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3402 Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 74, 30. März 1S07. zelnen etwa fünf Blätter. Da nun aber mehrere Künstler mit weniger Werken auftraten, so ergab sich die Möglichkeit, be sonders interessante und neue Erscheinungen mit einer größern Anzahl von Arbeiten zur Geltung zu bringen und so eine umfassendere Vorstellung von ihrem Wesen und Wollen zu geben, als es bei den zwei bis drei Blatt der üblichen Ver anstaltungen möglich sei. Redner schildert hierauf einige Einzelheiten der Einrichtung und weist danach auf den in der neueren deutschen Graphik hervortretenden Zug nach Farbe hin. Man brauche daraus aber keineswegs auf natu ralistische Arbeiten in der Graphik zu schließen, denn die Farbe sei an sich nicht naturalistischer als die Form und könne ebenso wie diese Träger des Stilprinzips sein, wie dies z. B. die japanische Kunst gezeigt habe. Wer wollte angesichts der breit hingesetzten Farbflächen, wie sie die Holz schnitte der Münchner oder Wiener zeigen, von Natura lismus reden! Weit mehr als die Farbe sei es vielmehr die Fläche, die unsre moderne Graphik kennzeichne. Es handle sich dabei also mehr um einen breiten Flächenstil im Gegen satz zu dem strichigen Linienstil früherer Zeit. Und dieser Flächenstil, mit dem eine gewisse Tiefenwirkung durchaus vereinbar sei, entspringe der Absicht, auch auf weitere Ent fernung klar zu wirken. Das, was unsrer modernen Graphik das Gepräge gebe, sei mit einem Worte: der Zug nach der Wand. Aus der Mappengraphik sei eine Wand graphik geworden. Wohl mag es Leute geben — und vielleicht müsse man sich selbst dazu zählen —, die angesichts dieser aufdringlichen, geräuschvollen Wandgraphik sich nach den intimen Reizen jener feinen Blätter sehnen, die die Hand des Amateurs den sorgsam bewahrenden Mappen entnahm. Und im Punkte Farbe werden sie es lieber mit den leichtgetönten Blättern eines Bartolozzi halten als mit den Arbeiten eines Neu mann und Klemm, die wie Plakate wirken. Aber die Sehn sucht sei billig und das Schelten auch. Es komme eben daraus an, eine so verbreitete Erscheinung wie die Farbe in Verbindung mit der Fläche in der Graphik zu verstehen, sie in Zusammenhang mit andern, bedeutenderen Erscheinungen unsrer Zeit zu bringen. Der Hinweis auf Japan sei zu bequem, womit jedoch nicht bestritten werden solle, daß hier und da Japan geistvolle Anregungen gegeben habe. Auch handle es sich ja nicht so sehr um die Farbe als um die Fläche, um die starke Sprache überhaupt, die auch weithin noch verständlich sein will. Um das Geheimnis — das allen, die zu dem Kunstleben unsrer Tage innere Fühlung haben, ohnehin kein Geheimnis sei — zu verraten, handle es sich bei der Farbe, der Fläche der Graphik um eine Einigung des allgemeinen Strebens nach »Architektur«. Auf Architektur sei alles abgesehen, und so wollen denn auch die Blätter der graphischen Kunst nicht nur eine kleine Welt für sich sein, sie suchen Zusammen hang, wollen — um den tsrminus teolmious zu gebrauchen — »angewandt« sein. Es sei kein Zufall, daß die farbige, flächige, dekorative Graphik gerade in Deutschland am stärksten in Blüte stehe, und in Deutschland wieder in München und Wien, den Hauptstätten der jungen deko rativen architektonischen Bewegung. Es möge viel Irrtum, — richtiger Übertreibung — in unsrer modernen Graphik sein. Da aber diese ihre Übertreibung nichts andres sei als ein Zeugnis dafür, daß auch sie, die Graphik, von dem besten Kunstwollen unsrer Zeit beseelt sei, so möge ihr vergeben sein. Sei erst das Endziel, die Architektur, erreicht, so würde auch die Graphik zu intimerem Wirken zurückkehren. Bis dahin aber sollten wir uns durch Einwände einer schließlich ja doch nur nebelhaften Normal-Graphik-Asthetik die Freude an den mannigfachen geschmackvollen Erzeugnissen unsrer Tage nicht verkümmern lassen. Im weitern Verlauf seines mit vielem Beifall auf genommenen Vortrags besprach Redner die einzelnen Dar bietungen der verschiedenen Künstlergruppen. Von deren Wiedergabe dürfen wir absehen, da das Urteil des Redners im wesentlichen sich mit den Ausführungen der von uns bereits veröffentlichten Besprechungen der graphischen Aus stellung des Künstlerbundes deckt. Ernst Kiesling. Kleine Mitteilungen. Gebe. Loos in Basel. — Handelsregistereintrag: Basel-Stadt. 16. März. Die Kollektivgesellschaft unter der Firma Gebr. Loos in Basel (Buchhandlung. Reise- und Sortimentsbuch handlung) (Schweizerisches Handelsamtsblatt Nr. 327 vom 23. August 1904, Seite 1305) ist durch Konkurs aufgelöst worden; die Firma wird infolgedessen von Amts wegen gestrichen. (Schweizerisches Handelsamtsblalt Nr. 71 vom 21. März 1907.) Dir Briefe der Königin Victoria. (Vgl. 1906 d. Bl. Nr. 255.) — Im November v. I. brachten wir eine der Münchener All gemeinen und andern Zeitungen entnommene Mitteilung über eine in Vorbereitung befindliche Veröffentlichung der Briefe der Königin Victoria von England. Diese Veröffentlichung wird im Murrayschen Verlag in London erscheinen. Die Herausgabe, die unter der Oberaufsicht des Königs von Lord Csher besorgt wird, hat sich indes weiter verzögert, da ein außerordentlich umfang reiches Material zu prüfen ist und auch ein Teil des Tagebuchs der Königin veröffentlicht wird. Nunmehr ist die Arbeit soweit vorgeschritten, daß die Ausgabe im Oktober d. I. bestimmt er folgen wird. Gleichzeitig mit der Original-Ausgabe wird auch eine deutsche Übersetzung bei Karl Siegismund in Berlin erscheinen. Auf Anordnung des Königs von England werden von den beteiligten Verlegern vor Erscheinen des dreibändigen Werkes Auszüge in der Tagespresse nicht veröffentlicht werden. (Red.) Lxpositicrrr lutsrnutiovulo äu lüvrs sb ckss luäustriss ciu kapisr. — In Paris wird jetzt lebhaft für eine Ausstellung des Buchgewerbes und der verwandten Geschäftszweige, die von Anfang August bis gegen Ende Oktober dieses Jahres im Grand Palais auf den Champs Elysoes abgehalten werden soll, Propaganda gemacht. Die Ausstellung steht unter dem Protektorat des Ministers für Unterricht und Kunst, des Handelsministers u. a. und ver spricht nach den mir vorliegenden Plänen eine umfassende Be teiligung des französischen Buchhandels und der französischen Presse. Sie wird nach den Entwürfen des Komitees in vier Sek tionen eingeteilt, die dem Buche selbst, dem Buchgewerbe, der Presse und der Reklame gewidmet sein sollen. Die erste Abteilung wird den modernen Buchhandel zeigen und einen Rückblick auf die Entwicklung der Buchdruckerkunst gestatten, die zweite wird das Publikum mit dem Einband, dem Typenoruck, der Litho graphie und dem dazu benötigten Material, dem Kunstdruck, der Photographie und den verschiedenen Anwendungsformsn, der An sichtspostkarte rc., vertraut machen. Die Papierindustrie wird das fertiggestellte Papier, Kartons, die Rohmaterialien und die zur Fabrikation notwendigen chemischen Präparate, sowie Tinten, Maschinen rc. rc. ausstellen. Die der Zeitungspresse gewidmete Abteilung soll zu der interessantesten Ausstellung gestaltet werden, die in dieser Art je veranstaltet worden ist; sie soll ein Bild der zeitgenössischen Presse bieten, ihre Hilfsmittel und ihre Verbreitung veranschaulichen. Politische und literarische, künstlerische und technische, illustrierte und nicht illustrierte Zeitungen und Zeitschriften werden sich hier vereinigen, um dem großen Publikum praktisch die Herstellung und den Werdegang einer Zeitung und eines Kunstdrucks vor Augen zu führen. Ein weiterer großer Platz wird der Plakatindustrie, die be kanntlich in Frankreich in großer Blüte steht, und allen sonstigen Objekten eingeräumt, durch welche die moderne gedruckte Reklame sich zum Ausdruck bringt. Da die Ausstellung international sein wird, so steht zu er-