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Dankesworten zusagte. Den anderen Herren Gründern wurde eine tragbare „25" überreicht. Der nächste Prograinmpnnkt brachte den gemischte» Chor „Im Grenze Heil!", dessen Text Herr Ehorrektor Ber ger verfaßt hatte. ^llun folgte die prächtige Festrede des Herrn Pfarrer Zentner, der den Zusanimenschluß der hiesigen Katholiken und die Entwickelung des Vereinslebens schilderte. Die Fahne sei das Siegeszeichen im Verein und alle sollen eingedenk sein des Fahnenspruches: „Im Kreuze ist Heil." Tie Rede klang aus in ein Hoch auf den heiligen Vater; es wurde die Hymne „Den Grus; laßt erschallen" stehend gesungen. Rach der Ouvertüre „Die Macht des Liedes" trug der Schriftführer einen Festbericht vor üver die Entstehung, Entwickelung und Tätigkeit des katboliscl-en Kasinos. Das selbe ging 1820 aus dem Gesangverein „Cäcffia" hervor mit 66 gründenden Mitgliedern. Heute betragt die Mitglie- derzabl 266 und 1 Ehrenvorsitzende», Herrn Pfarrer Zen tner, nebst 4 Ehrenmitgliedern: Herrn Freiherr» Lehrer von Lehrstätt, , Brauereibesitzer Isidor Ts.höpe, Breslau. Schneidermeister Valentin Patzelt, Ehorrektor Ernst Berger. Der Verein hat seinen Zweck mehr als erfüllt durch Vereinscaritas (Sterbe- und Unterstützungskasse, Abhal tung von Vorträgen auf allen Gebieten, Pflege des Ver kehrs mit den Brudervereinen, durch eine gute wenn auch kleine Bibliothek (800 Bände), sowie Veranstaltung von Vergnügen und Ausflügen usw. Deshalb konnte der Verein ruhig an die Ansck-affung eine-: Fahne gehen, um die Mitglieder noch mehr an uns und unsere Saä>e zu fesseln. — Anschließend nahm noch Herr Reichsr.atsabgeordneter Jerzabeck, Rumburg, das Wort und feierte das Vruderbündnis zwischen Oesterreich und Deutschland. Das Kasino wurde erfreut durch Ueberrcichung einer Fahnenschleise seitens deS Elisabethveceins, während je einen Fabnennagel stifteten: die Festjungfcauen, die Män- nervereine in Bautzen (Männerverein und Gesellenverein), Dittersbach, Grottau. Großschönau, Friedland, Königs- l)ain, Löbau, Nculeutersdorf, Olbersdorf, Ostritz, Panscl-- witz, Schirgiswalde (Männer- und Gesellenverein), Nei- ck-enan, Zittau (Gesellen- und Jünglingsverein). Außer dem waren viele telegraphische und schriftliche Beglück wünschungen eingegangen, die der Vorsitzende zur Ver lesung brachte. Nach dem gemischten Ehor „Dank dein Herrn" sprach der zlveite Vorsitzende Herr Kaplan Ziesch den offiziellen Dank des Vereins aus den Fahnenpatinnen, den Festred nern, den städtischen Kollegien für freundliche Entsendung von Vertretern und zwar Herrn Stadtrat Pellmnnn und Herrn Stadtverordneten Weber, sowie Herrn Neichsrcits- abgeodneten Jerzabek aus Nuniburg für sein Erscheinen, sowie allen an der Durchführung des Festes irgendwie Be teiligten. Nach einer kleinen Pause wurde eine „Huldigung vor der Fahne" in Szene gesetzt und zwar 1. durch Vortragung deS gemischten Ehores „Der Herr ist mein Hirt", 2. durch ein von Herrn Gymnasialprofessoc Dr. Koch in formvoll endeter sinniger Weise verfaßtes Festgedicht, das von Herrn Lehrer Lorenz in markiger Weise zu Gehör gebracht wurde, und schloß die Huldigung und damit die Festfeier mit einem allgemeinen Festliede: „Sei herrlich Banner uns gegrüßt", das gleichfalls Herr Ehorrektor Berger gedichtet hat. Ein gemütlicher Teil schloß sich an und gefielen hier noch besonders „Alpfahrt", Kantate für Soli und Chor (Cacilia), sowie das Lustspiel „Gipsfiguri", welche beiden Sachen flott gesungen und gespielt wurden, wie man es in Tilcttantenlreisen selten autrifft. Nicht unerwähnt bleibe, daß die Festzcituug (die dem Festzeichen beigegeben wurde) lind die Festpostkarte gut ge fielen und guten Absatz hatten. Das würdig verlaufene Fest wird stets ein Markstein für den Jubelverein bleiben. Aus Stadt und Land. (Fcrtsetzrnlg ao« dm, Haaptblatt.) —* Verband für Jugeudhtlse. Es möge hiermit ganz besonders darauf hingcwiescn werden, daß die an jedem ersten und dritten Mittwoch im Monat statlfindenden Helserbesprechungcn von jetzt ab, also bereits nächsten Mittwoch, den 20. September, im Sitzungssaal« des Bark Hauses Gebrüder Arnhold, WaisenhauSstraßc 20 Part., und zwar in der Zeit von abends '/^7 bis ^8 Uhr slattftaden. Um recht zahlreiche allgemeine Beteiligung wird sehr gebeten. —* Wegen versuchter Erpressung verhandelte das Königliche Landgericht gestern gegen den 2l Jahre alten Kellner Walter Jentzsch a»S Furth bei Chemnitz. Der Mann hatte im Juli und August an einen Kaufmann und an einen Händler Erpresserbriefe geschickt, in denen er eine hohe Geldsumme verlangte, die bis zu einer bestimmten Zeit niedergelegt sein sollte, andernfalls wurden die beiden Herren mit dem Tode bedroht. Je> tzscb, der bereits wegen S,Preßling vorbestraft ist, gab die Tat zu. Er wurde zu drei Jahren Zuchthaus, fünfjährige» EhienrechtSVerlust und Stellung unter Polizeiaufsicht verurteilt. Au- dem Erzgebirge, 15. Sept. Schwere Gewitter sind in der vergangenen Nacht im Gebiete des Erzgebirges niedergegangen. Durch Hagel und Schloßen ist hierbei ganz bedeutender Schaden angerichtet worden. Erfreulicher- weise erbrachten jedoch die ergiebigen Regengüsse den au«- getrockueteu Fluren die langersehnte E'friichung. Pirna, 15. September. Eine erhebende Trauerfeier für die ertrunkenen Ulaneil fand heute nachmittag 2 Uhr auf dem hiesigen Friedhofe statt. Nenn der ertrunkenen Soldaten sind in ihrer Heimat dem kühlen Schoße der Erde übergeben worden, nur der Gefreite Lbranska wurde auf dem hiesigen Friedhofe bestattet. Die Feier, bei der die beiden Schwadronen, denen die Ertrunkenen angehört hatten, zu Fuß auf dem Friedhofe ang.'treten waren, galt selbstverständlich sämtlichen Verunglückten. Vor dein Kirch hofe hielten die drei anderen Schwadronen des Regiments zu Pferde. Als Vertreter des Königs war Flügeladjutant Oberstleutnant Meister und als Vertreter des Regiments- chess Kaiser Franz Joseph der österreichisckpuugarisclic Ge schäftsträger Baron v. Franz anwesend. Beide legten im Namen ihrer Monarchen kostbare .Kränze am Sarge nieder. In der imposanten Traucrversammlung bemerkte mau den koiumaiidierenden General d'Elsa an der Spitze zahl reicher Generalossiziere und Negimentsdeputationen. Nach dem das Trompeterkorps des Regiments den Choral „Jesus meine Zuversicht" geblasen hatte, sprachen der evangelische Militärgeistliche Archidiakonus Protz und der katholische Militärpsarrer Kaiser. Daun trugen Ulanen den Sarg mit ihrem toten Kameraden nach der Gruft, wo der Regi mentskommandeur Freihercr v. Bodenhausen eine zu Herzen gehende Ansprache hielt. Er wies darauf hin, daß die Verunglückten als brave, furchtlose und pflichttreue Ulanen gestorben seien, die eingedenk ihres Fahneneides ihren Offizieren mit rücksichtslosem Schneid folgten. Der 12. September werde in der Geschichte des Regiments als ein Tag der Trauer verzeichnet sein und die Namen der Tahingeschiedenen würden allezeit in Ehren gehalten wer den. Tiefbewegt rufe er im Namen des Regiments den Kameraden ein letztes „Ruhe sanft" in die Ewigkeit nach. Mit Gebet und Segen und dem Liede „Morgenrot, Morgenrot" wurde die erschütternde Feier abgeschlossen. Zwickau, 15. September. Als des Morde- an der 20jährigen Martha Vogel verdächtig kommt der Schlosser Kurt Ullmann in Frage, der früher mit dcm Mädchen ein Verhältnis unterhallen hatte. Die Untersuchung durch die StaalSanwaltschafi ist noch nicht abgeschlossen. Gemeinde- und Vereinsnachrichteu. 8 Drr<deu. Der Kegelklub „Gut Holz" des katho lischen Gesellenvsceinö zu Dresden veranstaltet auf der Bahn im katholischen Gesellenhause. Käufferstraße 4. Sonn- abeno den 16. Septeniber von abends 8 Uhr ab und Sonntag den 17. September von nachmittags 2 Uhr ab großes Pceiskegeln und ladet hierdurch zu recht zahlreicher Beteiligung fieundlichst ein. 8 DreSden>A. (JünglingSvsi ein.) Sonntag den 17. September nachmistagS 6 Uhr Versammlung mit Vortrag. Zahlreiches E scheinen erwünscht. 8 Dresden« Cotta. (St. Benno-Verein.) Unsere Monatsversammlung findet Sonntag den 17. Sepien,der abends kU/z Uhr tm Verein-lokal „Zur Krone" statt. Erscheinen aller Mitglieder ist Pflicht wegen Besprechung betreffs des CaritaStaaeS in Dresden. 8 Rcichcnbach i. V. Die Einwcihiingsfeier des neuen Pfarr- und Vereinshciuses am letzten Sonntag gestaltete sich zu einem Feste, an dem nicht allein die katholischen Ver eine, sondern die ganze Gemeinde teilnahin. Das neue Gebäude ist an das alte Vereinshaus angeballt und im Parterre durch Heraus,,ehinen der Mauer mit de», alten Vereinslokale verbunden, so daß letzteres mehr wie noch einmal so groß geworden ist. Trotzdem konnte der große Raum am Sonntag die Menschenmassen nicht fassen. In der ersten und zweiten Etage des neuen HanseS hat unser Herr Pfarrer ein schönes, großes Heim bekommen. Auch die äußere Front des Hauses macht einen stattlichen Ein druck, da die Fassade des alten Hauses der des neuen ange paßt wurde. Am Sonnabendmittaq hielt unser allverehrter Herr Pfarrer Bange seinen Einzug in seine neue Wohn stätte. Am Soniitagnachinittag fand die kirchliche Weihe und abends 8 Uhr die weltlicl-e Feier statt. Diese wurde mit einem von Herrn Direktor Knoth selbst komponierten Marsch eröffnet, dem sich die Papsthyinne anschloß. Dann begrüßte der Vorstand des katholischen Kirchenbauvereins, Zinngießermeistcr Egid Becher, die Festversammlung, dankte allen, die am Bau mitgearbeitet, und bat die Mit glieder, auch in Zukunft treu zum Vereine zu stehen und für denselben zu agitieren. Die Rede endete mit einem Hoch auf die höchsten geistlichen und iveltlichen Gewalten. Der Herr Pfarrer gab in seiner herrlichen Festrede ein Bild des Entstehens des Kirchenbauvereins und des Baues und zergliederte den Zuhörern hauptsächlich auch die große Bedeutung der Einigkeit in einem Vereine. Herr Pfarrer Rothe aus Plauen »verbrachte herzliche Grüße von seiner Gemeinde, die ja unsere Muttergemeinde sei, und feierte in seiner humoristischen Rede hauptsächlich auch die Ver dienste unseres Herrn Pfarrers um das Zustandekommen des Baues, und brachte ein beifällig aufgenommenes Hoch ans auf die katholische Gemeinde Reichenbach. Dann gab der Banmeister Herr Bischof ein Bild über den Werdegang des Baues. Herr Schlctt und Herr Schnxm senior feierten die Handwerker, die am Bau gearbeitet, und der Herr Pfarrer gedachte in humorvollen Worten der Frauen. Die Zwischenpausen füllte unser lieber Herr Knoth mit seinen treuen Cäcilianern aufs angenehmste ans. Die vorgetra- genen Lieder ernteten, wie man das nicht anders gewöhnt ist, reicl)en Beifall, besonders lobend möchte das von Frau Gottfried und Fräulein Kästner gesungene Duett erwähnt werden, das sehr dankbare Zuhörer fand. Es war ein ge lungener. herrlicher Abend, dessen wir nicht so bald ver gessen werden. Möge das neue Haus noch Jahrhunderte lang den Stürmen der Zeit trotzen, dem Pfarrherrn zum Heini, zum Segen der Gemein', zum Nutzen der Verein'. Das walte Gott! poeul. Soziales. n Das Genossenschaftswesen Deutschlands hat sich zu einer wirtschaftlichen Macht herausgebildet und schreitet in seiner Entwicklung immer mehr vorwärts. Nach der deutschen Gcnossenschaftsstatistik für 1000 gab cs daselbst in duffem Jahre 28 141 Genossenschaften mit 4 570 740 Mitgliedern. Die Schultze-Delitsch-Genossenschaften hatten lOOO an Krediten und Prolongationen .0693 Millionen Mark gewährt und hatten am Schlüsse des Jahres derartige Ansständc im Betrage von 1110 Millionen Mark. Sie hatten bei einem eigenen Vermögen von 205 Millionen Mark 1060 Millionen Mark fremde Gelder. Die landwiH- schaftliclien Genossenschaften einschließlich der Raiffeisen kassen lxstten einen Kassenumsatz von 3925 Millionen, 1665 Millionen fremder Gelder und 1526 Millionen Spargelder und Einlagen. Die Gesamtsumme der von ihnen 19W ge währten Kredite betrug 749 Millionen Mark, die Außen stände 1378 Millionen Mark. Die zum ReiclMerbande ge hörigen Bezugs- und Absatzgenossenschaften bezogen Waren für 101 Millionen Mark, verkauften für 50 Millionen Mark landwirtschaftliche Erzeugnisse. Den Molkerei genossenschaften wurden 21368 380 Hektoliter Milch ge- liefert. !, Ausnahmsweise einmal ehrlich. Während die „Ge- »offen" sonst bei jeder Gelegenheit über die „unverschämte agrarische Begehrlichkeit" schimpfen und die Schuld an der Verteuerung der Lebensmittel stets den.„Nimmersatten Bauern" znschieben, wie es z. B. jetzt wieder bei uns der Fall ist, schreiben einige sozialdemokratisclx: Blätter in Deutschland ausnahmsweise auch einmal anders. So heißt cs in Nr. 185 der sozialdemokratischen „Rheinischen Zei tung" in geradezu mitleidiger Weise: „Die anhaltende Dürre vermindert mit jedem Tage die Hoffnungen der Landleute. Am schliimnsten ist der Landwirt mit seinem Viehbestände daran. Er weiß nicht, woher das sonst zu dieser Zeit so reichlich vorhandene Grün- fntter nehmen. Wiesen und Kleefelder sind kahl, ja fast versengt und verbrannt. Der erste Schnitt Futter war auch sehr gering, so daß die meisten Kleinbauern jetzt schon ohne jeglick^e Fnttervorräte dastehen. ES dürfte wohl kaum da- gewesen sein, daß Landwirte schon um diese Jahreszeit ihre sämtlichen Vorräte an Viehfutter verbraucht hatten. Wegen der ungenügenden Fütterungsweise sind auch die Erträg- nisse aus dem Milch- und Buttergeschäft bei lveitem nicht so hoch als in früheren Jahren. Ein Steigen der Milch- und Vutterprcise erscheint nnausbleiblicl)." Ferner wird in dem Artikel in sachverständiger Weise auf die Schwierigkeiten der Viehhaltung hingewiesen und in überzeugender Art die getäuschten Erwartungen in -er (Getreide-, Obst-, Kartoffel- und Gemüseernte gekenn zeichnet. — Aehnlich äußerte sich die radikale sozialistische „Leipziger Volkszeitnng" in Nr. 179 bei der Besprechung der Milchfrage, indem sie schrieb: „Diese Klage» (über die hohen Futterkasten und daß sich bei denselben die Milchwirtschaft nickst rentiert) haben sicher ihre Berechtigung. Trotz aller schönen Theorie ist die bäuerliche Wirtschaft wenig rentabel selbst dort, wo alle? dafür spricht, wie bei der Milchwirtschaft." Aus der Frauenwelt. k Sittlichkeit bei „höheren" und „niederen" Töchtern. Eine schwere Beleidigung hat die Handelskammer Halber stadt in einem Artikel: „Höhere Töchter als Verkäuferin nen" gegen die Frauenwelt der minder bemittelten Volks kreise gerichtet. In dem Artikel, der für die Heranziehung höherer" Töchter als Verkäuferinnen Stimmung macht, wird nach der „Köln. Zeitg." (Nr. 964, 1. September 1911) „darauf hingewiesen, daß das große Heer der „Verkcmfs- dainen" sich gegenwärtig fast ausschließlich aus den niederen Bevölkerungsklassen rekrutiere. DementspreclMd sei auch das geistige und sittliche Niveau der Mädchen im großen und ganzen sehr niedrig." Gegen diese Pauschalverdächti- gnng der minderbemittelten Atauen und Mädchen muh mit aller Entschiedenheit Verwahrung eingelegt werden. Wo nimmt die Handelskammer Halberstadt, vorausgesetzt, daß die „Köln. Zeilg." den Artikel richtig wicdergibt, das Recht und die Unterlagen für dieses Urteil her? Wahre Sittlich keil ist kein Postulat der besitzenden Stände und räudige Schafe gibt es in allen Klassen und Vevölkernngsschichten, sogar bis in sehr hohe Kreise hinauf. Wir versagen es uns, dies ans Skandalprozessen der letzten Jahre näher zu belegen, aber wie sich jeder Stand und jede Volksgruppe mit Recht dagegen verwahrt, nach ihren entarteten und un würdigen Gliedern beurteilt zu werden, so tun dies auch die „niederen" Bevölkerungsschichten, deren Töchter bisher weder zu fein noch zu bequem dazu gewesen sind, als Ver käuferinnen ihre Existenz zu suchen. k Indische Kindcrwitwen. Ueber die unwürdige Stel lung, die auch heute noch die Frau in Indien einnimmt, lesen wir im neuesten Hefte der „Katholischen Missionen" (Jreibnrg, Herder, jährlich 12 Hefte, 5 Mark) folgende in teressante Einzelheiten: „Der grausame Brauch der Wit- wenocrbrennnng ist unter der britischen Herrschaft abgc- schafft worden, aber die Unsitte der Kinderheiraten besteht noch fort. Eine der schlimmsten Folgen ist der Zwang der Witwenschaft nach dem Tode des Mannes, selbst wenn das Mädchen noch im zartesten Alter steht. Die Munda oder Geschorene wird ihres Haarschmuckes beraubt, muß bis zu ihrem Tode Trauer tragen, darf sich unter keinen Umstän den wieder verheiraten und führt so ein freudenloses Son derleben voll Elend und sittlicher Gefahr. Die Abschaffung dieser unnatürlichen, grausamen Sitte steht mit an erster Stelle auf dem Neformplan der fortschrittlichen Hindus. Sie werden darin von den Europäern kräftig unterstützt. Ein eigener Verein, The Hindu Marriage Reform League. hat sich in Kalkutta gebildet, der durch Wort und Schritt die Sache dieser indischen Kinderwitwen verficht. Nament lich sind es englische Damen und Frauenrechtlerinnen, die eifrig und wohl zu eifrig für ihre unglücklichen indischen Schwestern eintreten. Nach den Feststellungen einer dieser Vorknmpfcrinnen, der Miß Carrie E. Tennant, gibk es gegenwärtig in Indien, soweit sich das statistisch feststellen laßt, 320 431 Kinderwillven. Davon stehen 859 im ersten, 1886 zwischen dem zweiten und dritten, 3722 zwischen dem dritten und vierten, 8180 zwischen dem vierten und fünften, 78 407 zwischen dem fünften und zehnten. 227 367 zwischen dem zehnten und fünfzehnten Lebensjahre. „Also 320431 Witwen unter 16 Jahren," so bemerkt dazu der „Madras Mail" (9. Mai 1911), somit in einem Alter, wo sie über- Haupt noch nicht verheiratet sein sollten. Und sie sind zur Witlvcnschaft gezwungen. Wer kann mit einem sozialen System sich versöhnen, das einen solchen Riesenskandal mög lich macht; welche Zukunft kann eine Gesellschaft haben, die ihn duldet, verteidigt, rechtfertigt und jeden Versuch, mit dem verderblichen Brauche zu breckien, sei es durch Erhöhung des Heiratsaltcrs oder durch Gestattung der Wiederverhei- ratnng, als Eingriff in die Religion verurteilt. Welckze Verwirrung der Begriffei" Miß Tennant habe vollkommen recht, wenn sie sage, daß „diese Frühheiraten eine Haupt- nrsack-e der physiscl>en Schwächung und Verschlechterung der Raste bildet, und daß sie die gesunde Entwickelung beider Geschlechter verhindert hat. „Ehe nicht die Hindugesellschaft der Frau Gerechtigkeit widerfahren läßt, hat sie keinen An spruch auf eine Zukunft, die ihrer Vergangenheit wür dig ist."