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und LvooaulkmtstioL« (Bibliographie) betreffenden, praktischen Fragen gemeinschaftlich zu arbeiten. (Nachdem der belgische Buchgewerbeverein kaum ein Jahr alt ist, erscheint mir diese neue Vereinsgründung zum mindesten verfrüht, wenn nicht überflüssig.) »Das mikrophotographische Buch- oder das Ende des Buchgewerbes. — Unter dem Titel »8ur aus uouvslls korws än livrs« haben die Herren Paul Otlet und vr. Robert Goldschmidt kürzlich als 81. Publikation des Internationalen Bibliographischen Instituts in Brüssel eine sonderbare Broschüre in die Welt hinausgeschickt. Die von ihnen zum Ausdruck gebrachte Idee ist dazu bestimmt, die für große Bibliotheken so wichtige Platzfrage und die nicht weniger bedeutende Geldfrage mit einem Schlage zu lösen... mit dem blühenden Buchgewerbe wäre es dann allerdings vorbei, und auch der Buchhändler täte besser daran, seinen Beruf mit dem eines Photographen, Optikers oder Augen arztes zu vertauschen. Die Verfasser der Broschüre prophe zeien nämlich nichts weniger als den Ersatz des heutigen, auf Grund der Erfindung Gutenbergs hergestellten Buches durch photographische, verkleinerte Wiedergabe des Satzes auf Katalogzetteln. Die Formatreduktion wäre eine solche, daß beispielsweise eine gewöhnliche Oktavseite nur noch einen Quadratzentimeter Raum in Anspruch nehmen würde und demnach ein Buch von 72 Oktavseiten auf einen gewöhn lichen Bibliothekszettel von etwa Postkartenformat reproduziert werden könnte, ein dicker Oktavband also nicht mehr als einen einzigen Bogen Papier beanspruchen würde. Die Lektüre hätte entweder mit der Lupe als einfachstem Ver fahren oder mit Zuhilfenahme der verschiedensten Projektions und Vergrößerungs-Apparate zu geschehen. Die Durchführbarkeit dieses Vorschlags ist natürlich nicht zu bestreiten, die Verfasser erheben für ihn auch durchaus nicht den Anspruch der Neuheit, erwähnen viel mehr, daß ihm schon im Jahre 1865 der Engländer Simpson das Wort geredet habe. Bei der Brieftaubenpost ist die Mikrophotographie von schriftlichen Dokumenten längst im Gebrauch und hat unter anderm während der Belagerung von Paris die Franzosen in die Lage gesetzt, umfangreiche militärische Mitteilungen von Paris aus in die Provinz gelangen zu lassen. Ein photographisches Klischee von 4X4 Zentimeter enthielt damals bis zu 1500 Depeschen, und ein solches von 3 Xt Zentimeter umfaßte 16 Druck seiten. Seither hat namentlich Scamoni in Rußland neue Versuche angestellt und die photographische Wiedergabe einer Seite von »über Land und Meer« auf 2st-Quadratzentimeter erreicht, die mit dem Mikroskop vollkommen lesbar ist. Das neue Verfahret! würde natürlich auch die kost spieligen Bibliotheks-Bauten überflüssig machen; denn — wie Herr Otlet, der bekannte Generalsekretär des Internationalen Bibliographischen Instituts in Brüssel, ausgerechnet und den Teilnehmern an dem im Oktober vorigen Jahres in Marseille stattgehabten »Ooussrtzb iutsrvatioval äs ls voouwsutstiou pbotogrsptijgus«, für den die vorliegende Broschüre ausgearbeitet worden war, mitgeteilt hat — würde beispielsweise der gesamte Bücherbestand der Königlichen Bibliothek in Berlin mikrophotographisch in einem einzigen Zettelschrank von normaler Größe, wie solche im erwähnten Bibliographischen Institut aufgestellt sind, untergebracht werden können. Ade, Papierfabrikation, Buchdruck, Buchbinderei und Buchhandel — eure letzte Stunde hat geschlagen! — Noch nicht, denn die Augen der meisten Gebildeten sind leider schon heute so schlecht geworden, daß ihnen ein fortgesetzter Gebrauch des Mikroskops zum Lesen wahrscheinlich in kurzer Zeit verderblich werden dürste. Dies dürfte notgedrungener weise bald dazu führen, daß sie auf das Lesen überhaupt verzichten inüßten, und damit wäre der schöne Traum vom »mikrophotographischen Buch- ausgeträumt. Neues vom belgischen Nneös än Livrs. — Der belgische Sortimentsbuchhandel. —Der vor Jahresfrist gegründete belgische Buchgewerbeverein ist im neuen Jahre bereits vielseitig tätig gewesen. Am 4. Januar konnte er sein eignes Heim einweihen, ein von der Regierung über lassenes, geräumiges Haus in der Kns Villa Llsrvwss, dessen Inneres mit seiner altertümlichen Konstruktion ein ori ginelles Gepräge hat. Der Einweihung, der der belgische Handels- und Industrie-Minister Francotte beiwohnte, folgte im Monat Februar die Wiederholung der Ausstellung, die vom Nu«ös äa Livrs bereits im vorigen Jahre in Ostende veranstaltet worden war, »Lxpositicm än livrs dslxs ä'srt st äs littsratnrs«, und die nun auch den Hauptstädter mit den Reichtümern der belgischen literarischen Produktion der letzten fünfundzwanzig Jahre vertraut machen sollte. Hinzu gekommen waren einige von der Mailänder Weltausstellung zurückgekehrte wertvolle Werke. Man konnte einigermaßen erstaunt sein über die relativ große Anzahl von Luxus ausgaben und kunstgeschichtlichen Publikationen, die das kleine Land in diesem Zeitraum hervorgebracht hat, zumal da bei jeder Gelegenheit geflissentlich betont wird, es gäbe keinen belgischen Verlagsbuchhandel und die belgischen Autoren gingen stets zu Pariser Verlegern. Erwähnens wert war u. a. der Schrank, der die fünfzig Werke von Camille Lemonnier enthielt, alle in künstlerischen Ein bänden. Sie waren ihm von der »^»«ooiation äss Lorivsivs belass«, deren Vorstand er seit Jahren angehört, bei Ge legenheit der Herausgabe seines fünfzigsten Buches zum Jubiläum geschenkt worden. Wie in Ostende, so fand auch in Brüssel während der Ausstellungszeit eine Reihe von Vorträgen statt von Mit gliedern der eben genannten Schriftsteller-Vereinigung, mit deren Beihilfe auch die Ausstellung unternommen worden war. Hauptsächlich hatten sie Bezug auf die literarische Be wegung in Belgien. Diesen Vorträgen lagen folgende Themata zu gründe: 1. Autoren und Komponisten (Theater und Künstler, Zeitungen und Zeitschriften, Gastspiele und Meßtheater. — Liebhabertheater. — Verleger und Buchhändler. — Das belgische Schauspiel und seine Ausdehnung). Kontra diktorischer Vortrag von Edouard Silvercruys. 2. Die vlämischen Schriftsteller (August Vermeylen). 3. Die französische Literatur (Edmond Picard). 4. Berühmte Liebespaare in der Literatur (Paul Andrs). 5. Die wallonische Literatur (Victor Chauvin). 6. Der belgische Buchhandel (Maurice des Ombiauxj. Der letzte Vortrag, der den Buchhändler besonders inter essieren mußte, hat mich einigermaßen enttäuscht. Er bestand aus der Lektüre eines vor Jahresfrist in der belgischen Monatsschrift »Rsvas Hocmowigas ivtsrvatiovalsr abgedruckten Aufsatzes, der sich speziell mit der Geschichte des belgischen Nachdrucks bis zur Mitte des neunzehnten Jahrhunderts und einigen Victor Hugo-Erinnerungen befaßte und über den Schreiber dieses seinerzeit im Börsenblatt ausführlich berichtet hat. Einige vom Redner über den Stand des heutigen Verlagsbuchhandels beigefügte Worte bewiesen, wie wenig er als Nichtbuchhändler die Gründe erkannte, die für den Tiefstand des belgischen Buchhandels verantwortlich zu machen sind. Hierzu gehören in erster Linie der Mangel an jeglicher wirklichen produktiven Organisation des belgischen Buch handels und die dadurch groß gewordene, weil nicht be kämpfte Schleuderei, die ihrerseits wieder im Gefolge hat,