Volltext Seite (XML)
Wcheritz -MW Amtsblatt Verantwortlicher Redacteur: Carl Ichnk in Dippoldiswalde. Nr. 68. Donnerstag, den 17. Juni 1886. 52. Jahrgang. bedeutenden Auflatz» del Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 1V Pfg. die Spaltenzeile oder deren Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirt« Inserate mit entsprechen dem Ausschlag. — Eina«- sandt, im redaktionellen - Theile, die Spaltenzeile SO Pfg. Die „Weißeritz-Zeitung'« «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis merteljiihrlich 1 M. 25 Pfg., zweimonatlich 84 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummer« 10 Pfg. — Alle Postan fialten, Postboten, sowie die Agenten nehmen Be ¬ stellungen an. für die Königliche Amtshauptmannschast Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen "Amtsgerichte und die Stadträthe zu Dippoldiswalde und Irauenjtein Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde, 16. Juni. Die nach den vor ausgegangenen verheißungsvollen Tagen hochgespann ten Psingsthoffnungen sind leider nicht, oder doch nur in sehr beschränktem Maße in Erfüllung gegangen. Zwar lockte der herrliche Morgen des ersten Festtages zum Genüsse der frisch unter sonnigem Himmel prangenden Natur, und unsre Eisenbahn hatte einen ganz bedeutenden Verkehr zu bewältigen, aber der gegen Mittag rieselnde und am Nachmittag sich wieder holende Regen, der am Morgen des 2. Feiertags be deckte Himmel und die am Nachmittage sich zusammen ziehenden Gewitter mit zum Theil wolkenbruchartigen Niederschlägen verhinderten bedeutenden Nachschub von Ausflügler» und verdarben den am Sonntage zu weiteren Touren ausgerückten Pfingstreisenden die erhoffte Festfreude. Die angekündigten Gartenconcerte in unserer Nähe konnten nicht stattfinden und das am 2. Feiertage Abends im Schießhause vom Berghoboist Dechert veranstaltete Concert war gleichfalls nur schwach besucht, da der Regen und drohendes Gewitter Biele daheim fest hielten. — Der neu erbaute König- Johann-Thurm in unseren romantischen Steinbrüchen wurde zwar leidlich besucht, doch verhinderten Wolken und dunstige Ferne die Aussicht in die Weite. Die Befürchtung, daß die immerhin bedeutende Höhe des Thurmes, 19 Meter, zu welcher man auf 99 Stufen hinaufsteigt, nicht genügend sein werde, um über den nach Norden liegenden Wald hinweg zu sehen, ist einge- troffen und beabsichtigt man deshalb, wie wir hören, noch einen 3 Meter hohen Ziegelbau aufzusetzen. Wir bezweifeln, daß man damit den beabsichtigten Zweck erreichen wird und halten die dafür erwachsende Aus gabe für unproduktiv. Das sich von dem Thurme in jetziger Höhe ergebende Panorama ist, wenn auch nicht nach allen Seiten frei, doch im Ganzen so schön und vielseitig, daß es des kostspieligen Weiterbaues, durch den der Wald doch nicht überwunden werden kann, durchaus nicht bedarf. Was nach unserer Meinung viel wünschenswerther wäre, ist die Ein richtung eines den Besuchern des Steinbruchs, bez. Thurmes Unterkunft gewährenden Pavillons auf der Höhe, da die Temperatur in den Steinbruchsanlagen zwar wunderbar frisch und erquicklich, aber für den erhitzten Touristen wohl allzu kühl ist und der plötz liche Uebergang immerhin nachtheilig wirken kann. — Der gestrige 3. Feiertag entschädigte nicht für die Ent behrungen der vorausgegangenen — wir müssen denken, daß wir bereits zu Ostern ein Pfingstwetter gehabt haben, wie wir es zum zweiten Male eben nicht haben sollten. — „Nur in einem gesunden Leibe wohnt eine ge sunde Seele." Diese goldenen Worte werden be sonders in unsrer Zeit immer mehr und mehr an erkannt und gewürdigt. Auch in weiteren Kreisen und in größeren Schichten der Bevölkerung bringt man deshalb den Bestrebungen auf dem Gebiete der Hygiene größeres Interesse entgegen, und auch der Laie beschäftigt sich jetzt ernstlicher mit der Frage: Was ist dem Wohlbefinden deines Körpers am dien lichsten? Daß dieses Wohlbefinden neben anderen Hauptfaktoren hauptsächlich auch durch eine praktische, gute Bekleivung des Körpers erreicht wird, ist wohl Jedem einleuchtend und so ist auch nicht zu verwundern, daß sich Männer bestreben, auf dem Gebiete der Be kleidung reformirend einzugreifen und zu verbessern. Das sind besonders die Jägerianer, auch die „Wollenen" genannt, mit Prof. Jäger an der Spitze. — In wenig Tagen, und zwar am 20. Juni, werden die Anhänger Jägers in Sachsen, die Verehrer einer technisch prak tisch bearbeiteten Reinwoll-Bekleidung, der Jägerianer- verein, eine ihrer Hauptversammlungen abhalten, und zwar wollen dieselben zu unsrer Freude, wie seinerzeit schon Ingenieure, Forstleute, Turnlehrer rc. auch in den Mauern unsrer Stadt tagen, um in persönlichem Verkehre, in Rede und Gegenrede ihre Erfahrungen aus dem Gebiete des Wollregimes auszutauschen, zum Wohle des Ganzen. Es kann auf das bestimmteste behauptet werden, daß die Reihen Derjenigen, die obigen Bestrebungen früher einfach nur Spott und Mißachtung entgegensetzten, sich schon auffallend ge lichtet haben, daß aus manchem Saulus schon ein Paulus geworden ist und mancher frühere arge Spötter schüchtern bekennt, daß er schon zu den Halbwollenen mit zähle und mit Wollwäsche reichlich versehen sei, ja auch nicht übel Lust habe, sich einmal einen echten Jägerrock zuzulegen. Wenn wir nun zum Schluffe noch an die Bewohner von Dippoldiswalde die Bitte richten, auch diese Gäste freundlich zu empfangen, auch den Wollenen durch Interesse an der Sache, durch Theilnahme bei ihrem Zusammensein rc. entgegenzu kommen, so thun wir es schon in der Ueberzeugung, daß sich die bekannte und anerkannte Gastfreundschaft der Bevölkerung unsrer Stadt auch am 20. Juni wieder bestätigen wird. Ganz besonders aber ist es Pflicht der hiesigen Freunde des Wollregimes, sich nicht zurückzuziehen, sondern voll und ganz bei der Sache zu sein. > — Im Jahre 1885 sind innerhalb der Amts- hauptmannschast Dippoldiswalde 26 Brandfälle vorgekommen, für die insgesammt 69,165 M. für die Gebäude-Vers.-Abtheilung gezahlt wurden. 3 Brände kamen in Stäben mit 21,597 M. Versicherung vor; der Entstehung nach kommt je I Brand auf muth- maßliche Fahrlässigkeit, auf muthmaßlichen Gebrauch ordnungsmäßiger Feuerungsanlagen und auf einen kalten Blitzschlag. Die 23 Brände in den Dörfern erforderten 47,568 M. Entschädigung und sind der Entstehungsursache nach 2 auf erwiesene, 5 auf muth- maßliche Brandstiftung, 1 auf den Gebrauch ordnungs mäßiger Feuerungsanlage, 2 auf muthmaßlichen Ge brauch mangelhafterFeuerungsanlagen, 1 auf Industrie betrieb ohne Feuerung und 4 auf zündende und 8 auf kalte Blitzschläge zurückzusühren. — Die in diesem Jahre so häufig vorgekommenen Brandunfälle, durch die vielen und schweren Gewitter herbeigeführt, lassen recht deutlich erkennen, wie viel fach der hohe Werth eines guten Blitzableiters nicht in richtiger Weise gewürdigt wird. Durch mehrfach aufgestellte Statistiken ist nachgewiefen, daß richtig konstruirte Blitzableiter in allen Fällen schützend wirken, während ungenügende Blitzableiter dem zu schützenden Objekte mehr schaden als nützen. In neuester Zeit sind Widerstands-Meßapparate für Blitzableiter-Unter suchungen konstruirt worden, durch welche sich die Widerstände der Erd- und Ableitung zuverlässig be stimmen lasten. Es empfiehlt sich nun für Jeder mann, seine Blitzableiter durch einen Sachverständigen mittelst solchen Apparates untersuchen zu lasten und diese Untersuchung alljährlich zu wiederholen, da ge rade bei der Erdleitung, welche doch der Hauptbestand teil eines guten Blitzableiters ist, Defekte eintreten können, die dem Auge unsichtbar sind und sich nur durch Messungen bestimmen lasten. — Wie es heißt, dürften Rebhühner in dieftm Jahre zu einer seltenen und theueren Speise werden. Die vielen Unwetter haben die Thiere beim Brüten gestört, auch fand man viele junge Hühner, die vom Hagel erschlagen worden waren. — Eine für alle Krankenkasten wichtige Entschei dung wurde kürzlich vom Schöffengericht in Leipzig gefällt. Das Mitglied einer Ortskrankenkaste hatte sich aus Grund eines ärztlichen Zeugnisses krank gemeldet, aber es war ermittelt worden, daß der Betreffende während der Zeit seiner angeblichen Krankheit fort gearbeitet hatte. Der Fall wurde dem Staatsanwalt angezeigt und vor dem Schöffengericht zur Verhand lung gebracht, welches hierauf den Betreffenden wegen Betrugs zu 10 Tagen Gefängniß verurtheilte. — Die Gerichtsferien beginnen wie alljährlich so auch Heuer am 15. Juli und dauern bis zum 15. September. — Bei der am 12. Juni vorgenommenen Aus- loosung von Geschworenen für die 3. Quartals periode des kgl. Schwurgerichts zu Dresden sind aus der Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde ausgeloost worden: Uhrenfabrikant Emil Lange in Glashütte und Geflechthändler August Walther in Altenberg. — Die Telegramm-Gebühren-Tarifsätze erleiden vonl 1. Juli ab wesentliche Veränderungen. So wird auch im Jnlandsverkehr und allgemein im Auslands verkehr die Grundtaxe für ein Telegramm abgeschafft, wie dies jetzt z. B. schon in einem Theile des Aus landsverkehrs stattfindet. Im Jnlandsverkehr wird als Ersatz für den Wegfall der 20 Pfg. Grundtaxe die Wortgebühr von 5 auf 6 Pfg. erhöht. Zehn Worte kosten jetzt 70, dann 60 Pfg. Dieser Satz von 60 Pfg. gilt gleichzeitig als Mindestsatz für ein Telegramm. Außer den Tarifsätzen werden auch sonstige wichtige Neuerungen für den Telegrammver kehr am 1. Juli in Kraft treten. — Dem soeben erschienenenRechnungsabschlusss der sächsischen Staatsbahnen für das Jahr 1885 ent nehmen wir folgendes: Die Gesammteinnahme betrug 67,772,961 M. 36 Pf. gegen 66,536,742 M. 65 Pf. im Vorjahre, d. i. eine Mehreinnahme von 1,236,218 Mark 71 Pf. Durchschnittlich pro Kilometer betrug die Einnahme 30,856 oder 589 M. weniger als im Jahre 1884. Diesen Einnahmen steht eine Gesammt- ausgabe von 39,462,617 M. 25 Pf. gegenüber. Die Ausgaben waren insgesammt von 50,152 M. 31 Pf. höher, durchschnittlich pro Kilometer Bahnlänge aber um 659 M. niedriger als im Vorjahre. Es beziffert sich die Ausgabe pro Kilometer Bahnlänge auf 17,967 Mark gegen 18,626 M. im Vorjahre. Der Ueberschuß beziffert sich auf 28,310,344 Mark 11 Pf. gegen 27,124,277 M. 71 Pf. Es war das Neinerträgniß um 1,186,066 M. 40 Pf. höher als im Jahre 1884. Durchschnittlich pro Kilometer Bahnlänge ergiebt sich ein Ueberschuß von 12,839 M. oder 70 M. mehr als im Vorjahre. Das mittlere Anlagekapital verzinst sich mit 4,7«« Proz. gegen 4,»7t Proz. im Vorjahre, das zum Bahnbau aufgewendete Kapital mit 4,,«» Proz. Von den Einnahmen entfielen 20,546,099 M. 55 Pf. auf den Personenverkehr oder 860,330 M. 41 Pf. mehr als im Vorjahre, auf den Güter - Verkehr 43,768,292 M. 34 Pf. oder 390,955 M. 40 Pf. mehr als im Vorjahre; aus der Ueberlaffung von Bahnanlagen wurden 641,447 M. 68 Pf., aus der Ueberlaffung von Betriebsmitteln 1,485,064 M.98Pf., aus Veräußerungen 99,631 M. 63 Pf. und aus sonstigen Quellen 1,232,425 M. 18 Pf. vereinnahmt. Hennersdorf. Bei dem heftigen Gewitter, das am 1. Pfingstfeiertag über die hiesige Gegend zog, fuhr ein Blitz in die obere Mühle hier, dem Bäcker meister Weigand gehörig, wodurch 10 Personen, die sich in der Wohnstube befanden, mehr oder weniger betäubt und gelähmt wurden. Einem 14 jährigen Mädchen z. B. war der Blitz an einer Seite des Leibes hinabgefahren und hatte ihr die Haare versengt, ein anderes Mädchen konnte sich nur durch Rutschen auf den Knieen fortbewegen, da ihr die Füße gelähmt waren rc. Glücklicherweise sind aber nachtheilige Folgen für die Gesundheit betreffender Personen jetzt nicht mehr zu bemerken. Auch brannten auf dem Boden räume schon verschiedene Gegenstände, welche aber durch schnell hinzukommende Nachbarn gelöscht und so weiteres Unglück verhütet wurde. Ein anderer Blitz strahl schlug in das Feld des Gutsbesitzers August Kempe, ohne viel Schaden anzurichten. SchlottwiH. Am vergangenen Sonnabend Nach mittag verunglückte hier der Holzschleifer A. E. Löhr aus Georgenfeld dadurch, daß er auf unerklärliche Weise in das gehende Zeug kam. Löhr hat dadurch mehrere Arm- und Beinbrüche erlitten, auch verschie-