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Verantwortlicher Redacteur: Carl Ikhnr in Dippoldiswalde Nr. 119 ver« - La- >l«rk«e „Wei-erttz-Zeitung" «-scheint wöchentlich drei mal^ Dienstag, Donners» tag und Sonnabend. —? «reis vierteljährlich 1 M. 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern N Pfg. — Alle Posta», stalten, Postboten, sowie di« Agenten nehmen Be- 'stellungen an. — Dem im Bureau des LandeskulturratheS zu sammengestellten Saatenstand - und Ernteberichte aus dem Königreich Sachsen für den Monat Sep tember ist zu entnehmen, daß die Herbstbestellung fast allenthalben beendet oder doch in vollem Gange ist. Dieselbe war zu Anfang des Monats durch Trocken heit erschwert, doch haben die zum Theil recht ergie bigen Niederschläge Besserung gebracht und das Auf laufen der jungen Saaten sehr begünstigt. RapS steht besser als nach der etwas zu trockenen Witterung zu erwarten war, besonders der zeitig gesäete. Am meisten hat das prächtige Septemberwetter den Kartoffeln ge nützt. Die Klagen über Fäule sind entweder ganz verstummt oder deren Prozentsatz ist ein ganz geringer; nur in drei Bezirken im Voigtlande ist die Fäule in ausgedehnterem Maße aufgetreten. Dagegen sind die Knollen in Folge des zeitigen Absterbens des Krautes fast durchweg klein bis mittelgroß geblieben, so daß der Ertrag hinter dem vorjährigen zurückbleibt; auch läßt die Qualität an manchen Orten zu wünschen übrig. Runkel- und Zuckerrüben sind gleichfalls klein geblieben, doch ist die Qualität besonders der letzteren eine gute. Wie im Vormonat, so herrscht auch in fast allen September-Berichten nur eine Stimme über präch tigen Stoppelklee und reichliche Grummt-Ernte. Dittersbach. Dem hiesigen Kirchvater und Kirch rechnungsführer, Herrn Gutsauszügler Heinrich Wil helm Liebscher, wurde am Sonntag nach Michaelis, den 3. Oktober, als dem Tage seines 25 jährigen Amtsjubiläums als Kirchvater und Rechnungsführer, eine vom evangelisch-lutherischen Landeskonsistorium ausgefertigte Anerkennungsurkunde in der Kirche, in Gegenwart des gesammten Kirchenvorstandes und vor versammelter Gemeinde durch den hiesigen Ortspfarrer, Herrn Wolfram, in feierlicher Weise ausgehändigt. Nassau. Am 7. Oktober, Vormittags >/»11 Uhr, ist auf dem Felde des sogenannten Schäfergutes, wel ches an der von Nassau nach Frauenstein führenden Straße gelegen, die 14 jährige Minna Richter, Pflegetochter des Hausbesitzers und Maurers August Hennig hier, welche mit ihrer Pflegemutter auf dem Felde beschäftigt war, von den Insassen eines, auf oben bezeichneter Straße in der Richtung nach Frauen stein fahrenden Geschirres in den Unterleib geschossen worden. Nach den sofort von der hiesigen Ortsbehörde, Herrn Gemeindevorstand Göhler, sowie dem Gendarm Herrn Voigt hier angestellten Erörterungen ist LÄgs darauf der Sohn des Kaufmanns Braun in Olbern hau — Hermann Hugo Braun — als Thäter er mittelt worden, und hat derselbe zugestanden, den Schuß aus einem Revolver, ohne irgend Jemand in der Nähe gesehen zu haben, aus Muthwillen abge feuert zu haben. Zur weiteren Feststellung des That- bestandes ist der Thäter durch Herrn Gendarm Voigt dem königlichen Amtsgericht zu Frauenstein übergeben worden. Das betreffende Mädchen liegt an den Folgen des Schusses zur Zeit schwer krank darnieder und ist in ärztlicher Behandlung. Glashütte. Prächtig stieg am 10. Okt., dem Tage des Stiftungsfestes der freiw. Feuerwehr, die Sonne am Himmel empor, nachdem vorher (jedoch nicht für die Sonne) der Weckruf erfolgt war. In den Mittags stunden hatte sich der Himmel aber bereits bedeckt und Jupiter pluvius sandte des Nachmittags einige leichte „Schauerchen", welche natürlich die Feuerwehr nicht abhalten konnten, ihre projektirte Hauptübung auszu führen. Gegen V-2 Uhr wurde das für diese Uebung bestimmte Allarmsignal gegeben und bald darauf rückte die Feuerwehr mit 2 Spritzen nach dem als Brand- objekt angenommenen Gasthof „zur Sonne" ab. Spe zialidee: In einer der nach der Rückseite zu zwischen dem Saale und der Treppe gelegenen und mit Deko rationsstücken und Betten gefüllten Kammern bricht Feuer aus, welches sich sowohl nach dem Saale, als auch nach der Treppe zu schnell verbreitet. Die im Amtsblatt für die Königliche Amishauptmannschaft Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Zsraumstein nicht genügend berichte, daß er es nur dann für nöthig befunden habe, sich „seinen" Wählern zu zeigen, wenn die Wahlen unmittelbar bevorgestanden hätten; in öffentlichen Volksversammlungen und unter Wahrung der Redefreiheit habe er sich der gesammten Wähler schaft noch nicht gezeigt. Auf das Drängen seiner Freunde hin habe er sich endlich einmal bewogen ge fühlt, unter dem 6. Mai 1885 „etwas" über den Reichstag mitzutheilen. Aber von einem wirklichen Bericht habe er abgesehen. Doch hätten alle Wähler das Recht, von ihrem Vertreter Rechenschaft darüber zu fordern, welche Stellung er zu den einzelnen Ge setzesvorlagen eingenommen habe. Da Herr Ackermann keine Lust verspüre, dieses Recht anzuerkennen und die freisinnige Partei „überhaupt nur als konservativer Wahlschwanz in der Wahlzeit figurirt" (Freund, dunkel ist der Rede Sinn!) so halte es Herr Georg Horn für angezeigt, die wichtigsten Vorgänge in und außer dem Parlamente vor Augen zu führen. Er bemängelt so dann die Abstimmungen des Herrn Ackermann im Ge gensätze zu denen der Sozialdemokraten, z. B. in der Besteuerung des Tabaks und Zuckers, in der Kolonial politik, die dem Reiche nicht weniger als 498 000 Mk. gekostet, in der Postdampfer-Subvention, die dem Reiche 9 600000 Mk. gekostet, in den Schutzzöllen. Besonders übel sind sie auf ihn zu sprechen, daß er bezüglich der Kinderarbeit in Fabriken behauptet habe, sie sei un entbehrlich, da hierzu die kleinen zarten Finger der Kinder sich am Besten eignen; in der Diätenfrage habe er eine ablehnende Haltung eingenommen, natürlich um zu verhüten, daß die Sozialdemokratie in größerer Anzahl im Reichstage erscheine; werde dem Herrn doch nichts nützen. Bei der Verhandlung über die Ent schädigung unschuldig Verurtheilter hätten sich die Kon servativen fein zurückgehalten. Wer aber das Sozia listen- und das Dynamitgesetz geschaffen habe, habe auch die moralische Verantwortung dafür zu übernehmen, daß diejenigen, welche diesen beiden Gesetzen schon zum Opfer gefallen seien und noch fielen, in angemessener Weise entschädigt würden. Man komme zu dem Re sultate, daß zwar viel Geld für unproduktive Zwecke bewilligt, dem arbeitenden Volke neue Steuerlasten aufgebürdet, den Großgrundbesitzern und Großunter nehmern höhere Einnahmequellen eröffnet, die berech tigten Wünsche und Forderungen des Volkes unerfüllt gelassen, ?die freiheitlichen Regungen desselben noch wetter beschränkt worden seien. — Nach diesen immer und immer wieder gehörten Gemeinplätzen, die freilich bei der urtheilslosen Menge immer Beifall finden, kommt Herr Georg Horn zu dem Schluß, daß jeder, der ein geordnetes Staats- und Gesellschaftsleben (hört! hört!) herbeiwünsche, die Pflicht habe, bei den nächsten Wahlen nur einem Sozialdemokraten seine Stimme zu geben. — Wenn auch diese Auslassungen des Herrn Horn ohne Bedeutung sind, so sieht man doch, wie rührig die sozialdemokratische Partei für künftige Entscheidungswahlen den Boden vorzubereiten bemüht ist und wie sie sich um öffentliche Angelegen heiten mehr bekümmert, als andere Parteien, die dann bei einem Mißerfolge zu spät einsehen, daß sie den selben nur ihrer eigenen Gleichgiltigkeit und Vertrauens seligkeit zuzuschreiben haben. — Das von unserm Turnverein geplante Concert zum Besten der deutschen Turnbauschule, für welches ursprünglich der Kirmeßsonntag in Aussicht genommen, dessen Verlegung auf einen späteren Tag aber in mehrfacher Hinsicht wünschenswerth war, wird bestimmt Sonntag über 8 Tage, den 24. d. M., stattfinden. — Innerhalb der Amtshauptmannschaft Dippol diswalde ist während des Monats September von an steckenden Thierkrankheiten nur der Milzbrand, und zwar in Kleinbobritzsch und Obercunnersdorf, aufge treten. In ersterem Orte waren 8, in letzterem 17 Rinder gefährdet. In beiden Fällen erkrankte je ein Stück, das vöm Besitzer getödtet ward. Blatte« eine sehr same Verbreit»»«! »erden mit 10 P Spalte»»eile oder Raum berechnet. - bellarische mu> eonq Inserate mit «ntsp , dem Ausschlag. — Einge sandt, im redaktionell«» Theile, die Spaltenzeil» 2« Pfg- Der Reichstag und die Sozialdemokratie. Die „Danziger Allg. Ztg." nimmt in einem län geren Artikel gegen die Art und Weise, wie die So zialdemokraten die letzte kurze Reichstagssession für ihre Privatzwecke verwerthet, sowie gegen den von sozial demokratischer Seite etwa weiter zu befürchtenden Ob- struktionismus sehr scharfe Stellung. Der Artikel, welcher dadurch an Bedeutung gewinnt, daß ihn der „Reichs- und Staats-Anzeiger" vollinhaltlich unter seine „Zeitungsstimmen" aufnimmt, hat folgenden Ge dankengang: Zunächst wird darauf hingewiesen, daß die Berathung der Parteiangelegenheiten gerade den Reichstag zu einem Schlupfwinkel für solche Hand lungen oder ihre Vorbereitungen mache, welche außer halb seiner Mauern, weil gegen die Ordnungen unseres Staates gerichtet, der gesetzlichen Ahndung verfallen würden, und zweitens, daß die Sozialdemokraten ihr Neichstagsmandat und die damit verbundenen persön lichen Bevorzugungen eingestandenermaßen auch zu solchen Zwecken ausnutzen, welche ganz außerhalb der Absichten des Gesetzgebers, der die Institution dieser Volksvertretung geschaffen hat, liegen. Dies wider spreche dem Geist unserer verfassungsmäßigen Einrich tungen ; es gehe nicht an, den Reichstag zum Schirm dach für geheimes ungesetzliches Konventikelwesen und Berathungen zu machen, die ihre Spitze gegen die be stehende Staatsordnung richten. Eine Verstärkung erhalten diese Erwägungen durch die zu Tage getre tenen Absichten der Sozialdemokraten, an den eigent lichen Arbeiten des Reichstages, im Plenum und in den Kommissionen, überhaupt nicht mehr theilzunehmen, sondern ihr Mandat nur noch dazu benutzen zu wollen, um bei paffenden Gelegenheiten auf der Tribüne des Reichstages Agitationsreden zu halten. Um diese „paffende Gelegenheit" nach Möglichkeit zu vermehren, sollen, wie es heißt, die Parteigenossen aufgefordert werden, den Reichstag mit Petitionen zu überfluthen, auf deren Besprechung im Plenum gerechnet werden darf. Wir ständen hier also vor der ausgesprochenen Absicht, die eigentliche Arbeitsthätigkeit des Reichstages zu stören, ihn an der Erfüllung des Zweckes, zu dem er geschaffen ist, zu hindern und dafür das Parlament des deutschen Volkes mit seinen in aller Oeffentlichkeit geführten Debatten zu einem wüsten Klubhaus, in welchem eine revolutionäre Brandrede vie andere ab löst, zu machen. Wenn auch die Geschäftsordnung des Reichstages selbst und eventuell die Einführung des Eides aus die Verfassung einige Handhaben an die Hand gäben, diese Agitationen einzuschränken, so bleibe doch noch genug übrig, was einen scharfen Zwiespalt zwischen dem Zweck und den Aufgaben des Reichstages, wie sie von denen, die ihn ins Leben gerufen, vorge sehen sind, und dem gegenwärtigen Gebrauch, der von diesem Instrument gemacht wird, zu Tage treten lasse. Hier liege also ein ernstes Memento vor, welches zu mal die Sozialdemokraten selbst in gebührende Erwä gung nehmen sollten. Schließlich empfiehlt das Blatt zunächst Selbsthilfe, d. h. das Zusammengehen aller Parteien gegen die Sozialisten bei der nächsten Reichs tagswahl. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 13. Oktober. Vorigen Sonntag ist hier wohl in fast allen Häusern ein Flugblatt, „an die Wähler des 6. sächsischen Reichstagswahlkreises" vertheilt worden, als dessen Verfasser und Verleger sich ein gewisser Georg Horn in Löbtau nennt. Wenn wir nicht irren, ist derselbe bei der letzten Reichstags wahl als Kandidat der sozialdemokratischen Partei auf gestellt gewesen. Der Inhalt des betr. Flugblattes, das übrigens einen ruhigen, anständigen Ton anschlägt, ist zunächst gegen den bisherigen Vertreter des Wahl kreises, den Herrn Finanzprokurator Gustav Ackermann, wie ihn dasselbe bezeichnet,, gerichtet und erhebt gegen denselben den Vorwurf, daß er fiber seine Thätigkeit