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«V 255, 1. November 1912. Nichtamtlicher Teil. S»rnv»i>E I. ». Doch«. VE«dÄ. 13513 men Töne des Originals, wie überhaupt seine ganze be strickende Lieblichkeit prächtig wieder und bildet einen Wand schmuck, der besonders im Kinderzimmer Helles Entzücken aus- lösen wird. Als merkwürdiges Kuriosum möchte ich bei die ser Gelegenheit feststellen, daß Andrea Vaccaro, der von 1598 bis 1670 in Neapel lebte, und allster in München auch in der Dresdner Galerie mit einer grandiosen Darstellung: Christus mit den Erlösten der Vorhöllc vor seiner Mutter, vertreten ist, in den vier mir zu Gebote stehenden Kunstgeschichten, dar unter Lllbke-Semrau, nicht genannt ist. Das ist immerhin sonderbar. Schließlich möchte ich jetzt in der Zeit, wo der Kunst- Händler ebenso oft nach einer guten Kunstgeschichte gefragt wird wie der Buchhändler, eines vorzüglichen Buches ge denken, das bisher vielleicht kaum nach Verdienst gewürdigt wurde. Es ist Ehrenbergs Handbuch der Kunstgeschichte <Ver- lag I. I. Weber, Leipzig, Preis «st 6.—). Der auf jeder Seite in die Augen fallende Vorzug dieses Werkes besteht darin, daß es nicht so professoral und doktoral gehalten ist wie die über wiegende Mehrzahl aller Kunstgeschichten. In leicht anregen der Form, mit persönlicher, warmherziger Begeisterung für die einzelnen Dinge und doch auf streng wissenschaftlichem Boden ist hier die Materie dargestellt und auch für den Laien verstand genießbar gemacht. Die Sprache des Buches ist sachlich und ohne Phrasendrescherei, die Ausführungen werden Lurch ein reiches Bildermaterial erläutert. Was mir persön lich das Werk sympathisch macht, sind die vernünftigen Urteile des Verfassers über die Kunst im allgemeinen, und die Hoch achtung vor jeglicher Kunsterscheinung im besonderen. Aus diesem Grunde empfehle ich es auch den Kunsthändlern selbst mit besonderer Wärme. Haben die großen Ausstellungen nun bald ihre Pforten geschlossen, so treten an ihre Stelle jetzt die kleineren, die sich mehr oder weniger zu lokalen Sensationen auswachsen. In Berlin wird demnächst eine »juryfreic« Ausstellung eröffnet. Das kann wieder herrlich werden, und man wird sich Wohl auf Überraschungen gefaßt machen müssen, die denen im Kölner Sonderbnnd nicht nachstehen. Wer einmal darin war, weist es und hat schon per clistanes allen Respekt davor. Des weiteren gibt es in der Reichshauptstadt eine Sonderausstellung des vorerwähnten Egger-Lienz, der als Maler entschieden viel tüchtiger ist denn als Schriftsteller, in welcher Eigenschaft er stark danebenzuhauen beliebt. Und endlich will man auch Lovis Corinth die wohlverdiente Ehrenausstellung nicht län ger vorenthalten. Der große Landschafter Eugen Bracht hat zwar bis siebzig gewartet, aber entsprechend unserer schnell lebigeren Zeit sott Corinth den Vorzug schon mit fünfzig ge nießen. Trotz unserer ernsten Zeit oder gerade deswegen feiern wir gern Feste und machen gern ein bißchen Klimbim. Und wo sich nur eine Gelegenheit findet, wird sie beim Schopfe erfaßt. Nächstes Jahr feiert Franz von Stuck den »fünfzig sten«. Das wird ein Gaudium geben. Im Blätterwald wird es rauschen, und der erstaunte Künstler wird es tagtäglich fünfzigmal lesen, was er für ein großes Tier ist. Aber das macht nichts. Auch der Kunsthandel hat Grund, Stuck dankbar zu sein, denn er hat an ihm ein schönes Stück Geld verdient. Ehre, wem Ehre gebührt! Stuttgart. Arthur Dobsky. Kleine Mitteilungen« Erweiterung des Urheberrechts in den Vereinigte» «taute» von Amerika. — Der 8 5 des Urheberrcchtsgesetzes ist durch ein Gesetz vom 24. Anglist 1912 dahin geändert, daß der Schutz des Urheber rechts aus lebende Bilder ausgedehnt wird. Die «»gedrohte Strafe beträgt nach dem abgeändcrte» 8 25 des Urheberrcchtsgesetzes bis zu 109 Dollar lind von 250 bts zu 5000 Dollar bei lebenden Dar stellungen von Schauspielen und Musikdramen, deren Urheber- Bdrfenblatt für den Dentschen Buchhandel. 79. Jahrgang. recht geschützt ist, unbeschadet des Rechts des Verlebten, eine Scha- dcnScrsatzl'lage cinzureichen. <Nach einem Berichte der Kaiserlichen Botschaft in den Nachr. f. Handel n. Industrie etc.) Ei» unbekannter Brics Seumes, des Spaziergängers nach Sprakus, ist, wie bas »Leipziger Tagebl.« mitteilt, bei den Auf- ränmuitgsarbciten in Barthels Hof in Leipzig, wo kürzlich ein Brand ftattgesundc» hatte, im Eeume-Zimmer unter Schwellen und Diele» neben einen, deutsch und lateinisch geschriebenen und beglaubigte» Wappenbrics von 1544 gefunden worden. Das wert volle Dokument aus der Zeit von Deutschlands tiesster Erniedrigung lautet folgendermaßen: «Leipzig, — — Ihre sreunbliche Er innerung tut mir recht wohl. Erinnerung wird vielleicht das einzige sein, was wir zu genießen haben. Ihren Wünschen kann ich jetzt weniger entsprechen als jemahls. Seit Ulm und Austerlitz habe ich keine Sylbc deutsch gelesen und seit der Zeit jede Auf forderung mißmutig zurllckgewicsc». Ich bin zu sehr Teutontcr, um über der Schande meines Vaterlandes ruhig zu stehen, und zu sehr Mann, um unsere Erbärmlichkeit z» bejammern. So er bärmlich sind wir, daß man das letzte auch nicht einmal erlaubt. Mein Lebe» ist bei den Tobten. Gesetzt, es käme aus meiner Seele noch ein Ton, so dürsten Sie ihn gewiß nicht weiter mtttheile». — Mein Dichten ist vorbei) und auch mein Trachten. Wenn ich je noch eine Stanze schriebe, so Isis der einzige Tag der Weltgeschichte, der Tag des Mannes von Marathon. Meinen Gruß, wenn Sie den Grafen Karl von Harrach, den Maltheser und Herrn v. Prötzer sehen. Mit wahrer Hochachtung der Ihrige Seume.« Plakat-Wettbewerb. — Der seitens der Internationalen Aus stellung sür Buchgewerbe und Graphik Leipzig 1914 ausgeschriebene Wettbewerb sür ein Plakat läuft am 10. November d. I. ab. Als Preise sind ausgesetzt: 1.: 2000 .7k, 2.: 1000 und 8./4.: je 500 .«, zusammen 4000 ./t. Das Preisgericht besteht aus den Herren Th. Th. Heine-München, Geh. Hosrat Pros. Or. Map Klinger- Leipzig, Prof. L. M a n z e l - Berlin, Pros. Map Seliger- Lcipzig, Prof. Walter Tiemann - Leipzig, I)r. L. Bolkmann- Lcipzig, Hosrat Horst Weber-Leipzig und Prof. Rud. Weiß- Berlin. Die näheren Bedingungen sind von der Geschäftsstelle der Ausstellung zu erhalte». Bedenklicher Trick eines Buchhandlungsreisendcn. jNachdruck verboten.> — Die Straskammer beim Amtsgericht Wetzlarhat am 1. Mai den Buchhandlungsretscndcn Z. wegen vollendeter und versuchter Erpressung zu einem Monat drei Tagen Gefängnis ver urteilt. Der Angeklagte reiste für eine Leipziger Firma, die ein Werk über die deutschen Freiheitskriege von 1813—15, heraus- gegcben von Paul Kittel, fiir 55 «kt vertreibt. Z. besuchte haupt sächlich Lehrer und Bürgermeister und suchte sie dadurch zur Be stellung des Werkes zu bewegen, daß er betonte, hochgestellte Persönlichkeiten wie der Kriegsminister usw. hätten es auch bezogen und den Bezug empfohlen. Wenn jemand es ablehnte, das Buch zu kaufen, dann bat er ihn, seinen Name» in ein besonderes Buch zu schreiben, damit er wenigstens seinem Auftraggeber gegenüber Nachweisen könne, daß er dagewescn sei. Er meinte dann zu dem betreffenden Herrn, er hätte lieber das Buch bestellen sollen, denn wenn die Vorgesetzte Behörde erfahre, daß er das patriotische Unter nehmen nicht unterstütze, so könnte» ihm daraus Unannehmlichkeiten entstehen, auch könne die Behörde auf de» Gedanken kommen, daß er sozialdemokratischen Anschauungen nicht fern stehe. Zwei solcher Fälle waren dem Gerichte zur Beurteilung unterbreitet worden. In dem einen hatte der Angeklagte keinen Erfolg. In dem anderen erlangte er eine Bestellung, doch weigerte sich später der Besteller, das Buch abzunehmen, was ihm aber nichts nützte. Das Gericht hat angenommen, daß der Angeklagte durch die Drohung, die Be treffenden bei ihrer Vorgesetzte» Behörde anzuschwärzen, ein Übel in Aussicht gestellt hat, und daß er sich einen widerrechtlichen Ver mögensvorteil hierdurch verschaffen wollte, denn ans die Provision sür den Absatz des Werkes habe er unter solchen Umstände» keinen Anspruch gehabt. — Die Revision des Angeklagten kam heute vor dem Reichsgerichte zur Verhandlung. Der Reichsanwalt hielt die Feststellung, daß ein Übel angedroht sei, für bedenklich. Ein gebildeter Mensch nehme eigentlich eine solche Drohung nicht ernst. Möglich sei es allerdings, daß es solche kleinliche Vorgesetzten gebe, 1758