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33 Unsere Kaiserin. Es wäre gewiß am allerwenigsten im Sinne der hohen Krau, in wortreichen Lobsprüchen sie zu feiern. S.e bedarf dessen nicht, und ihr schlichter, demütiger Sinn würde uns Lügen skrafen, wenn wir es dennoch täten. Aber dankend zu bekennen, was Gott an ihr und durch sie getan, das würde auch sie nicht wehren. Und so stehe denn ihr Bild heute vor uns, bas Bild einer Fürstin, die daS'beste besitzt, was eine Fran auch aus den höhen der Menschheit sich erbitten kann: ein frommes, ein gehorsames Herz, rin Herz, das in der Stille lernt und dessen köstlichster Schmuck nicht Gold und Juwelen, sondern die herrlichen Tugenden des inner lichen Menschen sind. Unsere Kaiserin eine Christin, nicht mit dem Worte, sondern nttt der Tat, eine evangelische Christin, der das Wohl ihrer Kirche am Herzen liegt. Was sie zum äußeren Aufbau der Kirche unseres Vater- landes getan, davon Jagen die blühenden Kircbbauver- eine hin und her, davon reden besser als' 'Worte die Steine der Gotteshäuser, die im letzten Jahrzehnt in Berkin entstanden sind. Die Kaiserin als echte deutsche christliche Frau ist eben so wenig wie ihr Gemttyl eine Freundin der Fraueneman- zipation; eine um so treuere Freundin aber aller hüls reichen Frauenarbeit im^Dienste der Armen, Kranken und Verwaisten. Wie ost erscheint sie unerwartet in ihrem lieben Kinderhospital im Norden Berlins und hat immer ein gutes Wort bereit Mr Kinder und Schwestern! Ihr erster Gang in fremden Städten und Ländern gilt fast immer einer der Anstalten barmherziger Liebe, wie dort im heiligen Lande deM syrischen Waisenhrufe, wie in Rom gelegentlich ihrer italienischen Reise nach dem Gottesdienst in der BotschaftSkapelle eines ihrer erstpn Worte die Frage nach dem Diaisnissenheim gewesen ist. Tie Zeit war kurz, um das Heim zu besuchen, aber die einzigen deutschen Frauen, die die Kaiserin empfing^ waren die dort arbeiten den KaiserSwerther Schwestern. Was die hohe Frau in der Stille an Werken der Liebe und Leutseligkeit tut, mag auch int einzelnen in der Still« bleiben, ohne dadurch, an Wert und Tiefe zu verlieren. Was eine deutsche Frau ist ihr eigentliches Wesen, wird sich vor allem in den vier Wänden ihres Hauses zei ge«. Hier liegt bei fo Manchen unserer modernen Frauen der wunde Punkt. Unsere Kaiserin ist keine Moderne Frau i» diese« traurigen Sinne. Sie ist wiederholt und mit Recht deshalb gelobt worden, daß sie nicht zu den Frauen auf dem Throne gehöre, die sich um Dinge der Politik kümmern. Wieviel Unheil ist auch in der Geschichte von diesen „regierenden" Frauen auStzegangen! Unsere Kai serin verspürt keine Lust zu solch unbefugter Einmischung. Aber auch sie trägt und führt ein Szepter: sie führt es mit sanfter, aber doch bestürmter Hand über die, die dieser Hand ausschließlich anvertraut sind, ihre Kinder. Die Kaiserin will zu allererst Mutter ihrer Kinder sein. Und wer es gesehen, wie ihr Äuge aufleuchteh wenn sie von ihren Kindern spricht^ voll Stolz und Freude, wer es weiß, wie sie oft aus dem Glanze eines Hvffestes heraus an die Betten ihrer Kleinen eilt, um nach ihrem Schlaf zu sehen, oder um mit dem einen oder anderen noch zu beten, wie sie auch wohl wie andere Mütter auf Krankenbett gewachst, der wird sich sagen, daß hier auf stolzer Höhe ein warmer Hauch der Liebe weht, wie er freundlicher unten nicht strahlen kann. „Eine gute Mutster" — kann es für eine Fürstin ein höheres Lob geben? Die kaiserliche Silberbraut ist bekanntlich am 22. Ok tober auf Schloß Dölzig bei Sommerfeld als älteste Lochs- ter des Herzogs Friedrich von Schleswig-Holstein-Sonder- burg-Angustenburg und dessen Gemahlin Herzogin Adel heid, aus dem Fürstenhause Hohenlohe-Langenburg, ge boren. Tie Prinzessin empfing am 30. November 1858 die heilige Taufe, bei welcher Kaiser Wilhelm der Große, da- maliger Prinz-Regent von Preußen, als vornehmster Pate, sein Patenlind über die Taufe hielt. Im März des Jahres 1869, nach dem Tode seines Vaters, siedelte Herzog Friedrich mit seiner Familie nach Schloß Primkenau bei Sprottau in Schlesien über, und hier verlebte die Prinzessin mit ihren vier Geschwistern ihre fnohen Kinder- und Erziehungs'sahre. Die erste Erzieherin, eine Tarne aus der französischen Schweiz, wurde nach wenigen Jahren durch eine Engländerin, Miß Walker, er seht. Noch heute spricht man in Primkenau mit warmer Dankbarkeit von dem guten Herzen der lieben Prinzessin Viktoria — und 'erzählt unter anderem, daß sie einem kleinen Mädchen, welches! sic weinend am Wege sitzend sand, einen in den Fuß gedrungenen Splitter eigenhändig entfernt habe; ein anderessMal habe sie einem' alten Müt terchen einen schwer mit Reisigen beladenen Handwagen eine Anhöhe hinausschieben Helsen. Und so wuchs die Prin zessin Augusts Viktoria nach glücklicher Kindheit unter dem Sonnenschein der treuen fürsorglichen Liebe ihrer tief christlich gegründeten Eltern zur Konfirmation heran, am 22. März 1875 wurde sie zugleich mit ihrer Schwester Karoline Mathilde von dem Pfarrer Meißner in der Kirche zu Primkenau eingesegnet, nachdem er ihnen den vorbereitenden Unterricht erteilt hatte. Tie Prinzessinnen, lutherischer Konfession, wie ihre Eltern, legten bei dieser kirchlichen Feier selbstverständlich das lutherische Glau bensbekenntnis ab, und sind im Glauben an ihren Herrn und Heiland fest'gegründet. Prinzessin Viktoria wählte selbst aus der Offeubarung^Johannes 2, 10 den Segens spruch, der ihr vom" Älltar aus fürs Leben mitgegeben wurde : „Sei getreu Kiss'in den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben." Ihre ganze Erziehung muß überhaupt als eine seltene und vortreffliche bezeichnet werden. An ihren Eltern hatte Prinzessin Viktoria das herrlichste Vorbild. Ter Herzog sorgte auf das genaueste und eingehendste für die Erzieh ung seiner Kinder, die er nach der Konfirmation dann auch mit Wort und Hand segnete, indem er sie hinwies auf den Herrn aller Herren: „phn dessen Gunst — all' Tun umsunst!" i Bei wiederholten Besuchen in Pau in Südfrankreich, wo die Prinzessin Heilung von einem langwierigen Husten sand, genoß sie gleichzeitig vortrefflichen Sprach- und Musikunterricht. Mit vielen musikalischen Anlagen von der Natur ausgezeichnet, spielte sie mit Vorliebe die klassi schen Meister. Oeftere Besuchte in England an dem Hofe ihres Oheims, des Prinzen Christian von Schleswig-Hol stein, gaben gleichzeitig"Gelegenheit zur Vervollkommnung in der englischen Spracht". Hier fand denn auch später die für ihr Leben so bedeutungsvolle Begegnung mit dem Prinzen Wilhelm von Preußen, ihrem nachmaligen Ge- mahle, statt. Im Jahre 1880 wurde nun die Prinzessin Auguste Vik toria von dein schwersten Verluste ihrer jungen Jahre be troffen, der unerbittliche Tod raubte den Vater, der ganz plötzlich an einem Herzschläge in Wiesbaden verstarb, nach dem seine letzte Freude noch die Kenntnisnahme von dem Herzensbunde, welchen seine Tochter mit dem Prinzen Wil helm von Preußen vorläufig noch in aller Stille geschlos sen hatte, gewesen war. Die tiefgebeugte Witwe, Herzogin Adelheid, mußte den edlen Gemahl mit den trauernden Kindern zur letzten Ruhestätte geleiten. C. v- W. Druck und Verlag von Langer t Winterlich, Riesa — FLr die Redaktion verantwortlich Hermann Schmidt, Riesa. Erzähler an der Elbe. velletr. Gratisbeilage zu« „Riesaer r«,e»l«tt". «r. 8. M-!». »«, 24. Zrtzr»ar IW«. r». Sohl» Dem Kaiserpaar! Zum 27. Februar 1966. Hs zieht durch Klur und Keide Hi« lindes sanftes Weh'«; Hs naht «ach Winterkeide Per Lenz von fonn'gea Köh'n. Assdentschkand grüßt in Freue« Aich, -eit'res Sonnenkind; Denn mit dem Jahr, dem neue«, Hi« Jubeljahr beginnt. Aoch bravst manch mildes Stürme«, Schwarz bricht Hewölk herein, — Aon dentscher Warte Farmen Wehrt's rotem KriegsVrandschei«. Zlkdeutschlaud wacht in Irenen And rnft's dem Aeinde z«: Laß Du mit Wut und Schreie« Wei» deutsches Keich in Knh! Keil Lenz, vertreibe schnelle De« Winter Sorgengreis! — Dnrch schwarz «nd rot vricht's -esse, So weiß, so silberweiß! Assdeutschlaud grüßt in Irene« Hi« herrlich Kaiserpaar: Hott möge dir verleihe« Hi« golden Jubeljahr! Iwan Schönebaum. Der Sonnenfalter. Von M. v. Buch. Schluß. ,-Jhre Freundschaft," schaltete Sophie Dorothea ein, „war sein Verderben, sie hat ihn aus der Bahn der All täglichkeit gerissen — weh ihm!" „Verzeihung, daß ich! Em. Majestät widerspreche," ent gegnete Friedrichs. „Meine Schuld war es nicht, die Schuld lag an ihm. Er hat zu viel begehrt, er war, wie ich vorher sagte, maßlos^ ohne Grenzen in seinem Ehr geize. Das alles hat-sich bitter gerächt. Ein alltäglicher Mensch war er nicht. Gnst habe ich ihn geliebt; dann, als ich Meinte, an seiner Treue zweifeln zu müssen, habe ich ihn verachtet. Und jetzt? Ich glaube, ich könnte ihn has sen. War er ein Verräter? Ich weiß es" nicht. Zuweilen l meine ich, Jafchinsky hat den verhängnisvollen Brief selbst s geschrieben. Trenck war nicht so schuldig, wie ich glaubte annehmen zu müssen.^ Er machte eine Pause und fuhr nach einer Weile fort: „Trenck gehörte zu den Naturen, die keine Grenzen anerkennen, die kraft ihresGenies vermeinen, sich über alle Schiranken Hinwegsetzen zu können. An dieser Ueber- hebung mußte er zu Grunde gehen — früher oder später." Mitternacht mar längst vorüber, als' das Ballfest sein Ende erreichte. Nachdem sich der König mit verbindlichen Dankeöworten von seiner hohen Mutter verabschiedet, zog sich diese mit den Damen ihrer nächsten Umgebung zurück. Dann brachen auch die übrigen Gäste auf. Bald darauf wurde es' dunkel in den Prunksälen des Schlosses zu Monbijou, aber in dem Zimmer der hohen Frau brannten noch lange die Kerzen. Sophie Dorothea spürte keine Ermüdung, trotz der Anstrengung, die ihr durch die Repräsentationspflichten auferlegt worden war. Sie wußte, daß sie noch keinen Schlaf finden würde, darum hatte sie sich von ihrer Kam merfrau ein warmes Nachtgewand umgeben lassen und sich dann an den Kamin gesetzt, in dem ein leichtes' Feuer brannte. Sie dachte an das Gespräch, das sie kurtz zuvor mit ihrem! königlichen Sohne geführt und das "sich auf Trenck bezogen hatte. Friedrich hatte zugegeben, daß seins ehemaliger Liebling von Jaschinsky verleumdet worden, und daß dieser viel leicht nicht so schuldig'mar, als sein Herr angenommen hatte. Dennoch hatte Friedrich nicht zugegeben, daß Trenck unrecht geschehen war. Er hatte von dem^maßlosen Ehr geize seines ehemallgen^Günstlings, fstr den es weder Un terschiede noch Schminken gab, gesprochen. An diese Worte dachte die Königs«, als es plötzlich leise an die Tür pochte. Sie hob das Haupt. „Entrez/' rief sie, und als nach der erteilten Erlaub nis Prinzeß Anna Amalie über die Schwelle trat, sah sie durchaus nicht erstaunt aus. Sie hatte im Anschluß an die mit ihrem Sohne geführte Unterredung so lebhaft ihres jüngsten Kindes gedacht, daß sie dessen Erscheinen nicht sonderlich wunderte. Sie begrüßte dask junge Mädchen mit einem Kopfnicken und sagte mit einer einladenden Handbewegung auf den neben ihr stehenden Sessel: „Komm, setze Dich «Mine Tochter." Und als diese ihrer Aufforderung nachgelommen war, fragte sie: „Was führt Dich zu mir mitten in der Nacht? Hast Du ein Anliegen?" Anna Amalie war bleich, aber die blauen Augen, dis langer denn ein Jahr einen so ernsten, fast wehmütigen Ausdruck gezeigt, strahlten in einem ganz eigenen Glanze. „Mich floh der Schlaf," rief sie, „und da ich keine Ruhe finden konnte..." „Hslas!" meinte die Königin, sie unterbrechend, „glaubtest Du, ich könnte sie Tir verschaffen?" „Ich hoffte auf Ihre Teilnahme, meine Mutter, darum habe ich Sie ausgesucht. Darf ich offen sein?" „Sprich," rief die Königin, die ihr Kind mit Span nung betrachtete. „Was ist geschehen, was willst Du?" „Vor allen Dingen habe ich Ihnen eine Mitteilung