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11840 «örjenblaU f. d. Dtschv. Buchhandel Nichtamtlicher Teil. dV 22S, 28. September IS1L schöne Wirkung haben. Das andere Mal ist es »Jesus als Kinderfreund« (-4k 4.—), eine schlichte, einfache Komposition, absolut nicht in dem konventionellen süßlichen Genre und ge rade dadurch so recht für das kindliche Gemüt verständlich. Steinhaufen ist hier etwas über das sonst bei ihm gewohnte Maß der Farbigkeit hinausgeschritten. Aber die Tiefe des vor herrschenden Brauns gibt doch einen schönen Grundakkord, und die wenigen anderen Farben sind glücklich dazu gestimmt. Der Name des berühmten Frankfurter Künstlers wird nicht wenig dazu beitragen, daß diese Originalsteinzeichnungen sich viele Freunde schaffen werden. Noch ein anderes Kunstblatt ist mir auf den Schreibtisch geflogen. Es heißt »Sonntagsfiieden« und ist eine farbige Wiedergabe nach einem Gemälde von Momme Nissen. Ich kenne den Künstler bis heute noch nicht, aber das ändert nichts daran, daß das Bild — eine alte Frau, die, in ihr Gesangbuch vertieft, am Fenster sitzt — doch recht hübsch ist, und dabei durchaus künstlerisch. Es ist eine stimmungsvolle Kleinmalerei, die doch nicht kleinlich wirkt. Im Gegenteil, es ist alles mit bewußter Keckheit hingesetzt und auf eine höchst reizvolle kolo ristische Wirkung gebracht. Die im Verlag von Max Hansen in Glückstadt erschienene Reproduktion kostet 3.— und wird, geschickt gerahmt, sicher für das Herbstgeschäft einen leicht ver käuflichen Artikel bilden. Daß die modernen Künstler von Rang und Namen sich gern und freudig in den Dienst der künstlerischen Erziehung des Volkes und besonders des Kindes und der Jugend stellen, ist, will man von den Kultursortschritten unseres Jahrhunderts sprechen, Wohl mit einer der erfreulichsten. Bilder und Bücher für das Volk, für die Jugend zu schassen, lag früher in den Händen meist sehr schwach begabter Leute oder gar von Di lettanten, die mit süßlichem, abgeschmackten Zeug ihre Verleger fanden und die Welt damit abspeisten. Das ist anders ge worden, und mit wahrhafter Genugtuung sieht man auch hier jetzt künstlerischen Geschmack walten und eine Hebung des Volksgeschmackes sich anbahnen. Daß man hierbei nicht über das Ziel hinausschießen darf, wie es zu Anfang vielfach ge schah, lehren die entzückenden Bilderbücher, die Jos. Scholz in Mainz herausgibt. Was haben Bilderbücher mit Kunst zu tun?, wird man fragen. Früher freilich nichts, aber heute wohl. Wenn man die lustigen, farbenfrohen Sachen sieht, die Künstler wie Müller-Münster in den Volksbilderbüchern, ich nenne nur Hänsel und Gretel, Hans Schroedter im Fröhlichen Reigen, der famose Mitarbeiter der Meggendorfer Arpad Schmidhammer in den Heinzelmännchen und der humorvolle Eugen Oßwald in Aus Haus und Hof geschaffen haben, dann kann man Wohl sagen, es wird unseren Kindern das Beste in die Hände gelegt. Hier ist nichts von jener outrierten Häßlich keit, die eine Anzahl von Künstlern im völligen Mißverstehen ihrer Aufgabe und der kindlichen Psyche als das allein Rich tige pries. Hier ist vollkommene naive Kindlichkeit, die, in rein künstlerische Form übersetzt, die jugendlichen Herzen genau so beglückt, wie ehedem das kitschige und verlogene Zeug es leider getan hat. Wenn in der Tagespresse der heftige und wahrlich schon unschöne Formen annehmende Streit um das Bismarck-Natio- naldenkmal endlich ein wenig zur Ruhe gekommen ist, so mag es jetzt, wo die Wogen der Erregung abgeebt find, nicht uninteressant sein, einmal das Fazit dessen zu ziehen, was der Wettbewerb bisher gezeigt hat. Fritz Hellwag tut das in der neuesten Nummer der Kunst (F. Bruckmann, A.-G., München), XIV. Jahrgang Heft 1, und er bringt in freimütiger Weise zum Ausdruck, was man bei der Geschichte falsch gemacht, und gibt für die Fort setzung des grandiosen Werkes Ratschläge, die gar nicht zu verachten sind. Auch außer diesem Aufsatz enthält diese illu strativ wieder hervorragende Nummer unserer ersten deutschen Kunstzeitschristhochinteressaute Beiträge,wie: Die monumental dekorative Malerei auf der Großen Kunstausstellung in Dres den, von Paul Schumann, Der Kamps gegen den Wiener Hagen- bund und einen mit wunderschönen Bildern geschmückten Auf satz Emanuel von Seidls über den Tierpark Hellabrunn in München. Eine andere deutsche Kunstzeitschrift hat jetzt ihren 25. Jahrgang vollendet: der Kunstwart. Nun, man weiß, wie schwer es dem Herausgeber, Ferd. Avenarius, geworden ist, seine Idee durchzusetzen. Und auch der Kunsthandel ist seinem Unternehmen nicht gleich mit offenen Armen entgegenge kommen. Die ungeheure Popularisierung der Kunst, die der Kunstwart auf sein Programm geschrieben hatte, konnte, rein kaufmännisch betrachtet, nicht im Sinne des Kunstgeschäfts sein, und die Frage, ob es richtig sei, die Kunstwerke in Mil lionen von billigen Nachbildungen auf den Markt zu werfen, was ja übrigens auch damals schon geschah, wenn auch nicht in der Weise wie heule, hat die Gemüter gar sehr bewegt. Aber eine bewundernswerte Ausdauer hat doch alle Wider wärtigkeiten überwunden, und heute gehören die Kunstwart publikationen ebenso zum eisernen Bestand des Kunstforti- ments wie irgend etwas anderes auch. Man hat sie schätzen gelernt als eine Sache, die notwendigerweise kommen mußte, die gewissermaßen in der Luft lag. Und überblickt man heute die Summe dessen, was der Kunstwart an Kunst- und Kultur werten in das Volk getragen, so wird man sich der ehrlichen Anerkennung nicht enthalten können. Die Kunstwartarbeit hat reiche Früchte getragen, Hunderte, Tausende, die erst interesse los beiseite standen, sind für die Kunst gewonnen worden, und damit auch für den Kunsthandel im weitesten Sinne des Wor tes ; manche Künstler, die unbeachtet ihre Kunst übten, haben hier einen kräftigen Herold gefunden. So wird dieses Jubi läum in den breitesten Schichten des Volkes, besonders aber bei der Kunstwartgemeinde dankbaren Beifall für das im ver gangenen Vierteljahrhundert Geleistete, frohe Hoffnung für die Zukunft auslösen. Noch einer Zeitschrift ist zu gedenken, die hurtig und kühn sich neben die besten, die wir haben, gestellt und nun ihren ersten Jahrgang vollendet hat. Es ist die Kunstwclt (Verlag Weise L Co., Berlin). Wir haben der Zeitschrift schon man ches freundliche Wort widmen können. Und auch die Schluß doppelnummer bestätigt, daß man hier wohlbewußt der Schwierigkeiten, mit dem Bestehenden in Konkurrenz zu treten, sich bemüht, das Beste zu bieten. Illustrativ mit ver schwenderischer Fülle ausgestattet, bilden die Hefte in der Tat aber gar keine Konkurrenz, sondern eine schöne Ergänzung. Das Gebiet der Kunst ist ja so unendlich weit, daß ein Publi kationsorgan dieses Schlages für Deutschland fast noch immer eine Notwendigkeit erfüllt. Aus dqn Textbciträgeu möchte ich besonders hervorhebcn Prof. Hans W. Singers Aussatz über die Dresdner Kunstausstellung, die er für die in diesem Jahre beste und vorzüglichste erklärt, womit er nur sagt, was alle empfinden, die sie sahen, dann die reizvollen Dresdner Er innerungen Ludwig Richters und endlich den Aufsatz über die Wallotschüler. Daß auch in der bevorstehenden Herbst- und Wintersaison sich wieder ein lebhaftes Austauschgeschäft mit großen Kunst werten entwickeln wird, darauf deuten jetzt schon die ange kündigten Auktionen hin. So wird die Kunsthandlung F. A. C. Prestel in Frankfurt vom 4. bis 6. Oktober die Samm lung Johannes Noll versteigern, die, wenn sie auch nicht zu den bekanntesten gehört, doch einen Kunstbesitz von seltener Reichhaltigkeit und Schönheit darstellt. Besonders die goti schen Bildwerke in Holz und Stein dürften das Helle Ent zücken aller Liebhaber Hervorrufen und einen ziemlichen Kampf darum entspinnen lassen. Aber auch die Gemälde und Handzeichnungen alter Meister, ich nenne nur ein sehr feines