händen sein, und ich schicke Ihnen dann dafür Ihren Contract wieder. Sie werden wohl selbst froh sein, dies Unternehmen wieder los zu werden, da Sie es anfänglich nur aus Gefälligkeit anzunehmen schienen und neue Beunruhigungen davon haben würden, indem ich es ebenfalls mit einer Vorrede zu begleiten nicht unterlassen hätte. Bei diesen Auseinandersetzungen scheint der Verleger der aufgeregtere Teil gewesen zu fein, denn Mundt befleißigt sich in seinen Briefen durchweg eines gehaltenen, geradezu vor nehmen Tones. Mochte sich der Verleger auch durch diese Absage des Herausgebers recht erleichtert fühlen, denn sein Zögern verriet ja, daß er bei dem neuen Unternehmen nicht recht warm geworden war, so lenkte er doch jetzt ein, was aber auf den Lauf der Dinge keine Wirkung mehr hatte. Denn der ehemalige »Literarische Zodiakus« war bereits in ein neues, also nunmehr sein sechstes Stadium getreten, auf das die plötzliche Entwickelung der preußischen Zensurverhältniffe von entscheidendem Einfluß war. Das dortige Ministerium hatte nämlich am 16. Februar 1836 die drakonische und ungesetzliche Verfügung vom 14. November 1835 offiziell zurückgenommen; den von der letzteren Ver fügung getroffenen Schriftstellern sollte es, was ja nur selbst verständlich war, nicht verwehrt werden, neue Bücher heraus zugeben und in Preußen verbreiten zu lassen, falls diese mit preußischer Zensur erschienen seien. Um sich daher wieder bei der Behörde seiner Heimat zu rehabilitieren, mußte Mundt daran gelegen sein, diesen günstigen Wind zu benutzen und baldmöglichst eine oder mehrere neue Schriften durch die preußische Zensur zu bringen und damit das Odium seiner Staatsgefährlichkeit und anderen destruktiven Tendenzen nach drücklich zu zerstreuen. Bei einer Sammlung von Schriften, die vorwiegend aus fremder, zum Teil harmloserer Feder stammten, durfte ihm dies am leichtesten gelingen. So schrieb er denn am 28. März 1836 an den Verlag Reichenbach: Wenn ich Sie heut wiederholt bitte, unser Unternehmen, die »Zeitlosen« zu drucken, rückgängig zu machen, und mir die Manuskripte wiederzusenden, so geschieht dies jetzt nicht mehr mit der Absicht, alle und jede Verbindung zwischen uns aufzu- neuem miteinander in Hader gerathen könnten, und da ich Ruhe und Frieden haben will, so ziehe ich das ganze Werk lieber zurück. Die Verhältnisse haben sich für mich jetzt so ge- Namen, einen Aufsatz hineinzugeben, der, gerade seiner kecken Beziehungen wegen, am sichersten hier unter preußischer Censur gedruckt wird. Ihnen würde Beides ungelegen sein,