Volltext Seite (XML)
Nummer 174 — 29. Jahrgang «rl«»drl «mal wSchtt. mtt Mupr.»mU»e«N-g«, ^«lmat ua» Well' und der Mnderbeilage .Frohmut', sowie den rerlbetlage, .Et. Benno-BIall'. .Unlerhaltung und Wissen'. Die Welt de, Frau', «erzlttcher Ratgeber'. .Da» gute Buch'. .Ftlmrund, sch-ru'. Monatlicher B,,n,«vret» S Mt. -tnschl. Reltellgeltz Atuzpsnummer Lv Sounadeud. u. Sonntagnunnner Ev H ^ Hauvtlchrl'llelter, D». V. »e«eed». Dresden., Sächsische Mittwoch, den SV.Iuti 193S >t»«rl a gSort » DreNden »n^eigenpeets«, Die Igeivalten« PeMi^Ue !»« 4. Familie» aiueigen „.SteNsugesuche '«»4- Die Petitrrtlame«eil^ Mnir» breit. 1 Für Anzeige» autzerhalb de» BerbrettiuigSgebicte« dieVetitrrklamrzeilel.lt«^. Br«e,geb.H«4. Im Fa»« hdherer Gewalt erlischt jede »«PNichtung aus Ltesenmg I-wtz «rsüllung v. Nn,eigen. «ustr«ge<^ vetsilinq v. «chadenersa-, a«sch»ltlich«r raNi F»a«e Bnngatti». Drelden. volf-settuno tSelchiiltSftell«, Drntt».Vertag: Rermanla. SI^U. sür Verlag und Druckerei.Filiale Dresden, Dresdeu-A.t. Polierslraftel?. FemruiSIOtS. Postscherklonto Dresden 77NL Bantlonto Ttadtbank Dresden iiir >U7I>> Für chrisNiche Politik und Kultur Redaktion der Lürdslsaie» Volk»,eitnug DreSden-Altstadi t. Poiierstraste >7. Fsrnrin SV7I> und -wiz. Das Zenlrum rüstet Führerkonferenz in Berlin zur Vorbereitung des Wahlkampfes Mil Zuversicht in -en Kamps Berlin. 29. Juli. Die Zentrumspartei hat gestern im Reichstag eine große Informativ ns Konferenz abgehalten, an der die Vorsitzenden der Landesverbände, die Parteisekretäre, zahl reiche Abgeordnete und Vertrauensmänner aus dem Lande so wie Vertreter der Zentrumspresse teilnahmen. Die Konferenz war trotz der Ferienzeit autzerordentlich gut besucht. Der Parteivorsitzende Prälat Dr. Kaas eröffncte die Konferenz vormittags 9 Uhr mit einer Rede, in der er die poli tische Entwickelung der letzten Jahre schilderte und die jetzige Krise als die notwendige Folge einer verfehlten Steuerpolitik, wie sie hauptsächlich unter dem Kabinett Müller getrieben wor den sei, und einer nicht immer glücklichen Autzenpolitik kenn zeichnete. Die Warnungen, die das Zentrum rechtzeitig aus gesprochen habe, seien nicht gehört worden. Mit der Wahl sei die Frage an das deutsche Volk gestellt, ob es dem Ernst der Lage gerecht werden wolle. — Reichstagsabgeordncter Ioos kennzeichnete die Stellung des Zentrums zu den einzelnen politischen Gruppen. Minister a. D. Brauns Hab eine Reihe von Punkten hervor, die im Wahlkampf eine besondere Rolle spielen werden. Er legte die Gründe dar, die nach dem Sturz des Kabinetts Müller keine andere Lösung als das Kabinett Brüning zuliehen, üuherte sich verneinend zu der Frage, ob der Reichstag schon in einem früheren Zeitpunkt hätte anfge- löst werden sollen und kennzeichnete schließlich gewisse kon struktive Fehler der Verfassung: der Reichstag könne nicht gleichzeitig Gesetzgeber und Regent sein, ebenso unglücklich sei die Art, wie in der Verfassung das Verhältnis von Reich und Ländern geregelt sei. In diesen Punkten mühten Reformen angestrebt werden. Generalsekretär Scheven (Kölns betonte die große Zu versicht. mit der die Zentrumspartei im Westen in den Kampf gehe. Abgeordneter G a st äußerte sich zu den Punkten, die in der Agitation unter den Beamten gegen das Zentrum aufge- fiihrt werden. Minister Sieger wald legte die Notwendig keit der sozialpolitischen Maßnahmen des Kabinetts Brüning dar. (Einen Teil dieser Ausführungen finden unsere Leser in dem Bericht über die Essener Rede Stegerwalds, die wir an anderer Stelle geben.) Dr. Perlitius sprach über die agrar- politischen Maßnahmen des Kabinetts und legte eindringlich dar. daß noch nie eine so umfassende Hilfsaktion für die Land wirtschaft eingeleitet worden sei wie unter dem Kabinett Brü ning. Professor Dr. Dessauer ergänzte diese Ausführungen nach der Seite der allgemeinen Wirtschaftspolitik. Unter größ ter Aufmerksamkeit ergriff dann Reichskanzler Dr. Brüning idas Wort, um eindringlich auf die ganz einzigartige Bedeutung des kommenden Wahlkampfes hinzuweiscn. Es gelte dem deutschen Volke die gefährlichen Illusionen, die sich bei einein Teil der Wählerschaft festgesetzt hätten zu nehmen, uns ihm den ganzen Ernst seiner Lage klarzumachen. — Tie Regierung habe es für richtig gehalten, den 'Artikel -I? zunächst einmal in Anwesenheit des Reichstages anzuwenden. Sie rufe jetzt die Entscheidung des Volkes darüber an. ob die Sanierung der Reichsfinanzen durchgeführt werden lall Tie Negierung wolle sich streng an die verfassungsmäßigen Formen Hallen Nichts sei gefährlicher als die absolute Negierung des bestehenden Systems. Dadurch werde die Gefahr einer Krise herauf beschworen, in der dann nur noch eine blutige Lösung möglich sei. Im Wahlkampf könne mit Recht betont iverden daß eine friedliche und ruhige Entw ! ckcl u ng im gegenwär tigen Zeitpunkt nur unter Führung des Zentrums möglich gewesen sei. Die Regierung sei sich darüber klar, daß nach den letzten, außerordentlichen Maßnahmen weltsrc S t e u e r e r h ö h u n g e n nicht mehr möglich seien. Es gebe künftig nur einen Weg: Ausgaben Senkung, lieber diese Tatsache und die, jedenfalls in vieler Beziehung schmerzlichen Folgerungen, die aus dieser Erkenntnis zu ziehen seien, müsse sich dos Volk vor der Wakleuticheidung klar sein. Das Zentrum trete unter günstigen V 0 rzeiche n in den Wahlkampf ein. Während in anderen Lagern Ver wirrung. Spaltung und Unklarheit herrsche, sei das Zentrum völlig einig und geschlossen. Die Partei sei sich bewußt, daß dieser Wahlkamns historische Bedeutung haben werde, daß er der wichtigste Wahlkamps seit der Nationalversammlung sei. Von dem Ausgang des Wahlkampfes hänge die Zukunft der deutschen Republik g'o. — Starker Beifall folgte der Rede des Reichskanzlers, Frau Weber sprach über kulturnoMische Fragen und betonte die Geiöhrlichlieit der non Sozialisten und Kommunisten betriebenen Kulturpolitik für die deutsche Familie. — Am Nachmittag wurden die organisatorischen Vorbereitungen der Wahl und das taktische Verhalten der Partei im Wahlkomps zunächst in getrennten Konferenzen der Varteibeamten. der Presse der stugendsührer usf. besprochen. In einer zweiten gemeinsamen Beratung in den Abendstunden werden die Ergebnisse dieser Besprechung kurz zusammen- 9° faßt. Die badischen Jenkrnmskarididakon Karlsruhe, 28. Juli. Der Landesauslchuß der Badische» Zeutrumspartei nahm tn einer von Vertreter» ans dem ganzen Lande sehr stark be suchten Versammlung die Ausstellung der Kandidatenliste für die Reichstagswahle» am Ick September nor. Die Liste weist folgende Namen auf: 1. Rcichsfiiianziniiiister a. D. Dr. Köh ler, 2, Reichstagsabgeordncter D i e tz - Radolfszell, 3, Neichs- tagsabgeordueter Ersing - Karlsruhe, 4. Reichstagsnbgeord- netcr Dr. Föhr-Freiburg, K. Rcikhslagsavgeordneter Damin» Badenschwcndt. 6. Fra» V d s l i p p - Karlsruhe. VoSksparkei und Slaaksparlei . Wohin will Scholz? Berlin, 29. Juli. Die Nationalliberale Korrespondenz, der parteiamtliche > > Pressedienst der Deutschen Volkspartei, nimmt zu der Grün- tHlkng der Deutschen Staatspartei Stellung und stellt fest, daß i jemand von denjenigen, die die neue Partei gründeten, über- Mupt an die Deutsche Volkspartei eine Frage gerichtet habest?I ^ie Tatsache der vollzogenen Gründung sei durch den demo kratischen Pnrteivorsitzenden Koch-Weser und den jungdeut schen Ordenskanzler Bornemann lediglich dem Vorsitzenden und einigen Mitgliedern der Reichsgemeinschaft junger Volks parteiler mit der Aufforderung zur Kenntnis gebracht worden, sich unverzüglich für oder wider das neue Partoigebilde zu ent scheiden, was die Beteiligten selbstverständlich abgelehnt hätten. Die Deuts 6> e Volkspartei stehe nach wie vor auf dem Standpunkt, daß es nicht darauf ankomme, der kaum gegründeten konservativen Rechten mit denkbarster Beschleu nigung eine republikanische bürgerliche Linke entgegenzustellen und das deutsche Staatsbürgertum auf dem Wege einer solch eigenartigen Sammlung wieder erneut In eine Rechte, eine Mitte und eine Linke mit allen möglichen Zwi schenstufen aufzuteilen, sondern es komme darauf an, die denk bar größte staatsbürgerliche Einheitsfront herzustellen. Sie -alt« deshalb an ihren umsassenden Sammlungsbestrebungen fest und werde auch Herrn Koch-Weser, wenn er. wie zugesagt, zu diesen Besprechungen erscheine, die erforderlichen Fragen vorlegen. Die Deutsche Volkspartei habe nur ein staatsbürger liches Ziel. Von diesem übergeordneten Standpunkt gesehen, könne aber die eilige Umtaufe der Demokrati schen Partei unter Mitwirkung der Iungdeutschen und die Gründung einer neuen Partei nur als Zeichen einer weiteren Zersplitterung betrachtet iverden. Die Führung der Deutschen Staatspa riet teilt mit: „Die Leitung der Deutschen Volkspartei hat angesichts der Gründling der Deutschen Staatspartei nichts anderes zu sagen, als daß sie die umgetaufte Deutsche Demokratische Partei sel. Wie eine solche Behauptung gegenüber einer Bewegung gewagt werden kann, der eine Reihe bisher der Rechten angehöriger Politiker wie der Gewerkschaftsführer Baltrusch und der Han delskammerpräsident Schütte, Minden, angehören und zu der sich bereits im Gründungsausruf mehrere namhafte junge deutsche Valksparteiler bekennen, überlassen wir dem Urteil der Oeffentlichkeit." Wie wir erfahren, haben, anscheinend veranlaßt durch die Neugründung der Deutschen Staatspartei, Verhandlungen zwischen dem Führer der Deutschen Volkspartei. Dr. Sch 0 l, auf der einen Seite. Treviranus und Schiele auf der anderen Seite begonnen. Wir sind also wohl noch nicht am Ende der Um bildungen, Fusionen und Neugründungen im bürgerlichen Lager angekommen. „Deutsche Slaaksparlei" Die Parteien sind durch die Auflösung des Reichstages in einem Maße in Bewegung geraten, wie es vorher kaum erwartet werden konnte. Die Neuordnung der Rechten, die in der Isolierung Hugenbergs, in der Schöpfung der Konservativen Bolkspartei und der Forcierung der Land volkbewegung ihren Ausdruck findet, folgt nun ziemlich überraschend auch der Versuch, im Raum der Mitte' eine neue politische Organisation zu schaffen. Dieser Versuch geht aus von den führenden Persönlichkeiten der demokra- tischen Partei, der vom Jungdeutschen Orden getragenen Volksnationalen Reichsvereinigung, und der jungliberalen Bewegung. Am bemerkenswertesten ist hierbei die Nolle des demo kratischen Parteiführers Koch-Weser. Er hat, wenn man es in Analogie zu dem Worte „Staatsstreich" formu lieren will, gewissermaßen einen „P a r t e i st r c i ch" be gangen, indem er sich über seine Partei hinweg, allerdings mit Ibissen ihrer führenden Persönlichkeiten, an der Schöpfung der neuen Partei beteiligte. Das bedeutet, auch für den Fall einer Desavouierung, daß die demokratische Partei zu bestehen anfhörcn und als mehr oder weniger geschlossenes Ganzes in die neue Gründung eingebracht werden wird. Denn der Einfluß, der an der Gründung der Deutschen Stnatspartei beteiligten führenden Persön lichkeiten der demokratischen Partei ist doch wohl zu groß, als daß 0 h n e s i e u n d g e g e n s i e ihr weiterer Bestand mit Aussicht auf Erfolg im Wahlkampfe gesichert werden könnte. Weiter wird in die Neugründung eingebracht die Volksnationale Neichsverernigung, die kürzlich in den säch sischen Wahlen ihre erste parlamentarische Vertretung er zielen konnte. Diese letzte Wendung des Iungdeutschen Ordens wird vielleicht manchen in Erstaunen setzen, der nach den Anfängen dieser Bewegung eine ganz andere Entwickelung erhafst Halle. Sie war aber nach der Ent wickelung Arthur Mahrauns in den letzten Jahren und nach der Taktik, die die beiden volksnationalen Abge ordneten im Sächsischen Landtag bisher verfolgt haben, zu erwarten. — Schließlich stoßen aus dem Lager der nächsten Zeit interessante Wandlungen und Gärungen aus- lösen werde. Alan kann sich kaum des Eindrucks erwehren, daß zwischen dem Sammlungs-Brief des volksparteilichen Führers Scholz und der Gründung der Staatspartei ein gewisser ursächlicher Zusammennhang besteht. Denn un mittelbar nach diesem Briefe, am vergangenen Donners tag, haben die Besprechungen der an der Gründung be teiligten Persönlichkeiten begonnen, um in der kurzen Zeit von drei Tagen gestern beendet zu werden. Der unklare Schritt des Herrn Scholz, dessen letzte Ziele nicht ersichtlich wurden, hat also eine sehr klare Antwort erhalten. Hier hat offenbar die Befürchtung mitgespielt, daß auf dem von Dr. Scholz angeregten Wege eine wirkliche Sammlung oder Neuschöpfung nicht Zustandekommen werde, oder doch jeden falls ein Gesicht und eine Tendenz erhalten könnte, die vor allem den Demokraten nicht behagte. Volkspartei die in den jungliberalen Klubs organisierten jüngeren Kräfte zum großen Teile zu der Deutschen Staats, Partei. Hier ist zweifellos die interessanteste Flanke der neuen Partei. Wie wird sich die Deutsche Volkspartei, nicht als Organisation, sondern als Wählervolk, zu der neuen Gruppe einstellcn? Schon wird angekündigt, daß diese bei der Deutschen Volkspartei in der Die Deutsche Volhspartes hat in ihrer „National- liberalen Korrespondenz" zu der Gründung der Staais- partei zunächst in einem Artikel Stellung genommen, der das Mißvergnügen deutlich erkennen läßt, das man in volksparteiliäsen Kreisen über die Neugründung emp findet. Es komme der Volkspartei nickst darauf an. so wird in diesem Artikel gesagt, der kaum gegründeten konservativen Rechten mit größter Beschleunigung eine republikanische Linke entgegenzusteiien. Sie wolle die denkbar größte staatsbürgerliche Einheitsfront Herstel len und in diesen Rahmen auch die Deutsche Staatspar tei einbeziehen. — Dr. Scholz, der Führer der Bolks partei, will demgemäß seine Verhandlungen in den näch sten Tagen fortsehen. Wie man hört, denkt er an keine Parteiverschmelzung. sondern will nur einen Burgfrie den und unter Umstünden eine Listenverbindung zwi schen den Parteien der Mitte und der Rechten Herstellen. Gar nicht zu übersehen ist die Frage, ob die neue Staatspartei auf die bisherigen Wähler der Rechten irgendwelchen Einfluß ausüben wird. Wird es ihr gelin gen, aus dem bisherigen Bestände der Deutsch- nationalen Bolkspartei Gefolgschaft zu gewinncnk Wir erwägen das, angesichts der reichen Auswahl von ck'