Volltext Seite (XML)
6216 Börsenblatt d. Dkschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ^ 117, 25. Mai 1919. Kleine Mitteilungen. Znr Jubiläumsfeier der Universität Berlin. — Die Schriftleitung der »Deutschen Juristen-Zeitung« schreibt: »Seit einigen Wochen wird in einem Kuvert mit dem Aufdruck: ,Zur Hundertjahr-Jubiläumsfeier der Universität Berlin, Sekretariat (!) und Expedition: Ludwigkirchplatz 811 Berlin 15' ein Rund schreiben verbreitet. Das Rundschreiben ist an alle .Herren Justiz beamten, die Richter, Rechtsanwälte und Notare Preußens, ob ehemalige Schüler der Berliner Universität oder nicht' (!) gerichtet, aber, wie wir hören, auch den Referendaren, ja auch gegenwärtigen Studenten (!) und in ähnlicher Fassung auch anderen akademischen Kreisen in weitem Umfange zu gegangen. Das Rundschreiben hat den Zweck, ,zum Kopieren und Aufnehmen in das (!) Nationalalbum' die Einsendung der Photo graphie vom Empfänger zu erbitten. Ihm liegt ein Formular bei, das zugleich als Bestellformular gedacht ist, um .die Tafel, in welcher das Porträt mit ausgenommen wurde', zu 20,10, oder 50 (!) bestellen zu können. Das Formular trägt den Zusatz: Es wird gebeten, diesen Zettel ausgefüllt mit der Photographie zusammen in beigelegtem Kuvert einschicken und die nicht ge wünschten Preise durchstreichen zu wollen.' Geht schon daraus wohl zur Genüge hervor, daß das Unternehmen mit der Universität selbst in gar keiner Verbindung stehen kann, so möchten wir doch mit Bezug auf trotzdem an unsere Redaktion ergangene Anfragen, ob jenes Unternehmen amtlichen Charakter trage, auf die bereits in den .Berliner Akademischen Nachrichten', Nr. 13. vom 20. April 1910 S. 158 (Herausgeber: Professor 0r. Paszkowski, Leiter der Akademischen Auskunftsstelle der Universität Berlin) erfolgte Be kanntmachung verweisen, worin betont wird, .daß zwar nach der ganzen äußeren Fassung des Schreibens der Eindruck erweckt werden könne, als ob es sich bei jenem Porträtalbum um ein von der Universität ausgehendes Unternehmen handle. Das sei aber nicht der Fall. Die Universität Berlin stehe mit dem genannten Unternehmen in keiner Beziehung'.« Gegen dasselbe »Nationalalbum«, dessen Verleger (?) sicher nicht unter den regelrecht den Verlagsbuchhandel betreibenden Firmen zu suchen ist, wendet sich auch das »Berliner Tageblatt« in einem Artikel, dem es die Überschrift »Das photographierte Volksherz« gibt. Das Blatt schreibt: Ein Berliner Verlag (?) bereitet für das Jubiläum der Ber liner Universität ein »Nationalalbum« vor. Da uns der Prospekt von den verschiedensten Seiten zugeht, so möchten wir doch ein Wort dazu sagen. Zunächst fällt auf, daß jeder Deutsche, ob er nun mit der Berliner Universität etwas zu tun hat oder nicht, für das Nationalalbum seine Photographie einschicken darf und soll. Von den am Hof vorgestellten Damen an bis zum Krieger vereinsmitglied. Sie gelten nämlich nach diesem Prospekt als Träger der »geistigen und materiellen Kultur Preußens«. Durch sie alle wird die Sehnsucht des Volksherzens gestillt, seine freudige Teilnahme an dem festlichen Ereignis des Universitätsjubiläums in glücklicher Form zu »betätigen«. Und das ganze Volk wird voraussichtlich dies Album kaufen, das unter anderen also auch die Bilder der Mitglieder des Herrenhauses, sämtlicher Schuldirektoren, der Journalisten, Postbeamten, Studenten und Rittergutsbesitzer enthält, denn jeder Deutsche will, wie der Verlag behauptet, mit den Gesichtszügen der auf allen Kulturgebieten führenden Geister, der Koryphäen gelehrten Schaffens, geistigen und praktischen Könnens sich bekannt machen. Daß der Prospekt in patriotischen Tiraden widerwärtigster Art schwelgt, ist in Deutschland immer noch selbstverständlich. Daß aber der Prospekt von so vielen Trägern guter Namen, darunter vor allem vieler Offiziere, empfohlen wird, ist doch verwunderlich. Wir haben den Eindruck, daß es sich bei diesem sogenannten Nationalalbum doch etwas reichlich um die Befriedigung privater Eitelkeit handle. Wer möchte nicht gegen Hergabe einer Photo graphie ein Koryphäe werden und als solcher dann dem »erlauchten Rector Magnificentissismus, Seiner Majestät dem Kaiser und König zu allerhöchstdessen zweiundsünfzigstem Geburtstag«, sowie der ganzen Nation bildlich präsentiert werden. Und daß sich jeder Photographierte dann zum mindesten das Gruppenbild kauft, das sein Bild enthält, um es als »Wandschmuck vornehmster Art« zu benutzen, nimmt der Verlag wohl auch als selbst verständlich an. O deutsches Volksherz, wie lieblich photographiert dich dieser Prospekt eines Verlegers (?), der seine Pappen yeimer kennt! Aus Pietro delBecchios graphischem Kabinett in Leipzig. — Farbige Steinzeichnungen des Kunstverlags »Stein«. Der neue Künstlerbund für Farbenlithographie in Schöneberg-Berlin hat gegenwärtig bei Pietro del Vecchio in Leipzig seine ersten Blätter ausgestellt, die aus der Hand zum Teil namhafter Graphiker hervorgegangen sind. Unter den Blättern größeren Formats zeigt Franz Staffen eine schön empfundene Versinnlichung des Bibelwortes: »Werdet wie die Kinder«. Vor dem Tore einer kleinen orientalischen Stadt sitzt der Heiland im Schatten eines Olbaumes, um geben von seinen Jüngern, und hält ein Kind liebkosend im Arm. Andere Kinder gewahrt man dahinter scheu sich nähernd. Wie immer bei Staffen tritt auch hier die Betonung des For malen in den Vordergrund. Die lebensvolle Charakterisierung der Figuren verleiht ihnen viel Ausdruck. Durch großen Zug der Linienführung, der den Darstellungen einen gewissen monu mentalen Charakter verleiht, zeichnen sich die beiden Blätter von F. Müller-Münster aus. Ein Stück stiller Waldespoesie ver anschaulicht der »Parsival«, der, sein Pferd durch dichten Tannen wald führend, mit ihm auf eine Lichtung heraustritt, die einen Blick auf eine weite Wasserfläche gewährt. Das andre gibt in lebendig bewegten Gestalten einen »Landsknechtszug« wieder mit einer darunter befindlichen Predella, die eine mit toten Kriegern be deckte Walstatt sehen läßt. Hans Hartig hat sein »Altes Stadt tor«, durch das am Abend die Postkutsche einfährt, zu einem höchst stimmungsvollen Architekturbild einer Kleinstadt zu gestalten gewußt. Ein nicht minder starkes Stimmungselement birgt das malerische holländische Städtemotiv »An der alten Werft in Emden« von Leonhard Sandrock mit seinen roten Backsteinhäusern, den davor liegenden Schiffen und der tiefgrauen regnerischen Luft, die sich darüberbreitet. Ernst Kolbe hat außer einem charakteristischen »Friesischen Jnnenraum« eine herbstliche »Moor landschaft« und C. Kayser-Eichberg einen »Spätherbst«, den er durch eine märkische Kiefernlandschaft veranschaulicht, bei gesteuert. Aus der Reihe kleinerer Blätter sind zu nennen die »Dorfgasse« im Mondschein und die »Landschaft an der Werra« von Fritz Geyer, »Unterm Hollunderbaum« von Felix Krause, der »Winterbach« von Ernst Kolbe und die zartgetönte »Mär kische Winterlandschaft« von Louis Lejeune. Die zumeist breit und flott mit wenig Farbenzutaten ausgeführten Steinzeichnungen, die als künstlerisch wertvolle graphische Blätter anzusehen sind, sind aus der Kunstdruckerei von S. Malz in Schöneberg-Berlin hervorgegangen. Ernst Kiesling. «egen den Zeugniszwang. — Der 14. internationale Pressekongreß beschloß in seiner zweiten Sitzung, die er am 20. Mai auf dem Lloyddampfer »Thalia« bei Cattaro abhielt, in der Frage des Zeugniszwanges der Journalisten, daß eine inter nationale Propaganda zugunsten der Wahrung des journalistischen Berufsgeheimnisses eingeleitet und eine allgemeine Rundfrage zu veranstalten sei, auf Grund deren eine allgemeine Formel auf gestellt werden soll, deren Verwirklichung jeder Abgeordnete in seinem Lande anzustreben hätte. Versammlung der «oethebünde. — In den Pfingsttagen traten in Königsberg i. Pr. die deutschen Goethebünde zu ihrem diesjährigen Abgeordnetentag zusammen. Aus dem Jahresbericht des Vorortes Bremen ging hervor, daß der Generalsekretär, Schriftsteller I. Wiegand, sein Amt niedergelegt hat, weil er die Leitung des neuen Bremer Schauspielhauses übernimmt. Der Vorort wird es nicht an Versuchen fehlen lassen, die Goethebund- Jdee an weiteren Orten zu verbreiten, wie auch Stuttgart es unternehmen will, das in München erschlaffte Interesse neu an zuregen und in Süddeutschland Stimmung zu machen. Die Berichte, die Bremen (Prof. vr. G. Hellmers), Stuttgart (Chefredakteur Keil) und Königsberg von ihrer Wirksamkeit geben konnten und die sich auf ein ungemein großes Arbeits gebiet erstreckten, fanden die höchste Anerkennung der Versamm lung. Künstlerisch bedeutende Konzerte und Theatervorstellungen, Museumsführungen, Vorlesungen, Vorträge, kunsthistorische Aus flüge, Arbeiter- und Hochschulkurse usw. werden einem häufig nach Tausenden zählenden Publikum der verschiedensten Stände zu meist außerordentlich geringen Eintrittspreisen oder auch