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576 Saal Befindlichen bemerken zwar bald das Feuer und können sich die meisten noch über die Treppen retten, für die letzten ist jedoch der Ausgang durch den dichten Qualm versperrt, sodaß sie die Rettung durch das Fenster suchen wollen. In diesem Augenblicke kommt die Feuerwehr an, deren erste Aufgabe nach Erkennung der Gefahr ist, die Betreffenden zu retten, zu welchem Zwecke das Fangtuch aufgespannt wird. Während dieser Zeit ist das Feuer auch in den Saal und das obere Stockwerk gedrungen, wird aber von den bald frei werdenden Mannschaften, welche hauptsächlich mit Rauch zu kämpfen haben, nach einiger Mühe gelöscht, während zu gleicher Zeit die Treppe und der Zugang zu derselben von Rauch befreit wird. — Die Uebung, zu welcher sich auch als Zuschauer einige auswärtige Feuerwehrleute eingefunden hatten, verlief durchaus programmmäßig und arbeiteten die Mannschaften exakt und wacker. — Die offizielle Feier sand ihren Abschluß durch einen Fackelzug, zu welchem sich die Betheiligten nach '/»? Uhr von „Stadl Dresden" aus nach dem Balllokale, dem Gasthof „zur Sonne", in Bewegung setzten. Ueberraschend war der Eintritt in den Saal, den das Komitee wirklich prächtig dekorirt hatte. Eben so schön und originell waren die Tafeln vorgerichtet und herrschte infolge dessen schon von Anfang an eine fröhliche Feststimmung, die sich im Laufe des Abends noch bedeutend steigerte. Als Gäste waren nur der Stadtgemeinderath und die Führer und Vormänner der städtischen Feuerwehr eingeladen worden. Haupt mann Lindig begrüßte zunächst die Damen und die eingeladenen Gäste mit kurzen Worten und eröffnete die lange Reihe der Toaste durch ein Hoch auf den hohen Protektor der sächsischen Feuerwehren, Se. Maj. König Albert, worauf die Sachsenhymne stehend ge sungen wurde. Das Tafellied, gedichtet von Edm. Kohl, war äußerst humoristisch gehalten und war nebst der ausgezeichneten Bewirthung des Wirthes Reichel die Ursache, daß noch mancher gute Toast verbrochen wurde. — Der Ball hielt Gäste und Feuerwehr bis weit über Mitternacht zusammen. Ein Katerfrühstück vereinte eine Anzahl Kameraden am andern Vormittag noch zu einer Nachfeier. — Der bereits gemeldete Ausflug des hiesigen Militärvereins mit „Gepäck" nach Dittersdorf und Börnchen fand trotz des hier und da einfallenden Re gens seitens der Mitglieder und deren Frauen rege Betheiligung. Der Abmarsch konnte des Wetters wegen erst gegen 3 Uhr stattfinden. Der erste Halt wurde im Erbgericht Dittersdorf gemacht, von wo aus sich auch die dortigen Mitglieder nebst Frauen anschlossen. In Börnchen „auf der Höhe" hatte der Wirth, Kame rad Burkhardt, alles vorgerichtet, seine Gäste zu em pfangen, die sich auch gegen 6 Uhr Abends, ziemlich 60 Mann hoch, einstellten. Bald wurde auch ein Tänzchen arrangirt, dem ein „Kaffeekränzchen" folgte, bis kurz nach 10 Uhr zum Abmarsch geblasen wurde. „Mitternacht war nahe schon", als die Ausflügler hoch befriedigt mit „Muttern" wieder zu Hause eintrafen. Hänichen. Die 40. ordentliche Generalversamm lung des Hänichener Steinkohlenbauvereins wird am 30. Oktober im kleinen Saale der Dresdner Börse stattfinden. — Dem Geschäftsberichte der Ge werkschaft entnehmen wir, daß eine Bruttosörderung von 1058035 bl Kohlen gegen vorjährig 1218195 dl erzielt wurde. Durch das Einstellen der Kohlen gewinnungsarbeiten auf dem Berglustschacht ist diese Förderung um 115118 bl zurückgegangen. Die Nettoförderung stellt sich auf 942786 bl gegen vor jährig 1057 904 dl. Die Ausgaben sind dem entsprechend von vorjährig 467944 M. auf 443 761 Mark zurückgegangen. Die Gewinnungskosten dagegen sind von vorjährig 44,, Pf. auf 47,» Pf. per Hekto liter gestiegen. Aus dem Verkauf von 1048 767 bl (im Vorjahre 1 105 926 bl) wurden 613794 M. (im Vorjahre 633 675 M.) eingenommen. Die Erhöhung der Gestehungskosten erklärt sich durch die Steigerung de: Jahresleistungen des Vereins zu der Knappschafts kranken- und Knappschaftspensionskaffe, anderntheils dadurch, daß die Förderung durch die Betriebseinstel lung auf vorgenanntem Schachte zurückgegangen ist. Der in 54280 M. bestehende Gewinnüberschuß wird mit 44280 M. zu Abschreibungen, 7200 M. zu Ver- theilung einer I proz. Dividende, der Rest zur Do- tirung des Reservefonds und zur Gewährung der statutarischen Tantiemen verwendet, die Bilanz be gleicht sich mit 1406 594 M. Dresden. Sachsen besitzt gegenwärtig 200 ge werbliche Schulen mit 17700 Schülern und 990 Lehrkräften. Radeberg. In dem Konkurse über das Vermögen der Aktiengesellschaft „Saxonia", Eisenwerke und Eisenbahnbedarf-Fabrik, soll mit Genehmigung des Gläubigerausschuffes eine anderweite Abschlagszahlung erfolgen. Zu berücksichtigen sind I118156 Mk. nicht bevorrechtigte Gläubiger; der verfügbare Massenbestand beträgt nur 671 M. Schandau. Die jetzt abgeschlossene Badesaison ist eine der besten gewesen,, die je zu verzeichnen waren. In Summa wurde Schandau von 35378 Kurgästen und Passanten (Nachtfremden) besucht, was gegen das Vorjahr ein Mehr von ca. 7500 Personen ausmacht. Colbitz. In hiesiger Stadt hat sich in letzter Zeit ein Naturhetlverein gebildet, worauf von 6 Aerzten bekannt gemacht wurde, daß sie bei allen Mitgliedern dieses Vereins die ärztliche Thätigkeit ablehnen würden. Plauen i. V. Der hiesige Stadtrath hat jetzt einem Gutachten des städtischen Schulausschusses zu gestimmt, demzufolge bei der 3. Bezirksschule ein Schulgarten zu Anpflanzung von Bäumen, Sträu chern und Pflanzen zu Unterrichtszwecken angelegt werden soll. Der Garten soll ungefähr 650 Quadrat meter groß werden und sich an den Turn- und Spiel platz für die Kinder anschließen, jedoch von diesem durch einen Zaun getrennt werden. Schulgärten dieser Art sind jedenfalls sehr geeignet, in der Schuljugend die Liebe und das Verständniß zur Pflanzenwelt, so wie zu Baum und Strauch zu wecken und zu nähren. (Bei uns in Dippoldiswalde hat man übrigens auch begonnen, neben dem Schulgebäude eine ähnliche An lage ins Leben zu rufen.) Leipzig. Das Reichsgericht hat die Revision von Bebel und Genossen gegen das Urtheil des Frei berger Landgerichts verworfen. — Demnächst wird auch die Leipziger Schutzmann schaft mit Revolvern versehen werden; bisher hatten solche nur die Kriminalpolizeibeamten zur Benutzung. Tagesgeschichle. Berlin. Kaiser Wilhelm wird bald nach dem 20. Oktober von Baden-Baden zum Winteraufenthalt wieder in Berlin eintreffen. — Aus dem bisherigen Gange der auf den preu ßischen Staatshaushaltsetat bezüglichen Arbeiten ergiebt sich mit ziemlicher Gewißheit, daß der Etat mit einem nicht unerheblichen Fehlbeträge abschließen wird, dessen Höhe von der Feststellung der Matrikularumlagen abhängt. Es ist zweifellos, daß dieselben erheblich höher als im laufenden Rechnungsjahre sich gestalten werden, wo er, wenn wir nicht irren, rund 14 Mill, beträgt. So weit sich bis jetzt übersehen läßt, haben sich die Einnahmen aus der Eisenbahnverwaltung ge bessert und lassen auch einen günstigeren Voranschlag zulässig erscheinen. Andere Betriebsverwaltungen und einzelne Steuern sind indessen hinter dem Voranschläge zurückgeblieben. Es ist deshalb die Weisung ergangen, alle nicht unbedingt nöthigen Ausgaben nach Möglich keit zu vermeiden. Bremen. Der verschollene Dampfer „Anchoria" ist am 8. Oktober unweit St. Johns (New-Foundland) unter Segel gesprochen worden. Braunschweig. Als Bevollmächtigter des Herzogs von Cumberland beantragte Windthorst bei dem braun schweigischen Ministerium die Herausgabe der noch nicht verabfolgten Privatvermögensobjekte des verstor benen Herzogs Wilhelm, und zwar des Mobiliars der Schlösser in Braunschweig und Blankenburg, des Silber zeugs, der Vorräthe der Bettkammer, des Weinkellers, des Inventars des Hoftheaters, des Marstalls, der Jagdverwaltung, der Kunstschätze des Museums, sowie von Druckwerken und Handschriften der Bibliothek in Wolfenbüttel. Bayern. Das germanische Nationalmuseum in Nürnberg hat nach einer Mittheilung des Direktors Essenwein in den 33 Jahren seines Bestehens 3 240169 Mark Einnahmen gehabt; diesen stehen die Ausgaben in einer Höhe von 3145 680 Mark gegenüber. Unter letzteren treffen auf die Verwaltung 1 162519 Mark, auf die Sammlungen 714451 und auf die Bauten 864 311 Mark. Die Einnahmen scheiden sich in der Hauptsache in festangemeldete Jahresbeiträge, einmalige Beiträge und Eintrittsgelder. An ersteren ist am deut lichsten zu beobachten, wie im Laufe der Jahre das Interesse an dem Nationalmuseum immer weitere Kreise durchdrang. Im ersten Jahre, 1852, beliefen sie sich auf 20 Mark, voriges Jahr, 1885, erreichten sie. die Höhe von 109 945 Mark! Auf der langen Liste der Spender stehen als die ersten verzeichnet mehrere Se minaristen von Blaubeuren in Württemberg, welche 5 Gulden spendeten. Zu erwähnen ist, daß die Grün dung des Museums zu Dresden im Jahre 1852 ohne jede Geldmittel erfolgt war. Die Schulden des Na tionalmuseums sind zur Zeit verhältnißmäßig nur noch geringe, sie betragen wenig über 39 000 Mark, dürften also in einigen Jahren ganz getilgt sein. Oesterreich. Der amtliche Wiener Polizeibericht vom Sonnabend bestätigt jetzt die schon seit mehreren Tagen kursirenden Gerüchte über die Entdeckung und Verhaftung einer Dynamit- und Falschmünzer-Bande mit anarchistischen Tendenzen. Seit einiger Zeit — so besagen die bezüglichen Details dieses Berichtes — bildeten sich unter der Führung von anarchistischen Häuptlingen regelrechte Zirkel und Gruppen, inner halb welcher Unterricht über sichere Ausführung ver schiedener Verbrechen ertheilt wurde. Eine derartige Gruppe hatte in dem Wiener Vororte Penzing ihren Sitz. In einem dortigen Wirthshause hatte die Gruppe eine eigene Stube, wo die Zusammenkünfte und das „Studium" stattfanden. Diese Gruppe war zwanzig Mann stark. Ihr Studium war Chemie und insbe sondere die Zusammensetzung von Explosionskörpern. Ihr Werk war so weit gediehen, daß am 4. Oktober, bezeichnender Weise dem Namenstag des Kaisers, zur Ausführung geschritten werden sollte. Die Verbrecher wollten in Rudolfsheim, Hietzing und Penzing, also lauter Ortschaften, welche direkt das kaiserliche Lust schloß Schönbrunn umgeben, die Holzplätze und ver schiedene voraus bestimmte Gebäude, darunter auch öffentliche, in Brand setzen und gleichzeitige auch Bom ben werfen. Zur Brandstiftung waren besondere Apparate vorbereitet, welche gestatteten, daß die Ver brecher nach deren Placirung sich selber in Sicherheit bringen konnten. Proben mit diesen Apparaten, die nur zu wirksam ausfielen, waren vorher bereits ange stellt worden, darunter die Brandstiftung in dem Wall fahrtsorte Maria-Lanzendorf unweit Wien, wo beinahe die schöne Wallfahrtskirche angebrannt wäre. Fernere Proben wurden an mehreren Holzplätzen gemacht, hier aber so, daß nicht etwa ein vorzeitig ausbrechender großer Brand die Wachsamkeit der Polizei schärfe und die Ausführung des geplanten großen Streiches ver hindere. Die Polizei hatte inveß rechtzeitig Kenntniß von diesen Vorgängen und überwachte sorgfältig die Verbrecherbande. Am vorletzten Sonntag, am Vor abend der beabsichtigten Greuel, als die erwähnte Gruppe zum letzten Male, gleichsam zur „General probe" in ihrem Schlupfwinkel zusammentraf, schritt die Polizei zur Verhaftung der Missethäter, deren achtzehn sie dingfest machen konnte; einer hatte Wien vorher verlassen, ein anderer verschwand spurlos. Mehrere Verhaftete haben bei der seither unausgesetzt geführten Untersuchung bereits kheilweise Geständnisse abgelegt. Gleichzeitig mit den Verhaftungen erfolgten Haussuchungen, wobei eine bedeutende Menge von Verbrecher-Werkzeugen, Sprengstoffen und mehrere Bomben vorgefunden wurden. Daß die Verhaftungen nicht gefahrlos für die Polizei waren, bedarf keiner Versicherung. Außer diesen beglaubigten Einzelheiten werden noch viele andere erzählt, darunter, daß die Polizei.eine förmliche Liste jener öffentlichen Gebäude, gegen welche die Attentate geplant waren, vorgefunden hat. Auf der Liste stand auch das Parlamentsgebäude, welches jetzt wieder durch eine Kommission untersucht wurde. Vor diesen Entdeckungen noch gelang der Polizei die Auffindung einer vier Mann starken Falsch münzerbande, welche durch Falschmünzerei Geldmittel zu anarchistischen Zwecken schaffen sollte. Die ganze Bande sitzt in Gewahrsam. Zwei Falschmünzer ge hörten jener Bande an, die im vorigen Sommer unter allerlei Masken Erpressungen auszuüben versuchte. Die Polizei täuscht sich übrigens darüber nicht, daß die anarchistische Organisation weiter besteht und daß die jüngsten Verhaftungen noch nicht alle Schuldigen umfassen. Frankreich. Die „Republique franyaise" sagt, es werde vergebens versucht, Frankreich und Italien hinsichtlich des mittelländischen Meeres, besonders wegen Tripolis in einen Gegensatz zu einander zu bringen. Wolle Italien Tripolis besetzen, so werde Frankreich es daran nicht hindern. Bulgarien. Am 10. Oktober kamen etwa 150 Landleute in Sofia zum russischen Konsul, um Er kundigungen einzuziehen, wie sie sich bei Wahlen zu verhalten haben. Neklidoff erschien am Fenster und wurde von der Menge mit den Rufen: „Es lebe Ruß land!" begrüßt. Später hielt er eine Ansprache, wo rin er auf die Mission Kaulbars' hinwies und hinzu fügte, daß Rußland bereits erklärt habe, die Wahlen als nichtig ansehen zu müssen. Die Landleute gingen hierauf in das Wahlbureau und erklärten, daß sie kämen, den Wahlen Einhalt zu thun, da Rußland dieselben mißbillige. Die in dem Wahlbureau An wesenden trieben die Landleute zurück, wobei mehrere derselben auf der Treppe stürzten und von den Nach drängenden getreten wurden. Die Wähler verfolgten die Bauern dann mit Steinwürfen und Schlägen. 5 oder 6 Verwundete wurden auf das russische Kon sulat gebracht, wo ihnen das Personal desselben die nöthige Hilfe leistete. — Eine Deputation von 250 Notabeln erschien beim General Kaulbars und erklärten diesem, daß sie alle Maßnahmen der bulgarischen Re gierung vollständig billigten. — Nach den bisherigen Meldungen sind bei den Wahlen zur großen Sobranje 420 Anhänger der Regierung und nur 20 Zankowisten gewählt; die Parteistellung der Uebrigen ist unbekannt. Die rus sische Agentur richtete 3 Schriftstücke an die Regierung, von denen das eine auf Befehl des General Kaulbars