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zurücktreten, ohne verpflichtet zu sein, die Arbeit des Ver fassers zu veröffentlichen und zu verbreiten; handelt es sich hingegen um einen Verlagsvertrag, so wäre eine Entschädi gungsverpflichtung für die unterlassene Veröffentlichung anzu erkennen gewesen. Das Gericht stellte sich auf den Stand punkt, daß es sich um einen Werkvertrag gehandelt hat, der gemäß 8 649 des B. G.-B. von dem Verlag bis zur Voll endung des Werkes jederzeit gekündigt werden durfte. Als maßgebend sah das Gericht den zwischen den Parteien ge- fchlossenen Vertrag an, der in seinem Z 4 sich ausdrücklich auf den 8 47 V.-G. beruft. Es seien sich danach die Parteien einig gewesen, daß die Tätigkeit des Verfassers unter die in 8 47 bezcichneten Arbeitsleistungen falle. Ob wohl der Vertrag auch die Bestimmung enthalte, daß der Verleger eventuell einen anderen Mitarbeiter unter Erlöschen der weiteren Ansprüche des Verfassers mit der Neubearbeitung beauftragen könne, wenn er nicht mehr in der Lage oder Willens sei, an späteren Auflagen tätig zu sein, so greife doch die Ver mutung des A 47 hier durch, weil eben diese Vertragsbestim mung sich auf Erledigung bei späteren Auflagen beziehe. Das Reichsgericht führt dann weiter wörtlich aus: »Die Verpflich tung des Verlegers, das in Verlag genommene Werk zu ver vielfältigen, bildet nach 8 I des V.-G. einen wesentlichen Be standteil des Verlagsvertrags. Fehlt sie, so liegt ein Ver lagsvertrag nicht vor. Sie besteht im Zweifel in den im 8 47 des V.-G. bezcichneten Fällen nicht. Es ist damit die gesetzliche (durch andere Umstände widerlegbare) Vermutung aufgestellt, daß in diesen Fällen die Bestimmungen des V.-G. nicht anzuwenden sind.*) Im vorliegenden Falle ist der Vertrag ausdrücklich auf den 8 47 gestützt. Dies zwingt zu der Auslegung, daß hierdurch jeder Zweifel darüber, daß die Beklagte dem Kläger gegenüber zur Vervielfäl tigung und Verbreitung des Werkes nicht verpflichtet sei, hat abgeschnitten werden sollen, also ein Ver lagsvertrag lag nicht vor Eine weitere Un tersuchung über die- Beschaffenheit der Leistungen des Klägers war bei dieser Sachlage nicht erforderlich Die Bedeutung des 8 47 des V.-G. liegt gerade darin, daß in Fällen, in denen seine Vermutung zutrifft, nicht die Vor schriften des Verlagsgesetzes über den Verlagsvertrag, son dern die Grundsätze des sonstigen Vertragsrechts anzuwenden sind.« Diese Sätze des Reichsgerichts sind ein wertvoller Beitrag zur Frage der Tragweite des 8 47, indem sie im wesentlichen die in dem Vertrag enthaltenen Worte »im Zweifel« betonen, also der Verlagsautonomie weiten Spiel raum geben. In diesem Sinne sind sie interessant. Eine weitere Bedeutung, etwa in dem Sinne einer Schlichtung der wesentlich um den 8 47 entbrannten und oben schon gekenn zeichneten Streitfrage bringen sie nicht, und wenn, wie es geschehen ist, in einem Aufsatze in der Zeitschrift »Gewerb licher Rechtsschutz und Urheberrecht« von vr. Hillig dieses Urteil dazu benutzt wird, eine Unstimmigkeit zwischen der Stellungnahme des Reichsgerichts und meiner Auslegung des 8 47 zu konstatieren, so gehen, wie ich hier ausdrücklich be tonen möchte, diese Schlußfolgerungen fehl. Diese Reichs gerichtsentscheidung, die ich in allen Punkten für richtig halte, bildet keinen Gegensatz zu dem, was ich über den Ausschluß von Beiträgen an enzyklopädischen Werken aus der engen Be stimmung des ß 47 des V.-G. seinerzeit ausgeführt habe. Das Reichsgericht beruft sich ja ausdrücklich auf die vertragliche Bestimmung, die jede weitere Prüfung der Beschaf fenheit der Arbeit des Verfassers in dem zur Entscheidung stehenden Fall überflüssig macht. Ja, gerade diese Bemerkung läßt zwischen den Zeilen lesen, daß, wenn eine Untersuchung *> Bon mir durch Sperrdruck hervorgehoben. E. über die Beschaffenheit der Arbeit am Platze wäre, der 8 47 dann vielleicht auf sie nicht ohne weiteres An wendung finden mußte. Das Reichsgericht ist also gar nicht in eine Erörterung der Frage eingetreten, ob dieser 8 47, der »im Zweifel« bei der Lieferung niederer Arbeit Werkvertrag statt Verlagsvertrag statuiert, auf den gegebenen Fall der Übersetzung von Gesetzestexten Anwendung zu fin den hat. Es ist damit also die wesentliche Frage, ob eine genaue Plangebung von sei ten des Verlegers für den Übersetzer vor- lag, gar nicht zur Erörterung gestellt. Und diese Frage allein ist es ja, die den Gegenstand der wissen schaftlichen Kontroverse bildet. Nun aber sei es gestattet, aus diese Kontroverse noch mit einigen Ausführungen einzugehen, weil es immer noch am Platz erscheint, das Möglichste dazu beizutragen, um die Frage ihrer Lösung näherzubringen. Auch Ebner, der in dem er wähnten Aufsatz sich von meinen Ausführungen nicht über zeugt erklären konnte, betont doch, daß es auch ihn sonderbar anmute, wenn in 8 47, Absatz 2, die Beiträge zu enzyklopä dischen Unternehmungen, also z. B. Handwörterbüchern, Kon versationslexika, ebenso behandelt werden wie die Neben arbeiten, also wie Sachregister, Verzeichnisse der behandelten Gesetzesstellen, und er sucht für sein juristisches und den An forderungen der Praxis entsprechendes Empfinden den Aus weg aus dieser Sackgasse dadurch zu gewinnen, daß er den Begriff der enzyklopädischen Unternehmungen mehr, als bisher üblich war, einzuengen versucht. Ich weiß nicht, ob dieser Weg ernpfehlenswert ist, denn er tut einem außerhalb der juristischen Auslegung stehenden Begriff, nämlich dem der enzyklopädischen Werke, Gewalt an, und man muß Wohl, wenn das Ergebnis wie im vorliegenden Falle dem Rechtsgefühl nicht entspricht, lieber die Remedur in der Auslegung der Gcsetzesstellen als in der Auslegung des tatsächlichen Sprach gebrauchs im praktischen Leben suchen. Mit anderen Worten: ich glaube nicht, daß man, um eine als ungeschickt und un glücklich anerkannte Stelle im Gesetz zu retten, den Tatsachen Gewalt antun darf, indem man den Gesetzesstellen zu Liebe den üblichen Begriff der enzyklopädischen Werke zu ändern versucht. Und so möchte ich denn, so gern ich mich auch den Ausführungen Ebners anschlietzen würde, doch dahin erklären, daß mir nach wie vor die von mir gezeichnete Auslegung des 8 47 als die zurzeit brauchbarste Lösung der durch 8 47 ge gebenen Zwickmühle erscheint. Ich möchte nochmals aus drücklich betonen, daß ich die Bedeutung des 8 47 so aufsasse: Nur die tiefstehende Verfasserarbeit, mag sie nun an enzyklo pädischen oder anderen Werken geschehen, fällt unter die Be stimmung des 8 47, niemals aber die höherstehende Verfasser arbeit. Ähnlich wie Köhler sagt: der 8 47 bezieht sich nur auf die Hilssarbeiten, bei denen der Mithelfer seine litera rische Selbständigkeit verliert, oder wie ich es ausdrückte: nur auf die unselbständige, kein oder vermindertes Urheberrecht verdienende, nebensächliche tzilssarbeit. Das von den Mo tiven zum Gesetz hereingetragene Unterscheidungsmerkmal des »Ursprungs der Idee«, mutz lediglich als eine Verlegenheits bemerkung angesehen werden und steht mit der Urheberrechts dogmatik im Widerspruch. Damit ist natürlich nicht die Frage erledigt, wie weit nun dieser Begriff solcher tiefstehenden Verfasserarbeit geht, was darunter zu verstehen ist, und was nicht. Das Gesetz wollte eine solche Trennung vornehmen, das scheint zweifellos zu sein, aber hat sich eben unzutreffend ausgedrückt; es hat die Arbeiten, die es treffen wollte, als formelle Kategorien bezeichnet, anstatt sie qualitativ zu begrenzen. Dieser Kardinalfehler des 8 47 hat sich längst gerächt und wird sich weiter an der Rechtserkenntnis rächen, solange man nicht wirtschaftliche Auslegung vor formalistische gehen läßt. 2tt4*