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Dresdner Nachrichten. Nr. 274. Seite 2. EU Dienstag, 3. Oktober L8SS Capstadt verkiek, um den britischen dtvlamatkschen Agenten in Pretoria, Greene, mit dem Personal und dem Archiv der britischen Agentur nach Capsladt zu bringe», — „Nenter's Bureau" meldet aus Ladyihmith <NataI) von gestern: 600 Bnrgbers stehen in Albertina im Oranje-Freistaat und beabsichtigen, nach der Grenze weiter vvrzurücke». Man hält cs für wahrscheinlich, daß sie einen Zug gegen Ladyshmith unternelunrn werden, sobald sich ihre Zahl vermehrt haben wird. — Dc. Wilbvn, ein angesehener Engländer in Harrisinith, wurde von den Behörden des Oranje-Freistaats zum Militärdienst herangczogen. — Alle ans Südafrika vorliegen den Telegramme bestätigen durch eine» ausgiebig militärischen Charakter, dag dort wie hier die politische Frage thatlächlich als erledigt gilt. An der Ostgrenzc der Republik stehe» über 10,000 Mann unter General Jonbert, an der Westgrcnze MO unter dem Kominandeur Crvnie. In wenigen Tagen wird die Zahl der an der Grenze poslirten Burentrnppcn einschließlich eines 2—000 Mann starken deutschen Korps unter dem Garfen Zeppelin 60,000 betragen. Handel und Wandel stocken völlig. London. Ans Siinla wird gemeldet: Ein Mullah, welcher Berbera au der Svmaliknste bedroht, gicbt sich für den Mahdi aus und stiftet in der Gegend Unruhen. Die englische Regierung ries daher die indifchc Negierung an. ein Eingeborcnen-Kavallerie- Regiment von Bombay nach Berbern abznjenden. Ferner gehen von Aden 100 Mann Jninnlecie nach Berbern. London. „Reuter s Bureau" veröffentlicht eine Depesche ans Capsladt, derzusvlge die Nachricht, cs jei ein Tonderzng zur Abholung des britischen Agenten Greene von Capsladt »ach Pretoria abgegangen, amtlich sür unrichtig erklärt und hinzugcsnnt wird, daß an den britische» Agenten keine Instruktion gesandt worden ist, Pretoria zu verlassen. — Der Dampfer ,,Cibenghla". mit Artillerie nach dem Cap unterwegs, ist nicht, wie früher ge meldet, bereits nach dem Cap abgegangen, sondern liegt noch im Merseh-Flusse. Der Grund des weiteren Aufschubs ist unbekannt. Brüssel. Die Nationalbank erhöhte den Diskont um V» Proz. Kopenhagen. Der Reichstag ist heute eröffnet worden. Das frühere Präsidium wurde wiedcrgewählt. Sofia. Bei den gestrigen Ergänznngswahlen der Sobranje wurden RI von den Kandidaten der Rcgiernngspnrtei und 2 Mit glieder der Opposition gewählt. Drei Wahlresultate stehe» noch aus. Keh-West. Es sind -Kl Neuerkrankungen und 2 Todesfälle am gelben Fieber vorgekonnnen. Die heutige Berliner Börse verkehrte in ziemlich schwankender, stark rescrvirtcr Haltung; die Kurse sichten größten- theils ziemlich behauptet ein, schwächten sich in der zweiten Stunde merklich ab. erholte» sich aber gegen Schluß etwas, so daß die Kursverändcrungen gegen Sonnabend wenig beträchtlich sind. Die Transvaalfrage bestimmte natürlich die TciRenz. Nach an der Börse verbreiteten Gerüchten solle» die ersten Schüsse zwilchen Engländern und Buren bereits gewechselt sein. Banken Anfangs behauptet, später etwas abgcsihwächt. Kommanditanthcile in Reali sationen angeboten. Von Eilenbahnen Transvaal stark angebotcn und etwa 3V» Proz. niedriger; Canada Pacific weichend. Der Montanmarkt zeigte Anfangs ziemlich zuversichtliche Haltung, doch schwächten sich später Kohlen- wie Hüttenwerthe ab. Rente» sehr still; heimische Fonds behauptet. Privatdiskont 5 Proz. Am Spiritus-Markt war die Tendenz heute fester. Loco 70cr 44,10 Mk., 10 Pfg. höher. Terminpreise zogen 50 Pfg, an. Oktober 47,10, November 47,40 Mk. Im Getreide-Verkehr war am Friihmarkt die Kauflust mäßig, die Prelle gaben etwas nach; im Mittagsverkchr bestand Anfangs Rcalllationsanaebvt, dessen Wirkung jedoch durch Zurückhaltung von Offerten greifbarer Waare und durch vorliegende, noch nicht erledigte Kanfauslräge, besonders in Roggen, ucinlich paralhsirt wurde. Die Lnger- aufnahme ergab 19,887 Tonnen Weizen, 9214 Tonnen mehr als am 1. September, und 8355 Tonnen Roggen, 6289 Tonnen mehr. Weizen und Roggen schlossen nngesähr zu Svnnnbend- preisen. Hafer vernachlässigt. Nach Ermittelung der Central- notirungsstclle der preußische» Landwirthsrhaftskammer» wurde» bezahlt in Berlin: Weizen 152,50, Roggen 152,50, Hafer 139Mk.; Stettin-Stadt: Weizen 150, Roggen 117, Hafer 128 Mk. — Wetter: Vorwiegend heiter, Südwestwind. Araukfnet a. M. (S.chlus!.) Kredit 226.40. Toronto 189,10. Dresdner Bank 169.00. Etaatsbahn - Lombarden —. LaurahNtte 252,50. Ungar. Gold —. Portugiesen 24.05. Schwach. Parts. (8 Uhr Nachmittags.) Rente 100,67>/2. Italiener 92,09. Spanier 62.46. Portugiesen 28,70. Liirken 22,20. Türkenloole 118,09. Ottomanbank 552.00. EtaatS- bahn 722,00. Lombarden . Träge. Paris. Produkte,imarkt. Weiten per Oktober 18.95, per Jan.-April 19,95, ruhig, Dpintu» per Oktober 36.90. per März-Juni 38.09. behauptet. Ritböl per Oktbr. »3.00. per Januar-Apnl 65,90, ruhig. Smfterdam. Produkte,l-Bertcht. Weizen per Rovdr. —, per MttrzgeschttftSloS, behauptet. Roggen per Oktober 146,—, per März 145.09. London. Produktenberlcht. Getreidemarkt fest, Weizen 1—1»/.^ Sh. höher als vorige Woche verkäuflich. Mehl Vi Ed-, Ma,S gute'.; Geschäft '/«—Vg vH., Gerste recht lebhaftes Geschäft, arößlentbells '/« Sh.. Hafer stetig, Sh. höher als letzte Woche, schwimmendes Getreide ruhig, Weizen '/«-Vs Sh. thcurer angeboren, " " '/s Eh. theurer angeboren. — Wetter: Regen. Mais mitunter OertltcheS nnv Sächsisches. — Se. Königs, Hoheit Prinz Georg empfing gestern Mittag im Palais Zinzendocfflcaßc den Bibliothekar der zur Sckundvgenittir gehörigen Bibliothek und Direktor der von weiland Sr, Maiesläi dem König Friede, August hinterlnssencn Kupferstich- und Handzcichnnngen-Sammlnngeii Herrn Dr. von Schuvert-Soldern, — Im Aufträge Sr, Majestät des Königs wohnte Se. Exccllenz der Königs. Oberstallmeistcr Generalleutnant v, Ehren stein gestern Nachmittag 1 Uhr in Böhlen bei Leipzig der Bei setzung des am 28. September verstorbenen Königs. Kammcrhcrrn Oskar v, Helldorsf bei, — In Begleitung Sr, Kaiser!. Hoheitdes Großsürsten Michael N ic ol a > ew i ts ch vvn Rußland, der vorgestern Abend, wie bereits mitgetheilt, zu mchrwöchentlichcm Ausenthalt im Hotel Bellevue eingetroffen ist, befinden sich Hofmarschall General Baranoff nebst Gemahlin, Generaladnttaitte» Exccllenz Baron Winsspear, Exccllenz Graf Tolstoy. Flügeladjntaitt Fürst Schinnsky, sowie Leibarzt Dr. Zander, Tie Zimmer des Groß fürsten waren bei seiner Ankunft auf das Prächtigste mit apart auSgewnhIten Blumenarrangements ans der Blnmenhalle Presse! geschmückt worden, — Anläßlich des Namenstages Sr, Majestät des Kaisers von Oesterreich wird morgen Vormittag 10 Uhr in der katholischen Hojksiche eine Messe gelesen weiden, Abends feiert der hiesige Oestcrreichisch-ungarische Hilfsverein den Namenstag durch Abhaltung seines Stistungssestes, Am 2, Oktober werden vom Verein an mehrere Arme der hiesigen österreichisch-ungarischen Kolonie die Zullen der Erzherzog Otto-Maria Josefa-Ltiflung vertheilt, welche zur dauernden Ermnerung der ani 2. Oktober 1886 erfolgten Vermählung Sr, Kaiser!. Königl, Hoheit des Erzherzogs Otto mit Ihrer Königl. Hoheit der Frau Prinzessin Maria Josesa in's Leben gerufen wurde, — Ihre Durchlauchten Fürstin Melanie Metternich- Winnedurg und Prinzessin Pauline Metternich trafen hier ein und nahmen im Hotel du Nord Wohnung, — Se, Majestät der König hat genehmigt, daß der Direktor der Forstakademic zu Tharandt Geh, Forstrath Professor Dr, Neu meist er das ihm verliehene Offizierskreuz des Königl, griechischen Erlöscrordens annchme und trage. — Dem AmtSgerichtsdiencr Sprung! in Neusalza wurde das Allgemeine Ehrenzeichen verliehen, — Mit Genehmigung Sr, Majestät des .Königs ist der Bau» rath bei der Staatscueilhahn-Berwaltung Edling er in Pirna in den Ruhestand Versent ivorden. — Tie rnm 'Andenken an die lOOsährige Geburtstagsfeier des Kaisers Wilhelm I, gefristete und ans erbeuteter Kanonenbrvnce gefertigte Erinnerungs-Medaille wurde nebst Urkunde überreicht an die Herren Geh. Medizinnlrath Dr. med. Weber, Schuhmachermeister Kühnel und die Arbeiter Schramm, Seifert, Hähncl und Werner in Pirna, — Aus Anlaß des Schlusses der „Deutschen Kunstausstellung Dresden 1899" fand gestern Nachmittag 8 Uhr bei Herrn Ober bürgermeister Geh, Finanzrnth Beutler ein Diner statt, zu dem die gelammte Ausstellungs-Kommission, sowie die Vertreter der Königl, Staatsregicrung geladen waren, — Vincenz Pcießnttz zum Gcdnchtniß, Nicht Vielen, die an schönen Sommertagen im Waidesschatten am plätschernden Prießnihbach sich erholen, ist es wohl je in den Sinn gekommen, daß der Name dieies Baches, aus dem Slavischen stammend, eigentlich Birkenbächlein bedeutet und vielfach in früher Ilaviscken Gebieten vertreten ist. So findet sich auch im österreichischen Schlesien auf dem Gräsenberg bei Jmenwaldau eine Prießnitz- auelle, welche schon zur SLwedenzelt einer kr, chrer Nähe an- gesiedelten Banernfammr den Namen gegeben bat. Hier wurde am 4. Oktober 1799 als der jüngste von sechs Geschwistern ei» Knabe geboren, der in der heiligen Taufe den Namen Vincenz empfing, und dereinst des Bächleins und seiner Familie Namen zu hvher Berühmtheit bringe» sollte, sodak dorthin gleich wie in alte» Tagen zum Teiche Bethesda und späterhin zu der Hagarquelle in der Kaaba zu Mekka zahlreiche Schämen wallsahrteten. um daselbst Genesnng von allerlei Gebreche» des Körpers zu finden. War doch Vincenz Prießnitz berufen, im Gegensatz zu der zvpfig- gelehrten Medizin seiner Tage eine entschiedene Rückkehr zu dein einfachste», beste» und wohlfeilsten Heilmittel, das uns die Natnr selbst beut, dem klaren Wasser der Bäche und Ströme, z» predigen und die Wahrheit des alten pindmische» Spruches «c»oro>- iwmu zu verkünden. Die vvlksthümliche Legende läßt den viehhütenden Knaben ei» angeschvssenes Reh, welches in der Henna Glichen Quelle seine Wunden kühlte, belauschen und ihn so eine Erfahr ung gewinnen, welche er bald daraus am eigene» Leibe bei einer Fingergueffchung erproben kviinte. Die rcinigendc und iühlende Kraft des Wassers verstärkte er noch, indem er die nm das zcr- auetsihte Glied gewickelten Leincnlaphen mit einem trockenen wvllencn Tnche umgab und io durch die fcuchtwarme Umhüllung, die Urform des Prießnitz'schen Umschlages, den natürlichen Heil- nngsprozeß beschleunigte. Ein schlimmeres Unglück betraf ihn noch, als er in seinem l7, Lehensjahre unter ein beladenes Gespann gerieth, wobei ihm mehrere Nippen gctnoche» wurde» Von dem Herheigernsenen Arzt fast schon anfgegrben, brachte er die gegnclschirn Knochen auf eine mehr nntnrivüchsige als nachahmenS- iverthe Prozedur zunächst in ihre ursprüngliche Lage; sodann hüllte er den ganzen Brustkorb wieder in den bereits erprobten Umschlag und hatte die Freude und Genuglhnung. bald wie zuvor kräftig in der väterlichen Wirthschaft mit Helsen zu können. Hatte er vorher schon bei Mensch und Vieh seine Erfahrungen und Rath- schläge gern gespendet, so wurde er nach dieser säst an's Wunder bare grenzenden Heilung auch sür innere Leiden eine vieigeinchte Persönlichkeit und erregte dadurch bald die Gegnerschaft der zünf tigen Mediziner, die theils in gutem Glauben an die alleinige Wirkung ihrer Dccvcte und Pillen, theils auch wohl aus bloßem Brotneid dem „Kurpfuscher" das Handwerk zu legen suchten und weit entfernt, dem Glauben des Volkes an zauberische Mittel ent- gegenzutrcten, ihrerseits sowohl die Gräscnbelger Quelle, ivic auch den Schwamm, mit dem Prießnitz die äußeren Wunde» seiner Patienten erst zu reinigen pflegte, aus etwaige Beimisch ung unerlaubter Medikamente untersuche» ließen. Trotzdem man nichts weiter fand als einen simplen Badeschwamm und das lautere klare Quellwasfer, so wurde ihm doch aus purer Chikane der fernere Gebrauch seines Schwammes und eine 'Ans tellung von Badewannen nnteriagt. Doch Prießnitz wußte seinen hvchwohlweisen Kollegen ein tüchtiges Schnippchen zu schlagen. Er bediente sich von nun ab nur der bloßen Hand zum Reinigen der Wunden und ließ seine Patienten sich im — Backtrog plaziren. Und obwohl der einfache Bauersmann 1826 sogar in die Wiener Hvsbura berufen wurde und die Kaiserin-Mutter sowie der Erz herzog Auto» persönlich seine Knrmethode befolgten, ließen trotzdem die Behörden nicht ab. ihm aufsässig zu sein, bis schließlich 1832 ans Ersuchen der württemhergischen Regierung von Wien aus der Geheimrath Dr, v, Türckhemi nebst andere» Negierniigsbevoll- mächtigtcn nach Gräsenberg entsandt wurde Türckheim, ein vor- uttbcilsfreier und einsichtsvoller Mediziner, erstattete einen Bericht voller Lob und Anerkennung über die neue Therapie, Prießnitz erhielt die unbeschränkte Erlanbniß zur Ausübung der Heilkunde. Gräsenberg wurde zur öffentlichen Heilanstalt erhoben und die Hpdrotherapie hatte hier mit diesem Sieg ans allen Linie» ihre offizielle Anerkennung bei Behörden und in der wissenschaftlichen Welt gewonnen. Bis zu seinem Tode am 28, Nvvemöer 1851 tand Prießnitz noch dieser seiner eigensten Schöpfung vor. Es würde zu weit führe», das Hhdriatriiche System, welches er nach und nach theoretisch wie praktisch ansgeslallet hatte, auch nur an nähernd zu skizzircn. Daß die Geschichte der Medizin seinen 'Name» ür alle Zeilen überliefern wird, das beweisen die Worte, welche Heuer anläßlich der Eeittenaricier der Leipziger medizinischen Klinik Gehcimralh Prof, Dr. Cnrschmann über ihn sprach: daß er eine zweisi'llos heilknnsllcrisch veranlagte Persönlichkeit gewesen ist, der die Aerzic viele Handgriffe zu verdanke» haben. Auch die wissen schaftliche Medizin hat nicht umhin getonnt, sich die Ncsnilatc einer Empirie anzncigncn, wenn sie auch manche Emseiligteil aögclchnt und Manches dazngcthnn hat, so feiert doch der Wiener Gcheimratb Pros, Dr, Wintcrnitz mit 9,'echt „die großen und dauernden Verdienste des Schöpfers der hydriatriscbcn Technik". — I» dem gewcrbSfleitzigcn. thatkrästig emporblnhcnden Zittau, also hart an der Grenze des Staates, in dem die Deutschen gegenwärtig einen langwierigen »nd schweren Strauß um die Erhaltung ihres Bvlkscharakters, insbesondere nm ihre Muttersprache kämpfen, tagte seit Sonnabend der Allgemeine Deutsche Sprach» eiern, welcher gegenwärtig üvcrMö.lsOO Mitglieder zahlt. Am Sonnabend Nachmittag fand eine Sitzung vcs GeinmnitvorstandS statt und den Abend dieses Tages füllte eine wohlaeluiigene Festlichkeit im „Hotel zur Sonne" aus. Am Sonntag Bormlttag kamen die Vertreter der einzelnen Ziveig- vercine zur Vorbesprechung der zu erledigenden Gegenstände der Tagesordnung zusammen und tagten, bis um Vrl2 Uhr in der Aula des Jvhanncnms dlc öffentliche Festsitzung ihren Anfang nahm. Der Fcstranm war mit Blattpflanzen, eine, Germania und den Büsten Ihrer Maiestäten des Kaisers Wilhelm und deS Königs Albert geschmückt. In der illnstren, ans den ver schiedensten Gegenden Deutschlands und aus Nvrdhöhmen zn- snminengekommenen Fcstperiammluiig, in der die Gel hrtcnwelt tark vertreten war, bemerkte man unter den Ehrengästen die Herren Kreishauplmann v, Schliebcn-Bautzcn und Bürgermeister Oertel- Zittau, Nach Eröffnung^ der Sitzung durch den derzeitigen Bor genden des Denlschen Sprachvereins, Herrn Oberst a, D, Fried- Helm Schöning in Plauen bei Dresden, hielt Herr Krcishanptmniin Schlichen folgende Ansprache: „Meine sehr geehrten Damen und Herren! Cs ist mir eine besondere Freude und Ehre, die 11. Hauptversammlung des Allgemeinen Sprachvereins im Namen und li» Auftrag der Königl, Staatsregiernng hier in unserer Lausitz begrüßen zu können, Sic haben sich zu ernster Arbeit hier zmammengefnnden; Sic wollen nach Ihre» Statuten de» echten Geist und das eigeitthnmliche Wesen der deutschen Sprache pflegen, Liebe und Berständniß sür die Muttersprache wecken, den Sinn sür deren Reinheit, Richtigkeit und Schönheit beleben und ans diese Weise das nationale Bewußtsein kräftigen: fürwahr eine herrliche Anfgadc für einen Verein, Man muß sich eigentlich wttndern, daß es zur Erfüllung dieses Zweckes der Bildung eines Vereins bedurfte. Man sollte annehmen, das ganze gebildete Deutschland müßte einen solchen Verein bilden, und doch hat es eine Zeit gegeben, wo die Gebildeten unseres Volkes lateinisch schrieben und dachte», und erst jüngst, als wir das schöne Erinner- ungsiest an unseren Goethe scietten, wurde es dem Genius als besonderes Verdienst angcrechnct, daß er die deutsche Sprache zu Ehre» brachte, wo man welsche Ausdrücke liebte und sich sür griechische Bilder begeisterte. Erst seit wir ein großes deutsches Vaterland haben, sind wir uns der Pflichte» gegen unsere Mttter- sprache wieder voll bewußt geworden. Es ist seitdem viel für sie geschehen und ich glaube, der Laie, der jetzt die Gesetzbücher des Rechts ans de» letzlcn Jahren aufschlägt, braucht nicht erst ein Fremdwörterbuch in die Hand zu nehme», uni sie richtig zu ver stehen. Allein cs ist noch Manches zu thun übrig, ehe unsere deutsche Sprache von den srcmden Schlacken vollständig wird befreit sein, ein reines allgemein verständliches Mittel zum klaren Ausdruck der Gedanken. Die Königl. Staatsregierung steht deshalb den Bestrebungen des Vereins überaus wohlwollend gegenüber und an den verschiedenen Stellen werden dieselben ge schätzt und gefördert. Wenn ich nun heule die Herren in der Lausitz willkommen heiße, so verbinde ich damit den Wunsch, daß Ihre Arbeit unserem geliebten deutschen Vaterland zum Segen ge reichen möchte." lLebhaster Beifall.) Nunmehr überbrachte Herr Bürgermeister Ocrtel den Willkommengmß der Stadt Zittau Auch dieser Gruß fand lebhaften Beifall, der erst verstummte, als Herr Oberst a. D. Schöning herzlichst sür die Begrüßungsreden dankte und dabei „, A. bemerkte, daß Hermann Riegel, als er im Jahre 1885 den Verein in's Leben rief, ein rechtes Wort zur rechten Zeit gesprochen habe. Der Verein habe einen guten Nähr boden gesunden und ausgezeichnete Erfolge zu verzeichnen. Alsdann hielt Herr Geh. Hosrath Professor Dr. Otto Behaghel aus Gießen den Jestvortrag, in welchem er in geistvoller Weise von der historische» Grundlage ausgehend die Vortheile und Nach theile des geschriebenen und deS gesprochenen Deutsch beleuchtete und dabei zu dem Schlüsse kam. daß keines sich jemals würde rühmen können, das andere überwunden zu haben, denn lm ge schriebenen Worte trete der Geist und die Sorgfalt mehr in den Vordergrund, während das gesprochene Deutsch durch den Klang und den Rhythmus der Sprache, sowie durch die Geberde belebt Zeitscl der k, voller «utfahlkiLtck scheinen soll, fand rausche«. chlnß der Festsitzung gab Herr Professor Erlab eines Preisausschreibens durch Der umfangreiche Vortrag. 'hrift im Druck erscheinen Würde. in der VereinS- den Beifall, Zum P. Plctsch-Verlm »och den l ... dc» Verein bekannt, laut welchem derselbe einen Preis von 1008 Mk. aussctzt für ein Wert, den möglichst vollständigen Wörterschatz der dentlchen SeemannSsprache enthaltend. Nach mittags von >/-2 Uhr bis gegen 4 Uhr fand die erste Geschäfts- sitznng der Delecsirten statt, vle am Montag fortgesetzt wurde. Nachmittags 6 Uhr vereinigten sich die Festthellnehmer zu einem Diner, in dessen Verlaufe Herr Oberst a. D. Schöning-Plaue» auf Ihre Maiestäten die Kaiser Wilhelm und Franz Jose) und aus König Albert einen begeistert aufgcnvinmenen Trinklpruch aus- brachtr, dabei den Freundschaflsbund dieser Herrscher feiernd, in deren Dreibund sich die deutsche Sprachgemeinschaft versinnbildliche. — Ter Stadtvercin für innere Mission eröffnet« vorgestern im Saale des Bereinshanies die Reihe keiner dleswinler- lichen v v l ks t li ü m l i eben Dichtern bende mit einer Huldigung an Goethe anläßlich der 150, Wiedcrkelir seines Ge burtstages. Die Veranstaltung wurde durch einen vom Vereins- hnusorganisten Herrn Hans Menzel in trefflicher Weise ausgefnhrten Orgelvortrag eingelcitet, woraus Herr Prof, Dr, Urbach m freier, geistvoller Rede über Gvethc's Bedeutung sprach. Wie es heui- zntage häufig geschieht, daß Goethe mit Luther und Bismarck znsammengestellt wird, so charnkterisirte auch Redner die Stellung Goethe s zu dielen und die Eigenart Gvethe's, Weiter vesprach Herr Prof. Urbach die einigende Kraft Gvethe's nach den ver schiedene» Richtungen hin und zeigte, wie alle menschliche» Eigen- ichastcn sich in ihm vereinigten und welch' ein Universal,neaich Gocihe gewesen, daß er nicht blos zu de» Hochstehenden und Ge bildeten, sondern auch zu den Niedngstchenden habe sprechen »ad aus sic wirke» können. Goethe erfüllte die Sehnsucht seines Volkes nach dem Ruhme, das erste Dichtervoll Europas zu sei», und habe es gelehrt, daß der Gedanke der Einheit die Thal der Einheit er zeugen müsse. Im weiteren Verlaufe des Abends erstellte die Conccrffüngeri» Frl, Louise Ottermann (von Herrn Organist Menzel am Klavier begleitet) durch de» Vortrag von Kömposittonc» Gvclhe'icher Dichtungen, während Herr Direktor Senss-Georgi durch den Vortrag Gocthe'scher Dichtungen, namentlich des 1. Aktes vvn „Jaust" li, Theil) mit der von Herrn Menzel ans der Orgel ausgcführten Musik Radziwill's die Aufmerksamkeit fesselte. — Der nächste Dichtelabend wird Sonntag den 12, November stattfindcn und Dichtungen Gerok's zum Gegen stände haben. — Dem prächtigen neuen Dampfer des Norddeutsche» Lloyd „K önig Alber t", der morgen unler den Augen seines hohen Namensgcbers seine erste Seeprube bestehen soll, hat unier König sür den Salon deS Schisses zwei lebensgroße Bildnisse von sich und seiner Gemahlin verehrt, wcrlhvvlle künstlerische Arbeiten, die ans dem rühmlichit bekannten Atelier des Kaiscrl, Königl, Hoj- photographen Otto Mayer stamme», — Am 1, Oktober feierte der verdienstvolle Leiter der Fahr- kartenvcrwaltung der sächsische» Staatseisenhahnen. Herr Eiicu- Hahn-Setrelär E, Eck» er, sein 25iähciges Beamkenjubiläum, TaS gesammte Personal der Fahrkartenverwaltuiig hatte sich in den Bttrcanränmeir eingcsniiden, um seinem nllvcrehrte» Chef unler sinnige» Blnmcngriißen die herzlichsten Glückwünsche darzubrinac». Herr Sekretär Clansnitzcr überreichte Namens der Verwaltung dem Jubilar ein Ehrengeschenk in Gestalt einer vorzüglich ansgefuhrtcn altdeutschen Uhr. — Die Uebcrgabe der Dohnischen Fleischhallen an der Krenzsttaße hat gestern Mittag um 12 Uhr slattgefnnden. Als Vertteler der Stadt Dresden nahm Herr Sladtrath Dr, May die Schlüssel der einzelnen Berlanfsstande von deren bisherigen In haber», die mit ihrem Obermeister erschienen waren, entgegen: nun vcdarf es »nr »och der grnndbüchcrlichen Eintragung, Nach derselbe» wird mit der Niedcrlcgnng des nach der Ringstraßk zu gelegene» Tbcilcs noch im Lanic dieser oder Anfang nächster Woche begonnen werden, Tie Arbeite» an dem Straßenkörpec und die Legung der Straßenbahngleise sind entsprechend vorbereitet worden. In de» übrig bleibenden Hallen werde» einige Ver- laufssländc bis Ende März nächsten Jahres erhalle» bleiben, da eine Ablösung des sür diese bis zu genanntem Zeitpnnkic bestehenden Mielhsrechts nicht beabsichtigt ist, — Die bisherige erste Batterie der reitenden Feld, artilIcrie tras gestern Mittag aus Königsbrück hier ein- »m von setzt ab die dritte fahrende Batterie des neugcaründetcn Königl, Sächsischen IeldartiIleric - Regiments Nr, 4 8 zu Hilden, das Dresden als Garnison erhalten hat. Sie bezieht ,n der Kaserne derjenigen Kompagnien des Trainbataillons Quartier, die nach Leipzig versetzt worden sind, — Die Sonderansslellnng der Gewinne zur Lotterie der „Deutschen KnnstauSstellung" wird in diesen Tagen er öffnet werden. Da die Nachfrage nach Leoien in der letzten Woche eine ganz bedeutende gewesen ist, haben eine ganze Anzahl kleinerer Berkaussstellcn bereits eingezogcn werden können, und cS teht somit zu hoffen, daß nicht »nr das finanzielle Ergcbniß der Ausstellung selbst, sondern auch das ihrer Lotterie ein recht be friedigendes sein wird, — Im Königl, Lehrerseminar zu Planen b. Dr, fand gestern im Anschluß an die Morgcnandacht die Feier des 25jäh- rigen Seiniiiarlehrcr-Inbilänsns des Herrn Direktor Nitzcl- nadcl. sowie des Herrn Oberlehrer Lenk statt. Hierbei wurden den beiden Insularen von Seiten des Lehrerkollegiums durch den ersten Oberlehrer, Herrn Pros, Dr, Günther, Ehrengeschenke über reicht und der Scminmchor trug zwei stimmungSvvlle Gesänge vor. — Bei dcm Landaendarmerie-CorpS. Pcnsionirt: Ober- acndarm Enälinaer in Großenhain, Kcadarm Schulz« 6 in OtbcrSdon, Altmann in chrobiLirma, Dörscl in Mitgcln, Wächlter in Schönbach und Jacob in Hartmannsbors, — Bcsördett: Gendarmeriebrigadicr Hartman» in Ablnciundori zum Obergcndarm in Kroßenhain, Gcnvarm Hirichbern m yciibcn zum Gendarmeri-briaadier daselbst, Gendarm Abriel in Wurzen zui» Gcndarmericbriaadier in Abtnaundorf und Gendarm Silbermann m Frankcnberg zum Gkndarinericbngadier in Mügeln, Bezirk Dresden, — Eine überraschende und jedenfalls nicht unerfreuliche Er» icheinung ist in Treuen bei der Wahl der dritten Abtheilung zu verzeichnen. Für die sozialdemokratische Partei ist auch nicht eine Stimme abgegeben worden, trotzdem vor der Wahl ein Wahl aufruf der sozialdemokratischen Partei mit dem Schlachtrufe: »Nieder mit de» Wahlrcchtsvcrschlechtcrern" vcrtheilt worden war — Vorgestern fand in Leipzig zur Feier des Mjährigeu Bestehens des Reichsgerichts im Saale deS Kanfmänniscycu Bereinshanies ein Festmahl statt, an dem 80 Mitglieder des Reichsgerichts, der Rcichsnnwaltschaft und die bei dem Gerichtshof zugelasscnen Rechtsanwälte theilnahmen. Hierbei hielt der Präsident des Reichsgerichts, Dr. v. Oehischlägcr. Excellenz, eine längere Ansprache, die mit dem Ruse schloß: „Hoch unsere Veteranen von 1879!" Für diese freundlichen Worte dankend, ge dachte Senatspräsident Tr. v, Bingner. Excellenz, des Herr» Präsidenten Dr. v, Oehischläger, „Wir Alle wissen, mit welchen! Eifer und mit welcher Freude er stets bestrebt war und ist, die Interessen des Reichsgerichts zu fördern und zu wahren, wie würdevoll wir durch ihn bei allen Anlässen vertreten sino und mit welcher Liebenswürdigkeit er uns begegnet, Wünschen wir. daß uns seine ausgezeichnete Leitung noch lange erhalten bleibe, Se, Ex ccllenz Dr, v, Oehischläger lebe hoch!" In seinem weiteren Ver laufe bot sich das Festmahl, wie das „Leipz, Tagebl," mittheilt, als eine von dem kollegialen Geist der Mitglieder getragene Ver einigung vornehmsten Charakters, — Borna, 1. Oktober. Borna ist eine Großstadt, so könnte Jeder denken, der den gestern und heute nach dieser Stadt mittelst der Eisenbahn ziehenden Menschenstrom betrachtet hat; galt es doch, der alten Garnisonstadt einen Besuch abzustatten. um in ihren festlich geschmückten Mauern das 50jäyrige Jubiläum des Königl. Karabinier-Regiments zu feiern und mit alten Kameraden einmal im fröhlichen Gespräch die Er innerungen an die Miiitärzeit auszusrüchen. Von Offizieren und ehemaligen Offizieren waren über 70 als Gäste erschienen, darunter Se. Königl. Hoheit Prinz 01 eorg, der General der Infanterie und kommandirende General v. Treitschkc, Generalleutnant Graf Vitzthum v. Eckstädt. General der Kavallerie z. D. V. Kirchback. die Generalleutnants z. D. Freiherr v. Hönning O'Carrvll, Polen, die Generalmajore z. D. Freiherr v. Ende, Edler v. d. Planitz. Schnitze u. A., während die erschienenen ehemaligen Unteroffiziere »nd Mannschaften die Zahl 2000 sicher überstieg. Am Sonnabend fand von Abends 7 Uhr an im Offizierskasino Vereinigung der früheren und aktiven Offiziere statt, die sich nach 8 Uhr in das durch reichhaltige Dekoration in eine große Jesthallc nmgcwandelte Reilhaus begaben, wo die aktiven Unteroffiziere und übrigen ehemaligen Regimenlsangehörigen sich zu einen, geselligen Beisammensein elnacfunden hatten. Die Feier wurde von der Regimentsmusik der Karabiniers durch Vortrag eine- von seinem Stabstronweter Petcrlrin komponirten JubiläumSsrst- Marsches und eine Bach'sche Jubel-Ouverture eröffnet, wonach in