Volltext Seite (XML)
viertes Blatt Sächsische Volkszeitung vom 17. September 1911 Nr. 212 Laudwirlschaflliches. 1 Die Herbstzeitlose, eines der giftigsten Unkräuter »insever Wiesen, ist Heuer besonders zeitig erschienen. Wir finde« die Herbstzeitlose leider überall in solchen Massen, daß der Volkswirt ernste Bedenken hegen muß. Leider geschieht nur hier und da etwas Ernstliches, um dieses Un kraut auszurotten, so daß die Herbstzeitlose oft viele Wiesenftrecken bedeckt. Die Herbstzeitlose hat ihren Namen daher, weil sie erst im Herbste zur Blüte kommt und zwar ohne Blätter. Die Alten nannten die Herbstzeitlose daher ..kllllus, ante patram". Die Herbstzeitlose treibt erst im Frühjahre Blätter und mit ihnen zugleich erscheint die Samenkapsel. Die Vertilgung der Herbstzeitlose ist nament lich eine Beschäftigung für die Kinder, denen es leicht ist, bei jeder Blüte nachzugraben und die in der Erde steckende ZwiSbel herauszuholen. Es ist dies die radikalste Art und Weise, die Herbstzeitlose zu vertilgen, und wer diese Ar beit durch einige Zeit fortsetzt, wird bald ganz von der Herbstzeitlose befreit sein. Auch durch öftere Bewässerung kann rnan der Herbstzeitlose Herr werden, besonders aber durch kräftige Düngung der Wiesen mit dem mineralischen Dünger Thomasmehl aus Kainit (6—7 Meterzetner). Auf nährstoffarmen Wiesen machen sich überhaupt alle Un kräuter, also auch die Herbstzeitlose, breit. Durch kräftige Düngung tverden aber die guten Gräser und Kräuter der art gestärkt, daß die Unkräuter nicht aufkommen können. Vergiftungen durch die Herbstzeitlose kommen beim Ab weiden sehr häufig vor und es zerbricht sich mancher Vieh züchter den Kopf, warum beim Weidenvieh Erkrankungen Vorkommen. Bei der Heugewinnung verlieren die Blätter allerdings etwas an ihrer Schädlichkeit. Die giftigen Samenkapseln mit dem Samen lassen die Tiere in der Regel im Troge liegen. ES wurden auch Versuche gemacht, die Herbstzeitlose durch wiederholtes Mähen der Wiesen in einem oder zwei Frühjahren zu vertilgen. Die Herbstzeit lose geht dann allerdings an Entkräftigung ein. Diese Vertilg,mgsart ist ober zu teuer, da sie mit dem Verlust einer Heuernte verbunden ist. Es gibt übrigens auch eigene Werkzeuge zur Aushebung der Zwiebeln der Herbstzeitlose: mit einigen derselben kann ein geschickter Arbeiter täglich 3—4000 Zwiebeln ansheben. Literatur. Das „kirchliche Handbuch". Es war kein leichtes Un ternehmen, die Herausgabe eines kirchlichen Handbuches, das rasch und sicher dem Geistlichen wie dem Laien, dem Parlamentarier wie dem Redakteur, dem Seelsorger wie dem Vereinsleiter Aufschluß gibt über die Lage der deut schen Katholiken, ihre Organisationen, ihre Leistungen auf religiösem und sozialcaritativem Gebiete. Und doch ist ein solches Buch für die deutschen Katholiken brotnötig, wenn sie sich ein richtiges Bild machen wollen über Fortschritt oder Rückgang des katholischen Lebens in Deutschland und seinen einzelnen Provinzen. So hat map denn vor drei Jahren cs mit größter Freude begrüßt, als der erste Jahr gang des längst gewünschten kirchlichen Handbuches erschien. Nunmehr liegt bereits der dritte Band vor, der sich seinen beiden ausgezeichneten Vorgängern ebenbürtig an die Seite reiht. Ueber den reichen Inhalt orientieren schon die Ueber- schriften der einzelnen Abteilungen: 1. Organisation der Gesamtkirche von Domvikar Weber (Trier). 2. Kirchenrecht- liche Gesetzgebung und Rechtsprechung von Professor Dr. Hilling (Bonn). 3. Das kirchliche Leben im Jahre 1910 von Domdekan Dr. Selbst (Mainz). 4. Die Organisation der katholisck-en Kirche in Deutschland von Tomvikar Weber (Trier). 5. Kirchliche Statistik Deutschlands von U. Krose ü. ll. (Valkenburg). 6. Konfession und Unterrichtswesen von Rechtsanwalt Dr. Brüning (Trier). 7. Die caritativ- soziale Tätigkeit der Katholiken Deutschlands von General sekretär Jos. Weydmann (Straßburg). 8. Tic katholische Hcidenmission von U. Huonder 8. ck. (Valkenburg). Die Neuerung, einen Ueberblick über daS kirchliche Leben des jeweils verflossenen Jahres zu geben, wird besonders dank bar von jenen ausgenommen werden, die die Tagesgeschichte mit ihren verschiedenen „Fällen" zu verfolgen haben. Einem so ausgezeichneten Werke und Unternehmen gegenüber er wächst aber auch Deutschlands Katholiken eine ernste Pflicht, die noch nicht überall erkannt ist. Nur mit schmerzlichem Bedauern liest man im Vorworte des neuen Bandes die Klage der Herausgeber: „Im Vorworte zum zweiten Bande . . . konnten wir mit Genugtuung die über alles Er- ivarten günstige Aufnahme des ersten Bandes hervor heben, die eine Fortsetzung gleich im folgenden Jahre rät- ! lich erscheinen ließ und die Aussicht eröffnete, daß sich ein ! genügend großer Kreis von ständigen Abnehmern finden > werde, der dem Verlage die jährlicl-e Herausgabe des Hand- ^ buchcs ermöglichen würde. Leider hat sich diese Hoffnung ^ einstweilen noch nicht erfüllt . . ." Es bedarf hoffentlich ! nur des Bekanntwerdens dieser Klage, um dem Uebelstande abzuhelfen und dem hochwichtigen Unternehmen den erfor derlichen Stamm ständiger Abnehmer zu sichern. Schramm § kMermever. Dresden !.Lrn1k,au88tl-. 27 Ls88tk-. 16 (MlrtNliiilsIl pil-nsisoks 8t«-. 2 p voll 4 psg. Sli. UZ 600 Lorten Ligarren 2t2 ZOO Sorten 2i§are1ten. U Kaucklabake Uvckivnmizx L» 1 18V7 " ^ vruno Vinter, vilGauerei I ain-rin l'knnkonn Hauptgeschäft:NeItr«n»>sInsi-8»r.1 >2 p, k.vIPLlg- I VVNVVIg Zweites Geschäft: vicsktLM 8üiittiväko« i Anfertigung von KradljsnicmSlvrn unlt Urnvn a»sr /trlvn, 8v«is Lrnousrung sitsr LrsbdsnkmÄsr in lAs^neo^, S^«n>», K»M»ie und 8snil»»«i«. Billig« Kn«i»«. säü j B««ll« U llNM MN» junsiivr SollloSrll. 5, klegsole KelsMlMgmlWliö ^imeleli, 6oIi1- u. ZilbervrLren 57? ll»»l>W »llM UllW iu t-roüvr ru .'. diUi^stsn kroiaon. Zittau, Nordstraße 9, kath. Asyl. Itllllös llllll rmiim U Imlllidie llllll Mim tMen Altar- u. Fahncnbilder, Kreuz. 1 wcge, Porträts, Diplome usw. Polychrom, vergolden. 'rtLikk'-KüOÄO t Alk «ratlsruxadv» bei Einkäufen, hierüber Spezial-Offerte in all. meinen Geschäften erhältlich. »SvINinnni» Kakao- u. Schokolade-Fabriken Grenadierstraßr und Filialen. Lür8lvn>VLrtz» bei ^ LtAppvI, Vrvsüvn, Obergraben 3, Kamenzer Straße 22. Leiprig ° 8. Wen ° Leiprig Lobastinn-Ukosi-LtraLo 39/41, II. AulettiMg feiurter Herren- uuä vsmeu-llloäeu /.,i ooliäsn kroisov, auob bsi LslbstlisksrunA ösr LtoLo. Rudolf Seidel, Leipzig, » Höllische Strotze S Strickgarne, Strumpfwarr», Trikotagen, Handschuh«, Sirickwefien für Damen u. Herren, Schals, Tücher, Kragenschoner, TweaterS in allen Größen, vr»st- schützer und Kniewärmer, Hosenträger, Krawatte», Kragen, Manschetten. Größte Auswahl. Billigst. Preise — >20 — Der Angstschweiß tritt ihm aus die Stirn. Hastig reißt er ein Blatt seinem schmutzigen Notizbuch und kritzelt ein paar Zeilen darauf: „Unmöglich vor viertel zehn. Dann aber bestimmt. Bitte um Ge duld — sonst alles verloren." Als gleich darauf die Haushälterin, zum Fortgehen bereit, die Treppe herunter kommt, gibt er ihr den zusainmengcfalteten Zettel. „Draußen steht ein Freund von mir, Frau Wiborg, der mich heute noch iprechen will. Ich kann aber jetzt nicht, weil ich der Winke meines Herrn gewärtig sein muß. Geben Sie ihm den Zettel, bitte! Aber ?asch, recht rasch I" Die Haushälterin verspricht schnelle Besorgung und verläßt das Haus. Ein paar Minuten lauscht Jakob atemlos . . . Jetzt schlägt die Schwarzwäldcr-Uhr drinnen nenn. Wird der verhäng- nisvolle Pfiff ertönen? . . . Alles still. Jakob reibt sich die Hände, Alles geht nach Wunsch. Nasch eilt er in die Kückre, um zu sehen, was das Stubenmädchen macht. Di« bloßen Anne auf den Tisch gelegt und den blonden Wuschclkops darauf gestützt, atmet Stine tief und gleichmäßig. Sie schläft. Jetzt zieht Jakob seine Schuhe ans. Auf Strümpfen schleicht er in Jnge- borgs Schlafgemach, nimmt in aller Eile vom Toilettentisch ein paar Schmuck gegenstände nnd ein gefülltes Portemonnaie und huscht wieder zurück, vorbei an der Tür zum Wohnzimmer. Hier macht er einen Augenblick Halt. Wie weit mag es da drinnen wobl sein? Er bückt sich nnd hält das Ohr ans Schlüsselloch. Leise nnd verschleiert, wie traumhaft, klingt Jngeborgs Stimme durch die Tür. Jakob ist es, als habe sie einen andern Klang als sonst — etwa einen Klang wie damals, als das Mädchen noch auf Schloß Sandsgaard weilte. Unwillkürlich lauscht er: „ - ja wirklich, Lorenz I Als ich mich vorhin ankleidctc, kam es plötz- lich wie eine Vision über mich . . . Mir war, als sei ich in einem schreck lichen Traum befangen, als halte mich eine geheime Gewalt, aus der mich nur Erik Niels befreien kann, wie er es schon so oft getan . . . Früher fühlte ich stets seine Nähe ... ich wußte, ohne ihn zu hören oder zu sprechen, wenn er sich im Nebenzimmer befand . . . Auch jetzt habe ich diese seltsame Empfin dungich ahne seine —" Jakob hört nicht weiter zu. In fieberhafter Eile schleicht er in Lorenzens Arbeitszimmer, dreht den im Schreibtisch steckenden Schlüssel herum und ent- ninnnt einem Geheimfach seinen Inhalt: etwa vierhundert Kronen in bar. Dann eilt er ebenso lautlos, wie er gekommen, wieder davon! Im Treppenhaus reißt er einen grauen Regenmantel und einen dunklen Kopfschal von, Haken und legt beides auf einen Stuhl Da wird im Wohnzimmer laut und heftig die Glocke gezogen. Jakob schlüpft in seine Stiefel und tritt ein. Kreidebleich, an allen Gliedern zitternd, kauert Lorenz in seinem Sessel, wie geistesabwesend vor sich hinstarrend. „Brandy Herl Schnell!" stammelt er mit schwerer Zunge. „Der Tee — der Tee " F..§ — l17 — „Wenn Sie selbst hineingehcn. erreichen Sie gar nichts, Herr," flüstert er ihm hastig zu. „Sie können Frau Jespersen doch ihrem Mann nicht ohne weiteres fortnehmen I" „Sie ist nicht seine Frau! Er heiratete sie unter falschen, Namen!" «Zugegeben! Aber wie wollen Sie das im Moment beweisen? Jeder mann würde vorerst dein Ehemann glauben. Außerdem — das Leben der jungen Dame steht auf de», Spiel! Ein Streit, eine Szene Sie ver stehen mich." Erik macht eine ungeduldige Bewegung. Er kann dem Menschen nicht ganz Unrecht geben. Und doch — er muß hinein in dieses HauS! Mußt! Koste es, was cs wolle! „Hören Sie mich an, Herr!" fährt Jakob fort. „Ich verspreche, daß ich Ihnen das junge Ding bringe. Ich weiß schon, wie. Morgen können Sie sich mit Herrn Jespersen auseinandersetzen. Nicht heute." Ei» forschender Blick streift das vor Eifer glühende Gesicht deS Ex- Bettlcrs nnd überfliegt dann den verwilderten Garten. Er ist von drei Seiten von einer hohen Mauer umgeben und hat nur diesen einzigen Aus gang: ein Entrinnen ist also unmöglich. „Kann ich Ihnen trauen?" fragt Erik zweifelnd. „Ihnen — einem notorischen Verbrecher? Wenn Sie mir die Dame nicht bringen? Wenn Sie sich anfü neue mit Ihrem Spießgesellen da drinnen verbinden —" „Sie haben mich ja in der Hand, Herr! Ein Wink von Ihnen, und die Polizei ist mir auf den Fersen. Meinen Sie, daß ich mein Leben so ohne weiteres aufs Spiel setze?" Die Logik dieses Verbrechers ist überzeugend. Erik schwankt nicht mehr. Das Wichtigste bleibt jetzt. Jngeborg so rasch wie möglich aus Lorenzens Händen zr, befreien. Alles andere ist Nebensache. „Wann können Sie mir die junge Dame bringen?" fragt er kurz. „Wie spät ist es jetzt?" Erik zieht die Uhr. „Zwanzig Minuten bis neun." Sardonisches Grinsen verzieht Jakobs Mundwinkel. Nur noch fünf Minuten, bis da drinnen hahahaha! Jetzt heißt eS: Eile! „Um nenn Uhr bringe ich sie Ihnen!" erwidert er rasch. „Gut. Aber nierken Sie sich eins: wenn Fräulein Jngeborg — ich meine Frau Jespersen — bis neun Uhr nicht in meiner Obhut ist, dann pfeife ich." „Ja, Herr! Dann pfeifen Sie." Und schon ist Jakob im Dunkel des Gartens verschwunden. In fieberhafter Erregung geht Erik, die Uhr in der Hand, vor dem Eisengitter auf und ab. Der Nebel hat sich inzwischen ein wenig verzogen. Erik glaubt, hinter dem erleuchteten Fenster die undeutlichen Umrisse einer männlichen Figur hin- und herschwanken zu sehen . . . Und jetzt erglänzt auch hinter den zugezogenen Gardinen deS Neben- fensterS ein matteS Licht. Wie gebannt hängen Eriks Blicke an den beiden erleuchteten Fenstern... 7«' «Helden der Pflicht.