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ZF 301, 28. Dezember 1912. Nichtamtlicher Teil. BSrj-nblou r d. Dttchn. »uch-and-I. 18355 Bücher gibt, nicht auf den Beifall jedes Buchhändlers rechnen dürfen. Herr Bücher moniert u. a., daß einer vor kurzem herausgegcbenen »Theorie der reinen und politischen Ökono mie« der Zusatz gegeben ist: »Ein Lehr- und Lesebuch für Studierende und Gebildete« und fügt hinzu: »gleich als ob man sich unter Studierenden keine gebildeten Menschen vor zustellen hätte«. Auf die Gefahr hin. von Herrn Professor Bücher selbst für ungebildet gehalten zu werden, möchte ich betonen, daß der gemachte Gegensatz zwischen Studierenden und Gebildeten ein vollkommen üblicher und berechtigter ist. In diesem Sinne sind allerdings Studierende keine Gebil deten, insofern als man eben den Gegensatz macht zwischen Studierenden bzw. Studierten, die ich Höhergebildete nen nen möchte, und unter Gebildeten solche Personen versteht, die kein Fachstudium betreiben, sondern sich nur eine allge meine Bildung angeeignet haben, die freilich so beschaffen sein mutz, daß sie sie befähigt, ein wissenschaftliches Buch zu verstehen und zu genießen. Würde ein solcher Zusatz fehlen, so würde man eben nicht wissen, daß das Buch nach feiner Anlage für diese beiden Kategorien von Käufern bestimmt ist. Ebenso ist der Zusatz eines Buches, das den Titel führt »Wie studiert man Rechtswissenschaft?«; »Eine Anleitung für Stu dierende« ein sehr berechtigter, denn die Schrift könnte auch eine Erörterung sein über die Art des Studiums, die nicht für Studierende, sondern für Professoren der Rechts wissenschaft Interesse hat. Das zweibändige »Handbuch der Fleischbeschau«, das für Tierärzte, Ärzte und Richter geschrieben sein will, wäre ja schon eher zu beanstanden, weil, wie Herr Bücher sagt, übersehen ist, »datz die städtischen Polizeibehör den und am Ende Wohl auch die Fleischer stark beteiligt sind«. Ob das Buch auch sllr Fleischer geeignet ist, kann ich nicht beurteilen. Dagegen kann man im Interesse der Kürze die Polizeibehörden Wohl ungenannt lassen, da es sich ja in diesem Fall immer um beamtete Tierärzte handeln wird, die unter den Begriff »Behörden« fallen. Wenn also mancherlei, das in dem Büchlein des Herrn Professor Bücher steht, vom Standpunkt des Buchhändlers aus bedenklich ist, so enthält es doch andererseits viele feine und treffende Bemerkungen, die auch dem, der Bücher verlegt, und dem, der sie schreibt, von Nutzen sein werden. Deshalb sei das Schriftchen allen denen, die es angeht, warm empfohlen. Wie aus den Kundgebungen des Börsenblatts hervor geht, hat sich eine Anzahl Verleger endlich entschlossen, für die Remittendenfakturen ein gleichmäßiges Format zu benutzen. Vielleicht gehen wenigstens einige auch einen Schritt weiter, die Fakturen in kopierfähigem Druck herzu stellen. Ich weiß, was viele Verleger antworten werden: die Sortimenter können kopierfähige Fakturen nicht benutzen, da sie keine Kopiermaschine haben. Es käme eben auf einen Versuch an, ob nicht doch eine ganze Menge Sortimenter das Kopieren anwenden würden. Das erste Mal müssen natürlich doch zwei Fakturen gesandt werden; wenn aber die Neuerung einschlägt, würde nur eine Faktur erforderlich sein. Die Mehrkosten des kopierfähigen Drucks würden dann durch die Ersparnis der zweiten Faktur eingebracht werden. Die Bitte, auch die Jahresfakturen in gleichmäßi gem Format herzustellen, hat sich bisher nur einmal schüch tern hervorgewagt, aber auch sie ist berechtigt und würde sicher die Arbeit des Sortimenters erleichtern und namentlich auch die Ordnung im buchhändlerischen Verkehr fördern. Daß es immer noch einzelne Verleger, allerdings meistens kleinere, gibt, die Fakturen auf ausrangiertem Papier, ja so gar auf Wahlzetteln Herstellen, nur nebenbei. Es dürfte sich die Ersparnis an Papier durch den Mehraufwand an Druck mehr als ausgleichen, und es bedarf vielleicht nur dieses Hin-1 weises, um auch diese Verleger zu veranlassen, in Zukunst nur unbedrucktcs Papier zu ihren Fakturen zu verwenden. Für den ganzen Buchhandel hat jede Neugründung, die den Absatz von Büchern erleichtert oder vermehrt, Interesse. So verdient auch die Dresdener Universitätsfrage die Aufmerksamkeit des Buchhandels. Freilich wird der Buch handel seine Stellung zu dieser Frage nicht nur nach seinem Interesse zur Sache zu beurteilen haben, er wird auch die höheren Gesichtspunkte nicht aus dem Auge verlieren dürfen. Das Erscheinen einer offiziösen Broschüre unter dem Titel »Zur Frage der Errichtung einer Universität in Dres den« von Philacademicus. 8°. Dresden, H. Burdach, 1912, gab der Universität Leipzig Veranlassung, auch ihrerseits sich zu äußern. Herr Professor Bücher hat es übernommen, ein Votum*) zu dieser Frage zu verfassen, für das er allerdings, wie er im Vorwort sagt, »nach Inhalt und Form selbstver ständlich allein die Verantwortung« trägt. Herr Professor Bücher beginnt die Schrift mit den Wor ten: »Ein Universitätsgründungsfieber geht durch die deut schen Lande.« Man wird dieser Äußerung kaum etwas Stich haltiges entgegenhallen können, denn Frankfurt und Hamburg rüsten sich zur Errichtung einer Universität, und Posen wünscht einen Ausbau seiner Akademie zu einer Ostmarken universität. Auch Helmstedt meldet, wie Herr Bücher erwähnt, seine akademischen Ansprüche an, und nun kommt Dresden, das auch seine Universität haben will. Herr Professor Bücher gibt eine amüsante Schilderung, wie solche Bewegungen entstehen, und wie die Volksseele auf gewühlt wird, um ihr Vorspanndienste zu leisten. Solchen Projekten sei eine große Ansteckungsgefahr eigen: »einmal in die öffentliche Erörterung geworfen, Pflegen sie mit jedem Wort, das für und wider sie gesprochen wird, bei der Masse an Halt zu gewinnen«. Das Votum führt aus, wie schwer wir schon in Hochschulfragen an den Folgen einer kleinstaatltchen Vergangenheit leiden und wie ungleich die Verteilung der Studierenden an den deutschen Universitäten sei. Für die Dresdener Universität wird angeführt, datz »die Verhältnisse Dresdens einen Zentralpunkt für sein reiches geistiges, bis jetzt noch gar zu sehr auseinanderflietzendes Leben unbedingt notwendig machen«; während die offiziöse Denkschrift von Philacademicus offenherzig eingesteht, »daß die Universität Dresden das Mittel sein soll, die Verlegung der tierärztlichen Hochschule von Dresden nach Leipzig abzuwenden«, erkennt sie zugleich an, »datz die Begründung einer neuen Universität ein ungleich schwierigeres und kostspieligeres Unternehmen ist als die Verlegung der tierärztlichen Hochschule nach Leipzig«. Die Bedürfnisfrage wird von Philacademicus natürlich bejaht, während Bücher eingehend nachweist, datz die bestehenden Universitäten nicht nur das Bedürfnis decken, vielmehr viele von ihnen recht große Lücken in ihrem Besuch aufweisen, die immer noch der Ausfüllung harren. Er führt aus, datz die Kosten für die Universitäten ganz außerordent lich gestiegen sind. Während in den Jahren 1870/71—1888/81 die Jahresausgaben um 17,5 Prozent gestiegen sind, stiegen sie in den Jahren 1980/01—1912/13 um 86,1 Prozent bzw. in Mark ausgedrückt von Zk 953 214.— auf 4 615 405.-. Der Zuschuß des Staates stieg von Zk 690 249.— auf Zk 3793115.—, oder in Prozenten ausgedrückt von 72,4 Prozent auf 82,2 Prozent. Die Gesamtzahl der Studierenden im Deutschen Reiche hat von 1895—1905 sich nur um 24,6 Prozent vermehrt, und die Vermehrung ist wesentlich den großen Uni versitäten zugute gekommen. Dies widerspricht auch der Be- *) Bücher, Karl. Ei» Votum zur Dresdner Universttiits- srage. Gr. 8". Leipzig 1912, Johannes Wörners Verlag. Preis 8V -s. 2 t 2«'