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Tobias und die Schwalbe. 5 Wendigkeit, daß ein unparteiischer Literarhistoriker, um ein gerechtes Urteil über Christian Weise zu fällen, sich durchaus auch auf seinen Standpunkt als Pädagog und Schulmann stellen muß. Auf fast allen Gebieten der Poesie war Christian Weise thätig, in der Lyrik, dem Roman, dem Drama hat er sich versucht. Bedeu tendes freilich hat er nur als Dramatiker und speciell als Lustspiel dichter geleistet. Er legte gleich Andreas Gryphius den Keim zu dem deutschen Lustspiel und wäre man auf seinen Bahnen fortgeschritten, hätte man nicht zu Ungunsten der deutschen Bühne lieber zu den Franzosen zurückgegrisfen, anstatt auf dem eingeschlagenen Wege zu bleiben, so hätte Lessing, der Epigone Weises, vielleicht nicht den Ruhm das erste deutsche Nationallustspiel in seiner „Minna v. Barnhelm" geschaffen zu haben. Christian Weise wurde am 30. April 1642 zu Zittau geboren, wo sein Vater Elias W. als Lehrer am Gymnasium angestellt war (geb- 1609; gest. 1679), der ihm auch den ersten Unterricht angedeihen ließ. In dankbarer Erinnerung daran sagt er selbst: Untrem, oubitum spnrZigss, und von den väterlichen Ermahnungen war ihm besonders das Wort im Gedächtnis haften geblieben: Huotiss, o Mi, Ltüuieorum scripta xerl6§i8, sxxsuäe, quam nut nuUa kuorit eorum spss nut äiu äsvotus immorari pcrxito, äouoc Oüristum, eins uuclsum iuvs- norig. Bis 1660 besuchte er das Zittauer Gymnasium, um sodann die Universität Leipzig zu beziehen. Gern hätte er sich der Jurisprudenz gewidmet, doch dem Wunsch des Vaters gemäß beschäftigte er sich hauptsächlich mit Theologie, Philosophie und Geschichte. 1661 erwarb er sich den Grad eines vaccalaurcus und 1663 den eines Magisters. Als solcher las er selbst OoUsxia, u. a. auch über Poesie. Durch Jn- triguen zog sich seine Ernennung zum Professor so in die Länge, daß er endlich 1668 die Stelle eines Sekretärs bei dem Grafen Simon Philipp v. Leiningen annahm und seinen Wohnsitz nach Halle verlegte. Hier eignete er sich an dem Hofe des Administrators von Magdeburg eine genaue Kenntnis des Hoflebens an, die er später in seinen Schriften verwertete, so z. B. im „Politischen Redner". 1670 begab er sich nach einem kurzen Aufenthalte an der Universität Helmstädt, wo er sich be sonders eng an den Professor der Eloquenz Schrader anschloß, nach Querfurt, wohin ihn der Graf von Schulenburg als Erzieher zweier